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Geltungszeitraum von: 01.06.2012

Geltungszeitraum bis: 31.12.2013

Verordnung
über den Inhalt und die Führung von Personalakten
in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau
(Personalaktenordnung)

Vom 27. Oktober 1975

(ABl. 1975 S. 232), geändert am 19. April 2012 (ABl. 2012 S. 186)

Aufgrund von Artikel 48 Absatz 2 Buchstabe n der Kirchenordnung in Verbindung mit § 74 des Kirchenbeamtengesetzes hat die Kirchenleitung folgende Verordnung beschlossen:
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§ 1
Begriffsbestimmung

( 1 ) Zur Personalakte gehören alle Unterlagen, die den Mitarbeiter betreffen, soweit sie mit dem Arbeits- oder Dienstverhältnis in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang stehen; hierzu gehören auch in Dateien gespeicherte, personenbezogene Daten (Personalaktendaten). Personalaktendaten dürfen nur im Rahmen ihrer Zweckbestimmung automatisiert verarbeitet werden.
( 2 ) Außerhalb der Personalakten sowie der dazugehörenden Bei- und Nebenakten dürfen keine das Dienst- oder Arbeitsverhältnis betreffenden Vorgänge geführt werden.
( 3 ) Die Vorschrift des § 31 Absatz 3 des Pfarrergesetzes bleibt unberührt.
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§ 2
Führung der Personalakten

( 1 ) Alle Personalvorgänge sind vertraulich zu behandeln und vor unbefugter Einsicht zu schützen. Personalakten dürfen nur der für die Ernennung oder Einstellung der Mitarbeiter zuständigen Stelle, den Dienstvorgesetzten und den mit der Bearbeitung von Personalangelegenheiten betrauten Mitarbeitern zugänglich gemacht werden.
( 2 ) Die Personalakten sind chronologisch zu ordnen und mit Blattzahlen zu versehen. Anstelle von Originalurkunden können beglaubigte Abschriften oder Ablichtungen zu den Akten genommen werden.
( 3 ) Zu den Personalhauptakten gehören insbesondere:
  • Lebenslauf und Bewerbungsschreiben, Personenstandsurkunden und Staatsangehörigkeitsnachweise,
  • Nachweise über Vor-, Aus- und Fortbildung einschließlich Prüfungszeugnisse,
  • Nachweise über berufliche Tätigkeiten,
  • Gesundheitszeugnisse und ärztliche Gutachten,
  • Strafregisterauszüge,
  • Nachweise über Arbeits-, Wehr- und Kriegsdienst (einschließlich Kriegsgefangenschaft) und ähnliche Dienstverhältnisse,
  • Vorgänge über Vereidigung, Verpflichtung (Ordination) oder Amtseinführung,
  • Vorgänge über dienstliche Beurteilungen,
  • Ernennungen, Abordnungen, Versetzungen,
  • Nebenbeschäftigungen, ehrenamtliche Tätigkeiten,
  • Urlaub, Dienstbefreiung, Dienstjubiläum, Ehrungen, Nachweise über die Begründung oder die Beendigung von Dienst- oder Arbeitsverhältnissen,
  • Nachweise als Schwerbeschädigter, Spätheimkehrer, Wiedergutmachungsberechtigter, Schwerbehinderter und Entscheidungen nach dem Gesetz zu Art. 131 GG.
Den Personalakten ist ein Personalbogen vorzuheften. Auf diesem Personalbogen ist zu vermerken, bei welchen Stellen Personalnebenakten und nicht bei den Personalhauptakten befindliche Personalbeiakten geführt werden.
( 4 ) Personalbeiakten sind bei Bedarf anzulegen für Vorgänge über:
  • Besoldung oder Vergütung einschließlich Gehaltsvorschüsse, Abtretungen und vermögenswirksame Leistungen, Nachversicherungen (Besoldungs-, Vergütungs- bzw. Lohnhefter),
  • Beihilfen, Unterstützungen, Darlehen und Umzugskosten, Trennungsgeld (Leistungshefter),
  • Dienstaufsichtliche Maßnahmen, Ermittlungsverfahren, Straf- und Disziplinarverfahren (Disziplinarhefter),
  • Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen; einschl. Kosten (Fort- und Weiterbildungshefter).
Personalbeiakten werden als Einzelhefter geführt.
( 5 ) Bei Bedarf können Personalnebenakten geführt werden. In die Personalnebenakten dürfen nur solche Vorgänge aufgenommen werden, die auch in den Personalhauptakten oder Personalbeiakten enthalten sind.
( 6 ) Für die Pfarrer werden besondere Akten über Bewerbung, Ausbildung und Prüfung geführt.
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§ 3
Behandlung einzelner Vorgänge

