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Geltungszeitraum von: 01.07.2007

Geltungszeitraum bis: 31.12.2014

Kirchengesetz über den Dienst und die Bevollmächtigung der Prädikantinnen und Prädikanten
(Prädikantengesetz – PrädG)

Vom 28. April 2007

(ABl. 2007 S. 158), geändert am 20. Februar 2010 (ABl. 2010 S. 118)

Die Kirchensynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau hat das folgende Kirchengesetz beschlossen:
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Vorspruch

Gott erweckt Menschen zum Glauben und beruft sie in den Dienst des allgemeinen Priestertums. Am Dienst der öffentlichen Verkündigung in Wort und Sakrament haben neben den Pfarrerinnen und Pfarrern auch die Prädikantinnen und Prädikanten teil, die diese Aufgabe ehrenamtlich wahrnehmen.
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§ 1
Begriffsbestimmung

( 1 ) Prädikantinnen und Prädikanten sind Gemeindeglieder, die von der Kirchenleitung bevollmächtigt sind, in Absprache mit Pfarrerinnen und Pfarrern Gottesdienste vorzubereiten und eigenständig zu leiten.
( 2 ) Prädikantinnen und Prädikanten sind zur freien Wortverkündigung berechtigt.
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§ 2
Voraussetzung, Aus- und Fortbildung

( 1 ) Zu dem Dienst der Prädikantinnen und Prädikanten können Gemeindeglieder ausgebildet und bevollmächtigt werden, die am Gemeindeleben teilnehmen und die Voraussetzung für die Wählbarkeit zum Kirchenvorstand besitzen.
( 2 ) Für die Aus- und Fortbildung ist die Kirchenleitung verantwortlich. Die Pröpstin oder der Propst regelt im Benehmen mit den Dekaninnen und Dekanen sowie dem Zentrum Verkündigung die Aus- und Fortbildung und die Bestellung der Ausbilderinnen und Ausbilder.
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§ 3
Antrag auf Bevollmächtigung

( 1 ) Der Antrag auf Bevollmächtigung zum Dienst als Prädikantin oder Prädikant kann vom zuständigen Kirchenvorstand oder Dekanatssynodalvorstand gestellt werden.
( 2 ) Dem Antrag sind beizufügen:
  1. ein Lebenslauf,
  2. eine Erklärung über die Bereitschaft zur Übernahme des Prädikantendienstes,
  3. zwei ausgearbeitete Gottesdienste mit Predigten,
  4. eine Stellungnahme der Pfarrerin oder des Pfarrers, die oder der den Abschluss der Ausbildung begleitet hat.
( 3 ) Der Antrag ist auf dem Dienstweg über das Dekanat und die Propstei an die Kirchenleitung zu richten.
( 4 ) Vor einer Entscheidung über den Antrag prüft die zuständige Pröpstin oder der zuständige Propst oder eine dazu beauftragte Person in einem Gespräch die Befähigung zum Dienst als Prädikantin oder Prädikant.
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§ 4
Bevollmächtigung

( 1 ) Die Kirchenleitung entscheidet über die Bevollmächtigung von Prädikantinnen und Prädikanten. Hierüber ist eine Urkunde auszustellen und bei der Einführung auszuhändigen.
( 2 ) Die Bevollmächtigung wird unbefristet ausgesprochen und gilt für die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau. Für den Dienst wird ein Auftrag für die Dauer von sechs Jahren erteilt. Näheres regelt die Kirchenleitung durch Rechtsverordnung.
( 3 ) Der regelmäßige Dienst einer Prädikantin oder eines Prädikanten in einer Kirchengemeinde bedarf des Einvernehmens zwischen Kirchenvorstand und der Pfarrerin oder dem Pfarrer dieser Gemeinde.
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§ 5
Einführung und Verpflichtung

( 1 ) Im Auftrag der Kirchenleitung führt eine Pröpstin oder ein Propst oder eine dazu beauftragte Person die bevollmächtigten Prädikantinnen und Prädikanten in einem Gottesdienst nach der empfohlenen Ordnung in das Amt ein. Dabei verpflichtet sich die Prädikantin oder der Prädikant, den Dienst nach der Heiligen Schrift und gemäß dem Grundartikel und den Ordnungen der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau auszuüben.
( 2 ) Der Vorhalt lautet:
„Aus diesen Worten der Heiligen Schrift hören wir, welchen Auftrag und welche Verheißung unser Herr seiner Kirche gegeben hat. Aufgrund der Taufe sind alle Christen zum Zeugnis und zum Dienst in der Welt verpflichtet. Der Erfüllung dieses Auftrages dienen alle Ämter der Kirche. Die Gemeinde ist dafür verantwortlich, dass Menschen, die dazu willig und vorbereitet sind, das Evangelium öffentlich verkündigen.
Liebe Frau …, / Lieber Herr …,
Sie werden heute bevollmächtigt, Gottesdienste zu leiten, zu taufen und das Abendmahl auszuteilen. Mit Ihren Gaben und Kräften sollen Sie am Aufbau der Gemeinde mitwirken und sie zum Dienst in der Welt ermutigen. Das Zeugnis der Heiligen Schrift ist Quelle und Richtschnur dieses Auftrages. Achten Sie Bekenntnis und Ordnung unserer Kirche, wahren Sie die seelsorgerliche Schweigepflicht und verhalten Sie sich so, dass Ihr Zeugnis glaubwürdig bleibt. Bei Ihrem Dienst stehen Sie in der Gemeinschaft aller, die zum Dienst in der Verkündigung berufen sind. Suchen Sie das Gespräch mit ihnen und bemühen Sie sich um immer tiefere Erkenntnis der Heiligen Schrift. Und wenn Sie Zweifel und Enttäuschung anfechten, gilt Ihnen die Zusage unseres Herrn. Er steht zu seinem Wort und verlässt die Seinen nicht.“
Frage an die zu Bevollmächtigende oder den zu Bevollmächtigenden:
„Sind Sie bereit, Ihren Dienst als Prädikantin / als Prädikant treu und gewissenhaft zu tun zur Ehre Gottes und zum Besten der Gemeinde, so antworten Sie: Ja, mit Gottes Hilfe.“
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§ 6
Pflichten

