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Kirchengericht:Kirchliches Verfassungs- und Verwaltungsgericht der EKHN
Entscheidungsform:Rechtsgutachten
Datum:28.12.1961
Aktenzeichen:KVVG II 1/59
Rechtsgrundlage:§§ 2,3 KVVG; §§ 19,25 PfBesG
Vorinstanzen:
Schlagworte:, Gemeindezulage, Kammerzuständigkeit, Normenkontrollverfahren, Wohlerworbene Rechte
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Leitsatz:

1. Entscheidung des Präsidiums zur Zuständigkeit der 1. oder 2. Kammer.
2. Die aus dem Jahre 1936 stammende Rechtsgrundlage für die ...A... Gemeindezulage ist eine kirchengesetzliche Bestimmung im Sinne von § 19 Abs. 1 des Pfarrerbesoldungsgesetzes vom 11. Mai 1949.
3. Das Normenkontrollverfahren des § 2 Nr. 1 KVVG bezieht sich nur auf Kirchengesetze aus der Zeit nach Inkrafttreten des KVVG.

Tenor:

Rechtsgutachten
des Kirchlichen Verfassungs- und Verwaltungsgerichts
der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau
über die Zulässigkeit der A Gemeindezulage
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Tatbestand:

I.
Mit Schreiben vom 16. Februar 1959 (Nr. 4518) hat die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau an das Kirchliche Verfassungs- und Verwaltungsgericht der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau gemäss § 3 Ziffer 1 des Kirchengesetzes über das Kirchliche Verfassungs- und Verwaltungsgericht den Antrag gestellt, ein Rechtsgutachten zu folgenden Fragen zu erstatten:
1) Die Rechte zu klären, ob die Zahlung der A Gemeindezulage auf Grund der Bestimmungen der beiden kirchlichen Pfarrbesoldungsgesetze von 1949 und 1958 hätte eingestellt werden müssen bzw. abgestellt werden muss, oder ob es sich hierbei um ein außerhalb der gesamtkirchlichen Besoldungsgesetzgebung begründetes sogenanntes wohlerworbenes Recht des Gemeindeverbandes A oder der ihm angehörenden Pfarrer handelt.
2) Das Gutachten auch auf folgende Punkte zu erstrecken:
a) Fällt die Weiterzahlung der Gemeindezulage an die im Bereich des Gemeindeverbandes A beschäftigten Pfarrer unter das generelle Verbot der Bestimmungen des § 19 Absatz 1 des Kirchengesetzes vom 4. Dezember 1958 bzw. des § 19 Absatz 1 des Kirchengesetzes vom 11. Mai 1949 oder handelt es sich hierbei um ein Sonderrecht der A Gemeinden, das durch die Vereinheitlichung des Pfarrbesoldungsrechts nicht berührt wird.
b) Falls es sich um ein nicht durch die Pfarrerbesoldungsgesetzgebung aufhebbares Recht der Gemeinde in A handelt, ist die Frage zu prüfen, ob es sich auch auf diejenigen Pfarrer erstreckt, die nach Inkrafttreten der beiden zu Buchst. a) genannten Besoldungsgesetze (1. April 1957 bzw. 1. April 1950) infolge Versetzung oder Anschlusses ihrer Gemeinden zum Gemeindeverband getreten sind.
c) Falls die Gemeindezulage nach § 19 Absatz 1 a.a.O. zu beurteilen ist, ist die Frage zu untersuchen, ob die Kirchenleitung rechtlich befugt ist, durch Anweisung an den Gemeindeverband A im Wege der Dienstaufsicht die Auszahlung der Zulage rückwirkend oder für die Zukunft zu untersagen.
Der Antragstellung ging voraus, dass bei der Beratung der Kirchensynode über das Pfarrerbesoldungsgesetz vom 4. Dezember 1958 die Synode am 4. Dezember 1958 zu § 19 Absatz 1 den Beschluss gefasst hat, alle gegenüber der Vorlage des Gesetzentwurfes gestellten Abänderungsanträge abzulehnen und der Kirchenleitung die Auflage zu machen, die Angelegenheit der A Gemeindezulage zu prüfen und der Synode eine entsprechende Vorlage zu gegebener Zeit zu machen.
II.
Diesem Vorgang liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Im Zusammenhang mit einer Eingabe des Dekanats A vom 13. August 1958 ist in der Kirchenverwaltung und wenig später in dem von der Kirchensynode eingesetzten Sonderausschuss zur Vorbereitung des Pfarrerbesoldungsgesetzes die Frage entstanden, ob die innerhalb des Gemeindeverbandes in A an die dort angestellten Pfarrer vom Gemeindeverband unmittelbar gezahlte ruhegehaltsfähige Zulage von 60,- DM zuzüglich 65 % Teuerungszuschlag monatlich mit dem in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau geltenden Pfarrerbesoldungsrecht vereinbar war oder noch vereinbar ist. Die Kirchenverwaltung hat am 2. September 1958 ein entsprechendes Schreiben mit einer Reihe von Anfragen an den Gemeindeverband der evangelisch-lutherischen und evangelisch-unierten Kirchengemeinden A gerichtet. Dieses wurde mit Schreiben des Gemeindeverbandes vom 12. September 1958 beantwortet. Ein ebenfalls die aufgekommenen Zweifel darlegendes Schreiben der Kirchenverwaltung ging am 10. Oktober 1958 an den Gemeindeverband A mit der Bitte um Stellungnahme.
Im Auftrag der Kirchenverwaltung und des Sonderausschusses hat Oberkirchenrat B. ein ausführliches Gutachten vom 4. November 1958 erstattet. Der Gemeindeverband A hat sein Gegengutachten am 24. November 1958 durch seinen Vorsitzenden, Pfarrer Z., in der Sitzung des Besoldungsausschusses zu den Akten der Kirchenverwaltung überreicht.
