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Kirchengericht:Kirchliches Verfassungs- und Verwaltungsgericht der EKHN
Entscheidungsform:Urteil (rechtskräftig)
Datum:27.06.1986
Aktenzeichen:KVVG II 5/86
Rechtsgrundlage:§ 44 KGO; §§ 12,25,26 PfStG; § 3 KVVG; § 79 VwGO
Vorinstanzen:
Schlagworte:, Besetzungsverfahren, Ernennung, Pfarrstellenbesetzung, Verwaltungsakt
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Leitsatz:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.
Für das Verfahren werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten trägt der Kläger.
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Tatbestand:

Der Kirchenvorstand der C.........-Gemeinde beschloss in seiner Sitzung am 15. 0ktober 1985, bei der Kirchenleitung zu beantragen, den seinerzeitigen Verwalter der Pfarrstelle I, Pfarrvikar B., gemäß § 12 Abs. 1 PfStG zum Inhaber dieser Pfarrstelle zu ernennen.
Gegen diesen Kirchenvorstandsbeschluss erhob der Kläger als Inhaber der Pfarrstelle II mit Schreiben vom 28.10.1985 gemäß § 44 KGO Einspruch zum Dekanatssynodalvorstand. Er hat diesen Einspruch nicht näher begründet.
Mit Beschluss vom 27.11.1985 hat der Dekanatssynodalvorstand den Einspruch zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass keine Gründe erkennbar seien, aus denen der KV-Beschluss unwirksam sein könne.
Gegen diesen ihm am 23.12.1985 zugestellten Beschluss erhob der Kläger mit Schreiben vom 04.01.1986 Beschwerde zur Kirchenleitung. Zur Begründung der Beschwerde verwies er im wesentlichen auf Korrespondenz zwischen dem KV-Mitglied Frau G. und der Kirchenverwaltung.
Mit Beschluss vom 24.02.1986 - dem Kläger durch Schreiben der Kirchenverwaltung am 03. März 1986 bekannt gegeben - wies die Kirchenleitung die Beschwerde des Klägers zurück. Die Kirchenleitung vertrat die Auffassung, dass die Beschwerde unzulässig sei. Das Einspruchs- und Beschwerderecht nach § 44 KGO stehe nur dem "Betroffenen" zu. Der Kläger sei aber von dem angefochtenen KV-Beschluss nicht betroffen, da seine rechtlichen Interessen nicht berührt seien. Im übrigen seien die Rechte des einzelnen Gemeindeglieds im Rahmen einer Pfarrerwahl durch die Vorschriften über Einsprüche nach § 12 Abs. 1 PfStG abschließend geregelt.
Gegen diesen Beschluss der Kirchenleitung hat der Kläger mit Schreiben vom 25.03.1986 - bei Gericht am 02. April 1986 eingegangenen - Klage erhoben. Mit ihr macht er geltend:
Der angefochtene Beschluss der Beklagten zu 1) sei ein Verwaltungsakt. Deshalb sei die Klage zulässig. Durch den KV-Beschluss vom 15.10.1985 sei er auch betroffen und in seinen rechtlichen Interessen berührt. Der Beschluss habe den späteren Ernennungsbeschluss der Kirchenleitung vorbereitet. Damit habe er bereits seine rechtlichen Interessen bedroht.
Sachlich sei der KV-Beschluss schon deshalb fehlerhaft, weil er - der Kläger - vor Behandlung des zu dem Beschluss führenden Tagesordnungspunktes vom Dekan des Raumes verwiesen worden sei. Außerdem könne nach dem eindeutigen Wortlaut des § 12 Abs. 1 PfStG nur beantragt werden, einen Pfarrer zum Inhaber der verwalteten Pfarrstelle zu ernennen. Herr B. sei im Zeitpunkt der Beschlussfassung aber Pfarrvikar gewesen.
Der Kläger beantragt,
den Beschluss des Kirchenvorstandes der Evangelischen C.........-Gemeinde in A. vom 15. Oktober 1985 zu TOP 2 (Antrag Besetzung Pfarrstelle I - Nord - Pfarrvikar B.) sowie die dazugehörigen Bescheide des Dekanatssynodalvorstandes des evangelischen Dekanats A. vom 04. Dezember 1985 und der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau vom 03. März 1986 aufzuheben.
