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Geltungszeitraum von: 02.02.2004

Geltungszeitraum bis: 31.12.2013

Kirchengesetz über die ehrenamtliche Arbeit
in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau
(Ehrenamtsgesetz – EAG)

Vom 26. November 2003

(ABl. 2004 S. 94)

Die Kirchensynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau hat das folgende Kirchengesetz beschlossen:
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Präambel

In der Evangelischen Kirche ist es Aufgabe aller Getauften, am Bau des Reiches Gottes verantwortlich mitzuwirken. Deshalb ist ehren-, haupt- und nebenamtliche Arbeit gleichwertig. In der Zusammenarbeit prägen alle gemeinsam und gleichberechtigt das Leben und die Gestalt von Gemeinde und Kirche. Sie beteiligen sich an der Verkündigung, der Seelsorge, der Diakonie und nehmen Leitungsverantwortung in Gemeinde und Kirche wahr.
Ziel dieses Kirchengesetzes ist es, ehrenamtliche Arbeit in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau und die Zusammenarbeit von ehren-, haupt- und nebenamtlichen kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu regeln.
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§ 1
Begriffsbestimmung

Ehrenamt im Sinne dieses Kirchengesetzes ist jede freiwillig erbrachte, nicht auf Entgelt ausgerichtete Arbeit im kirchlichen Auftrag.
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§ 2
Gegenstand und Geltungsbereich

( 1 ) Dieses Kirchengesetz regelt grundlegende Bedingungen ehrenamtlicher Mitarbeit in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau.
( 2 ) Rechtsträger diakonischer, missionarischer und sonstiger kirchlicher Einrichtungen im Kirchengebiet der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, die nicht der Gesetzgebung der Synode unterliegen, können die entsprechende Anwendung dieses Kirchengesetzes beschließen.
( 3 ) Dieses Kirchengesetz gilt auch für hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im kirchlichen Dienst, soweit sie ehrenamtlich tätig sind.
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§ 3
Gewinnung von Ehrenamtlichen

Aufgabe der Kirchengemeinden, der kirchlichen Gruppen und insbesondere der Hauptamtlichen ist es, für ehrenamtliches Engagement zu werden. Dabei sollen Menschen unabhängig von ihrem Alter, ihrer Herkunft, ihrer beruflichen Situation, auch unabhängig von der Kirchenzugehörigkeit, angesprochen und motiviert werden, wie sie ihre Begabungen und Erfahrungen in kirchlicher Arbeit einbringen können.
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§ 4
Beauftragung, Einführung und Verabschiedung

( 1 ) Aufgaben und Zuständigkeiten sowie der örtliche, zeitliche und finanzielle Rahmen ehrenamtlicher Arbeit bedürfen der vorherigen Absprache und Festlegung mit den Ehrenamtlichen. Diese sind über ihre Rechte und Pflichten zu informieren.
( 2 ) Die Beauftragung kann mündlich oder schriftlich vereinbart werden. In einer solchen Vereinbarung sollen insbesondere der Aufgabenbereich, der zeitliche Rahmen, die Dauer der Tätigkeit und der Auslagenersatz geregelt sein.
( 3 ) Die Beauftragung zu ehrenamtlicher Arbeit eines Gemeindegliedes soll der Gemeinde und den beteiligten Gremien und Gruppen öffentlich bekannt gegeben werden. Eine Vorstellung und liturgische Einführung mit Fürbitte und Segen im Gottesdienst wird für alle ehrenamtlichen Dienste empfohlen. So bestätigt die Gemeinde ihre Mitverantwortung und ihre Bereitschaft zur Unterstützung ehrenamtlicher Arbeit und die Wertschätzung der Ehrenamtlichen. Auch die Beendigung einer ehrenamtlichen Tätigkeit sollte in einem Gottesdienst liturgisch gestaltet werden. Dabei ist Gelegenheit, Dank und Anerkennung für die geleistete Arbeit öffentlich auszusprechen und mit Fürbitte und Segen den weiteren Lebensweg der Menschen zu begleiten.
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§ 5
Begleitung