Hinsichtlich des Sachverhalts besteht in den Grundzügen zwischen den Beteiligten Übereinstimmung.
Bei dem Zusammenschluss der drei Kirchen zur Evangelischen Landeskirche Hessen und Nassau im Jahre 1934 wurden die drei voneinander stark abweichenden Pfarrerbesoldungssysteme zunächst übernommen. Abgesehen von der Verschiedenheit der Berechnung des Besoldungsdienstalters und dem Aufrücken in den Dienstaltersstufen unterschieden sich die einzelnen Systeme untereinander in der Höhe der Anfangs- und Grundgehälter (Althessen: 4.600 bis 8.400 RM; Nassau: 4.400 bis 7.800 RM; A: 6.000 bis 10.800 RM). In allen Besoldungsgebieten waren im Jahre 1934 erhebliche Gehaltskürzungen eingeführt worden.
Mit Schreiben vom 15. Mai 1934 teilte die damalige Kirchenregierung der Verwaltungsstelle Wiesbaden mit, dass "um dem Ziele der Vereinheitlichung des Pfarrbesoldungswesens im Bereich der Nassau-Hessischen Landeskirche näher zu kommen", beabsichtigt sei, die Besoldungsordnungen im Bereich der bisherigen Evangelischen Landeskirchen in Nassau und A anzugleichen. Grundsätzlich solle diese Angleichung in der Weise vollzogen werden, dass die nassauische Ordnung in A eingeführt werde, wobei es den A Stadtsynodalverbänden überlassen bleibe, den besonderen A Verhältnissen durch Gewährung einer Zulage gerecht zu werden.
Diese Angleichung erfolgte durch die rechtsverbindliche Anordnung der Finanzabteilung bei der Landeskirchenkanzlei vom 27. Januar 1936. § 1 dieser Anordnung lautet:
"Die Ordnung der Dienst- und Versorgungsbezüge des preußischen Pfarrerstandes im Bereich der bisherigen Evangelischen Landeskirche in Nassau nach den Beschlüssen der früheren nassauischen Kirchenregierung vom 10. Mai / 14. Juni 1928 mit allen dazu ergangenen Ausführungs- und Kürzungsbestimmungen findet auf den Pfarrerstand der bisherigen Evangelischen Landeskirche A Anwendung.
Kirchengemeinden (Stadtsynodalverbände) dürfen aus ihren Mitteln mit kirchenaufsichtlicher Genehmigung neben dem Grundgehalt ruhegehaltsfähige Stellenzulagen gewähren. Die Stellenzulagen unterliegen den allgemeinen Gehaltskürzungsvorschriften."
Gleichzeitig wurde durch Beschluss der Finanzabteilung vom 27. Januar 1936 bestimmt, dass die Kirchengemeinden (Stadtsynodalverbände in A) aus ihren Mitteln an Pfarrer Beihilfen zu Ausbildungszwecken gewähren dürfen.
Beide Erlasse legte die Finanzabteilung mit Schreiben vom 3. Februar 1936 dem Ministerium für die kirchlichen Angelegenheiten in Berlin mit der Bitte um Genehmigung vor. Zu § 1 Absatz 2 der Anordnung wird in dem Bericht ausgeführt:
"Nach den für Nassau geltenden Kürzungsbestimmungen ist die Bewilligung von Schwierigkeitsstellenzulagen bei Neubesetzung von Pfarrstellen für die Zukunft abgeschnitten. Da aber für A keine staatlichen Pfarrbesoldungszuschüsse zur Verfügung gestellt werden, und da fast alle A Pfarrstellen besonders schwierig und verantwortungsvoll sind, scheint es uns gerechtfertigt, in § 1 Absatz 2 der rechtsverbindlichen Anordnung die Gewährung von ruhegehaltsfähigen Stellenzulagen aus örtlichen Mitteln vorzusehen. Hierdurch wird die in der nassauischen Pfarrbesoldungsordnung vorhandene Bestimmung über die Gewährung von Stellenzulagen bei staatszuschussfreien Gemeinden für A wieder in Kraft gesetzt, allerdings ohne dass die A Schwierigkeitsstellen auf das Kontingent der nassauischen Schwierigkeitsstellen angerechnet werden."
Hinsichtlich der wirtschaftlichen Auswirkung der rechtsverbindlichen Anordnung führt der Bericht ferner aus:
"Da die sofortige Durchführung der Angleichung der Dienstbezüge des A Pfarrerstandes für den einzelnen Geistlichen und seinen Haushalt angesichts der teilweise sehr beträchtlichen Kürzungsbeträge zu unerträglichen Härten führen würde, ist in § 2 der rechtsverbindlichen Anordnung bestimmt, dass die Angleichung nach dem Vorbild der Einführung der Reichsbesoldung im Saargebiet in fünf Jahresabschnitten durchgeführt wird.
Aus Anlass der Angleichung der A Pfarrversorgung geraten die kinderreichen A Pfarrer in ganz besondere Schwierigkeiten. Von den zur Zeit 47 A Pfarrern hat einer 11, einer 7, haben acht 5, sechs 4, zwölf 3 und zwölf 2 Kinder. Angesichts der wirtschaftlichen Lage der A Pfarrer würde die derzeitige und künftige Ausbildung der Kinder durch die weitgreifende Angleichung der Dienstbezüge in Frage gestellt. Wir haben daher den Beschluss über die Gewährung von Beihilfen zu Ausbildungszwecken gefasst."
Die in dem Bericht angezogenen Bestimmungen der nassauischen Ordnung haben zum Inhalt, dass vierzig Prozent der am 1. Oktober 1927 besetzt gewesenen Stellen mit einer ruhegehaltsfähigen Zulage von 600,- RM jährlich dotiert werden, ferner ist vorgesehen, dass staatszuschussfreie Gemeinden aus ihren Mitteln Zulagen gewähren dürfen, die grundsätzlich ruhegehaltsfähig sind.
