.
Kirchengericht:Kirchliches Verfassungs- und Verwaltungsgericht der EKHN
Entscheidungsform:Urteil (rechtskräftig)
Datum:12.03.1965
Aktenzeichen:KVVG I 1/64
Rechtsgrundlage:Art. 38,46 KO; §§ 2,5,15,17 KVVG
Vorinstanzen:
Schlagworte:Antragsberechtigung, Kirchenpräsident, Synodalprinzip, Wahlakt, Wahlanfechtung, Wahlvorschlag
#

Leitsatz:

1. Auch Wahlakte sind synodale Beschlüsse, die gemäß § 2 Nr. 3 KVVG angefochten werden können, wenn keine anderweitigen Sondervorschriften bestehen.
2. Ob die Eigenschaft als aktiver Pfarrer ausreicht, um für die Anfechtung der Kirchenpräsidentenwahl eine Antragsberechtigung im Sinne des § 5 Abs. 1 KVVG zu begründen, erscheint sehr zweifelhaft.
3. Für die Gültigkeit der Wahl des Kirchenpräsidenten ist nicht erforderlich, dass mehrere Wahlvorschläge vorausgingen. Das Synodalprinzip schließt nicht aus, dass bei Wahlen zu leitenden Ämtern nur ein Kandidat vorgeschlagen wird.
4. Für die Gültigkeit einer Wahl kommt es allein auf die rechtliche Entscheidungsfreiheit der Wahl an; unerheblich ist, welche verschiedenen Motive die Stimmabgabe des einzelnen Synodalen beeinflusst haben, da diese inneren Vorgänge sich einer gerichtlichen Nachprüfung entziehen.

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten trägt der Beschwerdeführer.
#

Tatbestand:

Die Kirchensynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau wählte am 3. November 1964 einen neuen Kirchenpräsidenten.
Nach Aufruf dieses Tagesordnungspunktes 2 a) berichtete zunächst der Präses der Kirchensynode über die vom Kirchensynodalvorstand getroffenen Maßnahmen zur Vorbereitung der Wahl. Nach diesem Bericht hatte der bisherige Kirchenpräsident ... dem Kirchensynodalvorstand und der Kirchenleitung mit Schreiben vom 26. Juni 1964 mitgeteilt, dass er sein Amt als Kirchenpräsident zum 1. Januar 1965 niederlege; auf seinen Wunsch beschloss die Kirchenleitung demgemäss, ihn zu dem letztgenannten Datum in den Ruhestand zu versetzen. In einer gemeinsamen Sitzung des Kirchensynodalvorstandes und des sogenannten Benennungsausschusses am 10. August 1964 wurde vorgesehen, dass der Benennungsausschuss die Aufstellung von Wahlvorschlägen und die Verhandlungen mit den in Betracht kommenden Kandidaten übernehmen solle. Auf Anfrage des Präses stellte der Rechtsausschuss der Synode durch einstimmigen Beschluss vom 24. August 1964 klar, dass die Wahlvorbereitung nach Artikel 38 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 38 Absatz 3 Satz 1 KO Sache des Kirchensynodalvorstandes sei, der diese Aufgabe nicht dem Benennungsausschuss verantwortlich übertragen könne; jedoch dürfe er bei nicht versammelter Synode den Benennungsausschuss mit der Erarbeitung von Wahlvorschlägen beauftragen, ohne dadurch an dessen Vorschläge gebunden zu sein. Der Benennungsausschuss machte sodann dem Kirchensynodalvorstand drei Wahlvorschläge. Verhandlungen mit den in Aussicht genommenen Kandidaten ergaben jedoch, dass zwei von ihnen die Berufung ablehnten. Für diesen Fall hatte der Benennungsausschuss bereits im voraus beschlossen, keine weiteren Wahlvorschläge nachzuschieben. Demgemäss schlug der Präses der Synode namens des Kirchensynodalvorstandes auf Grund der Beratung mit dem Benennungsausschuss nur einen Kandidaten, nämlich den Oberkirchenrat Professor S. vor. Er fügte hinzu, dass nach Auffassung des Kirchensynodalvorstandes und des Rechtsausschusses ein auf einen einzigen Kandidaten lautender Wahlvorschlag jedenfalls dann zulässig sei, wenn der Kandidat, um gewählt zu werden, eine qualifizierte Mehrheit von Stimmen - hier nach § 13 der Geschäftsordnung der Kirchensynode die Mehrheit der abgegebenen Stimmen - erhalten müsse. Der Präses wies weiter darauf hin, dass jeder Synodale berechtigt sei, weitere Vorschläge zu machen; auch wenn dies nicht öffentlich in der Synode geschehen sei, könne jeder bei der eigentlichen Wahl noch andere Namen als die vorgeschlagenen auf seinen Stimmzettel schreiben.
