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Geltungszeitraum von: 01.09.2003

Geltungszeitraum bis: 01.02.2004

Ordnung
der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau

Vom 17. März 1949

In der Fassung vom 14. September 2002 (ABl. 2002 S. 499),
zuletzt geändert am 17. Mai 2003 (ABl. 2003 S. 327)

Alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken,
das tut alles in dem Namen des Herrn Jesus
und danket Gott, dem Vater, durch ihn.
Kol. 3,17
Im Vertrauen auf Gottes Beistand hat sich die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau die folgende Ordnung gegeben:
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Grundartikel

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau steht in der Einheit der einen heiligen allgemeinen und apostolischen Kirche Jesu Christi, die überall dort ist, wo das Wort Gottes lauter verkündigt wird und die Sakramente recht verwaltet werden.
Sie bezeugt ihren Glauben gemeinsam mit der alten Kirche durch die altkirchlichen Bekenntnisse und gemeinsam mit ihren Vätern durch die Augsburgische Konfession, unbeschadet der in den einzelnen Gemeinden geltenden lutherischen, reformierten und unierten Bekenntnisschriften. Damit ist sie einig in der Bindung an die den Vätern der Reformation geschenkte und sie miteinander verbindende Erkenntnis, dass allein Jesus Christus unser Heil ist, uns offenbart allein in der Heiligen Schrift Alten und Neuen Testamentes, geschenkt allein aus Gnaden, empfangen allein im Glauben.
Als Kirche Jesu Christi hat sie ihr Bekenntnis jederzeit in gehorsamer Prüfung an der Heiligen Schrift und im Hören auf die Schwestern und Brüder neu zu bezeugen.
In diesem Sinne bekennt sie sich zu der Theologischen Erklärung von Barmen.
Aus Blindheit und Schuld zur Umkehr gerufen, bezeugt sie neu die bleibende Erwählung der Juden und Gottes Bund mit ihnen. Das Bekenntnis zu Jesus Christus schließt dieses Zeugnis ein.
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Abschnitt I:
Die Kirchengemeinde

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1. Die Gemeinde

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Artikel 1

( 1 ) Gemeinde ist die in Christus berufene Versammlung, in der Gottes Wort lauter verkündigt wird und die Sakramente recht verwaltet werden. Wo dies geschieht, steht die Verheißung in Kraft, dass Jesus Christus selbst gegenwärtig ist, durch den Heiligen Geist den Glauben wirkt und Menschen in seinen Dienst stellt.
( 2 ) Glieder der Kirchengemeinde sind alle Getauften evangelischen Bekenntnisses eines örtlich oder anderweitig begrenzten Bereichs, die an den Gaben des Evangeliums Anteil haben. Sie sind dazu berufen, sich in Treue zu Wort und Sakrament zu halten und sich in der Nachfolge ihres Herrn und seinem Sendungsauftrag in die Welt zu bewähren. Nach dem Maße ihrer Kräfte übernehmen sie Ämter und Dienste und tragen durch Opfer und Abgaben zur Erfüllung der gemeindlichen und kirchlichen Aufgaben bei.
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Artikel 2

( 1 ) Als Gemeinde Jesu Christi hat jede Kirchengemeinde den Auftrag, das Evangelium von Jesus Christus zu bezeugen und im Glauben an das Evangelium ihren Gehorsam zu bewähren. Sie ist dafür verantwortlich, dass das Evangelium in ihrer Mitte gemäß dem Grundartikel recht verkündigt wird und in allen ihren Lebenskreisen Gehör und Gehorsam finden kann.
( 2 ) Über ihre eigenen Grenzen hinaus weckt sie die Verantwortung für das Zusammenleben der Menschen in Familie, Beruf und öffentlichem Leben. Zusammen mit den anderen Gemeinden ist sie berufen zum missionarischen Dienst für die Welt und zur Stärkung der ökumenischen Gemeinschaft der Christenheit.
( 3 ) Die Kirchengemeinde hat die für diese Aufgaben erforderlichen Dienste zu ordnen, insbesondere den Dienst der Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung, der Seelsorge und Zucht, der Unterweisung, der Liebestätigkeit, der Leitung und Verwaltung. Darüber hinaus unterstützt und fördert sie die übergemeindlichen Dienste und Einrichtungen, durch die die Gemeindeglieder für ihre Aufgabe an der Welt und ihr Zeugnis in der Gesellschaft zugerüstet werden.
( 4 ) Die Kirchengemeinde ist in jedem Falle an der Besetzung ihrer Pfarrstellen beteiligt.
( 5 ) Sie hat dafür zu sorgen, dass das ihr anvertraute irdische Gut allein in den Dienst ihres Auftrages gestellt wird.
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Artikel 3

( 1 ) In der Erfüllung ihrer Aufgaben und der Ordnung ihrer Dienste ist die Kirchengemeinde an den Auftrag ihres Herrn gebunden. Zum Verständnis seines Wortes ist sie an das Zeugnis der in ihr geltenden Bekenntnisse gewiesen.
( 2 ) In einer neu errichteten Kirchengemeinde gilt das Bekenntnis der Gemeinde, aus der sie entstanden ist. Bestehen aufgrund der besonderen örtlichen Gegebenheiten der neuen Kirchengemeinde begründete Zweifel an der Weitergeltung des früheren Bekenntnisses oder wird die neue Gemeinde aus Teilen mehrerer Kirchengemeinden verschiedenen Bekenntnisses gebildet, so gilt allein die gemeinsame Bindung an den Grundartikel.
( 3 ) Jede Kirchengemeinde ist berechtigt, sich ungeachtet ihres Bekenntnisstandes als Evangelische Kirchengemeinde zu bezeichnen.
( 4 ) Die Liebe zu den Schwestern und Brüdern und die Verbundenheit mit den anderen Kirchengemeinden und mit der Gesamtkirche verpflichten die einzelne Gemeinde, auf Gemeinsamkeit der Ordnung bedacht zu sein.
( 5 ) Die Kirchengemeinde hat das Recht, die Einführung einer Ordnung abzulehnen, wenn diese unter Berufung auf die Heilige Schrift als im Widerspruch zu ihrem Bekenntnis stehend festgestellt wird.
( 6 ) Die Kirchengemeinde hat das Recht, im Rahmen der kirchlichen Ordnung und Aufsicht über ihre Mittel in eigener Verantwortung zu verfügen. Dabei hat sie die Pflicht, ihren Anteil zur Erfüllung der gesamtkirchlichen Aufgaben und zur Behebung der Nöte anderer Gemeinden beizutragen.
( 7 ) Die überkommenen Rechte von Kirchengemeinden besonderer Art (z. B. deutsch-reformierte, französisch-reformierte, Waldensergemeinden sowie Anstaltsgemeinden) können nicht ohne deren Zustimmung abgeändert werden.
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Artikel 4

Zur Erfüllung gemeinsamer Aufgaben können mehrere Kirchengemeinden eines örtlich zusammengehörigen Bereiches Gesamtgemeinden und Gemeindeverbände bilden oder besondere übergemeindliche Einrichtungen schaffen.
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2. Der Kirchenvorstand

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Artikel 5

( 1 ) Der Kirchenvorstand besteht aus den Pfarrerinnen und Pfarrern und einer der Größe der Gemeinde entsprechenden Zahl von gewählten Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorstehern. Ihm gehören auch die in die Gemeinde entsandten Pfarrdiakoninnen und Pfarrdiakone an. Der Kirchenvorstand kann nach der Kirchengemeindewahlordnung weitere Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher berufen.
( 2 ) Die Amtszeit des Kirchenvorstandes beträgt sechs Jahre.
( 3 ) Die Wahlen finden in der Regel in allen Gemeinden an den gleichen Tagen statt. Das Nähere bestimmt die Kirchenleitung.
( 4 ) Findet aus besonderen Gründen die Wahl in einer Gemeinde zwischen zwei allgemeinen Wahlen statt, so endet die Amtszeit des neu gewählten Kirchenvorstandes mit Ablauf der allgemeinen Wahlperiode. Findet die Wahl erst in den letzten zwei Jahren vor einer allgemeinen Wahl statt, so bleibt der Kirchenvorstand auch für die folgende Wahlperiode im Amt.
( 5 ) Der Kirchenvorstand entscheidet über die Führung seines Vorsitzes nach Maßgabe der Kirchengemeindeordnung.
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Artikel 6

