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Schriftgutordnung – Anlage IV
Aufbewahrungsrichtlinien

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I. Vorbemerkung

Die Bewertung von Schriftgut stellt vor die Frage, wo Wesentliches und Bleibendes schriftlichen Niederschlag gefunden hat. Zu beantworten ist dies nur von einem Standorte aus, der ebenso über Tagesereignissen wie über zeitbedingten oder rein rationellen Erwägungen in allgemeinerem Sinne liegt.
Schriftgut fällt in immer größer werdenden Mengen an. Es erwächst aus immer zahlreicheren und unterschiedlicheren Anlässen. Daher stellt sich die dringende Aufgabe, ein planvolles Aussonderungsverfahren zu entwickeln, das einerseits die Gefahr der Vernichtung historisch wertvollen und rechtlich wichtigen Schriftgutes ausschließt und das andererseits von wertlosem Schriftgut befreit und damit den praktisch-ökonomischen Erfordernissen einer übersichtlichen, modernen Schriftgutverwaltung gerecht wird.
Zu vergegenwärtigen ist dabei stets, dass Vernichtung von Schriftgut ein endgültiger, irreparabler Akt ist, der sorgfältiger Überlegung bedarf. Ein zeitlicher Abstand zu den Ereignissen, die das betreffende Schriftgut behandelt, erleichtert die Entscheidung und erhöht zugleich deren Qualität. Die im Folgenden vorgelegten Aufbewahrungsrichtlinien verbinden daher allgemeinere inhaltliche und verwahrtechnische Grundsätze mit einem Kassationsplan, der im einzelnen Fristen für die Aufbewahrung und Vernichtung von Schriftgut setzt. Ihr Sinn insgesamt besteht darin, Maßstäbe zu formulieren, nach denen aus der Menge des gesamten Schriftgutes das für immer aufbewahrenswerte, d.h. archivwürdige, Schriftgut auszusondern und geordnet und sicher aufzubewahren ist (s. Anlage V).
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II. Aufbewahrungs- und Kassationsgrundsätze

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1. Aufbewahrung von Schriftgut

1.1
Schriftgut von geschichtlicher bzw. kirchengeschichtlicher Bedeutung ist auf Dauer aufzubewahren. Dies betrifft insbesondere Schriftgut, das Einblicke gewährt in:
  • das religiöse, kulturelle und gesellschaftliche Leben allgemein
  • die Existenz, das Leben und das Wirken der Kirche und der Kirchengemeinden
  • die Mitwirkung und Mitverantwortung der Kirche an den Problemen der Zeit
  • das Verhältnis von Kirche und Staat, Kirche und bürgerlicher Gemeinde, Kirche und Politik
  • Existenz und Wirken kirchlicher Einrichtungen und Werke
  • das Verhältnis der evangelischen Kirche zu anderen Kirchen, sonstigen Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften und gesellschaftlichen Gruppierungen
  • Wissenschaft, Kunst und Technik
  • Familienkunde, Volkstum, religiöses Brauchtum
  • zeittypische Ereignisse und Erscheinungen
  • sonstige wichtige Ereignisse
  • Alltagsarbeit (Auswahl repräsentativer Routine)
1.2
Schriftgut von besonderer rechtlicher Bedeutung ist ebenfalls dauernd aufzubewahren, insbesondere:
  • Urkunden aller Art
  • Verträge, Vereinbarungen
  • Gesetze, Verordnungen, Rechtssammlungen, Satzungen einschl. des Schriftgutes über deren Entstehung
  • Unterlagen über Rechtsstreitigkeiten
  • Unterlagen über Rechtsbeziehungen mit staatlichen oder kommunalen Stellen
  • wichtige Unterlagen betr. das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen
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1.3 Einmaligkeit des Schriftgutes

Der Wert des Schriftgutes ist auch unter dem Gesichtspunkt der Einmaligkeit zu beurteilen. Das gleiche Schriftgut kann in den verschiedenen Verwaltungsebenen oder -bereichen mehrfach vorhanden sein (Mehrfachschriftgut). Schriftgut, das Zahlungsanweisungen begründet und/oder belegt, ist immer doppelt vorhanden (Verwaltung, Kasse bzw. Rentamt). Aufzubewahren ist solches Schriftgut in erster Linie dort, wo es entstanden ist.
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1.4 Vorbereitungsschriftgut

