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Kirchengericht:Kirchliches Verfassungs- und Verwaltungsgericht der EKHN
Entscheidungsform:Urteil (rechtskräftig)
Datum:22.11.1960
Aktenzeichen:KVVG II 1/58
Rechtsgrundlage:§§ 2,5,17 KVVG
Vorinstanzen:
Schlagworte:, Beschwerdeberechtigung, Fristversäumnis, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
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Leitsatz:

1. Einem Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde (§ 17 Abs. 3 KVVG) kann nicht stattgegeben werden, wenn die Fristversäumnis verschuldet wurde.
2. Die Eigenschaft als Vorsitzender des Kirchenvorstandes begründet in Angelegenheiten der Kirchengemeinde noch nicht die Beschwerdeberechtigung nach § 5 Abs. 1 KVVG.

Tenor:

Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
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Tatbestand

Der Antragsteller hat in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Kirchenvorstandes der Evangelischen Kirchengemeinde A mit dem an das Kirchliche Verfassungs- und Verwaltungsgericht der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau KVVG - gerichteten Schriftsatz vom 7. März 1958 Beschwerde gegen die Verfügung der Kirchenleitung vom 22. Februar 1958 (soll offensichtlich heißen: 22. Januar 1958) betreffend die Führung der .Pfarramtskasse in A erhoben. Die angefochtene Verfügung ist dem Antragsteller am 17. Februar 1958 zugegangen. Der Briefumschlag, mit dem die Beschwerde an das KVVG übersandt worden ist, trägt den Aufgabestempel des Postamtes A vom 17. März 1958; die Beschwerde ist am folgenden Tag - 18. März 1958 - bei dem KVVG eingegangen.
Nachdem der Antragsteller durch Verfügung des Präsidenten des KVVG vom 14. April 1958 darauf hingewiesen worden war, dass die Beschwerde u.U. nicht rechtzeitig eingegangen ist, hat er mit Schriftsatz vom 29. April 1958, eingegangen bei dem KVVG am 2. Mai 1958, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung dieses Antrages hat er geltend gemacht, er habe die Angelegenheit am 13. oder 14. März 1958 mit Herrn Oberkirchenrat B. besprochen und ihm die Beschwerde (im Entwurf) vorgelegt. Herr Oberkirchenrat B. habe erklärt, seine Beschwerde werde, da sie sich gegen eine Verfügung der Kirchenverwaltung richte, als Antrag auf Entscheidung der Kirchenverwaltung angesehen und entsprechend behandelt werden. Da ein solcher Antrag nicht an eine Frist gebunden sei, habe er die Beschwerde erst am 16. März 1958 abends zur Post gegeben. Er habe nicht damit rechnen können, dass sie nicht am 17. März 1958 in Darmstadt zugestellt, und dass dann die Angelegenheit entgegen der ihm gegebenen Erklärung des Sachbearbeiters der Kirchenleitung doch unmittelbar an das Gericht weitergeleitet werde. Diese von der ihm gegebenen Zusicherung abweichende Behandlung der Sache stelle für ihn einen unabwendbaren Zufall dar, der die Wiedereinsetzung rechtfertigen dürfte. In der Verfügung vom 4. April 1958 hatte der Präsident des KVVG auch angeregt klarzustellen, in wessen Namen die Beschwerde erhoben worden ist. Zu dieser Frage hat der Antragsteller nicht Stellung genommen.
Der Antragsteller beantragt,
die Verfügung der Kirchenleitung vom 22 Januar 1958 aufzuheben.
Die Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung beantragt,
die Beschwerde abzuweisen.
Im übrigen wird auf den Inhalt der Akten, der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung gemacht worden ist, Bezug genommen.

Gründe:

Die Beschwerde vom 7. März 1958 ist als förmliche Beschwerde i.S. des § 2 Nr. 3 KVVG zu behandeln. Einmal hat sie der Antragsteller selbst als solche bezeichnet, zum anderen hat er sie an das KVVG gerichtet und zwar nicht nur in der Anschrift, sondern auch auf dem Briefumschlag. Wenn der Antragsteller entsprechend den Angaben in seinem Schriftsatz vom 29. April 1958 die Absicht hatte, die - zu einem früheren Zeitpunkt verfasste - Beschwerde endgültig nicht bei dem KVVG, sondern bei der Kirchenleitung einzureichen, damit sie von letzterer beschieden würde, so hätte er dies spätestens auf die Erörterungsverfügung des Vorsitzenden der Kammer vom 11. November 1960 oder in der mündlichen Verhandlung eindeutig zum Ausdruck bringen und die Beschwerde als eine förmliche zurücknehmen müssen.
Als förmliche Beschwerde i. S. des § 2 Nr. 3 KVVG ist die Beschwerde unstreitig verspätet erhoben worden. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung konnte nicht stattgegeben werden, weil sich der Antragsteller bewusst sein musste, dass die am Sonntag, den 16. März 1958, nach der letzten Leerung in den Briefkasten in A eingeworfene Beschwerde nicht am Montag, den 17. März 1958, dem letzten Tag der Beschwerdefrist, bei dem KVVG eingehen konnte. Dem Antragsteller wäre es unbenommen gewesen, seine Beschwerde entsprechend dem Ergebnis der Besprechung mit dem Sachbearbeiter der Kirchenleitung am 13. oder 14. März 1958 unmittelbar an die Kirchenleitung zu richten, um dieser Gelegenheit zu geben, selbst darüber zu entscheiden. Nachdem er dies nicht getan und auch im Laufe des Verfahrens dem KVVG nicht die Erklärung abgegeben hat, dass die Beschwerde als nichtförmliche Beschwerde an die Kirchenleitung abgegeben werden soll, können die von ihm etwa mit der Kirchenleitung getroffenen Abreden über die weitere Behandlung der Beschwerde in diesem Verfahren, insbesondere bei der Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung, nicht berücksichtigt werden. Die Kirchenleitung ihrerseits hatte auf die weitere Behandlung der Beschwerde keinen Einfluss, da sie nicht bei ihr eingereicht worden ist.
Da die Beschwerde nicht fristgerecht erhoben worden ist, war sie - wie geschehen - als unzulässig zu verwerfen. Unabhängig davon ist die Kammer der Auffassung, dass der Antragsteller in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Kirchenvorstandes zu der Beschwerde nicht aktiv legitimiert war. Eines näheren Eingehens auf diese Frage bedarf es jedoch nicht, weil die Beschwerde schon wegen der Versäumung der Beschwerdefrist zu verwerfen war.