( 1 ) Der Kirchenvorstand leitet nach der Schrift und gemäß dem Bekenntnis die Gemeinde und ist für das gesamte Gemeindeleben verantwortlich. Er hat darauf zu achten, dass in der Gemeinde das Wort Gottes lauter verkündigt wird und die Sakramente recht verwaltet werden. Er soll die Sendung der Gemeinde in die Welt ernst nehmen und auch die Gemeindeglieder dazu anhalten. Geeignete Gemeindeglieder soll er zur Mitarbeit ermuntern und vorhandene Gaben in der Gemeinde wirksam werden lassen.
( 2 ) Die Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher sollen für die Pfarrerinnen und Pfarrer und alle mit besonderen Diensten in der Gemeinde beauftragten Frauen und Männer beten und sie mit Gottes Wort trösten und stärken, mahnen und warnen. Ebenso sollen sie für die Gemeinde im Ganzen wie für ihre einzelnen Glieder beten und ihr zum Leben unter Gottes Wort durch ein gutes Vorbild, durch geschwisterliche Tröstung, Mahnung und Warnung helfen.
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Artikel 7

( 1 ) Der Kirchenvorstand berät und entscheidet im Rahmen der gesamtkirchlichen Ordnung über die Angelegenheiten der Kirchengemeinde.
( 2 ) Zu seinen Aufgaben gehören insbesondere:
  1. die Vertretung der Gemeinde in geistlichen und rechtlichen Fragen;
  2. die Ordnung und Gestaltung des kirchlichen Lebens in der Gemeinde;
  3. die Mitverantwortung für die Seelsorge sowie die Entscheidung in Fragen der Kirchenzucht;
  4. die Aufstellung von Pfarrdienstordnungen;
  5. die Ordnung der besonderen Dienste in der Gemeinde und die Zusammenarbeit mit übergemeindlichen Einrichtungen und Werken der Kirche;
  6. die Wahl der Pfarrerin oder des Pfarrers im Fall des Wahlrechts der Gemeinde und die Mitwirkung bei der Pfarrstellenbesetzung in den übrigen Fällen;
  7. die Mitwirkung bei der Errichtung neuer Pfarrstellen und der Bildung neuer Pfarrbezirke sowie bei Änderungen in dem Bestand und der Begrenzung der Kirchengemeinde;
  8. die Entscheidung über die finanziellen Angelegenheiten der Gemeinde.
( 3 ) Der Kirchenvorstand kann Ausschüsse bilden und für besondere Angelegenheiten Sachverständige zuziehen.
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Artikel 8

Der Kirchenvorstand kann, vor allem in größeren Gemeinden, die Beratung und Entscheidung in Fragen der Seelsorge und der gemeindlichen Kirchenzucht sowie der Zulässigkeit kirchlicher Handlungen in Zweifelsfällen einem besonderen, aus seiner Mitte gebildeten Ausschuss übertragen. Diesem müssen die Pfarrerinnen und Pfarrer der Gemeinde angehören.
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Artikel 9

( 1 ) Die Mitglieder des Kirchenvorstandes haben ihre Entscheidung als Glieder der Gemeinde Jesu Christi allein in der Bindung an Gottes Wort und in der Treue gegen Bekenntnis und Ordnung der Gemeinde und Kirche zu treffen und sind an keinerlei sonstige Weisungen gebunden. Sie versehen ihre einzelnen Dienste nach den Beschlüssen des Kirchenvorstandes.
( 2 ) Die Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher werden im Gottesdienst der Gemeinde in ihr Amt eingeführt.
( 3 ) Dabei legen sie folgendes Versprechen ab:
„Ich gelobe vor Gott und dieser Gemeinde, den mir anvertrauten Dienst sorgfältig und treu zu tun in der Bindung an Gottes Wort, gemäß dem Bekenntnis und nach den Ordnungen unserer Kirche und unserer Gemeinde.“
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3. Der Kreis der Mitarbeitenden

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Artikel 10

( 1 ) Der Kreis der Mitarbeitenden fasst die tätigen Gemeindeglieder zusammen, um gemeinsame Aufgaben zu besprechen.
( 2 ) Der Kreis der Mitarbeitenden besteht aus den Mitgliedern des Kirchenvorstandes, den haupt- und nebenberuflich beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kirchengemeinde sowie den Gemeindegliedern, die ehrenamtlich besondere Dienste in der Kirchengemeinde versehen.
( 3 ) Der Kreis der Mitarbeitenden kann Wünsche und Anträge an den Kirchenvorstand richten.
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4. Die Gemeindeversammlung

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Artikel 11

( 1 ) Der Kirchenvorstand soll wenigstens einmal im Jahr eine Gemeindeversammlung einberufen.
( 2 ) Gehören mehrere Orte zu einer Kirchengemeinde, so soll an jedem Ort mit eigener Predigtstätte eine Gemeindeversammlung durchgeführt werden.
( 3 ) Eine Gemeindeversammlung ist ferner einzuberufen, wenn mindestens 30 wahlberechtigte Mitglieder einer Kirchengemeinde dies durch Unterschriftenliste unter Angabe von Gründen verlangen.
( 4 ) Aus der Gemeindeversammlung können an den Kirchenvorstand Anträge gestellt werden und Anregungen gegeben werden, die von diesem zu behandeln sind. Über die Entscheidung muss der Kirchenvorstand bei der nächsten Gemeindeversammlung berichten.
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Artikel 12

Die Ausführungsbestimmungen zu den Artikeln 1 bis 11 sind in den Kirchengesetzen betreffend die Kirchengemeindeordnung und die Kirchengemeindewahlordnung enthalten.
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5. Die Pfarrerinnen und Pfarrer

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Artikel 13

( 1 ) Unbeschadet der Aufgabe jedes Gemeindegliedes, das Evangelium zu bezeugen, sind die Pfarrerinnen und Pfarrer zum kirchlich geordneten öffentlichen Dienst am Wort in Verkündigung und Sakramentsverwaltung berufen und haben ihn besonders in Gottesdienst, Seelsorge und Unterweisung auszurichten.
( 2 ) Mit den Pfarrerinnen oder Pfarrern und in ihrer Vertretung können Pfarrdiakoninnen, Pfarrdiakone, Prädikantinnen, Prädikanten, Lektorinnen, Lektoren und andere dazu beauftragte Gemeindeglieder am Dienst der Verkündigung teilhaben. Die Pfarrerinnen und Pfarrer unterstützen und beraten sie dabei.
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Artikel 14

( 1 ) Der Auftrag zum Dienst wird den Pfarrerinnen und Pfarrern durch die Ordination in einem Gemeindegottesdienst erteilt.
( 2 ) Der Ordinationsvorhalt lautet:
„Aus diesen Worten der Heiligen Schrift hören wir, welchen Auftrag und welche Verheißung Gott seiner Kirche gegeben hat. Aufgrund der Taufe sind alle Christinnen und Christen zum Zeugnis und Dienst in der Welt verpflichtet. Der Erfüllung dieses Auftrags dienen alle Ämter der Kirche.
Die Kirche ist dafür verantwortlich, dass Menschen, die dazu willig und vorbereitet sind, das Evangelium öffentlich verkündigen. Dabei steht unsere Evangelische Kirche in Hessen und Nassau in der Gemeinschaft der weltweiten Christenheit.
Du wirst nun berufen, zu predigen, zu taufen und die Feier des Abendmahls zu leiten. In Gottesdienst, Seelsorge und Lehre sollst du am Aufbau der Gemeinde mitwirken, sie zur Einheit unter Jesus Christus rufen und zum Dienst in der Welt ermutigen.
Das Zeugnis der Heiligen Schrift ist Quelle und Richtschnur dieses Auftrags.
Das Bekenntnis der Kirche und das Gespräch mit den Schwestern und Brüdern werden dich im gemeinsamen Glauben stärken und dir helfen, das Wort Gottes heute recht zu verkündigen. Bei deinem Dienst stehst du in der Gemeinschaft aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und wirst begleitet von der Fürbitte der Gemeinde. Unsere Kirche verpflichtet sich, dir beizustehen.
Achte die Ordnung unserer Kirche, wahre das Beichtgeheimnis und die seelsorgerliche Schweigepflicht und verhalte dich so, dass dein Zeugnis nicht unglaubwürdig wird.
In all deinem Dienst, auch wenn dich Zweifel anfechten und Enttäuschungen belasten, wenn dir Verzicht und Leiden auferlegt werden, gilt dir die Zusage unseres Herrn Jesus Christus. Er steht zu seinem Wort und verlässt die Seinen nicht.“
( 3 ) Die Verpflichtungsformel lautet:
„Bist du bereit, dich in den Dienst der öffentlichen Verkündigung berufen zu lassen, versprichst du, das Evangelium von Jesus Christus zu predigen, wie es in der Heiligen Schrift überliefert und im Grundartikel unserer Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau bezeugt ist, und willst du deinen Dienst nach der geltenden Ordnung treu und gewissenhaft tun zur Ehre Gottes und zum Besten der Gemeinde und der dir anvertrauten Menschen, so antworte: Ja, mit Gottes Hilfe.“
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Artikel 15

