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Kirchengesetz zur
Regelung der evangelischen Seelsorge in der Bundeswehr

Vom 8. März 1957

(ABl. EKD 1957 S. 257), geändert am 7. November 2002 (ABl. EKD 2002, S. 387)

Aufgrund des Artikels 10 Buchstabe b der Grundordnung1# hat die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland das folgende Kirchengesetz beschlossen:
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Abschnitt I
Grundsätze

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§ 1

( 1 ) Auf der Grundlage von Artikel 18 der Grundordnung der Evangelischen Kirche in Deutschland nimmt die Evangelische Kirche in Deutschland im Zusammenwirken mit den Gliedkirchen die Seelsorge in der Bundeswehr (Militärseelsorge) als Gemeinschaftsaufgabe wahr. Sie wird gemäß dem zwischen der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Bundesrepublik Deutschland am 22. Februar 1957 geschlossenen Vertrag (ABl. EKD Nr. 162 (Staatsvertrag)2# unter der Leitung eines Bischofs oder einer Bischöfin erfüllt, der oder die nach Artikel 10 des Staatsvertrages3# die Amtsbezeichnung »Militärbischof« oder »Militärbischöfin« führt.
( 2 ) Die Seelsorge in der Bundeswehr als Teil der kirchlichen Arbeit wird im Auftrag und unter der Aufsicht der Kirche von Geistlichen ausgeübt, die mit dieser Aufgabe hauptamtlich oder nebenamtlich beauftragt sind. In dem Dienst an Wort und Sakrament und in der Seelsorge sind die zum Dienst berufenen Geistlichen im Rahmen der kirchlichen Ordnung selbstständig. Sie stehen in einem geistlichen Auftrag, in dessen Erfüllung sie von staatlichen Weisungen unabhängig sind.
( 3 ) Die Wahrnehmung von Aufgaben der Seelsorge in der Bundeswehr, einschließlich der Leitungsaufgaben, wird in der Regel befristet.
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§ 2

Der Dienst der Seelsorge in der Bundeswehr ist innerhalb des Bereichs der Gliedkirchen an deren Bekenntnis gebunden.
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§ 3

Die Vertretung der kirchlichen Aufgaben gegenüber der Bundesrepublik wird für die Seelsorge in der Bundeswehr durch die Evangelische Kirche in Deutschland wahrgenommen. Sie ist dabei nach den Vorschriften dieses Gesetzes an die Mitwirkung der Gliedkirchen gebunden.
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Abschnitt II
Personale Seelsorgebereiche, Gemeinden nach Artikel 6 Abs. 2 des Staatsvertrages

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§ 4

Für Gottesdienste und Amtshandlungen in den personalen Seelsorgebereichen und den Gemeinden nach Artikel 6 Abs. 2 des Staatsvertrages4# ist die Ordnung der zuständigen Gliedkirche maßgebend.
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§ 5

Zu Vereinbarungen nach Artikel 7 Abs. 3 des Staatsvertrages5# über eine von Artikel 7 Abs. 1 Ziffer 5 und 6 des Staatsvertrages abweichende Abgrenzung des Personenkreises der personalen Seelsorgebereiche und der Gemeinden nach Artikel 6 Abs. 2 des Staatsvertrages6# bedarf der Bischof oder die Bischöfin der Zustimmung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland. Der Rat nimmt vorher mit der Kirchenkonferenz Fühlung.
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§ 6

Auf die Gemeinden nach Artikel 6 Abs. 2 des Staatsvertrages7# finden die Ordnungen der Gliedkirchen entsprechende Anwendung, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
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§ 7