In der folgenden Aussprache äußerten mehrere Synodale ein gewisses Unbehagen darüber, dass im Gegensatz zu anderen Landeskirchen in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau die Vorbereitung der Wahl des Kirchenpräsidenten nicht näher geregelt sei, und dass der Synode nach der faktischen Entwicklung weitgehend die Hände gebunden seien, weil nunmehr nur noch ein Wahlvorschlag vorliege. Bei der Ablehnung der Kandidatur durch zwei der zunächst Vorgeschlagenen habe offenbar eine Rolle gespielt, dass in einer früheren Synodaltagung Oberkirchenrat D. aus der Synode heraus gebeten worden sei, die ihm angebotene Professur in B abzulehnen, und dies von den Beteiligten als verklausulierte Zusage einer späteren Wahl zum Kirchenpräsidenten verstanden worden sei.
Der Kirchenpräsident und andere Synodale traten dieser Auffassung entgegen und betonten, dass die Freiheit der Synode bei der Wahlentscheidung in keiner Weise eingeengt sei. Nach ausdrücklicher Feststellung des Synodalen E. - Vorsitzenden des Rechtsausschusses - wurde das Verfahren des Kirchensynodalvorstandes von keiner Seite beanstandet.
Der Antrag eines Synodalen, die Wahl bis zu einer außerordentlichen Tagung der Synode zurückzustellen und den Benennungsausschuss zu beauftragen, bis dahin mindestens noch einen weiteren Kandidaten vorzuschlagen, wurde abgelehnt.
Auf Aufforderung des Präses zu weiteren Wahlvorschlägen wurden aus der Synode
Professor F. in C und
Propst G. in D
benannt. Der Präses erklärte hierzu, dass es sich bei den Genannten um die bereits vom Benennungsausschuss und Kirchensynodalvorstand in die engere Wahl gezogenen Personen handele, die eine Kandidatur abgelehnt hätten. Professor K. habe sich "in diesem Stadium der Dinge nicht für eine Wahl bereit erklärt"; er wolle in seinem Professorenamt bleiben und zöge - wie er bereits schriftlich zum Ausdruck gebracht habe - überhaupt eine Berufung nur dann in Frage, wenn ein ausgesprochener Notstand in seiner alten Kirche vorliege, er sehe aber einen solchen Notstand in keiner Weise als gegeben an, da noch zwei andere Kandidaten da seien. Der Präses erläuterte die Technik des Wahlaktes im einzelnen und betonte nochmals, dass auch andere Namen als die vorgeschlagenen auf die Stimmzettel gesetzt werden könnten. Bei der abschließenden Durchführung der Wahl entfielen von 193 abgegebenen sämtlich gültigen - Stimmen bei 14 Enthaltungen