Die Pfarrerinnen und Pfarrer haben sich in rechtem Gehorsam gegen ihr Ordinationsgelübde und in rechter Bindung an Bekenntnis und Ordnung in ihrer Gemeinde und Kirche allein durch Gottes Wort leiten zu lassen. Sie dürfen sich darum zu nichts verleiten oder zwingen lassen, was ihrem Ordinationsgelübde widerspricht. Im Bitten um tägliches Neuwerden, im steten Umgang mit der Heiligen Schrift und im Hören auf das Wort der Schwestern und Brüder müssen sie sich zu ihrem Dienst ausrüsten und weiterführen lassen. Deshalb sollen sie auch den Dienst der von der Gesamtkirche gesetzten geistlichen Leitung und ihrer Organe annehmen.
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Artikel 16

( 1 ) Zu Beginn ihres ständigen Dienstes in einer Gemeinde werden die Pfarrerinnen und Pfarrer in einem Einführungsgottesdienst unter Berufung auf ihr Ordinationsgelübde zur Treue gegenüber Bekenntnis und Ordnung dieser Gemeinde und auf ihre besonderen Dienste in der Gemeinde verpflichtet.
( 2 ) Die Einführung geschieht unter Mitwirkung des Kirchenvorstandes. Die Gemeinde erneuert dabei ihre Bereitschaft und Verpflichtung zur Mitarbeit im Dienst an Welt und Kirche.
( 3 ) Eine Einführung erfolgt nicht, wenn die Pfarrerinnen und Pfarrer nur vorläufig mit der Dienstleistung der Gemeinde beauftragt werden.
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Artikel 17

( 1 ) Die Pfarrerinnen und Pfarrer leiten den Gottesdienst nach den dafür geltenden Ordnungen.
( 2 ) Sofern nicht eine Kirchenvorsteherin oder ein Kirchenvorsteher für den Vorsitz gewählt worden ist, haben die Pfarrerinnen oder Pfarrer den Vorsitz im Kirchenvorstand zu übernehmen.
( 3 ) Sie sind verantwortlich für das pfarramtliche und – soweit sie den Vorsitz im Kirchenvorstand führen – für die kirchengemeindliche Verwaltung.
( 4 ) Sie haben darauf zu achten, dass die in der Gemeinde eingerichteten Dienste ordentlich und treu verwaltet werden.
( 5 ) Sie sind zur geregelten Zusammenarbeit mit den anderen Pfarrerinnen und Pfarrern in der Gemeinde und zur Teilnahme an den Dekanatskonferenzen und den gesamtkirchlichen Pastoralkollegs verpflichtet.
( 6 ) Die Pfarrerinnen und Pfarrer können von der Kirchenleitung nach Anhören des Kirchenvorstandes mit übergemeindlichen Aufgaben betraut werden.
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Artikel 18

Für Pfarrerinnen und Pfarrer, die hauptberuflich mit übergemeindlichen Aufgaben und Diensten betraut sind, gelten die Bestimmungen für Gemeindepfarrerinnen und Gemeindepfarrer sinngemäß.
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Artikel 19

( 1 ) Die wissenschaftliche und praktische Vorbildung für den Pfarrdienst, die Ordnung der theologischen Prüfungen und das Pfarrdienstverhältnis werden kirchengesetzlich geregelt.
( 2 ) Grundsätze und Einzelheiten des pfarramtlichen Dienstes und Hilfen für das geistliche Leben der Pfarrerinnen und Pfarrer werden in einer besonderen Ordnung niedergelegt.
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Abschnitt II:
Das Dekanat

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Artikel 20

Die Kirchengemeinden eines zusammengehörigen Gebietes bilden zur Regelung ihres Dienstes, zur Erfüllung gemeinsamer Aufgaben und zur gegenseitigen Unterstützung das Dekanat. Die Gemeinschaft des Dekanats lässt keine Gemeinde in der Vereinzelung leben und nimmt an ihrem Teil eine Verantwortung für die rechte Ausrichtung des Verkündigungsauftrags in allen Gemeinden ihres Bereiches wahr.
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1. Die Dekanatssynode

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Artikel 21

( 1 ) Die Dekanatssynode besteht aus Vertreterinnen und Vertretern aller Gemeinden des Dekanats. Sie werden auf die Dauer von sechs Jahren gewählt. Darüber hinaus gehören der Dekanatssynode gewählte Vertreterinnen oder Vertreter der im Dekanat tätigen übergemeindlichen Pfarrerinnen und Pfarrer an. Der Dekanatssynodalvorstand beruft weitere Mitglieder. Die Dekanin oder der Dekan und die stellvertretende Dekanin oder der stellvertretende Dekan gehören kraft Amtes der Dekanatssynode mit Stimmrecht an.
( 2 ) Die Kirchenvorstände wählen für jede Gemeinde eine Pfarrerin oder einen Pfarrer oder eine Pfarrvikarin oder einen Pfarrvikar oder eine Pfarrdiakonin oder einen Pfarrdiakon und zwei Gemeindemitglieder in die Dekanatssynode, soweit die Dekanatssynodalwahlordnung nichts anderes bestimmt.
( 3 ) Die weiteren Einzelheiten der Wahl und der Berufung regelt die Dekanatssynodalwahlordnung.
( 4 ) Die Dekanatssynode tritt mindestens einmal jährlich zusammen.
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Artikel 22

( 1 ) Die Dekanatssynode ist im Rahmen der gesamtkirchlichen Ordnung für die Ausrichtung des kirchlichen Dienstes in ihrem Bereich verantwortlich. Sie unterrichtet sich über die kirchliche und weltanschauliche Lage sowie über die öffentlichen und sozialen Vorgänge im Dekanat und wacht darüber, dass der missionarische und diakonische Auftrag der Kirche erkannt und nach Kräften erfüllt wird. Sie wirkt bei der ausreichenden kirchlichen Versorgung der Gemeinden mit, gibt ihnen Anregungen und Hilfen für ihren Dienst, nimmt selbst gemeinsame Aufgaben im Dekanat wahr und fördert das Zusammenwachsen der Gemeinden zu engerer Gemeinschaft. Jede Gemeinde soll die Hilfe der Dekanatssynode annehmen und sich ihren Weisungen und gemeinsamen Aufgaben nicht entziehen.
( 2 ) Die Dekanatssynode bildet Arbeitsgemeinschaften für wichtige Arbeitsgebiete, wie die evangelische Unterweisung, Kirchenmusik, Diakonie; sie sorgt für die kirchliche Jugendarbeit, fördert den Dienst der kirchlichen Werke und Verbände und ordnet deren Zusammenarbeit im Dekanat.
( 3 ) Sie schärft die Verantwortung der Einzelgemeinde für die Gesamtkirche, sie erörtert Fragen, welche die Christenheit in ihrer Gesamtheit angehen, und hat das Recht, Wünsche, Beschwerden und Anträge an die Kirchenleitung oder die Kirchensynode zu richten.
( 4 ) Sie wählt die Vorsitzende oder den Vorsitzenden und die übrigen Mitglieder des Dekanatssynodalvorstandes. Die Vorsitzende soll nicht Pfarrerin und der Vorsitzende nicht Pfarrer sein.
( 5 ) Sie vollzieht die weiteren ihr obliegenden Wahlen.
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Artikel 23

( 1 ) Die Mitglieder der Dekanatssynode haben ihre Entscheidungen als Glieder der Gemeinde Jesu Christi allein in der Bindung an Gottes Wort und in der Treue gegen Bekenntnis und Ordnung ihrer Gemeinden und der Kirche zu treffen und sind an keinerlei sonstige Weisungen gebunden.
( 2 ) Die Synodalen werden wie folgt verpflichtet: „Gelobt ihr vor Gott und dieser Versammlung, eure Pflichten als Mitglieder dieser Synode in der Bindung an Gottes Wort und nach den Ordnungen unserer Kirche sorgfältig und treu zu erfüllen, ohne alle unkirchlichen Bindungen, dass die Kirche wachse zu dem hin, der das Haupt ist, Christus?“ Die Synodalen antworten: „Ja, mit Gottes Hilfe.“
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2. Der Dekanatssynodalvorstand

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Artikel 24

Der Dekanatssynodalvorstand besteht aus sieben oder neun Mitgliedern, darunter der Dekanin oder dem Dekan und der stellvertretenden Dekanin oder dem stellvertretenden Dekan. Die Zahl der Pfarrerinnen oder Pfarrer darf die Hälfte der Mitglieder des Dekanatssynodalvorstandes nicht überschreiten.
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Artikel 25