Soll eine Amtshandlung an Gliedern des personalen Seelsorgebereiches oder der Gemeinden nach Artikel 6 Abs. 2 des Staatsvertrages8# an Stelle des oder der zuständigen Geistlichen durch einen anderen Geistlichen oder eine andere Geistliche vorgenommen werden, so ist hierbei für Dimissoriale, Anzeige oder Abmeldung nach dem Recht der Gliedkirchen zu verfahren. Statt eines Dimissoriales oder einer Abmeldung genügt eine Anzeige, wenn ein anderer Geistlicher oder eine andere Geistliche aus Gründen des Bekenntnisstandes in Anspruch genommen wird.
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§ 8

( 1 ) Die von den Angehörigen der personalen Seelsorgebereiche oder der Gemeinden nach Artikel 6 Abs. 2 des Staatsvertrages9# erhobenen Kirchensteuern werden von der Evangelischen Kirche in Deutschland zentral eingenommen und entsprechend dem durch ihren Haushaltsplan festgestellten Bedarf der Seelsorge in der Bundeswehr zugeführt. Der verbleibende Betrag wird nach einem durch die Evangelischen Kirche in Deutschland unter Beteiligung der Kirchenkonferenz zu regelnden Verfahren an die Gliedkirchen verteilt.
( 2 ) Soweit in den Gliedkirchen Kirchensteuern von Angehörigen der personalen Seelsorgebereiche oder der Gemeinden nach Artikel 6 Abs. 2 des Staatsvertrages10# eingehen, sind die Gliedkirchen verpflichtet, zu den durch staatliche Mittel nicht gedeckten Kosten der Seelsorge in der Bundeswehr entsprechend beizutragen.
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§ 9

Der Bischof oder die Bischöfin vereinbart mit dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland, in welcher Form Amtshandlungen in die Kirchenbücher einzutragen sind, die bei den personalen Seelsorgebereichen und Gemeinden nach Artikel 6 Abs. 2 des Staatsvertrages11# sowie im Ausland geführt werden.
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Abschnitt III
Leitung der Seelsorge in der Bundeswehr

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§ 10

Der Bischof oder die Bischöfin übt die Leitung der Seelsorge in der Bundeswehr und die kirchliche Dienstaufsicht über die Geistlichen aus. Das Amt des Bischofs oder der Bischöfin kann haupt- oder nebenamtlich wahrgenommen werden.
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§ 11

Zur Benennung eines für das Amt des Bischofs in Aussicht genommenen Geistlichen oder einer für das Amt der Bischöfin in Aussicht genommenen Geistlichen gegenüber der Bundesregierung und zur Benennung des Leiters oder der Leiterin des Evangelischen Kirchenamtes für die Bundeswehr bedarf der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland der Zustimmung der Kirchenkonferenz. Der Bischof oder die Bischöfin hat sein oder ihr Amt zur Verfügung zu stellen, wenn der Rat nach Anhörung der Kirchenkonferenz es verlangt. Die Leitung des Evangelischen Kirchenamtes für die Bundeswehr kann mit einer Person, welche die Befähigung zum Richteramt hat, besetzt werden.
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§ 12

( 1 ) Der Bischof oder die Bischöfin unterrichtet den Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland laufend über seine beziehungsweise ihre Tätigkeit. Er oder sie hält mit den Gliedkirchen Fühlung und berichtet ihnen jährlich über die Tätigkeit der Seelsorge in der Bundeswehr.
( 2 ) Der Bischof oder die Bischöfin wird zu den Tagungen der Synode und der Kirchenkonferenz der Evangelischen Kirche in Deutschland eingeladen und berichtet der Synode regelmäßig.
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§ 13

( 1 ) Der Bischof oder die Bischöfin führt die Geistlichen und den Leiter oder die Leiterin des Evangelischen Kirchenamtes für die Bundeswehr in ihr kirchliches Amt ein. Die Gliedkirchen sind in angemessener Weise an den Einführungen zu beteiligen.
( 2 ) Mit der Einführung nach Absatz 1 kann der Bischof oder die Bischöfin einen dienstaufsichtsführenden Geistlichen oder eine dienstaufsichtsführende Geistliche beauftragen.
( 3 ) Entsprechendes gilt für die Einweihung gottesdienstlicher Räume.
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§ 14