Durch Erlass vom 6. März 1936 des Reichs- und Preußischen Ministers für die kirchlichen Angelegenheiten wurde die Zustimmung zu der rechtsverbindlichen Anordnung unter folgender Auflage erteilt:
"Zu § 1 Absatz 2 setzen wir voraus, dass die kirchenaufsichtliche Genehmigung nur für Stellenzulagen erteilt werden wird, die über 600 RM brutto jährlich nicht hinausgehen. Grundgehalt und Stellenzulage zusammen dürfen also den Betrag von jährlich 8.400 RM brutto nicht überschreiten. Wir ersuchen, uns dies ausdrücklich zu bestätigen."
Zu dem Beschluss über die Gewährung von Ausbildungsbeihilfen wurde ausgeführt, dass die gewährte Maßnahme über die für die Reichsbeamten geltenden Besoldungsgrundsätze hinausgehe. Trotzdem wolle ausnahmsweise nichts dagegen eingewendet werden, dass den am 29. Februar 1936 im Amt befindlichen aktiven Geistlichen in A für das vierte und die folgenden Kinder eine Beihilfe von jährlich je 200 RM zu Ausbildungszwecken gewährt werde.
Durch Beschluss des Vorstandes der Stadtsynode A vom 14. September 1936 wurde mit Wirkung vom 1. Juni 1936 eine ruhegehaltsfähige Stellenzulage für A Pfarrer in Höhe von 600,- RM jährlich eingeführt. Dieser Beschluss wurde am 29. Oktober 1936 von kirchenaufsichtswegen durch die Finanzabteilung der Landeskirchenkanzlei genehmigt.
Die Pfarrer im Bereich des Gemeindeverbandes A haben ihre Bezüge auf Grund der rechtsverbindlichen Anordnung von 1936 bis zum Inkrafttreten des Pfarrerbesoldungsgesetzes am 1. Mai 1950 unmittelbar vom Gemeindeverband berechnet und ausgezahlt erhalten. Bei Inkrafttreten des Pfarrerbesoldungsgesetzes wurden die Bezüge auf die neue Ordnung umgestellt, wobei die Zulage neben dem neuen Grundgehalt und etwaigen Schwierigkeitsstellenzulagen weiterhin gezahlt wurde. Soweit aus den Vorträgen der Beteiligten und den Akten ersichtlich ist, sind offenbar die Gesamtbezüge der Pfarrer in A von 1950 bis 31. März 1953 von der Evang. Gesamtkirchenkasse Darmstadt unter Einschaltung der Kasse des Gemeindeverbandes gezahlt worden. Mit Wirkung vom 1. April 1953 wurden den Pfarrern in A die ihnen gewährten Gemeindezulagen wieder unmittelbar aus der Gemeindekasse in A gezahlt, aus der Gesamtkirchenkasse erhielten die A Pfarrer hinfort nur die Bezüge, die den Pfarrern im allgemeinen gezahlt werden. Das Gutachten B. führt aus, dass die Kirchenleitung von der Weiterzahlung der Gemeindezulage zunächst keine Kenntnis erhalten habe, da am 1. Mai 1950 die Aufsichtsbefugnis durch das damals bestehende Verwaltungsamt A ausgeübt worden sei. Auch nach Zusammenfassung der drei Verwaltungsämter in "Die Kirchenverwaltung" zu Beginn des Jahres 1952 sei hierüber zunächst noch nichts bekannt geworden, da auf Grund des Beschlusses der Kirchenleitung vom 14. Juli 1952 die Zahlung der Pfarrgehälter weiterhin durch die Kasse des Gemeindeverbandes vorgenommen worden sei. Die Kirchenverwaltung habe die Bezüge auf Grund des Pfarrerbesoldungsgesetzes festgesetzt, der Gemeindeverband die Auszahlung unter Hinzufügung der Gemeindezulage veranlasst. Erst nachdem der Kirchenleitung die Zahlung einer Weihnachtsgratifikation an die A Pfarrer bekannt geworden sei, sei durch Beschluss vom 22. Februar 1954 deren Weiterzahlung untersagt worden.
Das A Gegengutachten widerspricht dieser Darstellung mit dem Hinweis, die Gemeindezulagen für die Pfarrer der Kirchengemeinden des evangelisch-lutherischen und evangelisch-unierten Gemeindeverbandes seien in jedem Haushaltsplan ausdrücklich aufgeführt gewesen. Darüber hinaus sei auch durch die Kirchenverwaltung stets das Ruhegehalt der A Pfarrer unter Berücksichtigung der Gemeindezulagen errechnet und festgesetzt worden. Die Kirchenleitung habe seit mindestens 1952, also nach der Zusammenfassung der drei Verwaltungsämter in der Kirchenverwaltung, Kenntnis von der Fortzahlung der A Gemeindezulage gehabt. Ergänzend weist das A Gegengutachten zum Sachverhalt darauf hin, dass für die Pfarrbesoldungen in A seit 1924 keinerlei Staatsbeihilfen in Anspruch genommen worden seien. Damit sei die Landeskirche A die einzige preußische und deutsche Landeskirche gewesen, die Besoldung, Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung ihrer Geistlichen ohne Staatszuschuss aus eigenen Steuermitteln bestritten habe.
Die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau hat in ihrer Sitzung vom 20. Dezember 1954 (Protokoll 117 Nr. 35) in Anwesenheit von Vertretern des Gemeindeverbandes A beschlossen, die Zustimmung dazu zu erteilen, dass die Gemeindezulage von 50,- auf 60,- DM monatlich erhöht werde. Zum Ausgleich dafür sollte die bisher gewährte Weihnachtsgratifikation wegfallen. Auf Grund dieses Beschlusses der Kirchenleitung genehmigte die Kirchenverwaltung durch Verfügung vom 12. September 1955 die Erhöhung der Gemeindezulage auf 60,- DM monatlich zuzüglich der Teuerungszulage rückwirkend ab 1. April 1955.