Der Dekanatssynodalvorstand vertritt die Dekanatssynode. Er hat die Tagungen der Dekanatssynode vorzubereiten, sie einzuberufen, zu leiten und ihre Beschlüsse auszufertigen. Zwischen ihren Tagungen nimmt er ihre Aufgaben wahr.
Weiter obliegen ihm insbesondere:
  1. die Durchführung gemeinsamer Aufgaben im Dekanat und die Bewilligung der hierzu notwendigen Mittel aufgrund des Haushaltsplanes;
  2. die Unterstützung der Dekanin oder des Dekans bei der Visitation im Dekanat;
  3. die Aufsicht über den Dienst der Gemeindekörperschaften und über die Einhaltung der Ordnung des kirchlichen Lebens;
  4. die Mitwirkung bei der Errichtung neuer Kirchengemeinden, Pfarr- und Pfarrvikarstellen sowie bei Veränderungen im Bestand oder der Begrenzung von Kirchengemeinden, ferner bei der Aufstellung von Pfarrdienstordnungen;
  5. die Entscheidung über Einsprüche gegen Beschlüsse der Kirchenvorstände;
  6. die Entscheidung über Einsprüche bei Wahlen zum Kirchenvorstand sowie Vorschläge an die Kirchenleitung über die Ernennung der Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher, wenn in einer Gemeinde eine Wahl nicht zustande gekommen ist;
  7. die Ernennung von Verwaltungsausschüssen bei neu errichteten Kirchengemeinden und die Ernennung von Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorstehern, wenn die Körperschaft beschlussunfähig geworden ist.
Das Nähere zu f) und g) bestimmt die Kirchengemeindewahlordnung.
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Artikel 26

Zur Erfüllung gemeinsamer Aufgaben können mehrere Dekanate im Bereich einer politischen Gemeinde oder eines räumlich zusammengehörigen Gebietes gemeinsame Sitzungen ihrer Dekanatssynoden oder Dekanatssynodalvorstände durchführen und gemeinsame Einrichtungen oder Organe schaffen.
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Artikel 27

Die Ausführungsbestimmungen zu den Artikeln 20 bis 26 sind in den Kirchengesetzen betreffend die Dekanatssynodalordnung und die Dekanatssynodalwahlordnung enthalten.
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3. Die Dekaninnen und Dekane

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Artikel 28

( 1 ) Die Dekaninnen und Dekane müssen Pfarrerinnen oder Pfarrer der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau auf Lebenszeit sein und das Recht haben, sich auf eine volle Pfarrstelle zu bewerben. Sie werden von der Dekanatssynode gewählt. Sie führen das Amt für die Dauer von sechs Jahren. In jedem Fall endet die Amtszeit mit dem Eintritt in den Ruhestand. Die Wahl der Dekanin oder des Dekans erfolgt im Zusammenwirken der Dekanatssynode mit der Kirchenleitung. Die Stelle wird im Amtsblatt der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau ausgeschrieben, sobald durch den Dekanatssynodalvorstand im Einvernehmen mit der Kirchenleitung über die Stellenstruktur entschieden ist und keine Wiederwahl der bisherigen Dekanin oder des bisherigen Dekans vorgeschlagen wird.
( 2 ) Die Kirchenleitung schlägt der Dekanatssynode nach mündlicher Anhörung der Pfarrerinnen, Pfarrer, Pfarrdiakoninnen und Pfarrdiakone und im Einvernehmen mit dem Dekanatssynodalvorstand in der Regel zwei, höchstens jedoch drei Pfarrerinnen oder Pfarrer zur Wahl vor. Ist das Amt der Dekanin oder des Dekans mit einem pfarramtlichen Dienst in einer Kirchengemeinde verbunden, ist auch der Kirchenvorstand anzuhören.
( 3 ) Im Einvernehmen mit dem Dekanatssynodalvorstand kann die Kirchenleitung der Dekanatssynode nach mündlicher Anhörung der Pfarrerinnen, Pfarrer, Pfarrdiakoninnen und Pfarrdiakone die Wiederwahl der bisherigen Dekanin oder des bisherigen Dekans vorschlagen. In einem solchen Fall wird nur über diesen Vorschlag abgestimmt. Ist das Amt der Dekanin oder des Dekans mit einem pfarramtlichen Dienst in einer Kirchengemeinde verbunden, ist auch der Kirchenvorstand anzuhören.
( 4 ) Kommt keine Wahl oder Wiederwahl zustande, ist das Amt der Dekanin oder des Dekans neu auszuschreiben.
( 5 ) Das Amt der Dekanin oder des Dekans endet vor Ablauf von sechs Jahren, wenn das Dekanat aufgelöst wird.
( 6 ) Die Dekanatssynode wählt für die Dauer ihrer Wahlperiode die stellvertretende Dekanin oder den stellvertretenden Dekan aus den Pfarrerinnen und Pfarrern des Dekanats, die Pfarrerin oder Pfarrer auf Lebenszeit sind und das Recht haben, sich auf eine volle Pfarrstelle zu bewerben.
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Artikel 29

( 1 ) Die Dekaninnen und Dekane sind von ihrem Dekanat beauftragt, die Gemeinden ihrer Dekanate regelmäßig zu besuchen.
( 2 ) Zu ihren Aufgaben gehören insbesondere:
  1. die Sorge für die Einhaltung der gesamtkirchlichen Ordnung, auch im Blick auf die in den Gemeinden bestehenden bekenntnismäßigen oder gottesdienstlichen Ordnungen;
  2. Beratung und Hilfe für die einzelne Gemeinde in ihren Anliegen und Aufgaben sowie bei Konflikten;
  3. Förderung und Beratung der Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher, des Nachwuchses für den kirchlichen Dienst sowie der Arbeitsgemeinschaften, Werke und Verbände im Dekanat;
  4. die Zusammenfassung der Pfarrerinnen und Pfarrer des Dekanats zu regelmäßigen und außerordentlichen Dekanatskonferenzen.
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Artikel 30

Als Beauftragte der Kirchenleitung im Dekanat haben die Dekaninnen und Dekane insbesondere die folgenden Aufgaben zu erfüllen:
  1. die allgemeine Dienstaufsicht über die Pfarrerinnen und Pfarrer;
  2. die Vorbereitung und Durchführung der Pfarrstellenbesetzung;
  3. die Personalführung, insbesondere das Führen von regelmäßigen Personalgesprächen mit allen Pfarrerinnen und Pfarrern des Dekanats;
  4. die Regelung des Dienstes bei Vakanzen und in Krankheitsfällen;
  5. die Erteilung von Urlaub im Rahmen der Urlaubsordnung;
  6. die Leitung der Pfarrwahlen;
  7. die Wahrnehmung von besonderen Aufträgen der Kirchenleitung;
  8. die Vermittlung des dienstlichen Verkehrs von Gemeinden und Pfarrerinnen oder Pfarrern mit der Kirchenleitung.
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Artikel 31

( 1 ) Die Dekaninnen und Dekane werden in ihrem Dienst von ihren Stellvertreterinnen oder Stellvertretern unterstützt. Diesen können bestimmte Aufgaben zur selbstständigen Wahrnehmung übertragen werden. Näheres regelt der Dekanatssynodalvorstand im Einvernehmen mit der Dekanin oder dem Dekan und der Stellvertreterin oder dem Stellvertreter.
( 2 ) Die Dekaninnen und Dekane sollen sich bei der Erfüllung ihrer Aufgaben in schwierigen Fällen von der zuständigen Pröpstin oder dem zuständigen Propst beraten lassen.
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Abschnitt III:
Die Gesamtkirche

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Artikel 32

( 1 ) Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau ist die Gesamtheit der evangelischen Kirchengemeinden in ihrem Gebiet.
( 2 ) Sie ist berufen, an ihrem Teil die Einheit des Leibes Christi zu bezeugen und zu verwirklichen.
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1. Die Kirchensynode

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Artikel 33

( 1 ) Die Kirchensynode ist das maßgebende Organ der geistlichen Leitung und der kirchlichen Ordnung der Gesamtkirche und vertritt grundsätzlich auch die Kirche nach außen.
( 2 ) Ihre Vollmachten werden dem Grundartikel entsprechend durch Schrift und Bekenntnis bestimmt. Ihre Weisungen und Ordnungen sind daher bindend, solange nicht von Schrift und Bekenntnis her Widerspruch erhoben werden muss.
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Artikel 34

Die Kirchensynode hat insbesondere folgende Aufgaben:
a)
die Sorge für die rechte Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung gemäß dem Grundartikel sowie für die kirchliche Ordnung in allen Gemeinden;
b)
die Beobachtung und Förderung des gesamten kirchlichen Lebens, die Hilfe zur Erfüllung des missionarischen und diakonischen Auftrags in Gemeinde und Kirche sowie die Verantwortung für die geistliche Einheit der in ihr verbundenen Gemeinde;
c)
die Stärkung des Zusammenhalts der evangelischen Christenheit in Deutschland und die Pflege der ökumenischen Verantwortung;
d)
die Vertretung des ihr aufgetragenen Zeugnisses gegenüber anderen Kirchen, dem Staat und der Öffentlichkeit;
e)
die Wahrnehmung gesamtkirchlicher Aufgaben und die Fürsorge für kirchliche Werke und Verbände;
f)
die Wahl der Kirchenpräsidentin oder des Kirchenpräsidenten, der Stellvertreterin oder des Stellvertreters, der Leiterin oder des Leiters der Kirchenverwaltung und der Pröpstinnen und Pröpste;
g)
die Bestellung der Kirchenleitung;
h)
die Berufung der Stellvertreterin oder des Stellvertreters der Leiterin oder des Leiters der Kirchenverwaltung sowie der Dezernentinnen und Dezernenten der Kirchenverwaltung auf Vorschlag der Kirchenleitung; das Nähere bestimmt das Kirchengesetz über die Kirchenverwaltung (Artikel 57 Absatz 3);
i)
den Erlass von Kirchengesetzen;
k)
die Feststellung des Haushaltsplans, die Abnahme der Rechnung und die Entlastung der Kirchenleitung.
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Artikel 35

