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Verfassung für Rheinland-Pfalz
– Auszug –

Vom 18. Mai 1947

(GVBl. 1975 S. 49), zuletzt geändert am 19. Juni 2024 (GVBl. S. 253)

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Artikel 8

( 1 ) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und der Überzeugung ist gewährleistet.
( 2 ) Die bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte werden durch die Ausübung der Religionsfreiheit weder bedingt noch beschränkt.
( 3 ) Die Teilnahme an Handlungen, Feierlichkeiten oder Übungen von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften darf weder erzwungen noch verhindert werden. Die Benutzung einer religiösen Eidesformel steht jedem frei.
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II. Abschnitt: Ehe und Familie

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Artikel 23

( 1 ) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung.
( 2 ) Besondere Fürsorge wird Familien mit Kindern, Müttern und Alleinerziehenden sowie Familien mit zu pflegenden Angehörigen zuteil.
( 3 ) Das Recht der Kirchen und Religionsgemeinschaften, die religiösen Verpflichtungen bezüglich der Ehe mit verbindlicher Wirkung für ihre Mitglieder selbstständig zu regeln, bleibt unberührt:
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Artikel 24

Jedes Kind hat ein Recht auf Entwicklung und Entfaltung. Die staatliche Gemeinschaft schützt und fördert die Rechte des Kindes. Nicht eheliche Kinder haben den gleichen Anspruch auf Förderung wie eheliche Kinder. Kinder genießen besonderen Schutz insbesondere vor körperlicher und seelischer Misshandlung und Vernachlässigung.
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Artikel 25

( 1 ) Die Eltern haben das natürliche Recht und die oberste Pflicht, ihre Kinder zur leiblichen, sittlichen und gesellschaftlichen Tüchtigkeit zu erziehen. Staat und Gemeinden haben das Recht und die Pflicht, die Erziehungsarbeit der Eltern zu überwachen und zu unterstützen.
( 2 ) Die Jugend ist gegen Ausbeutung sowie gegen sittliche, geistige und körperliche Verwahrlosung durch staatliche und gemeindliche Maßnahmen und Einrichtungen zu schützen.
( 3 ) Fürsorgemaßnahmen im Wege des Zwanges können nur auf gesetzlicher Grundlage angeordnet werden, wenn durch ein Versagen des Erziehungsberechtigten oder aus anderen Gründen das Wohl des Kindes gefährdet wird.
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Artikel 26

In den Angelegenheiten der Pflege und Förderung der Familie und der Erziehung der Jugend ist die Mitwirkung der Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften und Verbände der freien Wohlfahrtspflege nach Maßgabe der Gesetze gewährleistet.
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III. Abschnitt: Schule, Bildung und Kulturpflege

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Artikel 27

( 1 ) Das natürliche Recht der Eltern, über die Erziehung ihrer Kinder zu bestimmen, bildet die Grundlage für die Gestaltung des Schulwesens.
( 2 ) Staat und Gemeinden haben das Recht und die Pflicht, unter Berücksichtigung des Elternwillens die öffentlichen Voraussetzungen und Einrichtungen zu schaffen, die eine geordnete Erziehung der Kinder sichern. Das gesamte Schulwesen untersteht der Aufsicht des Staates. Die Schulaufsicht wird durch hauptamtlich tätige fachlich vorgebildete Beamte ausgeübt.
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Artikel 28

Der Ausbildung der Jugend dienen öffentliche und private Schulen. Bei Einrichtung öffentlicher Schulen wirken Land und Gemeinden zusammen.
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Artikel 29

Die öffentlichen Grund-, Haupt- und Sonderschulen sind christliche Gemeinschaftsschulen.
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Artikel 30

( 1 ) Privatschulen als Ersatz für öffentliche Schulen, einschließlich der Hochschulen, können mit staatlicher Genehmigung errichtet und betrieben werden. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Privatschulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte genügend gesichert ist. Lehrer an Privatschulen unterliegen auch der Bestimmung des Artikels 36.
( 2 ) Eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern ist untersagt.
( 3 ) Privatschulen als Ersatz für öffentliche Schulen erhalten auf Antrag angemessene öffentliche Finanzhilfe. Das Nähere über Voraussetzungen und die Höhe der öffentlichen Finanzhilfe regelt ein Gesetz.
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Artikel 31

