.

Geltungszeitraum von: 01.11.2005

Geltungszeitraum bis: 31.12.2010

Rechtsverordnung
über die Verwaltung kirchlichen Grundvermögens
(Grundvermögensverordnung – GrVVO)

Vom 30. August 2005

(ABl. 2005 S. 355)

Die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau hat aufgrund von § 94 der Kirchlichen Haushaltsordnung vom 3. Dezember 1999 (ABl. 2000 S. 145), zuletzt geändert am 24. April 2005 (ABl. 2005 S. 165), folgende Rechtsverordnung beschlossen:
####

§ 1
Geltungsbereich

Diese Rechtsverordnung gilt für das Grundvermögen der Körperschaften der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau.
#

§ 2
Nachweis, Begehung

( 1 ) Alle Grundstücke und grundstücksgleichen Rechte sind auf den Namen des kirchlichen Rechtsträgers unter Angabe der Zweckbestimmung im Grundbuch einzutragen. Gleiches gilt für Miteigentumsanteile sowie für dingliche Rechte an Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten Dritter.
( 2 ) Das kirchliche Grundeigentum ist in regelmäßigen Zeitabständen, mindestens jedoch alle drei Jahre, zu begehen. Dabei sind insbesondere Bestand, Zustand, Nutzung, Ertrag und Bewirtschaftung zu überprüfen sowie etwa notwendige Instandsetzungs- und Unterhaltungsmaßnahmen festzulegen.
#

§ 3
Bedeutung und Bindung des Grundeigentums

( 1 ) Kirchliches Grundeigentum dient entsprechend seiner Zweckbestimmung der Erfüllung kirchlicher Aufgaben. Es ist nach Herkommen und Widmung grundsätzlich unveräußerlich. Veräußerungen sind nur zulässig, wenn besondere öffentliche oder wirtschaftliche Gründe vorliegen.
( 2 ) Bei der Veräußerung ertragbringender Grundstücke ist der Erlös durch den Kauf von Ersatzland (§ 5) wieder anzulegen oder einer für den Grunderwerb zweckbestimmten Rücklage zuzuführen, es sei denn dass das zu veräußernde Grundstück nur einen geringen Wert aufweist. Bei Grundstücken des Kirchenvermögens kann der Veräußerungserlös an Stelle der Ersatzlandbeschaffung zur Ausstattung einer nicht rechtsfähigen Stiftung (§ 6) verwendet werden. Unabhängig davon können 20 Prozent des Veräußerungserlöses zweckbestimmt für Baumaßnahmen verwendet oder einer Baurücklage zugeführt werden.
#

§ 4
Wertbestimmung bei Grundstücksübertragungen

( 1 ) Bemessungsgrundlage für den Erwerb und die Veräußerung von Grundstücken ist der Verkehrswert. Der Verkehrswert wird durch den Preis bestimmt, der zum Zeitpunkt der Veräußerung im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und Lage des Grundstücks, ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse, zu erzielen wäre.
( 2 ) Zur Bestimmung des Verkehrswertes ist vor der Grundstücksübertragung eine Wertermittlung des Grundstückes auf der Grundlage der Wertermittlungsverordnung des Bundes in Verbindung mit den Wertermittlungsrichtlinien des Bundes in der jeweils gültigen Fassung durchzuführen. In begründeten Ausnahmefällen, insbesondere, wenn das zu übertragende Grundstück nur einen geringen Wert aufweist, ist die ortsgerichtliche Schätzung oder eine Wertermittlung nach der Richtwertkarte ausreichend.
( 3 ) Bei Veräußerung von Grundstücken an kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die für ihren Dienst eine Vergütung erhalten, Mitglieder des Kirchenvorstandes und ihre Familienangehörigen ist der Wert durch Gutachten des örtlichen Gutachterausschusses oder eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen zu ermitteln.
#

§ 5
Ersatzlandbeschaffung

Als Ersatzland sollen ertragsfähige Grundstücke und sicher verpachtbare landwirtschaftliche Nutzflächen gekauft werden. Der Kauf von Bauerwartungsland oder Bauland setzt voraus, dass das Land in absehbarer Zeit für einen bestimmten Zweck der kirchlichen Körperschaft benötigt wird oder im Erbbaurecht vergeben werden kann. Das Ersatzland soll der abgegebenen Fläche in Hinblick auf Größe und erzielbare Erträgnisse gleichwertig sein. Entsprechendes gilt für den Tausch von Grundstücken.
#

§ 6
Verwendung von Grundstückserlösen als Stiftungsvermögen

( 1 ) Im Falle der Errichtung einer nicht rechtsfähigen Stiftung aus Grundstückserlösen ist in der Satzung der Stiftung vorzusehen, dass
  1. der Stiftungszweck die Förderung kirchlicher Aufgaben ist,
  2. das Stiftungsvermögen bei der Gesamtkirchenkasse angelegt werden soll,
  3. jährliche Erträge in Höhe des inflationsbedingten Wertverlustes dem Stiftungsvermögen wieder zugeführt werden.
( 2 ) Bei Auflösung der Stiftung ist das Stiftungsvermögen wieder in Grundbesitz anzulegen oder einer für den Grunderwerb zweckbestimmten Rücklage zuzuführen.
( 3 ) Anlagen von Stiftungsvermögen, die abweichend von Absatz 1 Nr. 2 nicht bei der Gesamtkirchenkasse angelegt werden, bedürfen der Genehmigung durch die Kirchenverwaltung.
#