( 1 ) Die Kirchensynode besteht aus den
  1. gewählten Gemeindegliedern, Pfarrerinnen und Pfarrern,
  2. berufenen Mitgliedern.
( 2 ) Jede Dekanatssynode wählt zwei Gemeindeglieder und eine Pfarrerin oder einen Pfarrer, soweit nicht durch die Kirchensynodalwahlordnung etwas anderes bestimmt wird.
Dekanate, die eine kirchliche Arbeitsgemeinschaft bilden, wählen auf einer gemeinsamen Tagung der Dekanatssynoden.
( 3 ) Die Kirchenleitung kann im Einvernehmen mit dem Kirchensynodalvorstand weitere Mitglieder berufen. Deren Zahl darf zehn Prozent der zu wählenden Mitglieder der Kirchensynode nicht übersteigen.
( 4 ) Die Kirchenpräsidentin oder der Kirchenpräsident, die nicht der Kirchensynode angehörenden Mitglieder der Kirchenleitung und die Mitglieder des Leitenden Geistlichen Amtes nehmen mit beratender Stimme an den Tagungen der Kirchensynode teil.
( 5 ) Die Dezernentinnen und Dezernenten, Referatsleiterinnen und Referatsleiter der Kirchenverwaltung sowie die Leitungen der Arbeitszentren nehmen gleichfalls an den Tagungen der Kirchensynode teil. Ihnen kann zu Auskünften über ihr Arbeitsgebiet das Wort erteilt werden. Das Gleiche gilt für Inhaberinnen und Inhaber gesamtkirchlicher Ämter; über ihre Auswahl entscheidet die Kirchenleitung.
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Artikel 36

Die Mitglieder der Kirchensynode haben ihre Entscheidungen als Glieder der Gemeinde Jesu Christi allein in der Bindung an Gottes Wort und gemäß dem Grundartikel zu treffen und sind in ihrer Verantwortung für die Kirche an keinerlei sonstige Weisungen gebunden.
Die Synodalen werden wie folgt verpflichtet:
„Gelobt ihr vor Gott und dieser Versammlung, eure Pflichten als Mitglieder dieser Synode allein in der Bindung an Gottes Wort, gemäß dem Grundartikel und nach den Ordnungen unserer Kirche sorgfältig und treu zu erfüllen? Seid ihr bereit, die Fragen des Auftrags und der Gestaltung der Evangelischen Kirche nach der Einsicht und Kraft, die Gott euch schenkt, zu beraten und eure Entscheidungen nach bestem Wissen und Gewissen ohne alle unkirchlichen Bindungen zu treffen?“ Die Synodalen antworten: „Ja, mit Gottes Hilfe.“
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Artikel 37

( 1 ) Die Kirchensynode wird für sechs Jahre gewählt. Die Wahlperiode beginnt mit dem auf die Wahl folgenden 1. Mai. Die Kirchensynode tritt jährlich zu einer ordentlichen Tagung zusammen, erstmals innerhalb von drei Monaten nach Beginn ihrer Wahlperiode.
( 2 ) Bis zum ersten Zusammentreten der neuen Kirchensynode bleibt der bisherige Kirchensynodalvorstand im Amt. Die Leitung der Kirchensynode übernimmt bis zur Präseswahl die lebensälteste Gemeindepfarrerin oder der lebensälteste Gemeindepfarrer unter den gewählten ordentlichen Mitgliedern.
( 3 ) Der Kirchensynodalvorstand kann die Kirchensynode zu außerordentlichen Tagungen einberufen; er muss es tun, wenn mindestens 30 Mitglieder es verlangen.
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Artikel 38

( 1 ) Die Kirchensynode prüft die Legitimation ihrer Mitglieder und stellt diese fest.
( 2 ) Die Kirchensynode ist beschlussfähig, wenn zwei Drittel ihrer Mitglieder anwesend sind. Sie beschließt mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen, soweit nicht die Kirchenordnung etwas anderes bestimmt.
( 3 ) Die Kirchensynode gibt sich eine Geschäftsordnung.
( 4 ) Die Verhandlungen der Kirchensynode sind öffentlich, soweit sie nicht anders beschließt.
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Artikel 39

( 1 ) Gesetzesvorlagen werden durch die Kirchenleitung oder aus der Mitte der Kirchensynode eingebracht.
( 2 ) Kirchengesetze bedürfen der Ausfertigung durch die oder den Präses der Kirchensynode und der Verkündung im Amtsblatt der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Sie treten, soweit sie nichts anderes bestimmen, mit dem 14. Tage nach dem Ausgabedatum des Amtsblattes in Kraft.
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Artikel 40

( 1 ) Die Kirchenordnung kann nur durch ein Kirchengesetz geändert werden, das ihren Wortlaut ausdrücklich ändert oder ergänzt.
( 2 ) Ein die Kirchenordnung änderndes Gesetz kann nur mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen angenommen werden, wobei mehr als die Hälfte der gewählten und berufenen Mitglieder zustimmen muss.
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Artikel 41

( 1 ) Kirchengesetze über gottesdienstliche Ordnungen, Agenden, Katechismen und Gesangbücher bedürfen der in Artikel 40 Absatz 2 bestimmten Mehrheit.
( 2 ) Aufgrund ihres Bekenntnisstandes kann eine Gemeinde gegen ihre Verpflichtung zur Einführung solcher Ordnungen und Bücher Widerspruch erheben.
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Artikel 42

Werden während der Synodalverhandlung gegen eine Vorlage auf das Bekenntnis gegründete Bedenken oder Zweifel, die nicht alsbald behoben werden können, vorgebracht, so wird die Behandlung dieser Vorlage ausgesetzt, bis ein geschwisterliches Gespräch stattgefunden hat, um die vorgebrachten Bedenken zu klären. Über das Ergebnis ist der Kirchensynode zu berichten. Sie hat spätestens bei ihrer nächsten Tagung über die Vorlage zu entscheiden, sofern diese nicht zurückgezogen wird.
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Artikel 43

( 1 ) Erhebt die Kirchenleitung gegen einen Beschluss der Kirchensynode Einspruch, so ist die Angelegenheit spätestens bei der nächsten Tagung erneut zu behandeln und endgültig zu entscheiden.
( 2 ) Der Einspruch ist nur bis zur Verkündung des Beschlusses, längstens innerhalb von drei Monaten nach der Beschlussfassung möglich und ist den Synodalen unverzüglich zur Kenntnis zu bringen.
( 3 ) Der Einspruch hat aufschiebende Wirkung.
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Artikel 44

( 1 ) Die Kirchensynode wählt für die Dauer ihrer Wahlperiode den Kirchensynodalvorstand, der aus fünf Mitgliedern, darunter zwei Pfarrerinnen oder Pfarrern, besteht. Dabei werden zuerst die oder der Präses und danach die Stellvertreterin oder der Stellvertreter in je einem besonderen Wahlgang gewählt. In der Regel soll die Präses keine Pfarrerin und der Präses kein Pfarrer sein, die Stellvertreterin soll Pfarrerin und der Stellvertreter Pfarrer sein.
( 2 ) Der Kirchensynodalvorstand hat die Tagungen der Kirchensynode vorzubereiten, einzuberufen, zu leiten und ihre Beschlüsse auszufertigen.
( 3 ) Bei nicht versammelter Synode hat er die Rechte der Kirchensynode zu wahren.
( 4 ) Der Kirchensynodalvorstand soll das synodale Verantwortungsbewusstsein auch bei nicht versammelter Synode fördern und stärken.
( 5 ) Der Kirchensynodalvorstand entsendet zwei seiner Mitglieder für je zwei Jahre in die Kirchenleitung.
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Artikel 45