134 Stimmen auf Oberkirchenrat Professor B.,
21 Stimmen auf Propst G.,
20 Stimmen auf Professor F.,
4 Stimmen auf vier einzelne Synodale.
Mit Einspruch vom 4. November 1964 - eingegangen bei dem Kirchlichen Verfassungs- und Verwaltungsgericht am 5. November 1964 - hat der Beschwerdeführer die Wahl angefochten. Zur Begründung trägt er vor, die formalen Voraussetzungen für eine der Kirchenordnung entsprechende Wahl seien nicht erfüllt, weil nur ein einziger Wahlvorschlag vorgelegen habe. Der Benennungsausschuss sei entsprechend den synodalen Prinzipien der Kirchenverfassung verpflichtet gewesen, der Synode mindestens zwei Kandidaten zu präsentieren. Der Umstand, dass einer der zunächst Befragten sich "in diesem Stadium der Dinge" nicht mehr einer Wahl stellen wollte, ergebe die einseitige Tendenz der Wahlvorbereitung; hierdurch sei eine Situation geschaffen worden, die alle späteren aus der Synode heraus gemachten Wahlvorschläge von vornherein illusorisch gemacht habe.
Der Beschwerdeführer hat keinen förmlichen Antrag gestellt, jedoch ergibt sein Gesamtvortrag, dass er eine Aufhebung oder Ungültigerklärung der Wahl begehrt.
Die Kirchenleitung hat sich nicht geäußert. Zu den Rechtsfragen hat der juristische Leiter der Kirchenverwaltung Stellung genommen. Er hält die Anfechtung der Wahl zwar für zulässig, aber nicht für begründet. Die Wahl sei im Einvernehmen mit den Grundsätzen der Kirchenordnung ausschließlich von synodalen Gremien vorbereitet worden. Die Gültigkeit der Wahl erfordere nicht mehrere Wahlvorschläge, wie auch der Vergleich mit den Regelungen anderer Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland bestätige. So sei in § 4 Absatz 7 des Bischofswahlgesetzes für Berlin-Brandenburg in der Fassung vom 30. April 1963 (ABl. EKD 1963 S. 519), § 5 des hamburgischen Bischofswahlgesetzes vom 15. Januar 1959 (ABl. EKD S. 75) und § 5 des schlesischen Bischofswahlgesetzes vom 17. Dezember 1954 (Sammlung Merzyn "Das Verfassungsrecht der EKD und ihrer Gliedkirchen" I/VIII 4) ausdrücklich der Vorschlag nur eines Kandidaten zugelassen; in anderen Gesetzen, nämlich in § 6 des badischen Bischofswahlgesetzes vom 23. April 1963 (ABl. EKD S. 499), § 4 des vorläufigen Bischofswahlgesetzes für Kurhessen-Waldeck vom 26. Februar 1964 (KABl. S. 13) und § 4 des Bischofswahlgesetzes für Mecklenburg vom 4. April 1963 (ABl. EKD S. 538) werde der Vorschlag mehrerer Kandidaten in der Form einer Soll- oder Kannvorschrift, aber nicht zwingend vorgeschrieben, z.B. durch die Wendung "in der Regel mindestens zwei Namen".
Der Beschwerdeführer hält diese "Bischofsverfassungen" im geistlichen Ansatzpunkt nicht für vergleichbar mit der "Synodalverfassung" der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau.
Nach Auffassung des Kirchensynodalvorstandes ist weder die Synode noch der Kirchensynodalvorstand berechtigt, die angefochtene Wahl nachzuprüfen, da im Gegensatz zu der Wahl der Synodalen ein Wahlprüfungsverfahren hierfür nicht vorgesehen sei. Im übrigen ergebe sich aus dem Protokoll der Synodaltagung, dass bei der Wahl insgesamt drei Wahlvorschläge vorgelegen hätten.
Der Beschwerdeführer und der Kirchensynodalvorstand haben auf eine mündliche Verhandlung verzichtet (§ 28 KVVG).
#

Entscheidungsgründe:

Der Einspruch des Beschwerdeführers ist als Beschwerde gemäß § 2 Nr. 3 KVVG zu verstehen. Die Beschwerde ist fristgerecht eingelegt (§ 17 Absatz 3 KVVG) und erfüllt die formalen Voraussetzungen des § 15 Absatz 1 und 2 KVVG; angesichts der Einfachheit der Sache ergibt sich insbesondere das Antragsbegehren aus dem Gesamtvorbringen des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer ficht die von der Synode vorgenommene Wahl des Kirchenpräsidenten an und stützt dies gemäß § 17 Absatz 1 Nr. 3 KVVG darauf, dass die Entscheidung der Synode die Kirchenordnung verletze. Da weder die Kirchenordnung selbst noch ein Kirchengesetz ein besonderes Verfahren zur Prüfung der von der Synode vorgenommenen Wahlen vorsieht, gibt es keine anderen Rechtsbehelfe, die nach § 17 Absatz 2 KVVG die Zulässigkeit der Beschwerde ausschließen würden.