Zur Feststellung des Sachverhalts liegen dem Gericht folgende Unterlagen vor:
1) Gutachten des Oberkirchenrats B. vom 4. November 1958,
2) undatiertes Gutachten des Gemeindeverbandes A, enthalten in der Akte der Kirchenverwaltung,
3) Kirchengesetz betreffend die Pfarrerbesoldung vom 11. Mai 1949 (Amtsblatt 1949 S. 77),
4) Kirchengesetz über die Besoldung und Versorgung der Pfarrer vom 4. Dezember 1958 (Amtsblatt 1958 S. 177),
5) Akte der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau betreffend die Besoldung der Pfarrer zu A 1952 ff.,
6) Akte der Evangelischen Landeskirche Nassau-Hessen betreffend Pfarrbesoldungen der A Landeskirche (Buchst. E Abschn. I Nr. 3) Band I 1934 - 1947,
7) Protokoll der Verfassunggebenden Synode Teil II, 3. und 4. Tagung,
8) Protokoll der Zweiten Kirchensynode, 3. ordentliche Tagung vom 10. bis 14. März 1958 in A,
9) Protokoll der Zweiten Kirchensynode, 3. außerordentliche Tagung vom 1. bis 4. Dezember 1958 in A,
10) zwei Bände Nachweisungen über die Berechnung der Diensteinkommen der Geistlichen der ehemaligen Evangelischen Landeskirche in A,
11) ein Band Akten der Evangelischen Landeskirche Nassau-Hessen betreffend Angleichung der Pfarrbesoldung der A reformierten Gemeinden,
12) ein Band Akten der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Kirchenverwaltung Darmstadt, betreffend Ausarbeitung eines Kirchengesetzes über die Besoldung und Versorgung der Pfarrer 1958 f.
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Entscheidungsgründe:

III.
Das Gutachten B. geht bei der rechtlichen Würdigung von der These aus, dass die durch die rechtsverbindliche Anordnung vom Januar 1936 in A eingeführte Gemeindezulage von 600,- RM jährlich identisch sei mit der in der früheren Nassauischen Landeskirche bestehenden Zulage, die von staatszuschussfreien Gemeinden gewährt werden durfte und die auch in Nassau in vielen Fällen gezahlt worden sei. Die Zahlung sei gleichzeitig mit der Umstellung der Pfarrerbesoldung in A auf die nassauische Ordnung eingeführt und nur deshalb ausdrücklich erwähnt worden, weil nach den für Nassau geltenden Kürzungsbestimmungen eine Neubewilligung der Zulage nicht mehr möglich gewesen sei, weil fast alle A Pfarrstellen besonders schwierig und verantwortungsvoll seien, und weil die neugeschaffenen A Schwierigkeitsstellen nicht auf das nassauische Kontingent angerechnet werden sollten. Die teils als "Schwierigkeitsstellenzulage" teils als "Gemeindezulage" bezeichnete Zulage der A Pfarrer sei ihrer Rechtsnatur nach ein mit dem damaligen nassauischen Besoldungssystem unlöslich verbundener Gehaltsteil. Es ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Sinn der Einführung der Zahlung der gewesen sei, den A Pfarrern ein für alle Zeiten geltendes Sonderrecht zuzuerkennen. Die Zahlung sei ausschließlich besoldungsrechtlich begründet. Für eine "kirchenverfassungsrechtliche" Verankerung der Zulage, wie dies bei den Besoldungssonderheiten der A reformierten Gemeinden der Fall sei, hätten sich keine Anhaltspunkte gefunden. Zudem hebe § 25 Absatz 2 des Pfarrerbesoldungsgesetzes vom 11. Mai 1949 alle diesem Kirchengesetz entgegenstehenden Bestimmungen der ehemaligen Landeskirche auf und setze damit sowohl die rechtsverbindliche Anordnung von 1936 als auch die Nassauische Besoldungsordnung von 1928 außer Kraft. Damit sei die rechtliche Grundlage für die Zulage fortgefallen. Wie alle Besoldungsgesetze gewährleiste das Pfarrerbesoldungsgesetz lediglich im § 21 Absatz 1 die bisherigen Bezüge. Da aber das Endgrundgehalt von 7.800,- DM auf 8.400,- DM angehoben worden sei, und außerdem durch die Teuerungszuschläge weitere Gehaltssteigerungen eingetreten seien, bestehe für die Anwendung des § 21 Absatz 1 ebenfalls längst kein Raum mehr.
Das Gutachten B. kommt zu dem Schluss, die A Zulage sei mit dem Besoldungssystem, auf welchem sie beruht habe, und mit dem Grundgehalt, welchem sie anhaftete, untergegangen und in den höheren Bezügen des neuen Rechtes aufgegangen. § 19 Absatz 1 des Pfarrerbesoldungsgesetzes von 1949 verbiete ausdrücklich die Gewährung der Zulage, und auch nach § 21 a.a.O. sei eine Weiterzahlung der Zulage, abgesehen von theoretisch möglichen befristeten Fällen, nicht mehr gerechtfertigt.