( 1 ) Die Kirchensynode bestellt zur Vorbereitung und Durchführung ihrer Aufgaben und zur Unterstützung des Kirchensynodalvorstandes, auch bei nicht versammelter Synode, ständige Ausschüsse, wie Theologischer Ausschuss, Rechtsausschuss, Finanzausschuss und Benennungsausschuss. Darüber hinaus bildet sie für bestimmte Sachgebiete oder aus besonderem Anlass weitere Ausschüsse.
( 2 ) Die Ausschüsse bearbeiten die ihnen durch Kirchengesetz, von der Kirchensynode oder von dem Kirchensynodalvorstand übertragenen Aufgaben.
( 3 ) Jede Synodale und jeder Synodale soll nach Möglichkeit einem Ausschuss angehören.
( 4 ) Die Zusammensetzung der Ausschüsse und die Ordnung ihrer Arbeit regelt die Geschäftsordnung der Kirchensynode.
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Artikel 46

Zur Bearbeitung wichtiger Sachfragen kann die Kirchensynode in Arbeitsgruppen auseinander treten.
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Artikel 47

( 1 ) Die Kirchenleitung besteht aus:
  1. der Kirchenpräsidentin als Vorsitzender oder dem Kirchenpräsidenten als Vorsitzendem;
  2. der Stellvertreterin oder dem Stellvertreter der Kirchenpräsidentin oder des Kirchenpräsidenten;
  3. der Leiterin oder dem Leiter der Kirchenverwaltung;
  4. zwei Mitgliedern des Kirchensynodalvorstandes, die auf die Dauer von zwei Jahren von diesem entsandt werden;
  5. zwei Gemeindegliedern, die von der Kirchensynode auf die Dauer von fünf Jahren gewählt werden;
  6. einem weiteren Mitglied des Leitenden Geistlichen Amtes, das von diesem für mindestens ein Jahr entsandt wird.
( 2 ) Für die unter c, d und f Genannten sind im Verhinderungsfall feste Stellvertreterinnen oder Stellvertreter zu entsenden.
( 3 ) Die Kirchenleitung gibt sich eine Geschäftsordnung. Beschlüsse werden mit Stimmenmehrheit gefasst. Bei Stimmengleichheit ist der Antrag abgelehnt. In der Geschäftsordnung wird ferner die beratende Teilnahme von weiteren Mitgliedern des Kirchensynodalvorstandes, des Leitenden Geistlichen Amtes und der Kirchenverwaltung geregelt.
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2. Die Kirchenleitung

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Artikel 48

( 1 ) Die Kirchenleitung hat im Auftrag der Kirchensynode die Kirche zu leiten, zu vertreten und zu verwalten.
( 2 ) Ihre Aufgaben sind insbesondere:
a)
die Sorge für die ausreichende geistliche Versorgung der Gemeinden und für die rechte Ausrichtung des kirchlichen Dienstes im öffentlichen Leben;
b)
die Verantwortung für die Ausbildung des theologischen Nachwuchses und die Durchführung der theologischen Prüfungen;
c)
die Ernennung der Pfarrerinnen und Pfarrer sowie die Besetzung der Pfarrstellen im Rahmen der geltenden Gesetze;
d)
die Ernennung der Kirchenbeamtinnen und Kirchenbeamten;
e)
die Aufsicht über die Pfarrerinnen und Pfarrer, Kirchenbeamtinnen und Kirchenbeamten und anderen kirchlichen Bediensteten
sowie über den Dienst der kirchlichen Körperschaften;
f)
die Berufung der Professorinnen und Professoren des Theologischen Seminars der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau;
g)
die Mitwirkung bei der Besetzung theologischer Lehrstühle und der Erteilung theologischer Lehraufträge sowie die Berufung von Universitätspredigerinnen und Universitätspredigern;
h)
die Mitvorbereitung der Tagungen der Kirchensynode;
i)
die Erstattung von Berichten an die Kirchensynode über die Tätigkeit der Kirchenleitung, über den Stand der Arbeit im Kirchengebiet und über die Gesamtlage in Kirche und Öffentlichkeit;
k)
die Aufstellung des Haushaltsplans nach Stellungnahme durch den Finanzausschuss und die Einbringung in die Kirchensynode;
l)
die Ausführung der Beschlüsse der Kirchensynode;
m)
der Erlass von Rechtsverordnungen aufgrund kirchengesetzlicher Ermächtigung;
n)
der Erlass von Verwaltungsverordnungen.
( 3 ) Die Kirchenleitung ist berechtigt, gegen die Beschlüsse der Kirchensynode Einspruch zu erheben.
( 4 ) Die Kirchenleitung ist berechtigt, in dringenden Fällen Notverordnungen zu erlassen. Diese gelten bis zur nächsten Tagung der Kirchensynode.
( 5 ) Beschlüsse der Kirchenleitung in geistlichen Fragen und personellen Angelegenheiten der Pfarrerinnen und Pfarrer werden vom Leitenden Geistlichen Amt vorbereitet.
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Artikel 49

( 1 ) Die Kirchenleitung vertritt die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau im Rechtsverkehr. Artikel 57 bleibt unberührt.
( 2 ) Urkunden, in denen die Kirchenleitung rechtsverbindliche Erklärungen für die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau abgibt, sowie Vollmachten bedürfen der Unterzeichnung durch die Kirchenpräsidentin oder den Kirchenpräsidenten, die Stellvertreterin oder den Stellvertreter oder die Leiterin oder den Leiter der Kirchenverwaltung. Sie sind mit dem Dienstsiegel zu versehen; dies gilt nicht bei öffentlichen Beurkundungen.
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Artikel 50

( 1 ) Die Kirchenleitung bildet für wichtige Gebiete des kirchlichen Lebens beratende Kammern.
( 2 ) Zur Wahrnehmung bestimmter Sachaufgaben errichtet sie gesamtkirchliche Ämter (Katechetisches Amt, Amt für Jugendarbeit, für Kirchenmusik, für Volksmission und andere).
( 3 ) Zur Erfüllung besonderer Aufgaben kann die Kirchenleitung auch andere Einrichtungen oder Organe schaffen.
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3. Das Leitende Geistliche Amt

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Artikel 51

( 1 ) Das Leitende Geistliche Amt wird von der Kirchenpräsidentin oder dem Kirchenpräsidenten in Gemeinschaft mit der Stellvertreterin oder dem Stellvertreter und den Pröpstinnen und Pröpsten wahrgenommen.
( 2 ) Wenn im Leitenden Geistlichen Amt eines der Bekenntnisse nicht vertreten ist, so werden dessen Anliegen durch ein weiteres von der Kirchensynode zu wählendes Mitglied dieses Bekenntnisses wahrgenommen, das ordinierte Theologin oder ordinierter Theologe sein muss und gleichzeitig ein Pfarramt in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau versieht. Dieses Mitglied gehört dem Leitenden Geistlichen Amt nur solange an, als sein Bekenntnis darin nicht vertreten ist. Seine Wahlzeit endet in jedem Fall nach sechs Jahren. Wiederwahl ist zulässig.
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Artikel 52

( 1 ) Das Leitende Geistliche Amt hat folgende Aufgaben:
  1. die Sorge für die rechte Verkündigung des Evangeliums und die Arbeit in den Gemeinden, Dekanaten, Werken und Verbänden sowie die Einhaltung der kirchlichen Ordnung;
  2. die Verantwortung für die Art und Durchführung der Visitation in den Gemeinden, Dekanaten und den gesamtkirchlichen Diensten;
  3. die Ordination der Pfarrerinnen und Pfarrer;
  4. die Koordinierung der Arbeit der Pröpstinnen und Pröpste;
  5. die Seelsorge an Pfarrerinnen und Pfarrern, Dekaninnen und Dekanen und deren Beratung;
  6. die Mitwirkung bei der Weiterbildung der Pfarrerinnen und Pfarrer und der Dekaninnen und Dekane;
  7. die Vorbereitung von Vorschlägen zur Entscheidung in Kirchenleitung und Kirchensynode zu Schwerpunkten kirchlicher Arbeit, soweit sie die Punkte a bis f betreffen;
  8. die Leitung der regelmäßigen Dienstbesprechungen mit den Dekaninnen und Dekanen des Propsteibereiches;
  9. die Begleitung der Vorsitzenden der Dekanatssynodalvorstände.
( 2 ) Die Leiterin oder der Leiter der Kirchenverwaltung kann an den Sitzungen teilnehmen.
( 3 ) Das Leitende Geistliche Amt arbeitet mit der Kirchenverwaltung zusammen und unterrichtet sie von seinen Beschlüssen. Es soll sie in Fragen ihres Fachgebietes an der Beratung beteiligen. Es kann andere Beraterinnen und Berater zu seinen Sitzungen zuziehen.
( 4 ) Das Leitende Geistliche Amt gibt sich eine Geschäftsordnung.
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4. Die Kirchenpräsidentin oder der Kirchenpräsident