Vorgänge, die zu den Personalakten gehören, sind erst nach abgeschlossener Bearbeitung in die Personalakten aufzunehmen. Dazu gelten folgende Regelungen:
( 1 ) Gesundheitszeugnisse und ärztliche Gutachten
  1. Gesundheitszeugnisse und ärztliche Gutachten gehören grundsätzlich zu den Personalakten. Besteht nach dem Inhalt des Gutachtens Besorgnis, der Mitarbeiter könnte durch eine Einsichtnahme Schaden erleiden, so ist das Gutachten aus Gründen der Fürsorge gesondert aufzubewahren. In Zweifelsfällen ist zu dieser Frage der Gutachter zu hören.
  2. Soll auf ein Gesundheitszeugnis oder ärztliches Gutachten, in das der Mitarbeiter nicht Einsicht nehmen kann, eine ihm nachteilige Entscheidung des Dienstherren gestützt werden, so muss der Mitarbeiter die Möglichkeit erhalten, das Gutachten zu entkräften. Hierzu ist einem vom Mitarbeiter schriftlich Bevollmächtigten Einsicht zu gewähren, soweit nicht dienstliche Gründe entgegenstehen.
  3. Die Gewährung der Einsicht kann davon abhängig gemacht werden, dass der Bevollmächtigte sich verpflichtet, den Mitarbeiter von dem Inhalt des Gutachtens nur insoweit zu unterrichten, als es zur Rechtsverfolgung notwendig ist.
( 2 ) Beschwerden und Behauptungen tatsächlicher Art.
  1. Beschwerden, die sich im Zusammenhang mit einer dienstlichen Tätigkeit des Mitarbeiters ausschließlich gegen sein persönliches Verhalten richten und sich als ganz oder teilweise begründet erweisen, sind zu den Personalakten zu nehmen. Beschwerden, die sich sowohl gegen die sachliche Entscheidung als auch das persönliche Verhalten des Mitarbeiters richten, sind zu den Sachakten zu nehmen.
  2. Erweist sich die Beschwerde über das persönliche Verhalten als ganz oder teilweise begründet, so ist eine Abschrift von dem das persönliche Verhalten des Mitarbeiters betreffenden Vorgang zu den Personalakten zu nehmen.
    Beschwerden, die sich ausschließlich gegen die sachliche Entscheidung eines Mitarbeiters richten, sind nur zu den Sachakten zu nehmen.
    Beschwerden über das außerdienstliche Verhalten des Mitarbeiters, die zu Vorermittlungen geführt haben, sind zu den Personalakten zu nehmen, wenn sie sich als ganz oder teilweise begründet erweisen.
  3. Bevor Beschwerden oder Behauptungen tatsächlicher Art, die für den Mitarbeiter ungünstig sind oder ihm nachteilig werden können, in die Personalakten aufgenommen werden, ist er zu hören. Der Mitarbeiter kann seine Äußerung schriftlich oder zur Niederschrift abgeben; sie ist zu den Personalakten zu nehmen. Verzichtet der Mitarbeiter auf eine Äußerung, so ist dies in den Personalakten zu vermerken.
( 3 ) Straf-, Bußgeld- und Disziplinarverfahren
  1. Vorgänge über ein Disziplinarverfahren dürfen erst nach Abschluss des Verfahrens zu den Personalakten genommen werden. Während der Dauer des Disziplinarverfahrens unterliegen sie den besonderen Vorschriften des Disziplinarrechts (vgl. § 36 Disziplinargesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland).1#
  2. Vorgänge über Straf- und Bußgeldverfahren sind nur dann zu den Personalakten zu nehmen, wenn sie zu Disziplinarmaßnahmen oder sonstigen dienstrechtlichen Maßnahmen führen.
( 4 ) Sammelvorgänge
Von Vorgängen, die sich auf mehrere Mitarbeiter beziehen, sind Auszüge zu den jeweiligen Personalakten zu nehmen, soweit sie die persönlichen und dienstlichen Verhältnisse des einzelnen Mitarbeiters betreffen.
( 5 ) Sonstige Vorgänge
Vorgänge, die nicht unmittelbar das Dienstverhältnis eines Mitarbeiters betreffen, gehören nicht zu den Personalakten. So dürfen zum Beispiel Vorgänge, die seine persönlichkeitsrechtlich geschützte Privatsphäre berühren, ohne Zustimmung des Mitarbeiters grundsätzlich nicht zu den Personalakten genommen werden.
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§ 4
Entfernung und Unkenntlichmachung von Vorgängen