Der Zulässigkeit der Beschwerde steht auch nicht entgegen, dass sie sich nicht gegen einen gewöhnlichen Beschluss der Synode, sondern gegen eine Wahl richtet. Das Gericht hat bereits entschieden, dass auch die von einer Dekanatssynode vorgenommenen Wahlakte zu den "synodalen Beschlüssen" im Sinne des § 2 Nr. 3 KVVG gehören, gegen die das allgemeine Rechtsmittel der Beschwerde gegeben ist (vgl. das Urteil vom 19. Februar 1963 in der Beschwerdesache I 1/62 unter Nr. 3 der Entscheidungsgründe). Gleiches gilt auch für die von der Kirchensynode vorgenommenen Wahlen; vgl. dazu auch § 12 Absatz 4 der Geschäftsordnung der Kirchensynode in der in der 3. ordentlichen Tagung der Zweiten Kirchensynode vom 10. - 14. März 1958 beschlossenen Fassung. Mangels einer ausdrücklichen Gesetzesvorschrift kann nicht angenommen werden, dass diese Wahlakte grundsätzlich von jeder Nachprüfung durch das Gericht oder durch ein anderes Kirchenorgan ausgenommen sein sollen.
Bedenken gegen die Zulässigkeit der Beschwerde bestehen jedoch im Hinblick auf § 5 Absatz 1 KVVG. Nach dieser Vorschrift sind antragsberechtigt nur Einzelpersonen, deren rechtliche Interessen von den angefochtenen Entscheidungen berührt werden. Der Beschwerdeführer ist unstreitig weder ordentliches noch stellvertretendes Mitglied der Synode; die behauptete Fehlerhaftigkeit der Wahlvorbereitung und Wahldurchführung könnte also nicht ein eigenes Stimmrecht des Beschwerdeführers berühren. Ob er als aktiver Pfarrer in einem eigenen rechtlichen Interesse durch eine fehlerhafte Wahl des Kirchenpräsidenten deshalb berührt sein könnte, weil der Kirchenpräsident Mitglied der Kirchenleitung, des Leitenden Geistlichen Amtes und der Kirchenverwaltung ist (Artikel 40 1 a, 44 Absatz 1, 41 in Verbindung mit § 2 Absatz 1 a des Kirchengesetzes betreffend die Kirchenverwaltung vom 11. Mai 1949, ABl. S. 77) und die Pfarrer in vielfältiger Weise von den Entscheidungen dieser Kirchenorgane betroffen werden, ist sehr zweifelhaft. Diese Bedenken brauchen jedoch nicht abschließend geprüft zu werden, weil die Beschwerde, selbst wenn sie zulässig sein sollte, jedenfalls unbegründet ist.
Der angefochtene Wahlakt der Synode vom 3. November 1964 steht voll im Einklang mit dem geltenden Kirchenrecht. Die Wahl des Kirchenpräsidenten ist lediglich in Artikel 46 KO geregelt: danach wird der Kirchenpräsident von der Synode gewählt. Während die Kirchenordnung für die Wahl der Pröpste in Artikel 48 Absatz 2 bestimmt, wer vorschlagsberechtigt ist und wie viele Wahlvorschläge zu machen sind, ist eine solche Regelung für die Wahl des Kirchenpräsidenten nicht getroffen. Da auch ein Ausführungsgesetz zu Artikel 46 KO nicht erlassen worden ist, ist es Sache der Synode, das Wahlverfahren einschließlich der Wahlvorbereitung selbst zu bestimmen. In der Geschäftsordnung für die Kirchensynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau ist die Vornahme von Wahlakten in § 13 geregelt. Danach erfolgen Wahlen grundsätzlich durch Stimmzettel, wobei ungültige und unbeschriebene Stimmzettel als abgegebene Stimmen gelten; gewählt ist, wer mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen erhält. Diese Vorschriften sind bei der angefochtenen Wahl eingehalten worden, der Beschwerdeführer hat insoweit auch keine Beanstandungen erhoben.