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Artikel 53

( 1 ) Die Kirchenpräsidentin oder der Kirchenpräsident wird von der Kirchensynode gewählt und muss ordinierte Theologin oder ordinierter Theologe sein. Die Amtsdauer beträgt acht Jahre und endet spätestens mit dem Eintritt in den Ruhestand.
( 2 ) Der Kirchensynodalvorstand legt der Kirchensynode nach Anhörung des Pfarrerausschusses und im Einvernehmen mit dem Benennungsausschuss der Kirchensynode einen Wahlvorschlag vor. Werden aus der Mitte der Synode weitere Namen genannt, so ist auch zu diesen Vorschlägen der Pfarrerausschuss und der Benennungsausschuss zu hören.
( 3 ) Schlägt der Kirchensynodalvorstand in dem im Absatz 2 angegebenen Zusammenwirken mit den dort genannten Gremien die Wiederwahl der Kirchenpräsidentin oder des Kirchenpräsidenten vor, so wird zunächst über diesen Vorschlag abgestimmt. Kommt die Wiederwahl nicht zustande, so ist nach Absatz 2 zu verfahren.
( 4 ) Die Absätze 1 bis 3 gelten auch für die Stellvertreterin oder den Stellvertreter der Kirchenpräsidentin oder des Kirchenpräsidenten.
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Artikel 54

( 1 ) Die Kirchenpräsidentin oder der Kirchenpräsident führt den Vorsitz in der Kirchenleitung und im Leitenden Geistlichen Amt und wird in diesem Dienst von der Stellvertreterin oder dem Stellvertreter unterstützt.
( 2 ) Die Kirchenpräsidentin oder der Kirchenpräsident ist gegenüber Pfarrerinnen und Pfarrern, Gemeinden und Öffentlichkeit Sprecherin oder Sprecher der Kirchenleitung und des Leitenden Geistlichen Amtes und hat das Recht, in eigener Verantwortung zu wesentlichen Fragen, die Kirche, Theologie und Gesellschaft betreffen, Stellung zu nehmen.
( 3 ) Die Kirchenpräsidentin oder der Kirchenpräsident ist an die Beschlüsse der Kirchensynode gebunden und ist ihr gegenüber für die Amtsführung verantwortlich.
( 4 ) Die Kirchenpräsidentin oder der Kirchenpräsident leitet die Theologischen Prüfungen und führt die Aufsicht über das Theologische Seminar.
( 5 ) Die Kirchenpräsidentin oder der Kirchenpräsident oder die Stellvertreterin oder der Stellvertreter führen die Personalgespräche mit den Dekaninnen und den Dekanen.
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Artikel 55

( 1 ) Die Pröpstinnen und Pröpste müssen ordinierte Theologinnen und Theologen sein. Sie werden für jeden Propsteibereich von der Kirchensynode für die Zeit von sechs Jahren gewählt. Wiederwahl ist möglich.
( 2 ) Die Stellen der Pröpstinnen und Pröpste werden im Amtsblatt der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau ausgeschrieben, sofern keine Wiederwahl der bisherigen Pröpstin oder des bisherigen Propstes vorgeschlagen wird. Die Kirchenleitung schlägt der Kirchensynode nach mündlicher Anhörung des Pfarrerausschusses, der Dekaninnen und Dekane und der Vorsitzenden der Dekanatssynoden des betreffenden Propsteibereiches für jede zu wählende Pröpstin und jeden zu wählenden Propst in der Regel zwei, höchstens jedoch drei Namen vor. Die Kirchensynode ist an diese Vorschläge nicht gebunden. Werden aus ihrer Mitte weitere Namen genannt, so ist auch zu diesen Vorschlägen der Pfarrerausschuss zu hören.
( 3 ) Schlägt die Kirchenleitung nach Anhörung der in Absatz 2 genannten Gremien die Wiederwahl einer Pröpstin oder eines Propstes vor, so wird zunächst über diesen Vorschlag abgestimmt.
( 4 ) Kommt keine Wahl oder Wiederwahl zu Stande, ist das Amt der Pröpstin oder des Propstes neu auszuschreiben.
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Artikel 56

( 1 ) Die Pröpstinnen und Pröpste nehmen im Auftrag des Leitenden Geistlichen Amtes dessen Aufgaben wahr, soweit sie ihren Propsteibereich betreffen.
( 2 ) Insbesondere haben sie folgende Aufgaben:
  1. die Beratung bei Pfarrstellenbesetzungen und die Einführung der Pfarrerinnen und Pfarrer, soweit sie nicht der zuständigen Dekanin oder dem zuständigen Dekan übertragen wird;
  2. die Förderung gemeinsamer Arbeit der Dekanate;
  3. die Koordination der übergemeindlichen Dienste im Propsteibereich;
  4. die Regelung der Visitation in den Gemeinden, Dekanaten und übergemeindlichen Diensten;
  5. die Begleitung und Förderung der Pfarramtskandidatinnen und Pfarramtskandidaten.
( 3 ) Die Pröpstinnen und Pröpste beraten sich in allen wichtigen Fällen mit den zuständigen Dekaninnen und Dekanen oder Dekanatssynodalvorständen sowie mit den Dekanats- und Gemeindeverbänden.
( 4 ) Ferner nehmen sie im Auftrag des Leitenden Geistlichen Amtes gesamtkirchliche Aufgaben wahr.
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6. Die Kirchenverwaltung

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Artikel 57

( 1 ) Die Kirchenverwaltung unterstützt als das gesamtkirchliche Verwaltungszentrum die Kirchenleitung bei der Vorbereitung und Durchführung ihrer Beschlüsse. Sie erfüllt die ihr durch Kirchengesetz übertragenen Aufgaben, führt die laufenden Verwaltungsgeschäfte und vertritt die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau insoweit auch im Rechtsverkehr.
( 2 ) Die Leiterin oder der Leiter der Kirchenverwaltung leitet diese unbeschadet der Weisungsbefugnis der Kirchenpräsidentin als der Vorsitzenden oder des Kirchenpräsidenten als dem Vorsitzenden der Kirchenleitung.
( 3 ) Zusammensetzung und Aufgabenbereich der Kirchenverwaltung sowie ihre Befugnis zur Vertretung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau im Rechtsverkehr werden durch Kirchengesetz näher geregelt.
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7. Die Arbeitszentren

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Artikel 57a

Die Arbeitszentren unterstützen als gesamtkirchliche Einrichtungen die Arbeit der Gemeinden, Dekanate, kirchlichen Dienste und der Gesamtkirche in ihren Handlungsfeldern.
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8. Das Theologische Seminar

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Artikel 58

Aufgabe des Theologischen Seminars der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau ist die praktisch-theologische Ausbildung der Pfarramtskandidatinnen und Pfarramtskandidaten. Die Lehrfreiheit der Dozentinnen und Dozenten am Theologischen Seminar im Rahmen des Grundartikels ist gewährleistet.
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9. Der Pfarrerausschuss

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Artikel 59

Der Pfarrerausschuss ist die Vertretung der Pfarrerinnen und Pfarrer, Pfarrerinnen und Pfarrer im kirchlichen Hilfsdienst, Pfarrvikarinnen und Pfarrvikare und Pfarrdiakoninnen und Pfarrdiakone der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Zusammensetzung und Aufgabenbereich regelt ein Kirchengesetz.
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10. Das Kollegium für theologische Lehrgespräche

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Artikel 60

( 1 ) Das Kollegium für theologische Lehrgespräche hat auf Veranlassung des Leitenden Geistlichen Amtes zu prüfen, ob Verkündigung und Lehre einer Pfarrerin oder eines Pfarrers von der Mitte des biblischen Zeugnisses nach reformatorischem Verständnis derart abweichen, dass eine öffentliche kirchliche Wirksamkeit nicht mehr möglich ist.
( 2 ) Das Gleiche gilt für
  1. ehemalige Pfarrerinnen oder ehemalige Pfarrer, denen die durch die Ordination erworbenen Rechte belassen worden sind;
  2. in einem dauernden Dienstverhältnis stehende kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die zur Verkündigung oder Lehre besonders beauftragt sind.
( 3 ) Das Kollegium schließt sein Verfahren mit einem Entscheidungsvorschlag ab und legt diesen der Kirchenleitung vor. Die Kirchenleitung entscheidet nach Anhören des Leitenden Geistlichen Amtes abschließend.
( 4 ) Das Nähere wird durch Kirchengesetz geregelt.
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11. Der Rat der kirchlichen Werke und Verbände

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Artikel 61

( 1 ) Die kirchlichen Werke und Verbände im Bereich der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau sind im Rat der kirchlichen Werke und Verbände vertreten.
( 2 ) Den Vorsitz im Rat führt die Kirchenpräsidentin oder der Kirchenpräsident.
( 3 ) Unbeschadet der Freiheit der Verbände in ihrer eigenen Arbeit soll der Rat für die rechte Ordnung ihres kirchlichen Dienstes sorgen. Darüber hinaus soll er Anregungen erarbeiten und auftretende Schwierigkeiten beseitigen helfen.
( 4 ) Der Rat tritt mindestens einmal jährlich zusammen. Er gibt sich eine Geschäftsordnung.
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12. Der Gesamtkirchliche Ausschuss für den Evangelischen Religionsunterricht