( 1 ) Vorgänge mit unzutreffendem Inhalt, Vorgänge über Tatsachenbehauptungen oder Werturteile, die sich als falsch erweisen, sind aus den Personalakten zu entfernen oder zu vernichten, falls der Mitarbeiter nicht widerspricht. Untrennbare Bestandteile, die nicht den Akten entnommen werden können, müssen in geeigneter Weise unkenntlich gemacht werden. Dies gilt auch für Vorgänge, die auf diese Tatsachenbehauptungen oder Werturteile hinweisen. Widerspricht der Mitarbeiter der Entfernung und Vernichtung oder Unkenntlichmachung von Vorgängen, so ist für die entsprechenden Aktenteile ein Vermerk zur Klarstellung oder Berichtigung in die Personalakten aufzunehmen.
( 2 ) Sofern die dienstrechtlichen Vorschriften die Tilgung von Eintragungen in den Personalakten über missbilligende Äußerungen, Disziplinar-, Straf- und Bußgeldverfahren sowie sonstiger ungünstiger oder nachteiliger Eintragungen zulassen, sind die hierüber entstandenen Vorgänge aus den Personalakten zu entfernen und zu vernichten. Hinweise auf derartige Maßnahmen und Verfahren, die sich in Beurteilungen und an anderen Stellen der Personalakten befinden und nicht entfernt werden können, sind unkenntlich zu machen. Beantragt der Mitarbeiter vor Ablauf der Tilgungsfrist, dass die Tilgung unterbleibt und die Vorgänge nicht vernichtet werden, so ist anstelle der Tilgung oder Unkenntlichmachung zu vermerken, dass die Maßnahmen und Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden dürften.
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§ 5
Einsicht in die Personalakten

( 1 ) Jeder Mitarbeiter hat ein Recht auf jederzeitige Einsicht in seine vollständigen Personalakten. Dieses Recht steht auch den im Ruhestand befindlichen und ehemaligen Mitarbeitern zu. Der Antrag auf Einsicht ist formlos an die Kirchenverwaltung zu richten. Die Personalakten sind dort oder bei der von ihr bestimmten Stelle in Anwesenheit eines mit der Bearbeitung von Personalangelegenheiten betrauten Mitarbeiters der Kirchenverwaltung einzusehen. Die erfolgte Einsicht darf nicht aus den Personalakten erkennbar sein. Der Mitarbeiter kann Auszüge, Abschriften oder Ablichtungen anfertigen lassen, sofern nicht nachgewiesene dienstliche Gründe dem entgegenstehen. Die Vorschriften über die Amtsverschwiegenheit bleiben hiervon unberührt.
( 2 ) Personalakten sind grundsätzlich persönlich einzusehen. Den Hinterbliebenen eines Mitarbeiters kann, soweit sie ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen und eine Auskunft aus den Personalakten nicht ausreicht oder nicht zweckmäßig ist und dienstliche Gründe nicht entgegenstehen, Akteneinsicht gewährt werden. Einem von dem Mitarbeiter schriftlich Bevollmächtigten ist Akteneinsicht zu gewähren, wenn der Mitarbeiter zur persönlichen Einsichtnahme nicht in der Lage ist und dienstliche Gründe nicht entgegenstehen. Die Vollmacht ist gesondert aufzubewahren. Ein vom Mitarbeiter zu bestimmendes Mitglied der Mitarbeitervertretung oder des Pfarrerausschusses darf mit schriftlicher Zustimmung des Mitarbeiters die Personalakten einsehen. Die gesetzlichen Vertreter eines minderjährigen Mitarbeiters sind im gleichen Umfang zur Akteneinsicht berechtigt wie der Mitarbeiter.
( 3 ) Eine Akteneinsicht in die unter § 2 Absatz 6 genannten Akten (Bewerbungen und Prüfungen) besteht gem. § 31 Absatz 3 des Pfarrergesetzes nicht.
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§ 6
Überlassung und Abgabe von Personalakten