Das Gutachten B. fasst das Ergebnis der Untersuchung folgendermaßen zusammen:
"Für die Weiterzahlung der Gemeindezulage über den 1. April 1950 hinaus bestehen, abgesehen von den möglichen befristeten Fällen nach § 21 Absatz 1, keinerlei rechtliche Grundlagen. Besonders bedenklich war es, diese Zulage, die ihrem Wesen nach als Abgeltung für Schwierigkeiten des Dienstes gedacht war, noch neben den allgemeinen Schwierigkeitsstellenzulagen zu zählen. Der Beschluss der Kirchenleitung vom 20.12.1954, durch welchen die Erhöhung der Zulage auf 60,- DM zugestanden wurde, ist in doppelter Hinsicht zu beanstanden: einmal wegen Fehlens des Rechtstitels überhaupt und zum anderen, weil nach § 19 Absatz 1 Zulagen und Gehaltsteile nur durch Kirchengesetz gewährt werden dürfen. Der Beschluss der Kirchenleitung vom 20.12.1954 und die darauf beruhende Genehmigungsverfügung der Kirchenverwaltung muss wegen Fehlens der rechtlichen Grundlage aufgehoben und es muss der Gemeindeverband A im Wege der Dienstaufsicht angewiesen werden, die weitere Zahlung der Zulage einzustellen.
Es ergibt sich aus dem Gesagten von selbst, dass die Kirchensynode bei der Gestaltung des neuen Pfarrerbesoldungsgesetzes völlig frei ist und keine Rücksicht auf A Sonderregelungen zu nehmen braucht. Ein außerhalb des Pfarrerbesoldungsgesetzes begründeter Rechtsanspruch auf die sogenannte Gemeindezulage in A besteht nicht."
Das A Gegengutachten enthält hinsichtlich der rechtlichen Würdigung im wesentlichen folgende gegenteilige Thesen:
Die durch die rechtsverbindliche Anordnung vom Januar 1936 eingeführte Gemeindezulage für die A Pfarrer sei rechtlich nicht als Schwierigkeitsstellenzulage zu werten. Wie in dem Gutachten B. hervorgehoben werde, seien in der nassauischen Besoldungsordnung von 1928 Schwierigkeitsstellenzulagen vorgesehen gewesen. Gerade die Tatsache aber, dass neben der Einführung der nassauischen Besoldungsordnung noch ausdrücklich den Kirchengemeinden in A bzw. an deren Stelle den Synodalverbänden das Recht zur Gewährung einer weiteren Zulage gegeben worden sei, zeige, dass es sich um ein Sonderrecht gehandelt habe, welches nach der nassauischen Regelung nicht bestanden habe. Wenn nach einer nassauischen Bestimmung eine Neubewilligung der Schwierigkeitsstellenzulagen nicht mehr möglich gewesen sei, so hätte dies nicht ohne weiteres für A gegolten. Mindestens hätte für die Annahme des Gutachtens B. es genügt, wenn in der rechtsverbindlichen Anordnung für A ausdrücklich eine Neubewilligung der Schwierigkeitsstellenzulage für A zugelassen worden wäre. Dies sei aber offensichtlich nicht gewollt gewesen. Die Gemeindezulage sei überhaupt ihrem Charakter nach keine Schwierigkeitsstellenzulage. Diese würden stets nur für einzelne Pfarrstellen gewährt, für die eigens festgestellt werden müsse, dass sie mit besonderen Schwierigkeiten verbunden seien. Diese Zulagen könnten für die einzelnen Pfarrstellen widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen für ihre Bewilligung weggefallen seien. Sie seien stets nicht ruhegehaltsfähig und würden grundsätzlich von der Kirchenleitung unmittelbar bewilligt. Die A Gemeindezulagen würden aber ausnahmslos für alle A Gemeinden (also auch für die Gemeinden, die dem damaligen Stadtsynodalverband nicht angehörten) gezahlt.
Wesentlich sei vor allem, dass die A Gemeindezulage überhaupt nicht von der Kirchenleitung und auch nicht durch die Anordnung der Finanzabteilung vom Januar 1936 unmittelbar eingeführt worden sei. In der rechtsverbindlichen Anordnung werde vielmehr den A Gemeinden ausdrücklich ein Sonderrecht eingeräumt, welches den Gemeinden im übrigen Bereich der Landeskirche Nassau und Hessen nicht zugestanden habe. Die A Gemeinden (bzw. für diese die Stadtsynodalverbände) durften aus eigenen Mitteln neben der in der Besoldungsordnung festgelegten Besoldung für ihre Pfarrer eine Sonderzulage gewähren. Die Bewilligung dieser Zulage sei an keinerlei Voraussetzung geknüpft worden und habe lediglich der kirchenaufsichtlichen Genehmigung bedurft. Die Gemeindezulage sei also erst durch den Beschluss des Vorstandes der Stadtsynode vom 14. September 1936 eingeführt und in ihrer Höhe festgelegt worden. Durch einen Beschluss der Stadtsynode sei aber die nassauische Besoldungsordnung nicht beeinflusst oder abgeändert worden. Der Beschluss könne deshalb auch nicht als Teil der nunmehr in A geltenden nassauischen Besoldungsordnung gewertet werden. Die A Gemeindezulage sei deshalb nach ihrem Wesen nicht ein Teil des auf Grund der Besoldungsordnung gezahlten Gehalts, sondern eine rechtens zugelassene Sonderzuwendung der A Gemeinden an ihre Pfarrer aus eigenen Mitteln. Es habe sich dabei in A im Grunde genommen keineswegs um ein völlig neues Recht gehandelt, da mindestens seit 1900 das Gehalt der Pfarrer durch das Regulativ von der Stadtsynode, also dem Organ der Gemeinden, beschlossen worden sei und die Pfarrbesoldung in A aus eigenen Mitteln bestritten wurde. Die rechtsverbindliche Anordnung vom Januar 1936 müsse nach den damals bestehenden Verhältnissen einem ordnungsgemäß erlassenen Kirchengesetz gleichgesetzt werden. Die Anordnung sei auf Grund des Preußischen Gesetzes über die Verwaltung des kirchlichen Vermögens vom 11. März 1935 ergangen. Nach diesem Gesetz habe die Finanzabteilung keine Befugnisse gehabt, allgemeine Kirchengesetze zu erlassen. Sie habe aber sehr wohl im Rahmen ihrer Aufgabe, die Haushaltspläne festzusetzen und die Verwendung der Haushaltsmittel zu überwachen, die rechtliche Möglichkeit gehabt, den Kirchengemeinden im Rahmen der Überwachung der Haushaltspläne zu gestatten, aus eigenen Mitteln Sonderzuschüsse an ihre Pfarrer zu zahlen.