Jedem jungen Menschen soll zu einer seiner Begabung entsprechenden Ausbildung verholfen werden. Begabten soll der Besuch von höheren und Hochschulen, nötigenfalls aus öffentlichen Mitteln, ermöglicht werden.
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Artikel 32

aufgehoben
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Artikel 33

Die Schule hat die Jugend zur Gottesfurcht und Nächstenliebe, Achtung und Duldsamkeit, Rechtlichkeit und Wahrhaftigkeit, zur Liebe zu Volk und Heimat, zum Verantwortungsbewusstsein für Natur und Umwelt, zu sittlicher Haltung und beruflicher Tüchtigkeit und in freier, demokratischer Gesinnung im Geiste der Völkerversöhnung zu erziehen.
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Artikel 34

Der Religionsunterricht ist an allen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Privatschulen ordentliches Lehrfach. Er wird erteilt im Auftrag und in Übereinstimmung mit den Lehren und Satzungen der betreffenden Kirche oder Religionsgemeinschaft. Lehrplan und Lehrbücher für den Religionsunterricht sind im Einvernehmen mit der betreffenden Kirche oder Religionsgemeinschaft zu bestimmen. Kein Lehrer kann gezwungen oder daran gehindert werden, Religionsunterricht zu erteilen. Zur Erteilung des Religionsunterrichtes bedürfen die Lehrer der Bevollmächtigung durch die Kirchen oder Religionsgemeinschaften. Die Kirchen und Religionsgemeinschaften haben das Recht, im Benehmen mit der staatlichen Aufsichtsbehörde den Religionsunterricht zu beaufsichtigen und Einsicht in seine Erteilung zu nehmen.
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Artikel 35

( 1 ) Die Teilnahme am Religionsunterricht kann durch die Willenserklärung der Eltern oder der Jugendlichen nach Maßgabe des Gesetzes abgelehnt werden.
( 2 ) Für Jugendliche, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, ist ein Unterricht über die allgemein anerkannten Grundsätze des natürlichen Sittengesetzes zu erteilen.
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Artikel 36

Lehrer haben ihr Amt als Erzieher im Sinne der Grundsätze der Verfassung auszuüben.
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Artikel 37

Das Volksbildungswesen einschließlich der Volksbüchereien und Volkshochschulen soll von Staat und Gemeinden gefördert werden. Die Errichtung privater oder kirchlicher Volksbildungseinrichtungen ist gestattet.
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Artikel 38

Bei der Gestaltung des höheren Schulwesens ist das klassisch-humanistische Bildungsideal neben den anderen Bildungszielen gleichberechtigt zu berücksichtigen.
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Artikel 39

( 1 ) Die Hochschulen haben das Recht der Selbstverwaltung. Die Freiheit von Forschung und Lehre wird ihnen verbürgt. Die theologischen Fakultäten an den staatlichen Hochschulen bleiben erhalten.
( 2 ) Die Studenten sind berufen, bei der Erledigung ihrer eigenen Angelegenheiten im Wege der Selbstverwaltung mitzuwirken.
( 3 ) Jeder Student ist verpflichtet, neben seinem Fachstudium allgemeinbildende, insbesondere staatsbürgerkundliche Vorlesungen zu hören.
( 4 ) Das Recht der Studenten, sich an den Hochschulen im Rahmen der für alle geltenden Gesetze zu Vereinigungen zusammenzuschließen, wird gewährleistet.
( 5 ) Der Zugang zum Hochschulstudium steht jedermann offen. Werktätigen, die sich durch Begabung, Fleiß und Leistungen auszeichnen, ist auch ohne Reifezeugnis einer höheren Lehranstalt durch Einrichtung besonderer Vorbereitungskurse und Prüfungen die Möglichkeit des Hochschulstudiums zu geben. Jeder Erwachsene hat das Recht, sich als Gasthörer an den Hochschulen einschreiben zu lassen.
( 6 ) Das Nähere wird durch Gesetz bestimmt.
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Artikel 40