( 1 ) Ehrenamtliche haben Anspruch auf kontinuierliche fachliche und persönliche Begleitung, Einarbeitung, Beratung und Unterstützung.
( 2 ) Die Ehrenamtlichen erhalten für ihre Arbeit die erforderliche Unterstützung, z. B. durch: den Mitarbeiterkreis, Planungs- und Auswertungsgespräche, die Nutzung von Arbeitsmaterialien, technischen Geräten, den Zugang zu Informationen, Räumen, Schränken und ähnlichem.
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§ 6
Zusammenarbeit

( 1 ) Haupt- und ehrenamtlich Tätige arbeiten zusammen.
( 2 ) Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Arbeitsfeldes sollen sich in regelmäßigen Abständen zu Besprechungen treffen. Diese Zusammenkünfte dienen der Zusammenarbeit, dem Erfahrungsaustausch, der konzeptionellen Planung und der Gewährleistung des wechselseitigen Informationsflusses.
( 3 ) Die zuständigen Gremien sollen sich einmal im Jahr aus den ehrenamtlichen Arbeitsbereichen berichten lassen.
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§ 7
Verschwiegenheit

Ehrenamtliche haben über alle Angelegenheiten, die ihnen in Ausübung ihrer Arbeit bekannt geworden sind und die ihrer Natur nach oder infolge besonderer Anordnungen vertraulich sind, Verschwiegenheit zu bewahren, auch über die Dauer ihrer Beauftragung hinaus. Wo sie seelsorgerlich tätig werden, ist das Seelsorgegeheimnis zu wahren. Die Bestimmungen des Datenschutzes sind zu beachten.
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§ 8
Fortbildung, Weiterbildung, Schulung, Supervision

( 1 ) Ehrenamtliche haben Anspruch auf Fortbildung. Die Träger ehrenamtlicher Arbeit beteiligen sich angemessen an den Fortbildungskosten der Ehrenamtlichen.
( 2 ) Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau sorgt für die Bekanntgabe geeigneter Möglichkeiten der Fortbildung, Weiterbildung, Schulung und Supervision von Ehrenamtlichen.
( 3 ) Die Veranstaltungen sollen zeitlich so geplant werden, dass Ehrenamtliche auch neben Beruf und Familie daran teilnehmen können.
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§ 9
Ehrenamtsakademie

( 1 ) Die Gesamtkirche richtet eine Ehrenamtsakademie zur Förderung von Ehrenamtlichen in institutionellen Leitungsämtern ein. Die erforderlichen Mittel werden über den Haushalt bereit gestellt.
( 2 ) Die Ehrenamtsakademie entwickelt ein am Bedarf orientiertes Rahmenprogramm für Qualifizierungsmaßnahmen, initiiert und koordiniert Fortbildungsangebote bei verschiedenen Anbietern. Darüber hinaus beschäftigt sie sich mit Fragen der Weiterentwicklung des Ehrenamts in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau.
( 3 ) Die Ehrenamtsakademie arbeitet mit der Kirchenverwaltung, den Arbeitszentren, der Evangelischen Akademie Arnoldshain und der Evangelischen Fachhochschule Darmstadt zusammen.
( 4 ) Ein Kuratorium aus Vertreterinnen und Vertretern von Kirchensynode und Kirchenleitung ist dafür verantwortlich, dass die Ehrenamtsakademie ihren Auftrag erfüllt.
( 5 ) Näheres über die Zusammensetzung des Kuratoriums, die Arbeit der Ehrenamtsakademie und die Mittelvergabe wird durch eine Rechtsverordnung1# geregelt, die der Zustimmung des Kirchensynodalvorstandes bedarf.
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§ 10
Auslagenersatz

