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Vereinbarung über den Dienst der evangelischen Anstaltsseelsorge in den Justizvollzugs-, Jugendstraf- und Jugendarrestanstalten des Landes Rheinland-Pfalz

Vom 8. Januar 1996

(ABl. 1996 S. 92)

Zwischen
der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau,
der Evangelischen Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche),
der Evangelischen Kirche im Rheinland
– nachfolgend Kirchen und im einzelnen jeweils Kirche genannt –
und dem Lande Rheinland-Pfalz, vertreten durch den Minister der Justiz
– nachfolgend Land genannt –
wird für den Dienst der evangelischen Anstaltsseelsorge in den Justizvollzugs-, Jugendstraf- und Jugendarrestanstalten des Landes Rheinland-Pfalz Folgendes vereinbart:
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Artikel 1

( 1 ) Die Seelsorge in den Justizvollzugsanstalten, den Jugendstrafanstalten und der Jugendarrestanstalt des Landes bildet einen Teil der der Kirche obliegenden allgemeinen Seelsorge. Sie wird von Anstaltsseelsorgerinnen und Anstaltsseelsorgern ausgeübt.
( 2 ) Auf Vorschlag der Kirche, in deren Zuständigkeitsbereich die Anstalt liegt, werden die Anstaltsseelsorgerinnen und Anstaltsseelsorger durch einen zwischen dem Land und der Kirche abgeschlossenen Gestellungsvertrag (Anlage) in der Regel für die Dauer von sechs Jahren bestellt.
( 3 ) Die Anstaltsseelsorgerinnen und Anstaltsseelsorger stehen im Dienst der Kirche und unterliegen deren Dienstaufsicht. Im Rahmen dieser Aufsicht ist die Kirche berechtigt, Visitationen entsprechend ihrer Visitationsordnung vorzunehmen.
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Artikel 2

Die Anstaltsseelsorgerinnen und Anstaltsseelsorger sind zu verpflichten, bei der Ausübung ihres Dienstes die Bestimmungen über den Justizvollzug, den Jugendstrafvollzug, den Jugendarrestvollzug, die Untersuchungshaft und die hierauf beruhenden Anordnungen der Anstaltsleitung zu beachten.
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Artikel 3

( 1 ) Die Anstaltsseelsorge umfasst insbesondere folgende Aufgaben:
    1. regelmäßige Feier von Gottesdiensten, insbesondere an Sonn- und Feiertagen,
    2. Feier der Sakramente,
    3. Vornahme von Kasualien;
    1. Einzelseelsorge einschließlich der Besuche im Haftraum und Aussprache mit den Gefangenen,
    2. Krankenseelsorge,
    3. Kontaktaufnahme mit Angehörigen und den Kirchengemeinden der Gefangenen;
    1. religiöse Unterweisung und sonstige Hilfen zur Persönlichkeitsbildung,
    2. Durchführung von religiösen Gesprächskreisen und Veranstaltungen zur Gruppenseelsorge;
  1. Caritativ-diakonisches Handeln unter Beachtung der sich aus dem Strafvollzug ergebenden Einschränkungen;
  2. Durchführung und Überwachung von Besuchen aus besonderem seelsorgerischem Anlass, soweit nicht die Anstaltsleitung aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung widerspricht;
  3. Mitwirkung bei der sozialen Hilfe für Gefangene und deren Angehörige;
  4. Teilnahme an Dienstbesprechungen und Beteiligung an der Erstellung und Durchführung des Vollzugsplanes oder des Erziehungsplanes;
  5. Seelsorge an Bediensteten der Anstalt;
  6. Mitwirkung bei der Aus- und Fortbildung der Bediensteten der Anstalt;
  7. Beratung bei der Anschaffung von Medien für die Gefangenenbücherei und Mitwirkung bei der Anschaffung religiöser Bücher, Schriften und anderer Medien;
  8. Mitwirkung bei der Öffentlichkeitsarbeit in Gesellschaft und Kirche.
( 2 ) Äußerungen in Gnadensachen und in Verfahren nach den §§ 57, 57a und 57b StGB, § 454 StPO oder § 88 JGG können die Anstaltsseelsorgerinnen und Anstaltsseelsorger in Einzelfällen ablehnen.
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Artikel 4

