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Kirchengericht: | Kirchliches Verfassungs- und Verwaltungsgericht der EKHN |
Entscheidungsform: | Beschluss (rechtskräftig) |
Datum: | 22.03.1977 |
Aktenzeichen: | KVVG I 1/74 |
Rechtsgrundlage: | Art. 40,67,68,70 KO; § 35 KVVG; § 91a ZPO |
Vorinstanzen: | |
Schlagworte: | , Klaglosstellung, Kostenentscheidung, Partei, unterlegene, Rechtsänderung |
Leitsatz:
Wird durch eine Rechtsänderung, die im Zusammenhang mit einer gegen einen Beschluss der Kirchensynode eingelegten Beschwerde steht, der Beschwerdeführer klaglos gestellt, so ist dies ausschlaggebend für die nach § 91 a ZPO zu treffende Kostenentscheidung (zur Änderung von Art. 67 KO und Einführung von Art. 70 KO durch das Kirchengesetz vom 4.12.1975 - Amtsblatt 1976 S. 14 -).
Tenor:
Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens trägt die Beschwerdegegnerin; im übrigen ergeht die Entscheidung gebührenfrei.
#Gründe I:
Mit Schriftsatz vom 3. Januar 1974, bei Gericht eingegangen am 7. Januar 1974, erhob Rechtsanwalt B. namens der Ev. A-Gemeinde A Beschwerde gegen die Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau und beantragte, deren Beschluss vom 29. November 1973, durch den die Satzung des Evangelischen A-Verbandes B vom 2. Juli 1973 gemäss dem geänderten Artikel 68 Abs. 2 der Kirchenordnung nach Maßgabe des Genehmigungsbeschlusses der Kirchenleitung vom 28. November 1973 vorläufig anerkannt wurde, für rechtsunwirksam zu erklären. Zur Begründung hatte die Beschwerdeführerin in dem ursprünglichen Verfahren, das gegen den Evangelischen A-Verband B gerichtet und dessen Beschwerde Gegenstand der Güteverhandlung vom 16. Januar 1974 war, im wesentlichen vorgetragen, die Satzungsänderung des Evangelischen A-Verbandes B vom 2. Juli 1973 sei unwirksam. Dies deswegen, weil die Kirchenordnung lediglich den Zusammenschluss von Kirchengemeinden sowie von mehreren Dekanaten untereinander, nicht dagegen den jetzt in der Satzung vorgesehenen Zusammenschluss in einem A-Verband mit Dekanaten, die im übrigen nicht einmal Körperschaften des öffentlichen Rechtes seien, vorsehe; wenn - wie in der geänderten Satzung vorgesehen - die evangelischen Dekanate im Stadtgebiet von B nun in den A-Verband aufgenommen würden, widerspräche eine derartige Änderung Art. 40 Kirchenordnung. Dies müsse nach dem Inhalt dieser Vorschrift nämlich durch Kirchengesetz geschehen. Auf Art. 67 der Kirchenordnung könne die Satzung nicht gestützt werden, weil der vorgesehene Verband eine völlig neue, in der Kirchenordnung selbst nicht vorgesehene Rechtsfigur darstelle. Die geänderte Satzung sei auch deswegen rechtswidrig, weil § 1 Abs. 2 nun eine Zwangsmitgliedschaft zum A-Verband einführe und insbesondere der Kirchengemeinde die Möglichkeit eines Austritts nehme; dies greife zu weitgehend in die Autonomie der Kirchengemeinde ein. Dieser Vortrag, auf dessen weitere Begründung im Schriftsatz vom 11. Oktober 1973 - Az. I 1/73 - Bezug genommen wird, und die durch die vorläufige Genehmigung der Satzung eingetretene Sachlage wurde mit allen Beteiligten in der Güteverhandlung vom 16. Januar 1974 eingehend erörtert; beide Parteien kamen überein, im Laufe einer vorgesehenen Probezeit von 2 Jahren die Entwicklung der Zusammenarbeit innerhalb des A-Verbandes abzuwarten und das Verfahren, bei völliger Wahrung ihrer Rechte und der Zusicherung, dass aus einem Ruhen des Verfahrens keine Rechtsnachteile entstünden, bis auf Anruf ruhen zu lassen.
