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Kirchengericht:Kirchliches Verfassungs- und Verwaltungsgericht der EKHN
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:28.04.2006
Aktenzeichen:KVVG I 1/06
Rechtsgrundlage:§ 28 KO; § 8 DSO; §§ 20,36,38 KVVG; §§ 44a,123,154 VwGO; § 920 ZPO; § 45 HVwVfG
Vorinstanzen:
Schlagworte:Anordnungsanspruch, Aussetzung der Wahl, Dekan, Dekanewahl, Verfahrens- und Formfehler
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Leitsatz:

Tenor:

1. Der Antrag wird zurückgewiesen.
2. Für das Verfahren werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten hat der Antragsteller zu tragen.
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Gründe I:

I.
Der Antragsteller ist Bewerber für die im Amtsblatt der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau Nr. 2/2006 ausgeschriebene Stelle eines Dekans für das neu gebildete Dekanat A. Er wurde im Wahlvorschlag der Kirchenleitung für die Wahl nicht berücksichtigt. Die Wahl steht auf der Tagesordnung der am 28.04.2006 stattfindenden Tagung der Dekanatssynode.
Mit seinem am 26.04.2006 bei dem Kirchlichen Verfassungs- und Verwaltungsgericht eingegangenen Rechtsschutzbegehren begehrt der Antragsteller die einstweilige Aussetzung der Wahl.
Der Antragsteller ist der Auffassung, der Wahlvorschlag der Kirchenleitung genüge nicht den Anforderungen von Art. 28 Abs. 2 KO, wodurch er sowohl in seinen Rechten als Mitglied der Dekanatssynode wie als Bewerber für das Amt des Dekans verletzt sei. Eine mündliche Anhörung der Pfarrerschaft durch die Kirchenleitung, die den gesetzlichen Anforderungen entspreche, habe es nicht gegeben. Auch liege das rechtlich geforderte Einvernehmen mit dem Dekanatssynodalvorstand nicht vor. Wegen der Einzelheiten wird auf die Antragsschrift vom 25.04.2006 Bezug genommen.
Der Antragsteller beantragt,
dem Dekanatssynodalvorstand des Dekanats A. aufzugeben, die auf der Tagung der Dekanatssynode am 28.04.2006 vorgesehene Wahl eines Dekans / einer Dekanin einstweilen auszusetzen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, der Antragsgegnerin fehle es an der Passivlegitimation. Zu der beantragten Unterlassung könne allein die Dekanatssynode verpflichtet werden. Im Übrigen sei der Antrag auch unbegründet. Der Kirchenleitung sei sowohl in ihrer Sitzung am 30.03.2006 als auch im Zusammenhang mit dem Umlaufbeschluss vom 06.04.2006 der jeweilige Stand des Anhörungsergebnisses des Pfarrkonventes bekannt gewesen. Der Vorschlag der Kirchenleitung sei auch im Einvernehmen mit dem Dekanatssynodalvorstand erfolgt. In seiner Sitzung am 21.04.2006 habe dieser die Übereinstimmung mit dem Wahlvorschlag der Kirchenleitung zudem einstimmig bestätigt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Antragserwiderung vom 27.04.2006 nebst Anlagen Bezug genommen.
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Gründe II:

II.
Der Antrag ist in entsprechender Anwendung von § 123 VwGO statthaft. Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung und wegen der Dringlichkeit der Angelegenheit durch den Vorsitzenden allein (vgl. KVVG, Beschluss vom 24.02.2004 – I 8/03 –, Amtl. Sammlg. Nr. 132; Beschluss vom 14.04.1986 – II 6/86 –, Amtl. Sammlg. Nr. 61).
Das Gericht lässt offen, ob der Antrag, soweit er der Sache nach darauf gerichtet ist, die Kirchenleitung zu verpflichten, ihren der Dekanatssynode unterbreiteten Wahlvorschlag einstweilen zurückzuziehen, zulässig ist oder ob dem der Grundsatz entgegensteht, dass Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden können (§§ 38 KVVG, 44a VwGO). Die Frage bedarf keiner Klärung, weil jedenfalls die von dem Antragsteller behauptete Rechtsverletzung nach der im einstweiligen Anordnungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung nicht glaubhaft gemacht ist (§§ 38 KVVG, 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2 ZPO).
Nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 KO schlägt die Kirchenleitung der Dekanatssynode nach mündlicher Anhörung der Pfarrerinnen, Pfarrer, Pfarrdiakoninnen und Pfarrdiakone und im Einvernehmen mit dem Dekanatssynodalvorstand in der Regel zwei, höchsten jedoch drei Pfarrerinnen oder Pfarrer zur Wahl vor.
Die mündliche Anhörung der Pfarrerschaft ist erfolgt. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass deren Votum von den Mitgliedern der Kirchenleitung nicht „gehört“ worden sei, wie der Antragsteller meint. Nach dem Vorbringen der Antragsgegnerin, an dessen Richtigkeit zu zweifeln keine Anhaltspunkte bestehen, ist der Kirchenleitung vielmehr sowohl in ihrer Sitzung am 30.03.2006 als auch im Zusammenhang mit dem Umlaufbeschluss vom 06.04.2006 der jeweilige Stand des Anhörungsergebnisses des Pfarrkonvents bekannt gewesen. Der erste Teil der Anhörung, an dem auch der Antragsteller als Bewerber beteiligt war, wurde bereits in der Sitzung der Antragsgegnerin am 30.03.2006 eingehend erörtert. Der an diesem Tag gefasste Vorbehaltsbeschluss, nach dem der Antragsteller keine Berücksichtigung fand, erfolgte in Kenntnis des bisherigen Votums des Pfarrkonvents. Die Kirchenleitung war durch einen Bericht von Propst B. in der Sitzung darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass sich die Mehrheit der Pfarrerinnen und Pfarrer dafür ausgesprochen hatte, den Antragsteller vorzuschlagen. Nach der abschließenden Anhörung wurden die Mitglieder der Kirchenleitung im Rahmen des Umlaufbeschlusses mit Schreiben vom 06.04.2006 darüber informiert, dass sich die Pfarrerschaft für eine Kandidatin und einen anderen Kandidaten und zusätzlich für den Antragsteller ausgesprochen habe.
Im Hinblick auf diesen Verfahrensablauf bestehen keine hinlänglichen Anhaltspunkte für die Behauptung des Antragstellers, die Kirchenleitung habe sich mit dem Votum des Pfarrkonvents nicht ausreichend beschäftigt. Mit ihrem Wahlvorschlag hat die Kirchenleitung das Votum der Pfarrerschaft vielmehr dahingehend gewürdigt, dass sie ihm hinsichtlich zweier der drei Kandidaten, für die sich der Pfarrkonvent ausgesprochen hatte, Rechnung getragen hat. Eine Bindung der Kirchenleitung an das Anhörungsergebnis im Pfarrkonvent besteht nicht.
Der Wahlvorschlag der Kirchenleitung ist auch im Einvernehmen mit dem Dekanatssynodalvorstand erfolgt. Der Dekanatssynodalvorstand hatte sich bereits am 20.03.2006 im Anschluss an seine Gespräche mit allen Bewerberinnen und Bewerbern für die beiden Kandidaten ausgesprochen, die von der Kirchenleitung letztlich der Dekanatssynode vorgeschlagen worden sind. Dieser Beschluss stellte die erforderliche Übereinstimmung des Dekanatssynodalvorstandes zu dem Vorschlag der Kirchenleitung her. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 KO verlangt nicht die Einbeziehung der Anhörung des Pfarrkonvents in die Willenbildung des Dekanatssynodalvorstandes. Vielmehr geschieht die Entscheidungsfindung der Kirchenleitung unter abgestufter Beteiligung der Pfarrer und Pfarrdiakone auf der einen und des Dekanatssynodalvorstandes auf der anderen Seite. Die Mitwirkung beider Gremien erfolgt unabhängig voneinander.
Der Umstand, dass das Einvernehmen des Dekanatssynodalvorstandes zu einem Zeitpunkt erklärt wurde, zu dem die Meinungsbildung der Kirchenleitung noch nicht abgeschlossen war, macht es nicht unwirksam. Entscheidend ist allein, dass der Wahlvorschlag in Willensübereinstimmung zwischen Kirchenleitung und Dekanatssynodalvorstand erfolgt ist. Im Übrigen hat der Dekanatssynodalvorstand in seiner Sitzung am 21.04.2006 seine Übereinstimmung mit dem Wahlvorschlag der Kirchenleitung einstimmig bestätigt. Eine etwaiger Verfahrensfehler wäre damit jedenfalls zwischenzeitlich geheilt (vgl. § 45 Abs. 1 Nr. 4 HVwVfG).
Soweit das Begehren entsprechend dem Wortlaut des gestellten Antrags darauf gerichtet ist, dem Dekanatssynodalvorstand aufzugeben, die Wahl einstweilen auszusetzen, bleibt er ebenfalls ohne Erfolg. Zu einer derartigen Maßnahme ist die Kirchenleitung nicht befugt. Über die Tagesordnung der Dekanatssynode entscheidet allein der Dekanatssynodalvorstand bzw. die Dekanatssynode (§ 8 Abs. 1 DSO).
Für das Verfahren werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben (§ 36 Satz 1 KVVG). Als unterliegender Teil hat der Antragsteller die außergerichtlichen Kosten zu tragen (§§ 38 KVVG, 154 Abs. 1 VwGO).
Gegen diese Entscheidung kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden (§ 20 Abs. 3 KVVG).