Seine Beschwerde stützt sich lediglich darauf, dass der Benennungsausschuss bzw. der Kirchensynodalvorstand der Kirchensynode nur e i n e n Wahlvorschlag unterbreitet hat. Es ist jedoch nicht ersichtlich, inwiefern dieser Umstand Buchstaben oder Geist der Kirchenordnung verletzt haben soll. Die Legitimation des Kirchensynodalvorstandes zur Vorbereitung der Wahl ergab sich bereits aus Artikel 38 Absatz 2 KO, wonach der Kirchensynodalvorstand den allgemeinen Auftrag hat, "die Tagungen der Kirchensynode vorzubereiten, ...". Überdies muss der Kirchensynodalvorstand bei nicht versammelter Synode – d.h. hier nach Eingang des Rücktrittschreibens des Kirchenpräsidenten ... - die Rechte der Kirchensynode wahren (Artikel 38 Absatz 3 Satz 1 KO). Der Kirchensynodalvorstand durfte sich hierbei mit anderen Ausschüssen der Synode oder auch mit anderen Synodalen beraten; er musste insbesondere den hierfür von der Synode eingesetzten Benennungsausschuss heranziehen. Es bestand jedoch weder für den Benennungsausschuss noch für den Kirchensynodalvorstand eine Verpflichtung, mehrere Wahlvorschläge zu machen. Bei Personalwahlen im kirchlichen wie im staatlichen Raum wird sich häufiger die Situation ergeben, dass nach Auffassung des vorschlagsberechtigten Gremiums nur ein Kandidat für ein bestimmtes Amt in Frage kommt oder dass von mehreren zunächst in Betracht gezogenen Kandidaten nur ein Kandidat übrig bleibt, weil die anderen die Kandidatur ablehnen. Hiergegen bestehen keine Bedenken, wenn dadurch die Freiheit der Wahl nicht berührt wird. Bei der angefochtenen Wahl war die Entscheidungsfreiheit der wahlberechtigten Synodalen in vollem Umfang gegeben. Jedem Synodalen stand es frei, einen eigenen Wahlvorschlag zu machen; ausweislich des Protokolls der Tagung hat der Präses dies wiederholt klargestellt und zu solchen Wahlvorschlägen aufgefordert. Tatsächlich sind durch Zuruf aus der Synode dann auch neben dem Wahlvorschlag des Kirchensynodalvorstandes noch zwei weitere Kandidaten vorgeschlagen worden; bei dem eigentlichen Wahlakt wurden darüber hinaus noch Stimmen für vier weitere Kandidaten abgegeben. Abgesehen von diesem Vorschlagsrecht konnten die Synodalen frei entscheiden, ob sie dem Wahlvorschlag des Kirchensynodalvorstandes folgen oder ihn ablehnen wollten; es stand ihnen insbesondere frei, einen leeren Stimmzettel abzugeben und dadurch zu verhindern, dass dieser Wahlvorschlag die vorgeschriebene Mehrheit erhielt.
Unzutreffend ist auch die Auffassung des Beschwerdeführers, durch die Vorgänge vor der Wahl sei der Wille der Synodalen faktisch in eine bestimmte Richtung gezwungen worden. Für die Gültigkeit einer Wahl kann es allein auf die rechtliche Entscheidungsfreiheit der Wahlberechtigten ankommen und nicht darauf, welche verschiedenen Motive die Stimmabgabe des einzelnen Synodalen beeinflusst haben, da diese inneren Vorgänge sich einer gerichtlichen Nachprüfung entziehen (vgl. die grundsätzlichen Ausführungen hierzu in der obengenannten Entscheidung des Gerichts unter Nr. 4 a der Entscheidungsgründe).
