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Geltungszeitraum von: 01.01.1972

Geltungszeitraum bis: 01.12.2012

Verwaltungsverordnung
über die Kirchengemeinde- und Pfarrchroniken

Vom 16. November 1971

(ABl. 1972 S. 27)

Aufgrund von Artikel 48 Abs. 2 n der Kirchenordnung erlässt die Kirchenleitung folgende Verwaltungsverordnung:
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1. Allgemeines

Für jede Kirchengemeinde ist wie bisher eine Kirchengemeinde- und Pfarrchronik (im Folgenden als Chronik bezeichnet) zu führen.
Für mehrere pfarramtlich verbundene Kirchengemeinden braucht nur eine Chronik geführt zu werden, wenn dies die Übersichtlichkeit fördert und die Darstellung erleichtert. Die Chroniken sind wertvolle Quellen für die künftige Geschichtsschreibung. Außerdem können sie zusammen mit Urkunden und Akten den Nachweis über Rechtsverhältnisse führen helfen.
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2. Inhalt und Form der Aufzeichnungen

Was im einzelnen in der Chronik aufgezeichnet wird, liegt im Ermessen des Chronikführers. Zu beschreiben und nötigenfalls zu kommentieren sind Ereignisse und Sachverhalte, die für das gemeindliche Leben in positivem wie auch negativem Sinne bedeutsam sind oder zum Zeitpunkt der Aufzeichnung bedeutsam erscheinen. Hierzu gehören beispielsweise: Veränderungen des Gemeindegebietes, der Gemeindestruktur, des kirchlichen Lebens, des Gebäude- und Vermögensbestandes, Besetzung der Pfarrstellen, Angaben über kirchliche Mitarbeiter und Gemeindeglieder, die sich besonders verdient gemacht haben, wichtige kirchliche Veranstaltungen, aber auch außergemeindliche Begebenheiten, Verhältnisse und Entwicklungen, soweit sie Leben, Bestand und Zustand der Kirchengemeinde beeinflussen. Die Ereignisse werden in zeitlicher Reihenfolge und unter dem frischen Eindruck des Geschehens – in tagebuchähnlicher Form – niedergeschrieben. Wenn nötig, muss über eine in größeren Abständen erneut auftauchende Angelegenheit mehrfach berichtet werden. Eine zusammenfassende Darstellung, etwa für ein ganzes Jahr, würde dem Sinn und Charakter einer Chronik zuwiderlaufen.
Klarheit und Genauigkeit der Darstellung sind in der Regel wichtiger als die persönliche Auffassung des Verfassers. Allerdings können abgewogene Beurteilungen über wichtige Maßnahmen durchaus wertvoll sein; denn die zeitgenössische Einstellung zum Geschehen kennen zu lernen, ist für die künftige Geschichtsforschung unter Umständen fast ebenso wichtig wie das Ereignis selbst.
Zur größeren Übersichtlichkeit soll der Inhalt eines oder mehrerer zusammengehöriger Absätze in stichwortartiger Form auf dem Rand angegeben werden.
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3. Buchform

Die vorhandenen Chronikbücher (gebundene Bücher für handschriftliche, Ringbücher für maschinenschriftliche Aufzeichnungen) sind weiterzubenutzen.
Ist in Zukunft ein neuer Band anzulegen, in dem die Einträge maschinenschriftlich vorgenommen werden sollen, wird Lose-Blatt-Form (DIN A 4 ohne Lochung) empfohlen. Die beschriebenen Blätter können in stabilen Mappen oder Klemmmappen gesammelt werden. Sie sind zu nummerieren. Sobald eine Stärke von ca. 3 cm erreicht ist, sind sie in Buchform zu binden.
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4. Anlagen zur Chronik

Für die Geschichte der Kirchengemeinde wichtige Zeitdokumente werden als Ergänzungen zur Chronik gesammelt und in einer Anlagemappe mit entsprechender Aufschrift gesondert aufbewahrt. Insbesondere kommen in Betracht:
(1) gedrucktes Material, wie Zeitungsausschnitte, Programme von Veranstaltungen, lokalgeschichtliche Aufsätze und selbstständige ortsgeschichtliche Schriften in Broschürenform, (2) Lichtbilder, (3) Manuskripte, (4) Abschriften oder Fotokopien von Aktenschriftstücken. Zeitungsausschnitte sind auf DIN A 4-Bogen aufzukleben; Titel, Nummer und Datum der Zeitung sind anzugeben.
Auf der Rückseite von Lichtbildern sind erläuternde Angaben zu machen, wie Tag, Ort und evtl. Anlass der Aufnahme, Name bzw. Bezeichnung der abgebildeten Person oder Personengruppe, des Gebäudes oder des Gegenstandes.
Aktenstücke im Original dürfen nicht zu der Anlagemappe genommen werden.
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5. Chronikführer