§ 7
Bewirtschaftung

( 1 ) Das kirchliche Grundeigentum ist unter Berücksichtigung kirchlicher, sozialer und ökologischer Belange so zu bewirtschaften, dass seine Zweckbestimmung dauerhaft und wirtschaftlich erfüllt wird. Die kirchlichen Körperschaften sollen sich zur Verwaltung ihres Grundeigentums der Unterstützung der Kirchenverwaltung und der Regionalverwaltungen bedienen.
( 2 ) Flurbereinigungs- und Umlegungsverfahren sind der Kirchenverwaltung frühzeitig anzuzeigen. Auf eine wertgleiche Landabfindung ist zu achten.
( 3 ) Bei Verpachtung, Vermietung, Bestellung von Erbbaurechten oder Einräumung sonstiger Nutzungsrechte sind die gesamtkirchlichen Vertragsmuster zu verwenden.
#

§ 8
Pfarreivermögen

( 1 ) Das Pfarreivermögen dient aufgrund seiner Widmung ausschließlich der Besoldung und Versorgung der Pfarrerinnen und Pfarrer. Es ist daher in seinem Bestand zu erhalten und darf wegen der Widmung keinem anderen Vermögen einverleibt werden.
( 2 ) Werden Grundstücke des Pfarreivermögens entwidmet, so hat die kirchliche Körperschaft hierüber einen Beschluss herbeizuführen und über die Art der Entschädigung des Pfarreivermögens zu beschließen.
#

§ 9
Erbbaurechte

( 1 ) Die Vergabe von Erbbaurechten an kirchlichem Grundvermögen ist zulässig.
( 2 ) Der Erbbauzins wird auf der Grundlage des Verkehrswertes des Erbbaugrundstückes errechnet. Maßgebend ist der Zeitpunkt der Vergabe des Erbbaurechtes; im Übrigen gilt § 4 Abs. 2 entsprechend.
( 3 ) Der Erbbauzins beträgt jährlich 4 v. H. des Verkehrswertes bei Wohnerbbaurechten und mindestens 5 v. H. bei sonstigen, insbesondere bei gewerblich genutzten Erbbaurechten. Bei gemischter Nutzung gilt Satz 1 entsprechend mit der Maßgabe, dass der Erbbauzins nach dem Verhältnis der verschiedenen Nutzungsarten auf dem Erbbaugrundstück zu berechnen ist. Aus kirchlichen, sozialen oder wirtschaftlichen Gründen kann der Erbbauzins für einen begrenzten Zeitraum bis auf 2 v. H. des Verkehrswertes reduziert werden.
( 4 ) Bei der Bestellung von Erbbaurechten ist eine Geldwertsicherungsklausel zu vereinbaren.
( 5 ) Bei der Anhebung des Erbbauzinses für bereits ausgegebene Erbbaurechte ohne Geldwertsicherungsklausel ist der Erbbauzins im Rahmen des geltenden Rechtes an die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse anzupassen.
#

§ 10
Beschlüsse der kirchlichen Körperschaften

( 1 ) Über die Veräußerung und den Erwerb von Grundstücken sowie für die Bestellung von Erbbaurechten sind Beschlüsse der kirchlichen Körperschaften herbeizuführen.
( 2 ) In dem Beschluss ist die genaue katasteramtliche Bezeichnung des Grundstückes sowie seine Größe anzugeben. Zur kirchenaufsichtlichen Genehmigung ist der Beschluss in beglaubigter Form bei der Kirchenverwaltung einzureichen. Dem Antrag sollen folgende Unterlagen beigefügt werden:
  1. Ein Grundbuchauszug nach dem neuesten Stand,
  2. bei Grundstücksteilung zusätzlich ein Katasterauszug (Veränderungsnachweis),
  3. zwei Abschriften des Vertrages.
( 3 ) Bei der Beurkundung von Verträgen im Rahmen von Absatz 1 ist die Rechtswirksamkeit von der Erteilung der kirchenaufsichtlichen Genehmigung abhängig zu machen.
#

§ 11
Schlussbestimmungen

( 1 ) Diese Rechtsverordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung im Amtsblatt der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau in Kraft. Gleichzeitig tritt die Rechtsverordnung über die Veräußerung von Grundvermögen, die Vergabe von Erbbaurechten sowie den Erwerb von Grundvermögen vom 6. Oktober 1980 (ABl. 1980 S. 191), zuletzt geändert am 26. Februar 2004 (ABl. 2004 S. 352), außer Kraft.
( 2 ) Die Vorschriften über die treuhänderische Verwaltung des Pfarreivermögens und über kirchliche Stiftungen bleiben unberührt.