( 1 ) Ehrenamtliche Arbeit ist unentgeltlich.
( 2 ) Ehrenamtliche haben nach Maßgabe der für den Einsatzbereich geltenden Regelungen oder individuellen Absprachen einen Anspruch auf Ersatz der im Rahmen ihrer Arbeit und für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen erforderlich gewordenen Auslagen (z. B. Telefon- und Portokosten, Arbeitsmaterial und -hilfen, Fahrtkosten). Für die Fahrtkostenerstattung gelten die reisekostenrechtlichen Bestimmungen für die hauptamtlich Tätigen entsprechend.
( 3 ) Notwendige Kosten für die Betreuung von Kindern unter zwölf Jahren oder von nach ärztlichem Zeugnis pflegebedürftigen Angehörigen sollen nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittel bezuschusst werden.
( 4 ) Die Kirchengemeinden, Dekanate, kirchlichen Verbände sowie die Gesamtkirche sind verpflichtet, im jeweiligen Haushaltsplan in angemessenem Umfang Haushaltsmittel für Auslagenersatz vorzusehen.
( 5 ) Die Kirchenleitung regelt durch Rechtsverordnung2# die Voraussetzungen für pauschalierten Auslagenersatz oder ein Sitzungsgeld.
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§ 11
Versicherungs- und Rechtsschutz

( 1 ) Ehrenamtliche genießen während der Ausübung ihrer Arbeit im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen und der für den Bereich der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau abgeschlossenen Sammelversicherungsverträge Versicherungsschutz.
( 2 ) Wird im Zusammenhang mit der Ausübung ehrenamtlicher Arbeit Rechtsberatung erforderlich, sind Ehrenamtliche berechtigt, sich an die Kirchenverwaltung zu wenden. Wird darüber hinausgehender Rechtsschutz erforderlich, können auf Antrag die dafür notwendigen Kosten übernommen werden. Über die Gewährung von Rechtsschutz entscheidet die Kirchenverwaltung.
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§ 12
Nachweis und Berücksichtigung ehrenamtlicher Arbeit

( 1 ) Ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird empfohlen, einen Nachweis über ihre ehrenamtliche Arbeit zu führen.
( 2 ) Auf Wunsch der Ehrenamtlichen wird über ihre Arbeit und die dabei erworbenen Qualifikationen eine schriftliche Bescheinigung ausgestellt.
( 3 ) Bei kirchlichen Ausbildungen, bei Bewerbungen für den kirchlichen Dienst und bei der Übertragung höherwertiger Tätigkeiten sollen im Ehrenamt und bei Fortbildung erworbene Qualifikationen angemessen berücksichtigt werden.
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§ 13
Anerkennung

( 1 ) Die Kirchengemeinden, Dekanate, kirchlichen Verbände und die Gesamtkirche sind gehalten, Ehrenamtliche und ihre Arbeit in geeignetem Rahmen öffentlich zu würdigen.
( 2 ) Gesamtkirchliche Formen der Anerkennung sind die Verleihung der Ehrenurkunde und der Ehrennadel der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau durch die Kirchenleitung.
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§ 14
Förderung des Ehrenamtes

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau verpflichtet sich, zur Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen für ehrenamtliche Arbeit in Kirche und Gesellschaft und ihrer Anerkennung beizutragen.
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§ 15
Statistische Erhebungen

Über die Entwicklung der ehrenamtlichen Arbeit werden alle fünf Jahre statistische Erhebungen durchgeführt mit dem Ziel, unterschiedliche Formen des Ehrenamtes in der Kirche zu beschreiben.
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§ 16
Anwendungsbereich

Dieses Kirchengesetz findet nur Anwendung, soweit nicht in anderen Kirchengesetzen oder in anderen im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Kirchengesetzes geltenden kirchenrechtlichen Bestimmungen spezielle Regelungen enthalten sind.
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§ 17
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieses Kirchengesetz tritt am Tag nach der Verkündung im Amtsblatt in Kraft. Gleichzeitig treten die Richtlinien zur Förderung ehrenamtlicher Arbeit in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau vom 7. Dezember 1996 sowie das Kirchengesetz über die Entschädigung der Mitglieder der Kirchensynode vom 3. Dezember 1993 (ABl. 1993 S. 232) außer Kraft.

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1 ↑ Nr. 775.
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2 ↑ Nr. 771.