( 1 ) Das künstlerische und kulturelle Schaffen ist durch das Land, die Gemeinden und Gemeindeverbände zu pflegen und zu fördern.
( 2 ) Die Erzeugnisse der geistigen Arbeit, die Rechte der Urheber, Erfinder und Künstler genießen den Schutz und die Fürsorge des Staates.
( 3 ) Der Staat nimmt die Denkmäler der Kunst, der Geschichte und der Natur sowie die Landschaft in seine Obhut und Pflege. Die Teilnahme an den Kulturgütern des Lebens ist dem gesamten Volke zu ermöglichen.
( 4 ) Der Sport ist durch das Land, die Gemeinden und Gemeindeverbände zu pflegen und zu fördern.
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IV. Abschnitt: Kirchen und Religionsgemeinschaften

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Artikel 41

( 1 ) Die Kirchen sind anerkannte Einrichtungen für die Wahrung und Festigung der religiösen und sittlichen Grundlagen des menschlichen Lebens. Die Freiheit, Religionsgemeinschaften zu bilden, Religionsgemeinschaften zusammenzuschließen und sich zu öffentlichen gottesdienstlichen Handlungen zu vereinigen, ist gewährleistet.
( 2 ) Die Kirchen und Religionsgemeinschaften haben das Recht, sich ungehindert zu entfalten. Sie sind von staatlicher Bevormundung frei und ordnen und verwalten ihre Angelegenheiten selbstständig. Sie verleihen ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinden. Die Kirchen und Religionsgemeinschaften genießen in ihrem Verkehr mit den Gläubigen volle Freiheit. Hirtenbriefe, Verordnungen, Anweisungen, Amtsblätter und sonstige die geistliche Leitung der Gläubigen betreffende Verfügungen können ungehindert veröffentlicht und zur Kenntnis der Gläubigen gebracht werden.
( 3 ) Die für alle geltenden verfassungsmäßigen Pflichten bleiben unberührt.
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Artikel 42

Die Kirchen und Religionsgemeinschaften haben das Recht, zur Ausbildung ihrer Geistlichen und Religionsdiener eigene Hochschulen, Seminarien und Konvikte zu errichten und zu unterhalten. Die Leitung und Verwaltung, der Lehrbetrieb und die Beaufsichtigung dieser Lehranstalten ist selbstständige Angelegenheit der Kirchen und Religionsgemeinschaften.
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Artikel 43

( 1 ) Die Kirchen und Religionsgemeinschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den Vorschriften des allgemeinen Rechts.
( 2 ) Die Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie ihre Einrichtungen bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechts, soweit sie es bisher waren; anderen Religionsgemeinschaften sowie künftigen Stiftungen sind auf ihren Antrag die gleichen Eigenschaften zu verleihen, wenn sie durch ihre Satzungen und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften zu einem Verband zusammen, so ist auch dieser Körperschaft des öffentlichen Rechts.
( 3 ) Die Kirchen und Religionsgemeinschaften, die öffentlich-rechtliche Körperschaften sind, dürfen aufgrund der ordentlichen Steuerlisten Steuern erheben.
( 4 ) Gesellschaften, die sich die Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen und deren Bestrebungen dem Gesetz nicht widersprechen, genießen die gleichen Rechte.
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Artikel 44

Das Eigentum und andere Rechte der Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sowie ihrer Einrichtungen an ihrem für Kultus-, Unterrichts- und Wohltätigkeitszwecke bestimmten Vermögen werden gewährleistet.
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Artikel 45

Die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden bisherigen Leistungen des Staates, der politischen Gemeinden und Gemeindeverbände an die Kirchen und sonstigen Religionsgemeinschaften sowie an ihre Anstalten, Stiftungen, Vermögensmassen und Vereinigungen bleiben aufrechterhalten.
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Artikel 46

Die von den Kirchen-, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften oder ihren Organisationen unterhaltenen sozialen Einrichtungen und Schulen werden als gemeinnützig anerkannt.
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Artikel 47

Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage sind als Tage der religiösen Erbauung, seelischen Erhebung und Arbeitsruhe gesetzlich geschützt.
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Artikel 48

( 1 ) In Krankenhäusern, Strafanstalten und sonstigen öffentlichen Anstalten und Einrichtungen ist den Kirchen- und Religionsgemeinschaften Gelegenheit zur Vornahme von Gottesdiensten und Ausübung der geordneten Seelsorge zu geben.
( 2 ) Für die entsprechenden Voraussetzungen ist Sorge zu tragen.