Im übrigen wäre es im Hinblick auf das Alter des ausgeschiedenen Kirchenpräsidenten N. und die von ihm schon in früheren Synoden geäußerten Rücktrittsabsichten Sache jedes Synodalen gewesen, sich rechtzeitig Gedanken über die Nachfolge zu machen; er konnte sich hierüber mit anderen Synodalen beraten und gegebenenfalls mit einem eigenen hinreichend unterstützten Wahlvorschlag hervortreten, ohne zunächst die Vorschläge des Kirchensynodalvorstandes abzuwarten.
Dass die Gültigkeit der Wahl des Kirchenpräsidenten nicht mehrere Wahlvorschläge voraussetzt, wird auch durch einen Vergleich mit den oben angeführten gesetzlichen Regelungen für die Wahl von Bischöfen bestätigt. Der Einwand des Beschwerdeführers, diese Bischofswahlen könnten nicht mit den Wahlen in einer Kirche mit Synodalverfassung verglichen werden, geht fehl. Denn die Bischofsverfassung verleiht dem Bischof eine stärkere Rechtsstellung, als sie der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau nach der Kirchenordnung hat. Wenn also nicht einmal für die Bischofswahl mehrere Wahlvorschläge erforderlich sind, dann erst recht nicht für die Wahl des Kirchenpräsidenten. Im übrigen aber schließen auch Verfassungen solcher Kirchen, in denen das Synodalprinzip noch ausgeprägter ist als in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, die Möglichkeit nicht aus, dass bei den Wahlen zu den leitenden Ämtern nur ein Kandidat vorgeschlagen wird (vgl. Artikel 141 Absatz 2 der Kirchenordnung der Ev. Kirche von Westfalen vom 1. Dezember 1953, Artikel 197 Absatz 3 der Kirchenordnung der Ev. Kirche im Rheinland vom 2. Mai 1952).
Auch ein Vergleich mit ähnlichen demokratischen Personalwahlen im staatlichen Raum führt zu keinem anderen Ergebnis. Soweit nicht eine ausdrückliche Regelung besteht, die mehrere Wahlvorschläge vorschreibt, ist der Vorschlag eines einzigen Kandidaten nicht unzulässig (vgl. etwa die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung). Das Bundesverfassungsgericht hat zwar die sogenannten Friedenswahlen des schleswig-holsteinischen Gemeinde- und Kreiswahlgesetzes für verfassungswidrig erklärt, weil dort das Wahlergebnis durch die Ausstellung und Duldung entsprechender Wahlvorschläge vorweggenommen wurde (BVerfGE 13,1). Jedoch handelte es sich dort um die Bestimmung, dass in kleinen Gemeinden überhaupt keine Wahl mehr stattfinden sollte, wenn nur ein Wahlvorschlag ausgestellt war oder wenn mehrere Wahlvorschläge zusammen nur so viele Bewerber enthielten, wie in der betreffenden Gemeinde an Vertretern gewählt werden konnten. In diesem Falle sollten die vorgeschlagenen Bewerber also ohne Wahlakt als gewählt gelten. Das Bundesverfassungsgericht hat dies als verfassungswidrig erklärt, weil Artikel 28 Absatz 1 Satz 2 GG zwingend gebiete, dass jeder Wahlberechtigte seine Stimme abgeben kann; die Möglichkeit, die Wahlhandlung selbst durch die Einreichung weiterer Wahlvorschläge erzwingen zu können, sei kein Ersatz für die verfassungsrechtlich garantierte Ausübung des Stimmrechts (a.a.O.S. 17/18). Auch im Lichte dieser Entscheidung ist die Wahl des jetzigen Kirchenpräsidenten durch die Synode nicht zu beanstanden. Wie ausgeführt, hat hier ein regulärer Wahlakt stattgefunden.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 35 KVVG in Verbindung mit § 91 ZPO; im Hinblick auf § 33 Satz 1 KVVG hat sie Bedeutung nur für die den Parteien erwachsenen Auslagen.