Die Beklagte zu 1) beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die Klage für unzulässig. Der Kläger könne den Beschluss des Kirchenvorstandes vom 15.10.1985 nur im Wege des Einspruchs nach den §§ 12 Abs. 1, 25 und 26 Abs. 1 PfStG anfechten. Dies habe er auch getan. Dieser Einspruch sei bereits Gegenstand des bei dem erkennenden Gericht anhängigen Verfahrens II 1/86.
Der Beklagte zu 2) beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er schließt sich der im Schreiben der Kirchenverwaltung vom 03. März 1986 vertretenen Auffassung an.
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Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unzulässig.
Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 KVVG kann mit der Anfechtungsklage, die vorliegend erhoben ist, nur die Aufhebung eines kirchlichen Verwaltungsaktes begehrt werden. Verwaltungsakt im Sinne dieser Vorschrift ist jede Verfügung, Entscheidung oder sonstige Maßnahme, die ein kirchliches Leitungs- oder Verwaltungsorgan oder eine kirchliche Dienststelle zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet der kirchlichen Verwaltung trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.
Entgegen der Auffassung des Klägers kann es für die Verwaltungsaktsqualität nicht auf die Entscheidung der Beklagten zu 1) vom 24.02.1986 - dem Kläger mit Schreiben der Kirchenverwaltung vom 03. März 1986 bekannt gegeben - ankommen. Gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, der über § 38 KVVG anwendbar ist, ist Gegenstand der Anfechtungsklage der ursprüngliche Verwaltungsakt, allerdings in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. In dieser Regelung kommt der Grundsatz zum Ausdruck, dass Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens die Maßnahme sein soll, die den Kläger ursprünglich in seinen Rechten betroffen hat. Diese ursprüngliche Maßnahme konnte im vorliegenden Fall nur der Beschluss des Kirchenvorstandes vom 15. 0ktober 1985 sein, dessen Aufhebung der Kläger auch zutreffenden erster Stelle begehrt. Dieser KV-Beschluss beinhaltete aber keinen Verwaltungsakt im o.a. Sinn. Der Kirchenvorstand hat keine Entscheidung oder Maßnahme mit regelndem Inhalt getroffen. Vielmehr hat er lediglich beschlossen, bei der Kirchenleitung eine bestimmte Maßnahme zu beantragen. Der KV-Beschluss hat somit nur die Voraussetzung für die Einleitung eines bestimmten Verfahrens geschaffen, ohne selbst schon Auswirkungen auf die Rechte des Klägers zu haben.
Der Umstand, dass die Beklagte zu 1) im kirchlichen Rechtsbehelfsverfahren durch Beschluss vom 24.02.1986 über die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Dekanatssynodalvorstandes vom 27.11.1985 entschieden hat, macht die Klage nicht zulässig. Denn die Entscheidung der Kirchenleitung - die ihrerseits Verwaltungsakt ist - enthält keine selbständige Beschwer des Klägers im Sinne des § 79 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung der Kirchenleitung kann auch nichts daran ändern, dass eben der ursprüngliche KV-Beschluss kein Verwaltungsakt war.
Freilich führt die Unzulässigkeit einer Klage gegen Beschlüsse eines Kirchenvorstandes, die nicht Verwaltungsakte sind, dazu, dass derartige Beschlüsse zwar unter Umständen im Rechtsbehelfsverfahren nach § 44 KGO, nicht aber gerichtlich überprüft werden können. Dies steht aber im Einklang mit dem Willen des kirchlichen Gesetzgebers. Das erkennende Gericht hat wiederholt darauf hingewiesen, dass der kirchliche Gesetzgeber davon ausgegangen sei, dass Streitigkeiten im kirchlichen Raum in der Regel auf andere Weise und durch andere Instanzen beizulegen seien und dass ein formelles gerichtliches Verfahren hierzu nur in bestimmten Fällen als geeignet und notwendig erscheine (vgl. z. B. Urteile in den Verfahren I 2/53 und I 1/69).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 36, 38 KVVG, § 154 Abs. 1 VwGO.