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Artikel 62

( 1 ) Der Gesamtkirchliche Ausschuss für den Evangelischen Religionsunterricht ordnet als zuständiges kirchliches Organ alle zwischen Staat und Kirche zu regelnden Angelegenheiten des Religionsunterrichtes.
( 2 ) Der Gesamtkirchliche Ausschuss wird von der Kirchensynode gebildet und erledigt seine Aufgaben im Auftrag der Kirche selbstständig.
( 3 ) Den Vorsitz führt die Kirchenpräsidentin oder der Kirchenpräsident. Der Gesamtkirchliche Ausschuss bestellt aus seiner Mitte eine Geschäftsführerin oder einen Geschäftsführer.
( 4 ) Der Kirchenleitung steht gegenüber den Beschlüssen des Gesamtkirchlichen Ausschusses ein aufschiebendes Einspruchsrecht zu. Der Gesamtkirchliche Ausschuss hat den betreffenden Gegenstand erneut zu verhandeln. Wird keine Übereinkunft zwischen Gesamtkirchlichem Ausschuss und Kirchenleitung erzielt, so trifft die Kirchensynode die Entscheidung.
( 5 ) Zuständigkeit, Zusammensetzung, Bildung und Geschäftsführung werden durch Kirchengesetz geregelt.
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13. Disziplinarbehörden

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Artikel 63

Die Gestaltung der Disziplinarbehörden wird durch Kirchengesetz geregelt.
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14. Das Kirchliche Verfassungs- und Verwaltungsgericht

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Artikel 64

Zur maßgebenden Auslegung des geltenden kirchlichen Rechts wird das Kirchliche Verfassungs- und Verwaltungsgericht eingerichtet. Zuständigkeit, Bildung, Zusammensetzung und Verfahren regelt ein Kirchengesetz.
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15. Das Kirchliche Rechnungsprüfungsamt

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Artikel 65

( 1 ) Zur Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung der Kirchengemeinden, der Gemeindeverbände und Gesamtgemeinden, der Dekanate, der Gesamtkirche sowie der in kirchlicher Verwaltung stehenden Stiftungen und Einrichtungen wird ein Kirchliches Rechnungsprüfungsamt eingerichtet.
( 2 ) Bei der Erfüllung seiner Aufgaben ist dieses Amt unabhängig und nur an die kirchlichen Gesetze gebunden.
( 3 ) Die Leiterin oder der Leiter des Rechnungsprüfungsamtes wird von der Kirchensynode gewählt. Die Dienstaufsicht übt die oder der Präses aus.
( 4 ) Das Nähere wird durch Kirchengesetz geregelt.
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Abschnitt IV:
Allgemeine Bestimmungen

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Artikel 66

Die Mitglieder sämtlicher kirchlicher Körperschaften sind verpflichtet, über Angelegenheiten der Seelsorge und der Kirchenzucht und über sonstige Gegenstände, die nach ihrer Natur vertraulich sind oder als vertraulich erklärt werden, Schweigen zu bewahren.
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Artikel 67

Dekanate und Kirchengemeinden können zur Erfüllung gemeinsamer Aufgaben im Bereich einer politischen Gemeinde oder eines räumlich zusammengehörigen Gebietes Verbände bilden. Dabei kann durch Kirchengesetz nach Artikel 68 Absatz 2 vorgesehen werden, dass Aufgaben der Kirchengemeinden und Dekanate gemäß Artikel 3 Absatz 6, Artikel 7 Absatz 2 sowie Artikel 22, 25 und 29 zur gemeinsamen Aufgabenerfüllung auf den Verband übertragen werden können.
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Artikel 68

( 1 ) Verbände und Einrichtungen gemäß Artikel 4, 26, 50 Absatz 3 und 67 bedürfen einer Satzung, die von der Kirchenleitung zu genehmigen und von der Kirchensynode anzuerkennen ist. Bei kirchlichen Vereinigungen, deren Satzungen dem Verbandsgesetz entsprechen, bedarf es einer Anerkennung durch die Kirchensynode nicht, wenn der Kirchensynodalvorstand im Einvernehmen mit dem Rechtsausschuss der Kirchensynode die Satzung anerkennt.
( 2 ) Näheres regelt ein Kirchengesetz.
( 3 ) Soll eine neue Organisationsform erprobt werden, so können die Genehmigung und die Anerkennung der Satzung vorläufig und befristet bis zu drei Jahren ausgesprochen werden; in einem solchen Fall müssen die endgültige Genehmigung und die endgültige Anerkennung der Satzung spätestens drei Monate vor Ablauf der Frist beantragt werden, anderenfalls ist der Verband oder die Einrichtung mit Fristablauf aufgelöst. Eine Fristverlängerung oder eine Wiederholung einer vorläufigen Genehmigung und Anerkennung sind nicht zulässig.
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Artikel 69

( 1 ) Zur Erprobung neuer Organisations- und Arbeitsformen auf Gemeindeebene kann für die Dauer von längstens fünf Jahren von den Vorschriften der Artikel 5, 6, 7 und 8 abgewichen werden.
( 2 ) Dazu bedarf es in jedem einzelnen Falle einer Satzung, die von den Kirchenvorständen der beteiligten Kirchengemeinden je mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der gesetzlichen Zahl der Mitglieder zu beschließen, von der Kirchenleitung zu genehmigen und von der Kirchensynode mit der in Artikel 40 Absatz 2 vorgesehenen Mehrheit anzuerkennen ist.
( 3 ) Die Satzung muss im einzelnen bestimmen, welche Organe die in Artikel 6, 7 und 8 aufgeführten Aufgaben und Verantwortlichkeiten des Kirchenvorstandes für die Erprobungszeit zu übernehmen haben.
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Artikel 69a

( 1 ) Zur Erprobung neuer Organisations- und Arbeitsformen auf der Ebene der Dekanate kann für die Dauer von längstens fünf Jahren von den Vorschriften der Artikel 21, 22, 24, 25, 28, 29, 30 und 31 abgewichen werden.
( 2 ) Dazu bedarf es in jedem einzelnen Fall einer Satzung, die von den verantwortlichen Beschlussorganen auf Dekanatsebene mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Zahl der gesetzlichen Mitglieder zu beschließen, von der Kirchenleitung zu genehmigen und von der Kirchensynode mit der in Artikel 40 Absatz 2 vorgesehenen Mehrheit anzuerkennen ist.
( 3 ) Die Satzung muss im einzelnen bestimmen, welche Organe die in Artikel 22, 25, 29, 30 und 31 aufgeführten Aufgaben und Verantwortlichkeiten für die Erprobungszeit zu übernehmen haben.
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Artikel 69b

Eine Erprobung neuer Organisations- und Arbeitsformen, die die Ebenen der Gemeinden und Dekanate verbindet, ist im Rahmen der Artikel 69 und 69a zulässig.
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Artikel 70

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau, ihre Kirchengemeinden und Dekanate sowie die kirchlichen Verbände sind Körperschaften des öffentlichen Rechts.
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Artikel 71

( 1 ) Die Arbeitsverhältnisse der kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau können im Rahmen des kirchlichen Auftrages unter partnerschaftlicher paritätischer Beteiligung von Vertreterinnen und Vertretern der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im kirchlichen Dienst verbindlich für alle Anstellungsträger geregelt werden.
( 2 ) Das Nähere bestimmt ein Kirchengesetz, dem mehr als die Hälfte der gewählten und berufenen Mitglieder der Kirchensynode zustimmen muss.
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Abschnitt V:
Übergangs- und Schlussvorschriften

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Artikel 72

( 1 ) Dekaninnen oder Dekane, die Inhaberin oder Inhaber einer Gemeindepfarrstelle im Dekanat sind, bleiben bis zum Ablauf ihrer jeweiligen Amtszeit im Amt. Artikel 28 Absatz 3 findet keine Anwendung.
( 2 ) Dekaninnen oder Dekane, die Inhaberin oder Inhaber einer Gemeindepfarrstelle im Dekanat sind, werden für die Dauer ihrer Amtszeit, soweit erforderlich, in ihrem Gemeindedienst entlastet.
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Schlussartikel

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau ist eine Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland. Sie weiß sich in ihrem Bekenntnis wie in dem Willen, die kirchliche Einheit der evangelischen Christenheit in Deutschland zu pflegen und zu fördern, ihr zugehörig. Sie ist in gleicher Weise gewillt, auch innerhalb der ökumenischen Bewegung an der Einigung der Christenheit in aller Welt mitzuwirken.
Der Herr, unser Gott, sei uns freundlich
und fördere das Werk unserer Hände bei uns.
Ja, das Werk unserer Hände wollest du fördern.
Ps. 90,17