( 1 ) Für die Anstaltsseelsorge (Artikel 3) gelten die Gottesdienstordnungen, Agenden, Ordnungen und Bestimmungen der Kirche.
( 2 ) Die Anstalt schafft die zur Dienstausübung der Anstaltsseelsorge nötigen organisatorischen Voraussetzungen. Dazu gehören im Rahmen der geltenden Bestimmungen und gegebenen Möglichkeiten:
  1. Mitteilungen der Personalien der zu- und abgehenden Gefangenen und Gewährung der Einsicht in Personalakten der Gefangenen ihres Bekenntnisses sowie anderer Gefangener mit deren Zustimmung;
  2. Zugang zu den Gefangenen;
  3. Bereitstellung eines geeigneten Dienstzimmers;
  4. Ermöglichung von Seelsorgegesprächen mit Gefangenen im Dienstzimmer;
  5. unverzügliche Information über besondere Vorkommnisse, insbesondere Erkrankungen, Suizidversuche, Todesfälle;
  6. Berücksichtigung der Gottesdienste und anderer religiöser Veranstaltungen der Anstaltsseelsorge im Veranstaltungsprogramm der Anstalt;
  7. Zuteilung geeigneter Räume für die Veranstaltungen der Anstaltsseelsorge;
  8. ungehinderte Führung telefonischer Dienstgespräche;
  9. Erledigung der Schreib- und Verwaltungsarbeit der Anstaltsseelsorge durch die Verwaltung;
  10. Zuweisung von Gefangenen zu Hilfstätigkeiten;
  11. Bereitstellung von Mitteln zur Deckung des angemessenen Sachbedarfs.
( 3 ) Bei der Planung, Gestaltung und Einrichtung von Gottesdiensträumen in der Anstalt ist die Kirche zu hören.
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Artikel 5

Das Beicht- und Seelsorgegeheimnis ist zu achten.
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Artikel 6

( 1 ) Probleme bei ihrer Arbeit sollen die Anstaltsseelsorgerinnen und Anstaltsseelsorger in Gesprächen mit der Anstaltsleitung zu lösen versuchen.
( 2 ) Beschwerden über Anstaltsseelsorgerinnen und Anstaltsseelsorger werden über das Ministerium der Justiz der Kirche mitgeteilt. Beschwerden der Anstaltsseelsorgerinnen und Anstaltsseelsorger, die den Zuständigkeitsbereich des Landes betreffen, legt die Kirche dem Ministerium der Justiz vor, wenn sie es für erforderlich hält. Das Ministerium der Justiz und die Kirche bemühen sich um eine einvernehmliche Lösung.
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Artikel 7

Anstaltsseelsorgerinnen und Anstaltsseelsorgern, die Vorschriften zur Sicherheit und Ordnung der Anstalt in einem Maße verletzt haben, das die fristlose Kündigung des Gestellungsvertrages nahelegt, kann die Anstaltsleitung im Benehmen mit dem Ministerium der Justiz mit sofortiger Wirkung einstweilen das Betreten der Anstalt untersagen. Das Ministerium der Justiz benachrichtigt unverzüglich die Kirche, um – unbeschadet des Rechts auf fristlose Kündigung – die Angelegenheit einvernehmlich zu regeln.
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Artikel 8

Die Vertragschließenden veranstalten in der Regel einmal jährlich gemeinsam mit Vertreterinnen oder Vertretern der Erzdiözese Köln, der Diözesen Limburg, Mainz, Speyer und Trier für alle Anstaltsseelsorgerinnen und Anstaltsseelsorger eine Konferenz zu Fragen der Anstaltsseelsorge und des Justizvollzuges. Zur Teilnahme an Konferenzen und Fortbildungsveranstaltungen, die der Anstaltsseelsorge dienen, wird Dienstbefreiung erteilt.
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Artikel 9

Die Vertretungen in der Anstaltsseelsorge in Urlaubs-, Krankheits- und anderen Verhinderungsfällen regelt die Kirche mit der Anstaltsleitung.
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Artikel 10