Am 4. Dezember 1975 ergänzte die Kirchensynode Art. 67 Kirchengesetz dahin, dass Aufgaben der Kirchengemeinden und Dekanate zur gemeinsamen Aufgabenerfüllung auf den Verband übertragen werden können und stellte zugleich in Art. 70 neue Fassung Kirchengesetz fest, dass auch die Dekanate Körperschaften des öffentlichen Rechts sind (vergleiche: Kirchengesetz zur Änderung der Ordnung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau vom 4. Dezember 1975 - Amtsblatt 1976 S. 14). Am 5. Dezember 1975 verabschiedete die Kirchensynode das Kirchengesetz über den Evangelischen A-Verband B. Nach § 4 des Gesetzes ist die Möglichkeit eröffnet, dass auch ein Dekanat aus dem Verband unter gewissen Voraussetzungen ausscheiden kann (vergleiche: Kirchengesetz über den Evangelischen A-Verband B vom 5. Dezember 1975 - Amtsblatt 1976 S. 14). Schließlich sieht die am 8. Oktober 1975 verabschiedete, geänderte Satzung des Evangelischen A-Verbandes B in § 1 Abs. 3 vor, dass auch Kirchengemeinden unter gewissen Voraussetzungen aus dem Verband ausscheiden können (vergleiche: Satzung des Evangelischen A-Verbandes B vom 5. Mai / 8. Oktober 1975 - Amtsblatt 1976 S. 21).
Im Hinblick auf diese, während des Ruhens des Verfahrens eingetretenen Rechtsänderungen rief die Beschwerdeführerin am 26. November 1975 das Verfahren wieder an, erklärte die Hauptsache am 29. November 1976 für erledigt und beantragte, der Beschwerdegegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Die Beschwerdegegnerin sieht die Sache ebenfalls als erledigt an, verwahrt sich aber gegen die Übernahme der Kosten.
#Gründe II:
Nachdem die Parteien das Verfahren in der Hauptsache als erledigt erklärt haben, hat das Gericht nach § 35 KVVG in Verbindung mit § 91a ZPO nur noch über die Kosten des Verfahrens unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen, und zwar durch Beschluss, zu entscheiden. Dabei war die Erfolgsaussicht der Beschwerde nur summarisch zu prüfen, weil nach den zu § 91a ZPO entwickelten Rechtsgrundsätzen davon abgesehen werden kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der anstehenden Verteilung der Kosten alle für den Ausgang des Verfahrens bedeutsamen Rechtsfragen abzuhandeln (vergl. BGH Beschluss vom 8. November 1976 - NJW 1977 S. 436 -). Diese Prüfung ergibt, dass die Beschwerde mit einiger Sicherheit nicht nur zulässig, sondern auch begründet gewesen wäre.
Der mit der Beschwerde angefochtene Beschluss vom 29. November 1973 entsprach wohl nicht geltendem Kirchenrecht. Dies gibt die Beschwerdegegnerin selbst zu erkennen. Denn Art. 67 alte Fassung Kirchenordnung sah eine Zusammenfassung der Aufgaben der Kirchengemeinden und der Dekanate in einem Verband nicht vor. Nur deswegen, und wohl auch im Hinblick auf das laufende Beschwerdeverfahren, wurde im Kirchengesetz vom 4. Dezember 1975 bestimmt, dass durch Kirchengesetz nach Artikel 68 Abs. 1 S. 2 Kirchenordnung vorgesehen werden kann, dass Aufgaben der Kirchengemeinden und Dekanate zur gemeinsamen Aufgabenerfüllung auf den Verband übertragen werden können; in Artikel 70 neue Fassung Kirchenordnung wurde überdies festgestellt, dass die Dekanate Körperschaften des öffentlichen Rechts sind. Das entsprechende Kirchengesetz für den A-Verband B wurde am 5. Dezember 1975 verabschiedet und damit der vorhandene Rechtsmangel, der bei Eingang der Beschwerde bestand, geheilt. Aber auch den Bedenken, die gegen die Zwangsmitgliedschaft der Kirchengemeinden im A-Verband bestanden, wurde nach Eingang der Beschwerde Rechnung getragen. § 1 Abs. 3 der am 5. Mai bzw. 8. Oktober 1975 geänderten Fassung der Satzung des Evangelischen A-Verbandes lässt es nun zu, dass Kirchengemeinden unter gewissen Voraussetzungen aus dem Verband ausscheiden können.
Da sich die Beschwerdegegnerin in gewisser Weise mit der Einführung dieser Änderungen nicht nur in die Rolle der unterlegenen Partei begeben, sondern die Beschwerdeführerin auf deren Einwände hin im Ergebnis klaglos gestellt hat, waren nach billigem Ermessen ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Da die Entscheidung selbst gerichtsgebührenfrei ergeht (§ 33 S. 1 KVVG), hat die Kostenentscheidung nur Bedeutung für die der Beschwerdeführerin entstandenen außergerichtlichen Kosten; das Gericht ist der Ansicht, dass im Hinblick auf die schwierige Sach- und Rechtslage die Vertretung der Beschwerdeführerin durch einen Rechtsanwalt nötig war; einer förmlichen Entscheidung darüber bedurfte es nicht.
Der Streitwert wird auf 10.000,-- DM festgesetzt.