Was § 25 Absatz 2 des Kirchengesetzes betreffend die Pfarrerbesoldung vom 15. Mai 1949 betreffe, so könnten nur solche Bestimmungen gemeint sein, die unmittelbar die Pfarrbesoldung betreffen, die rechtsverbindliche Anordnung vom Januar 1936 sei aber nicht als eine solche besoldungsrechtliche Bestimmung anzusehen. Im übrigen sei in § 19 Absatz 1 des Pfarrerbesoldungsgesetzes vom 15. Mai 1949 ausdrücklich vorgesehen, dass Zulagen gewährt werden dürfen, wenn sie durch Kirchengesetz vorgesehen sind. Die rechtsverbindliche Anordnung vom 27. Januar 1936 müsse aber als ein solches Kirchengesetz angesehen werden oder stehe mindestens rechtlich einem Kirchengesetz gleich. Die Gemeindezulage sei nicht eine Zahlung der Landeskirche an die Pfarrer, sondern eine Zuwendung der Gemeinden an ihre Pfarrer. Sie sei deshalb eher zu vergleichen mit Sachbezügen der Pfarrer, wie sie beispielsweise in § 20 a.a.O. erwähnt seien.
Das A Gegengutachten fasst das Ergebnis folgendermaßen zusammen:
"Die A Gemeindezulage wird gezahlt aufgrund eines Sonderrechtes, das den A Gemeinden durch die rechtsverbindliche Anordnung vom 27.1.1936 ausdrücklich zugebilligt wurde. Die Gemeindezulage selbst und ihre Höhe werden in Eigenzuständigkeit von der Gesamtvertretung des Gemeindeverbandes festgesetzt und bedürfen lediglich der kirchenaufsichtlichen Genehmigung. Eine solche Genehmigung ist zuletzt von der Kirchenleitung am 20.12.1954 erteilt worden. Das Sonderrecht der A Gemeinden ist nicht durch § 50 (soll wohl heißen § 25) des Pfarrbesoldungsgesetzes vom 15.5.1949 aufgehoben worden.
Sollte man jedoch zu der Ansicht kommen, dass die rechtsverbindliche Anordnung vom 27.1.1936 kein Kirchengesetz im Sinne des § 19 Absatz 1 a.a.O. ist, so müsste ein entsprechendes Gesetz neu erlassen werden. Wir sind der Ansicht, dass die A Gemeinden aufgrund ihrer alten Tradition ihres Steueraufkommens und der langjährigen unbeanstandeten Zahlung der Gemeindezulage darauf einen Anspruch haben."
IV.
Die 2. Kammer des befassten Gerichts hat zunächst mit Beschluss vom 22. November 1960 ihre Zuständigkeit zur Erstattung des Gutachtens als nicht gegeben angesehen und angeregt, dass der Kammervorsitzende den nach Abschnitt III der Geschäftsordnung des Gerichts vorgesehenen Antrag auf Entscheidung über die Zweifel hinsichtlich der Zuständigkeit durch das Präsidium stellt (Blatt 23).
Das Präsidium des Gerichts hat durch Beschluss vom 15. März 1961 die 2. Kammer gemäss Abschnitt III der "Geschäftsordnung und Geschäftsverteilung" für zuständig erklärt.
Die rechtlich zu begutachtende materielle Kernfrage lautet:
Ist § 1 Absatz 2 der rechtsverbindlichen Anordnung über die Dienst- und Versorgungsbezüge des Pfarrerstandes im Bereich der bisherigen Evangelischen Landeskirche A vom 27. Januar 1936 als Rechtsgrundlage für die Zahlung der sogenannten A Gemeindezulage durch eine der folgenden Vorschriften aufgehoben worden:
a) Durch § 19 Absatz 1 des Kirchengesetzes betreffend die Pfarrerbesoldung vom 11. Mai 1949 (Amtsblatt 1949 S. 77),
b) durch § 25 Absatz 2 des gleichen Gesetzes,
c) durch § 19 Absatz 1 des Kirchengesetzes über die Besoldung und Versorgung der Pfarrer vom 4. Dezember 1958 (Amtsblatt 1958 S. 177)?
§ 19 Absatz 1 des Pfarrerbesoldungsgesetzes von 1949 lautet:
"Nebenvergütungen
(1) Für die dem Pfarrer auf Grund seines Amtes obliegenden Dienstleistungen dürfen Zulagen oder Vergütungen irgendwelcher Art, die durch Kirchengesetz nicht vorgesehen sind, nicht gewährt werden."
§ 25 Absatz 2 des Pfarrerbesoldungsgesetzes 1949 lautet
"(2) Alle diesem Kirchengesetz entgegenstehenden Bestimmungen der ehemaligen Evangelischen Landeskirchen von Hessen, Nassau, A und Nassau-Hessen werden aufgehoben."
§ 19 Absatz 1 des Kirchengesetzes über die Besoldung und Versorgung der Pfarrer von 1958 lautet:
"(1) Über den Rahmen dieses Gesetzes hinaus dürfen dem Pfarrer aus seinem Dienstverhältnis Vergütungen oder Zuwendungen nur insoweit gewährt werden, als sie durch kirchengesetzliche Bestimmungen festgesetzt sind."