Die Chronik führt in jedem Falle der Pfarrer, und zwar auch dann, wenn er nicht Vorsitzender des Kirchenvorstandes ist. In Kirchengemeinden mit mehreren Pfarrstellen führt der jeweils geschäftsführende Pfarrer die Chronik.
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6. Aufbewahrung

Die Chronik ist im Amtszimmer des Pfarrers unter Verschluss aufzubewahren.
Die Chronik darf nur aus zwingendem Anlass (Gefahr im Verzug, Bauarbeiten usw.) oder auf Anordnung bzw. mit Zustimmung des Dekans oder auf Anforderung der Aufsichtsbehörde von ihrem Aufbewahrungsort entfernt werden. Hierbei sind alle möglichen Vorkehrungen gegen Verlust zu treffen. Das Ausleihen außer Haus ist untersagt.
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7. Übergabe bei Pfarrerwechsel

Beim Wechsel des Pfarrstelleninhabers ist die Chronik dem Nachfolger im Amte oder dem Spezialvikar persönlich zu übergeben. Ist das nicht möglich, übernimmt der Dekan die Chronik zur Aufbewahrung, bis die Pfarrstelle wieder besetzt oder ein Spezialvikar bestimmt ist. Jede Übergabe ist protokollarisch festzuhalten und zu den Akten zu nehmen.
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8. Einsichtnahme im allgemeinen

Der Dekan ist im Rahmen seiner Dienstaufsicht berechtigt, Einsicht in die Chronik zu nehmen. Darüber hinaus hat niemand, auch nicht der Kirchenvorstand, einen Anspruch auf Einsichtnahme.
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9. Benutzung für die Geschichtsforschung

Die Chronik soll der Geschichtsforschung und Geschichtsschreibung soweit wie möglich nutzbar gemacht werden. Die Benutzungsmöglichkeit ist dabei begrenzt durch die Tatsache, dass die Persönlichkeitsrechte der in den Einträgen erwähnten oder aus dem Zusammenhang identifizierbaren noch lebenden Personen nicht verletzt werden dürfen. Hierzu gehört der Schutz der persönlichen Ehre und überhaupt der Individualsphäre sowie des Urheberrechts. Die Schutzwürdigkeit besteht ca. 30 Jahre nach dem Tode dieser Personen, wenn auch in vermindertem Maße, fort. Ober diesen durch Rechtsnorm festgelegten Umfang hinaus ist es im kirchlichen Raum geboten, weitergehende Rücksichten zu nehmen.
Die Chronikeinträge der jüngeren Zeit (jünger als etwa 50 Jahre) können einem Geschichtsforscher in der Regel nur durch Auszüge oder auszugsweise Abschriften (Fotokopien) zugänglich gemacht werden. In die älteren Einträge, die regelmäßig keine schutzwürdigen Angaben enthalten, kann dem Forscher unbeschränkt Einblick gegeben werden.
Für Veröffentlichungen aus der Chronik trägt der Verfasser in erster Linie selbst die Verantwortung für den Persönlichkeitsschutz. Es empfiehlt sich beim Vorlegen der Chronik jedoch dringend, vorsorglich eine schriftliche Erklärung darüber zu fordern, dass bei der Verwertung daraus gewonnener Erkenntnisse die Urheber- und Persönlichkeitsrechte beachtet werden.
10 Veröffentlicht der Pfarrer selbst, muss er bei schuldhafter oder fahrlässiger Verletzung von Persönlichkeitsrechten unter Umständen mit Schadenersatzansprüchen rechnen.
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10. Ältere Bestimmungen

Die Anordnung und Richtlinien zur Führung der Kirchengemeinde- und Pfarrchronik vom 4. Februar 1959 (Amtsbl. S. 17) werden außer Kraft gesetzt.