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Kirchengericht:Kirchliches Verfassungs- und Verwaltungsgericht der EKHN
Entscheidungsform:Beschluss
Datum:29.08.1985
Aktenzeichen:KVVG II 12/85
Rechtsgrundlage:§ 21 KWGO; §§ 3,6,17,20 KVVG
Vorinstanzen:
Schlagworte:Einstweilige Anordnung, Kirchenvorstandswahl, Verwaltungsakt, Wahlanfechtung
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Leitsatz:

Tenor:

Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
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Gründe I:

Die Antragsteller sind der Vorsitzende und Mitglieder des noch amtierenden Kirchenvorstandes der Ev. A-Gemeinde in A. Gegen das Ergebnis der Neuwahl des Kirchenvorstandes am 28. April 1985 haben die Antragsteller B. und C. sowie weitere Gemeindemitglieder fristgerecht Einspruch beim Dekanatssynodalvorstand mit dem Antrag eingelegt, die Wahl für ungültig zu erklären. Der Dekanatssynodalvorstand wies die Einsprüche mit Beschluss vom 15. Juli 1985 zurück.
Gegen diesen Beschluss erhoben die Antragsteller B. und C. Beschwerde bei der Kirchenleitung der Ev. Kirche in Hessen und Nassau.
Diese verband beide Beschwerden durch Beschluss vom 19. August 1985 zur einheitlichen Entscheidung, wies sie als unbegründet zurück und stellte fest, die Entscheidung der Kirchenleitung sei endgültig.
Gegen diesen Beschluss der Kirchenleitung erhoben die Antragsteller mit Schriftsatz vom 22. August 1985, beim Kirchlichen Verfassungs- und Verwaltungsgericht eingegangen am 23. August 1985, Anfechtungsklage.
Sie beantragen im Wesentlichen,
1. den Beschluss der Kirchenleitung vom 19. August 1985 in Sachen der Kirchenvorstandswahl in der Ev. A-Gemeinde A, am 28. April 1985 aufzuheben und diese Wahl für ungültig zu erklären,
2. ihnen für die ausführliche Begründung der Anfechtungsklage eine ausreichende Frist zu gewähren,
3. im Wege einer einstweiligen Verfügung aufgrund § 20 KVVG die Einführung des neuen Kirchenvorstandes in der Ev. A-Gemeinde A vorläufig auszusetzen.
Eine weitere Begründung enthält dieser Schriftsatz nicht.
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Gründe II:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, über den hier allein zu befinden ist, war zurückzuweisen. Er ist unzulässig. Daher konnte der Vorsitzende allein entscheiden (§ 17 Abs. 1 KVVG).
Zunächst entbehrt der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung jeder Begründung. Auch wenn man sich die Motive der Antragsteller vorstellen und denken kann, hätten sie die Gründe für diesen Antrag doch wenigstens summarisch und in einigen Sätzen darlegen müssen. So ist nicht zu erkennen und einzusehen, warum ihr Interesse daran, die Einführung des neuen Kirchenvorstandes in der A-Gemeinde vorläufig auszusetzen, das "besondere kirchliche Interesse", nämlich das der Antragsgegnerin, der Gemeinde und ihrer nicht an dem Verfahren beteiligten Mitglieder, an der Einführung der neu gewählten Kirchenvorsteher derart überwiegen soll, dass es geboten wäre, ihm durch eine einstweilige gerichtliche Verfügung zu entsprechen und diesem Interesse den Vorzug vor jenem zu geben.
Nach § 20 KVVG hat die Anfechtungsklage gemäß § 3 Abs. 1 KVVG "aufschiebende Wirkung". Diese entfällt, wenn das Organ, das den mit der Klage angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, die sofortige Vollziehung im besonderen kirchlichen Interesse anordnet. Hier hat die Antragsgegnerin in ihrem Beschluss vom 19. August 1985 festgestellt: "Die Entscheidung der Kirchenleitung ergeht nach § 21 Abs. 4 S. 3 KGWO endgültig. Rechtsmittel gegen diese Entscheidung bestehen daher nicht mehr. Die Wahl zum Kirchenvorstand der Ev. A-Gemeinde A ist damit formell bestandskräftig geworden."
Diese Feststellung ist nicht die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines angefochtenen kirchlichen Verwaltungsaktes im besonderen kirchlichen Interesse gemäß § 20 Abs. 1 KVVG.
Damit wird der vorliegende Sachverhalt von der Regelung des § 20 KVVG, also auch des Absatzes 2, wonach das Gericht auf Antrag die sofortige Vollziehung (aber eben eines kirchlichen Verwaltungsaktes) ganz oder teilweise aussetzen kann, nicht erfasst.
Die von den Antragstellern begehrte einstweilige Verfügung ist mithin vom Gesetz nicht vorgesehen und folglich nicht statthaft.
Denn bei dem Beschluss der Kirchenleitung vom 19. August 1985 handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt i.S. des § 3 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 KVVG, sondern um eine Entscheidung im Rahmen eines gegen die Gültigkeit von Wahlen zum Kirchenvorstand eingeleiteten und betriebenen Verfahrens. Gegen eine solche Entscheidung gibt es nach der KGWO aber kein Rechtsmittel. Vielmehr gelten für die Anfechtung des Ergebnisses einer Wahl zum Kirchenvorstand besondere Rechtsbehelfsvorschriften. Sie sehen aus wohl erwogenen Gründen eine endgültige Entscheidung der Kirchenleitung vor (§ 21 Abs. 4 KGWO; Urteil des Kirchl. Verfassungs- und Verwaltungsgerichts vom 3. Juni 1985 – II 1 - 8/85). Eine dem staatlichen Recht entsprechende Vorschrift, demzufolge gegen jede Entscheidung eines kirchlichen Organs, hier der Kirchenleitung, das Kirchliche Verfassungs- und Verwaltungsgericht angerufen werden kann, gibt es nicht (vgl. Urteile des KirchI. Verfassungs- und Verwaltungsgerichts vom 26. Nov. 1965, I 1/65; 30. Okt. 1969, I 1/69; 11. Okt. 1977, I 1/77). Ist aber eine Klage in der Hauptsache unzulässig, dann bleibt für eine einstweilige Verfügung auch deswegen kein Raum.
Danach kann es dahin gestellt bleiben, ob überhaupt die rechtlichen Interessen (aller) Antragsteller berührt und sie damit gemäß § 6 Nr. 3 KVVG antragsberechtigt sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 36, 38 KVVG, § 154 Abs. 1 VWGO.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid können die Antragsteller binnen einer Frist von 2 Wochen eine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung beantragen (§ 17 Abs. 2 KVVG).