Schriftgut, das zur Vorbereitung von zusammengefassten Berichten, Statistiken und sonstigen Darstellungen diente und dessen Informations- oder Beweisgehalt vollständig oder zumindest im wesentlichen in Gesamtdarstellungen enthalten ist (Vorbereitungsschriftgut), hat meistens keinen Daueraufbewahrungswert. Eine Ausnahme bildet Schriftgut über die Vorbereitung von Rechtsgrundlagen aller Art (Satzungen, Geschäftsordnungen u. ä.).
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2. Kassationsgrundsätze

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2.1 Kassationspraxis allgemein

Sachgerechte Kassation ist nur in Kenntnis des organisch gewachsenen Gesamtschriftgutbestandes einer Kirchengemeinde oder eines Amtes möglich. Nur dann sind die Beziehungen der Teile zueinander und ihre Bedeutung sicher zu erkennen und ist Wesentliches von Unwesentlichem zu unterscheiden. Nur dann bleibt auch nach der Kassation ein unverfälschter Einblick in das Leben und Wirken einer Gemeinde oder eines Amtes für alle Zeiten möglich.
Für den Zeitpunkt der Kassation gilt als Rahmenbedingung der Grundsatz: Je größer der zeitliche Abstand zur Entstehung des Schriftgutes, desto sicherer die archivischen Entscheidungen oder: Kassation so spät wie möglich und so früh wie unumgänglich nötig.
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2.2 Kassationsplan

Das nicht auf Dauer aufzubewahrende Schriftgut wird zur Information und Beweisführung für die allgemeine Verwaltungsarbeit bis zum Ablauf der im Kassationsplan genannten Fristen (Anlage V) aufbewahrt. Die Fristen beginnen mit dem Ablauf des Jahres, in dem das Schriftgut entstanden ist (die im Kassationsplan genannten Vorbedingungen bleiben hiervon unberührt).
Bei Anwendung des Kassationsplanes ist streng darauf zu achten, dass die unter 1. genannten Grundsätze auch im Einzelfalle nicht verletzt werden.
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2.3 Schriftgut aus der Zeit vor 1948

Schriftgut, das vor dem Jahre 1948 entstanden ist, darf nur mit Genehmigung des Archivs der Kirchenverwaltung vernichtet werden.
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2.4 Vernichtung, Veräußerung

Vor der Vernichtung von Schriftgut ist in jedem Falle das Einverständnis des für die Verwaltung des Schriftgutes Verantwortlichen (Amtsleiter, Dekan, Pfarrer) einzuholen. Ist Schriftgut in größeren Mengen zu kassieren, so ist es an einschlägige Firmen abzugeben. Der Erwerber muss sich verpflichten, das Schriftgut nicht weiter zu veräußern und niemandem Einsicht zu gestatten, sondern es sofort zu vernichten.
Damit ist die Auflage zu verbinden, die Vernichtung innerhalb bestimmter Fristen nachzuweisen. Das Eigentum an dem veräußerten Schriftgut ist bis zur Vernichtung vorzubehalten. Beiliegendes Vertragsmuster wird zur Verwendung empfohlen.
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2.5 Kassationsprotokoll

Über die Vernichtung von Schriftgut, das länger als zehn Jahre aufbewahrt wurde, ist ein Protokoll anzufertigen, das schlagwortartig Auskunft über die vernichteten Bestände gibt. Das Protokoll ist von den Verantwortlichen zu unterzeichnen.
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III. Aufbewahrungsort nach Gebrauchszweck des Schriftgutes

Schriftgut wird aufbewahrt:
Stufe 1:
zum laufenden Gebrauch
Stufe 2:
zur gelegentlichen Benutzung für die praktische Verwaltungsarbeit (Beweisführung, Erinnerung, Information)
Stufe 3:
Lagerung bis zur endgültigen archivarischen Bearbeitung (Verzeichnung, Kassation)
Stufe 4:
für dauernde historische und rechtliche Zwecke
Von dieser Zweckbindung her lässt sich eine Entscheidung über den Aufbewahrungsort fällen.
Die Stufe 1 bezeichnet das aktuelle Schriftgut, das die laufenden Dienstgeschäfte betrifft. Dieses Schriftgut ist möglichst arbeitsplatznahe aufzubewahren.
Die Stufen 2 und 3 bezeichnen Schriftgut, das seltener gebraucht wird und deshalb arbeitsplatzfern aufbewahrt werden kann (Altablage, Reponie).
Die Stufe 4 bezeichnet das reine Archivgut, das auf Dauer sicher aufzubewahren ist und ebenfalls arbeitsplatzfern aufbewahrt werden kann. (Näheres regelt die Archivordnung).