( 1 ) Wegen der vertraulichen Natur der Personalakten unterliegt ihre Überlassung an Gerichte und Behörden Beschränkungen. Es ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob und inwieweit die personalaktenführende Stelle zur Überlassung der Personalakten verpflichtet ist. Soweit eine ausdrückliche Verpflichtung besteht, einem Gericht oder einer Behörde Akten zur Einsicht zu überlassen (z. B. §§ 95, 96 StPO, 99 VwGO), erstreckt sich diese grundsätzlich auch auf Personalakten. Es ist jedoch zu prüfen, ob die einschlägige Vorschrift eine Möglichkeit vorsieht, die Vorlage zu verweigern. Kommt es zur Überlassung oder Abgabe der Personalakten an eine der vorgenannten Stellen, so ist der Mitarbeiter hiervon unverzüglich in Kenntnis zu setzen.
( 2 ) Schwebt gegen den Mitarbeiter wegen einer Handlung, die mit seiner Amtstätigkeit im Zusammenhang steht, ein Ermittlungs-, Straf- oder Disziplinarverfahren, so geht das öffentliche Interesse an einer gerechten Beurteilung der Persönlichkeit dem Interesse des Mitarbeiters an der vertraulichen Behandlung seiner Personalakten vor. In allen übrigen Fällen können Personalakten der anfordernden Stelle grundsätzlich nur zugänglich gemacht werden, wenn der Mitarbeiter zugestimmt hat. Ohne seine Zustimmung dürfen Personalakten nur einer Dienststelle desselben Dienstherren bei Vorliegen eines dienstlichen Interesses zur Einsichtnahme überlassen werden.
( 3 ) Soweit nach den vorstehenden Grundsätzen die anfordernde Stelle berechtigt ist, die Überlassung der Personalakten eines Mitarbeiters zur Einsicht zu verlangen, hat sie jeweils zu prüfen, ob nicht die Erteilung einer Auskunft oder die Überlassung einer Abschrift oder Ablichtung ausreicht. Diese Prüfung hat auch die personalaktenführende Stelle vorzunehmen.
( 4 ) Scheidet ein Mitarbeiter aus dem Dienst- oder Arbeitsverhältnis aus, so verbleiben die Personalakten bei der für die Aktenführung zuständigen Stelle. Wird der Mitarbeiter nach seinem Ausscheiden von einem anderen Dienstherrn im Bereich des öffentlichen Dienstes eingestellt, so sind die Personalakten an den neuen Dienstherrn abzugeben, wenn dieser sie anfordert.
( 5 ) Die nicht mehr benötigten Personalakten eines Mitarbeiters verbleiben während der vorgeschriebenen Aufbewahrungsfrist bei der aktenführenden Stelle. Das Nähere regelt die Kassationsordnung.
Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Personalakten auch bei Archivierung und nach dem Tode des Mitarbeiters vertraulich behandelt werden.
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§ 7
Übergangs- und Schlussvorschriften

( 1 ) Diese Verordnung tritt am 1. Januar 1976 für die personalaktenführenden gesamtkirchlichen Dienststellen in Kraft.
( 2 ) Andere personalaktenführende kirchliche Rechtsträger und Dienststellen im Bereich der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau legen durch Beschluss ihres Leitungsorganes fest, dass diese Personalaktenordnung für ihren Bereich entsprechende Anwendung findet.

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1 ↑ Nr. 491.