Allgemeine Regelungen, die in der Kirche für alle Seelsorgerinnen und Seelsorger gelten, sind auch für die Anstaltsseelsorgerinnen und Anstaltsseelsorger entsprechen anzuwenden.
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Artikel 11

Die Vertragschließenden werden eine etwa in Zukunft auftretende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung oder Anwendung einer Bestimmung dieser Vereinbarung auf freundschaftliche Weise beseitigen.
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Artikel 12

( 1 ) Diese Vereinbarung tritt am 1. März 1996 in Kraft.
( 2 ) Die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Gestellungsverträge gelten fort. Alle weiteren Vereinbarungen zwischen der Kirche und Justizvollzugs-, Jugendstraf- und Jugendarrestanstalten über die Seelsorge in einzelnen Anstalten treten außer Kraft.
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Anlage
(zu Artikel 1 Abs. 2)

Muster
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Gestellungsvertrag

zwischen
vertreten durch
(nachfolgend Kirche genannt)
und
dem Lande Rheinland-Pfalz,
vertreten durch den Minister
(nachfolgend Land genannt)
wird folgender Gestellungsvertrag geschlossen:
1.
Die Kirche beauftragt den/die in ihren Diensten stehende/n Herrn/Frau …, geboren am … wohnhaft in … mit seiner/ihrer Zustimmung mit der Wahrnehmung der evangelischen Anstaltsseelsorge in der Justizvollzugsanstalt …
2.
Die Beauftragung von Herrn/Frau … erfolgt mit Wirkung vom … auf die Dauer von sechs Jahren.
Soll die Beauftragung verlängert werden, ist dies spätestens sechs Monate vor deren Ablauf zu vereinbaren.
3.
Die Kirche hat Herrn/Frau … verpflichtet, die gesetzlichen Bestimmungen über den Vollzug von Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung, der Jugendstrafe und Untersuchungshaft, die dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen, die allgemeingültigen und für die Justizvollzugsanstalt … besonders erlassenen Sicherheits- und Verhaltensvorschriften zu beachten. Dies gilt ebenso für die Vereinbarung über den Dienst der evangelischen Anstaltsseelsorge in den Justizvollzugs-, Jugendstraf- und Jugendarrestanstalten des Landes Rheinland-Pfalz.
4.
Die Arbeitszeit entspricht der (Hälfte der) regelmäßigen Arbeitszeit im öffentlichen Dienst. Die Dienstzeit richtet sich nach den Gegebenheiten der Justizvollzugsanstalt und ist zwischen Herrn/Frau … und der Anstaltsleitung zu vereinbaren.
4.
Die Dienstzeit richtet sich nach den Gegebenheiten der Justizvollzugsanstalt und ist zwischen Herrn/Frau … und der Anstaltsleitung zu vereinbaren.
5.
Das Land erstattet der Kirche die (Hälfte der) nach den kirchlichen Entgeltsbestimmungen tatsächlich anfallenden Bezüge nebst den danach üblichen Zuschlägen zur sozialen Sicherung, hierbei höchstens jedoch 25 v.H. zur Abgeltung des Versorgungsanteils und weitere 5 v.H. zur Abgeltung von Nebenleistungen wie Beihilfe, Reise- und Umzugskosten, Trennungsentschädigung und Unfallfürsorge. Die Erstattung erfolgt vierteljährlich nachträglich durch die Justizvollzugsanstalt … auf Anforderung durch die Kirche.
5.
Die Entschädigung von Herrn/Frau … erfolgt nach der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums der Justiz über die Entschädigung der nicht hauptamtlichen Anstaltsseelsorgerinnen und – seelsorger bei den Justizvollzugs-, Jugendstraf- und Jugendarrestanstalten vom 21. September 1995 (2419-5-1/95) – JBl. S. 225 – in der jeweils geltenden Fassung.
6.
Unbeschadet des Rechts auf fristlose Kündigung aus wichtigem Grund kann dieser Vertrag von beiden Vertragsparteien während der ersten sechs Monate der Beauftragung von Herrn/Frau … mit monatlicher Frist zum Ende eines Monats gekündigt werden.
Ort und Datum des Vertragsabschlusses
Unterschriften der vertragsschließenden Parteien