Es ist unstreitig, sachlich und rechtlich richtig, dass die rechtsverbindliche Anordnung vom 27. Januar 1936 nach dem damaligen Rechts- und Verwaltungszustand rechtsgültig zustande gekommen ist. Die Anordnung erging auf Grund des § 2 Absatz 2 Satz 1 des Preußischen Gesetzes über die Vermögensverwaltung in den evangelischen Landeskirchen vom 11. März 1935 (GS S. 39 ff.). Es handelte sich also nicht um ein Gesetz im formellen Sinne, wohl aber um eine Normsetzung auf Grund gesetzlicher Ermächtigung, also um eine Rechtsverordnung und damit um Recht im materiellen Sinn. Die rechtsverbindliche Anordnung ist also nach den damals gegebenen Verhältnissen einem ordnungsgemäß erlassenen Kirchengesetz rechtlich gleich zu setzen. Auf Grund dieses den A Kirchengemeinden bzw. dem Stadtsynodalverband verliehenen Rechtes hat der Vorstand der Stadtsynode der evangelisch-lutherischen und evangelisch-unierten Kirchengemeinden in A am 14. September 1936 den im Dienst des Synodalverbandes A stehenden Geistlichen eine ruhegehaltsfähige Stellenzulage in Höhe von 600, RM jährlich neben dem Grundgehalt mit Wirkung vom 1. Juni 1936 gewährt. Der Beschluss wurde von der zuständigen Finanzabteilung am 29. Oktober 1936 kirchenaufsichtlich genehmigt. Es ist also unstreitig und sachlich wie rechtlich richtig, dass den Pfarrern des A Synodalverbandes aus eigenen Mitteln des Synodalverbandes mindestens bis zum Inkrafttreten des Pfarrerbesoldungsgesetzes 1949 eine Gemeindezulage auf Grund kirchengesetzlicher Rechtsgrundlage gewährt wurde.
Unstreitig ist, dass die Gemeindezulage an die Pfarrer in A stets weitergezahlt wurde und auch heute noch gezahlt wird, streitig geworden ist nur die Frage, ob die Rechtsgrundlage durch eines der beiden Pfarrerbesoldungsgesetze 1949 oder 1958 weggefallen ist.
Die Streitfrage ist erst im Jahre 1954 aufgetreten. Da im Haushaltsplan des Gemeindeverbandes A neben den Gemeindezulagen Weihnachtszuwendungen an Pfarrer vorgesehen waren, wurden diese von der Kirchenverwaltung beanstandet. Auf Grund dieser Beanstandungen bei der Genehmigung des Haushaltsplans 1954 ist in der Sitzung der Kirchenleitung am 20. Dezember 1954 auch die Frage der Gemeindezulage besprochen und die Genehmigung erteilt worden, dass mit Wirkung vom 1. April 1955 die Gemeindezulage aller zum Gemeindeverband A gehörenden Pfarrer von 50,- auf 60,- DM monatlich erhöht werde, dagegen die Zahlung von Weihnachtszuwendungen wegfallen solle. Der einschlägige Beschluss des Vorstandes des A Gemeindeverbandes wurde mit Schreiben vom 12. September 1955 genehmigt. Die Kirchenverwaltung hat also in Anwendung des § 19 Absatz 1 des Pfarrerbesoldungsgesetzes von 1949 gehandelt und die A Zulage als eine solche gewertet, "die durch Kirchengesetz vorgesehen ist". Erst durch die Eingabe des Dekanats A vom 13. August 1958 und die Zweifel bei der Beratung des von der Kirchensynode eingesetzten Besoldungsausschusses ist die Frage der Vereinbarkeit der Zulage mit dem System des Pfarrerbesoldungsgesetzes präzis aufgetreten.
Aus den Protokollen der Verfassunggebenden Synode über die Beratung des Pfarrerbesoldungsgesetzes von 1949 ergibt sich für die hier gestellte Frage so gut wie nichts. Dass eine einheitliche Besoldung angestrebt war, ist als Selbstverständlichkeit in den Beratungen zu erkennen, speziell zu den §§ 19 und 25 liegen aber keine Äußerungen aus der Beratung vor, so dass vom Wortlaut und dem Sinnbezug der §§ 19 und 25 ausgegangen werden muss.
§ 19 Absatz 1 enthält die ausdrückliche Ausnahme für Zulagen, die durch Kirchengesetz vorgesehen sind, § 25 Absatz 2 kann als generelle Bestimmung diese spezielle Regelung nicht aufheben wollen. Es ist also rechtlich klar, dass die rechtsverbindliche Anordnung vom Januar 1936 weder durch § 19 Absatz 1 noch durch § 25 Absatz 2 des Pfarrerbesoldungsgesetzes von 1949 aufgehoben wurde. Der Relativsatz in § 19 Absatz 1 "die durch Kirchengesetz nicht vorgesehen sind" wäre sinnlos, wenn er durch § 25 Absatz 2 aufgehoben werden könnte. Die Synode als kirchlicher Gesetzgeber hat nach dem Wortlaut des § 19 Absatz 1 den Willen gehabt, andere kirchengesetzliche Nebenvergütungen zu regeln. Da die A Gemeindezulage ganz offensichtlich eine solche ist, wurde sie durch die Fassung des § 19 Absatz 1 als weiterhin rechtsbeständig gedeckt. Dabei spielt es keine Rolle, dass die Vorlage des Gesetzes zunächst im Relativsatz des § 19 Absatz 1 folgende Fassung hatte: "die durch Kirchengesetz oder den Haushaltsplan der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau nicht vorgesehen sind."
Wohl aber ist für die Bewertung bzw. Zulässigkeit der A Gemeindezulage von Belang, dass diese jeweils in den Nachweisungen über die Berechnung der Diensteinkommen der Geistlichen der ehemaligen Evangelischen Landeskirche in A ausdrücklich aufgeführt ist, und dieser Tatbestand mindestens seit März 1953 der Kirchenleitung bekannt gewesen ist.
Die rechtliche Darlegung im Gutachten B., dass die Einführung der A Zulage durch die Anordnung von 1936 identisch sein müsse mit der in der nassauischen Besoldungsordnung bestehenden Regelung, weil nach den für Nassau geltenden Kürzungsbestimmungen eine Neubewilligung der Zulage nicht mehr möglich gewesen sei, ist nicht überzeugend und findet in dem Wortlaut des § 1 Absatz 2 der rechtsverbindlichen Anordnung keine Stütze.