( 1 ) Die Prädikantinnen und Prädikanten sind an die geltenden Ordnungen der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau und an die in der Kirchengemeinde bestehenden bekenntnismäßigen und gottesdienstlichen Ordnungen gebunden.
( 2 ) Über alles, was den Prädikantinnen und Prädikanten bei Ausübung ihres Dienstes seelsorgerlich anvertraut wird, haben sie unverbrüchliches Stillschweigen zu wahren.
( 3 ) Für ihren Dienst gelten die Bestimmungen der Verwaltungsverordnung über liturgische Kleidung.
( 4 ) Der Dienst als Prädikantin oder Prädikant schließt eine Tätigkeit als freie Kasualrednerin oder freier Kasualredner aus.
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§ 7
Umfang der Bevollmächtigung

( 1 ) Wird in einem Gottesdienst das Abendmahl gefeiert oder die Taufe vollzogen, ist die Prädikantin oder der Prädikant zur Sakramentsverwaltung ermächtigt.
( 2 ) In Einzelfällen kann die Dekanin oder der Dekan einer Prädikantin oder einem Prädikanten auch andere Amtshandlungen übertragen.
( 3 ) Die Übertragung setzt die Teilnahme an besonderen Fortbildungsveranstaltungen voraus. Soll die Amtshandlung in einem anderen Dekanat vorgenommen werden, so ist das Einvernehmen mit der örtlich zuständigen Pfarrerin oder dem örtlich zuständigen Pfarrer herzustellen. Der Dekanin oder dem Dekan ist die Amtshandlung durch die Prädikantin oder den Prädikant vom zuständigen Gemeindepfarramt mitzuteilen.
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§ 8
Dienst und Aufsicht

( 1 ) Die Dekanin oder der Dekan ist für den Dienst der Prädikantinnen und Prädikanten verantwortlich.
( 2 ) Die Aufsicht nimmt die Dekanin oder der Dekan wahr, die oder der für die Kirchengemeinde zuständig ist, der die Prädikantin oder der Prädikant angehört.
( 3 ) Nach jeweils sechs Jahren führt die zuständige Dekanin oder der zuständige Dekan mit der Prädikantin oder dem Prädikanten ein auswertendes Gespräch über die bisherige Tätigkeit.
( 4 ) Die Visitation erstreckt sich auch auf den Dienst der Prädikantinnen und Prädikanten.
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§ 9
Beendigung des Dienstes

( 1 ) Eine nach diesem Kirchengesetz erteilte Bevollmächtigung endet, wenn
  1. die Prädikantin oder der Prädikant eine Erklärung über die Beendigung des Dienstes abgibt,
  2. die Voraussetzungen, unter denen die Bevollmächtigung ausgesprochen wurde, nachträglich weggefallen sind oder
  3. die Kirchenleitung die Bevollmächtigung aus wichtigem Grund widerruft.
( 2 ) Vor dem Widerruf der Bevollmächtigungen sind die oder der Betroffene und die Dekanin oder der Dekan zu hören. Die oder der Betroffene kann sich fachlichen Beistandes bedienen. Der Beistand muss die persönlichen Voraussetzungen der Wählbarkeit zu kirchlichen Körperschaften einer Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland erfüllen.
( 3 ) Eine nach diesem Kirchengesetz erteilte Bevollmächtigung ruht für einen jeweils zu benennenden Zeitraum, wenn
  1. die Prädikantin oder der Prädikant dies wünscht oder
  2. die Voraussetzungen für den ehrenamtlichen Dienst zwischenzeitlich nicht gegeben sind.
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§ 10
Fortbildung

Die Prädikantinnen und Prädikanten sollen an Veranstaltungen zu ihrer Fortbildung teilnehmen. Dabei werden sie durch die Gemeindepfarrerin oder den Gemeindepfarrer unterstützt und beraten.
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§ 11
Aufwendungsersatz

Der Dienst der Prädikantinnen und Prädikanten ist ehrenamtlich. Sie erhalten für die Gottesdienste einen pauschalen Aufwendungsersatz, der durch Rechtsverordnung1# geregelt wird. Die dafür notwendigen Mittel werden in den gesamtkirchlichen Haushalt eingestellt.
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§ 12
Bestehende Bevollmächtigung

Die von einer anderen Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland ausgesprochenen Bevollmächtigungen zum Dienst als Prädikantin oder Prädikant oder vergleichbare Bevollmächtigungen anderer Gliedkirchen der EKD können anerkannt werden.
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§ 13
Andere Dienste

Dieses Kirchengesetz gilt nicht für die Gemeindeglieder, die im Gottesdienst neben der Pfarrerin oder dem Pfarrer Lesungen und andere Aufgaben übernehmen.
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§ 14
Ausführungsbestimmungen

Die Kirchenleitung wird ermächtigt, zur Ausführung dieses Kirchengesetzes Rechtsverordnungen2# zu erlassen.
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§ 15
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieses Kirchengesetz tritt am 1. Juli 2007 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Lektoren- und Prädikantengesetz vom 2. Dezember 1983 (ABl. 1983 S. 260) außer Kraft. Dies gilt nicht für die nach diesen Vorschriften beauftragten Lektorinnen und Lektoren.

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1 ↑ Nr. 781.
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2 ↑ Nr. 781.