( 1 ) Zur Beratung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland und des Bischofs oder die Bischöfin in den Angelegenheiten der Seelsorge in der Bundeswehr wird vom Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland im Benehmen mit der Kirchenkonferenz ein Beirat berufen.
( 2 ) Zu dem Erlass der Agende nach Artikel 12 Abs. 1 Nummer 6 des Staatsvertrages12# und des Gesang- oder Gebetbuches für Soldaten und Soldatinnen bedarf der Bischof oder die Bischöfin der Zustimmung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland. Dieser nimmt vorher mit der Kirchenkonferenz Fühlung. Zu dem Erlass der Agende nach Artikel 12 Abs. 1 Nummer 6 des Staatsvertrages, des Gesang- oder Gebetbuches für Soldaten und Soldatinnen sowie allgemeiner Vorschriften und Richtlinien bedarf der Bischof oder die Bischöfin der Zustimmung des Beirates.
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Abschnitt IV
Mit der Wahrnehmung der Seelsorge in der Bundeswehr beauftragte Geistliche

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§ 15

Die Geistlichen bleiben an ihr Ordinationsgelübde und das Bekenntnis ihrer Gliedkirche gebunden. Sie haben die Gemeinschaft mit ihr aufrechtzuerhalten.
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§ 16

Die Geistlichen bleiben Geistliche ihrer Gliedkirche. Die allgemeinen Rechte und Pflichten der Geistlichen als kirchliche Amtsträger oder Amtsträgerinnen richten sich nach den Ordnungen ihrer Gliedkirche. Während der Amtsdauer der mit der Wahrnehmung der Seelsorge in der Bundeswehr beauftragten Geistlichen ruht ihre Bindung an die Weisungen der Vorgesetzten ihrer Gliedkirchen.
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§ 17

( 1 ) Die Gliedkirchen sollen durch geeignete Maßnahmen dazu beitragen, dass die Seelsorge in der Bundeswehr und die mit ihrer Wahrnehmung beauftragten Geistlichen Teil des kirchlichen Lebens der Gliedkirche sind. Die mit der Wahrnehmung der Seelsorge in der Bundeswehr beauftragten Geistlichen sind ihrerseits gehalten, am Leben der örtlichen Gliedkirche und ihrer Untergliederungen teilzunehmen.
( 2 ) Der Bischof oder die Bischöfin sorgt dafür, dass die Gemeinschaft zwischen der Seelsorge in der Bundeswehr und den mit ihrer Wahrnehmung beauftragten Geistlichen und den Gliedkirchen aufrechterhalten bleibt.
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§ 18

In den personalen Seelsorgebereichen und den Gemeinden nach Artikel 6 Abs. 2 des Staatsvertrages13# sind in erster Linie Geistliche der Gliedkirche zu verwenden, zu deren Bereich die personalen Seelsorgebereiche und die Gemeinden nach Artikel 6 Abs. 2 des Staatsvertrages gehören. Soweit dies nicht möglich ist, setzt sich der Bischof oder die Bischöfin bei der Verwendung anderer Geistlicher mit der betreffenden Gliedkirche ins Benehmen.
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§ 19