Bei den Beratungen des Kirchengesetzes über die Besoldung und Versorgung der Pfarrer auf der 3. außerordentlichen Tagung der 2. Kirchensynode vom 1. bis 4. September 1958 wurde die Angelegenheit der A Zulage mehrfach und ausführlich besprochen (vgl. Protokolle S. 81, 83, 94, 100, 101, 106, 116/117, 262/263, 369). Beide Meinungen eines weiterbestehenden Rechtstitels und des Wegfalls des Rechtstitels sind in den Beratungen vertreten worden. Zu § 19 wurde vom Sonderausschuss zur Vorbereitung des Pfarrerbesoldungsgesetzes ein Deckblatt gefertigt mit dem Inhalt: In § 19 Absatz 1 ist als Satz 2 anzufügen. "Unberührt bleiben Zuwendungen, die ein Pfarrer auf Grund besonderer Rechtstitel von anderer Seite erhält".
Bei der Schlussabstimmung lagen folgende Anträge vor:
1) Antrag Dr. F.: "Der auf dem Deckblatt vom 24. November 1958 aufgeführte Zusatz wird gestrichen, an seiner Stelle wird in einem besonderen Kirchengesetz die Frage der zusätzlichen Besoldung der Pfarrer in A geregelt."
2) Ein Antrag E.: "Die Synode möge beschließen, die Kirchenleitung wird beauftragt, eine gesetzliche Regelung der Zulagen, die die Pfarrer des Gemeindeverbandes A erhalten, vorzubereiten und der Synode auf der nächsten Tagung vorzulegen."
3) Ein Antrag Dr. W.: "In § 19 Absatz 1 ist als Satz 2 und Satz 3 anzufügen: Unberührt bleiben Zuwendungen, die ein Pfarrer auf Grund besonderer Rechtstitel, die nicht mit einem Dienstverhältnis im Zusammenhang stehen, von anderer Seite erhält. Die sogenannte "A Gemeindezulage" bleibt in der bisherigen Höhe bestehen."
Der federführende Ausschuss schlug dagegen vor, den Absatz 1 Satz 2, der auf dem Deckblatt stand, wegfallen zu lassen, weiter empfahl der Ausschuss der Synode zu beschließen, dass die Frage der A Zulage an die Kirchenleitung verwiesen werde und die Kirchenleitung beauftragt werde, diese Frage zu prüfen und der Synode auf der nächsten Tagung zu berichten. In diesem Sinne hat die Synode mit überwiegender Mehrheit § 19 im Wortlaut der Druckvorlage beschlossen und die A Angelegenheit der Kirchenleitung zur Prüfung überwiesen mit der Bitte, eine entsprechende Vorlage zu gegebener Zeit der Synode zu machen (siehe Protokolle S. 262/263). Mit dieser Beschlussfassung hat die Synode als der kirchliche Gesetzgeber den Willen zu erkennen gegeben, dass die A Gemeindezulage eine kirchengesetzliche Bestimmung im Sinne des § 19 Absatz 1 sei, als rechtsverbindlich angesehen werde, dass aber die Kirchenleitung - im Falle eines Fortbestandes der Zweifel - beauftragt sei, eine Vorlage zur zusätzlichen gesetzlichen Regelung im Sinne der Aufrechterhaltung der A Gemeindezulage zu machen.
Da nach der Auffassung der Kammer die Anordnung vom Januar 1936 eine kirchengesetzliche Bestimmung im Sinne des § 19 des Pfarrerbesoldungsgesetzes vom 4. Dezember 1958 ist, besteht auch im Geltungsbereich dieses Gesetzes die Rechtsgrundlage für den A Gemeindeverband fort, Gemeindezulagen aus eigenen Mitteln an seine Pfarrer in den Grenzen der Anordnung von 1936 zu zahlen. Das ist umso einleuchtender, als die aus Mitteln des Gemeindeverbandes gezahlten Zulagen keine Stellenzulagen auf Grund der §§ 14 bis 18 sind.
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen kommt die Kammer zu folgenden Ergebnissen:
Die "rechtsverbindliche Anordnung über die Dienst- und Versorgungsbezüge des Pfarrerstandes im Bereich der bisherigen Evangelischen Landeskirche A" vom 27. Januar 1936 ist eine kirchengesetzliche Regelung im Sinne des § 19 Absatz 1 des Pfarrerbesoldungsgesetzes von 1949 und im Sinne des § 19 Absatz 1 des Besoldungsgesetzes von 1958; sie ist weder durch das Pfarrerbesoldungsgesetz von 1949 noch durch das Besoldungsgesetz von 1958 aufgehoben worden.
Damit begibt sich die Kammer nicht auf das Gebiet der Normenkontrolle; die Kammer ist vielmehr - im Gegensatz zu der im Beschluss vom 22. November 1960 vertretenen Auffassung - in Übereinstimmung mit dem Präsidium (Entscheidung vom 15. März 1961) der Ansicht, dass sich das Normenkontrollverfahren des § 2 Absatz 1 KVVG nur auf Kirchengesetze aus der Zeit nach Inkrafttreten des KVVG bezieht.
Nachdem - wie geschehen - die Kammer die Weitergeltung der Anordnung vom Januar 1936 bejaht hat, ist ein näheres Eingehen auf die übrigen in dem Antrag der Kirchenleitung vom 16. Februar 1959 gestellten Fragen nicht erforderlich, zumal die Feststellung, dass es sich bei der Anordnung vom Januar 1936 um eine kirchengesetzliche Regelung handelt, die weitere Feststellung einschließt, dass es sich dabei um eine durch Kirchengesetz aufhebbare Regelung handelt.