( 1 ) Die Gliedkirchen schlagen dem Bischof oder der Bischöfin die für die Seelsorge in der Bundeswehr benötigten hauptamtlichen Geistlichen in der erforderlichen Zahl vor und stellen sie für diesen Dienst frei. Sie benennen geeignete Pfarrerinnen und Pfarrer zur nebenamtlichen Ausübung der Seelsorge in der Bundeswehr. Nebenamtlich in der Seelsorge in der Bundeswehr tätige Geistliche werden vom Bischof oder der Bischöfin im Einvernehmen mit den jeweiligen Gliedkirchen beauftragt.
( 2 ) Die Gliedkirchen können die Freistellung widerrufen, wenn die Verwendung des oder der Geistlichen im Dienst der Gliedkirche aus wichtigen Gründen geboten erscheint. Der Widerruf kann auch erfolgen, wenn die Gliedkirche mit dem Bischof oder der Bischöfin darin übereinstimmt, dass die weitere Verwendung des oder der Geistlichen für die Seelsorge in der Bundeswehr untunlich ist. Wird die Freistellung widerrufen, so stellt der Bischof oder die Bischöfin bei dem Bundesministerium der Verteidigung den in Artikel 23 Abs. 1 Ziffer 2 des Staatsvertrages vorgesehenen Antrag auf Entlassung des oder der Geistlichen.
( 3 ) Wenn der oder die Geistliche auf Wunsch seiner oder ihrer Gliedkirche entlassen wird, ist diese verpflichtet, ihn oder sie unter Anrechnung seiner oder ihrer in der Seelsorge in der Bundeswehr verbrachten Dienstzeit wiederzuverwenden. Die Gliedkirche übernimmt in diesem Falle die Versorgung des oder der Geistlichen unter Anrechnung seiner oder ihrer Dienstzeit in der Seelsorge in der Bundeswehr.
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§ 20

Die nach Artikel 18 Abs. 1 des Staatsvertrages zunächst probeweise einzustellenden Geistlichen werden auf Antrag des Bischofs oder der Bischöfin von ihrer Gliedkirche für die Erprobungszeit beurlaubt.
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§ 21

Die in das Dienstverhältnis eines Bundesbeamten oder einer Bundesbeamtin oder eines oder einer Bundesangestellten auf Zeit berufenen Geistlichen treten nach Ablauf ihrer in der Seelsorge in der Bundeswehr abgeleisteten Dienstzeit in den Dienst ihrer Gliedkirche zurück. § 19 Abs. 3 gilt entsprechend.
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§ 22

( 1 ) Werden gegen einen Geistlichen oder eine Geistliche sowohl als kirchlichen Amtsträger beziehungsweise als kirchliche Amtsträgerin als auch als Bundesbeamten beziehungsweise Bundesbeamtin Disziplinarverfahren eröffnet, so kann das kirchliche Verfahren bis zum Vorliegen des Ergebnisses des Verfahrens vor dem zuständigen staatlichen Disziplinargericht ausgesetzt werden.
( 2 ) Wird ein Geistlicher oder eine Geistliche durch das kirchliche Disziplinargericht zur Entfernung aus dem Dienst oder zur Amtsenthebung verurteilt, so hat der Bischof oder die Bischöfin unverzüglich gemäß Artikel 23 Abs. 1 Ziffer 1 des Staatsvertrages14# die Entlassung des oder der Geistlichen aus dem Bundesbeamtenverhältnis herbeizuführen.
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§ 23

Den Zeitpunkt, zu dem dieses Gesetz für die beteiligten Gliedkirchen in Kraft tritt, bestimmt der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland durch Verordnung15#.

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1 ↑ Nr. 90.
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2 ↑ Nr. 130.
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3 ↑ Nr. 130.
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4 ↑ Nr. 130.
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5 ↑ Nr. 130.
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6 ↑ Nr. 130.
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7 ↑ Nr. 130.
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8 ↑ Nr. 130.
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9 ↑ Nr. 130.
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10 ↑ Nr. 130.
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11 ↑ Nr. 130.
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12 ↑ Nr. 130.
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13 ↑ Nr. 130.
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14 ↑ Nr. 130.
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15 ↑ Nach der Verordnung des Rates der EKD vom 4. Juli 1957 (ABl. EKD 1957 S. 258) über die Inkraftsetzung des Kirchengesetzes zur Regelung der evangelischen Militärseelsorge in der Bundesrepublik Deutschland vom 8. März 1957 (ABl. EKD1957 S. 257) ist das Kirchengesetz am 16. September 1957 in Kraft getreten.