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Kirchengericht:Kirchliches Verfassungs- und Verwaltungsgericht der EKHN
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:14.05.1986
Aktenzeichen:KVVG II 7/86
Rechtsgrundlage:§ 1 KVG; §§ 30,32,37 PfG; §§ 3,20 KVVG
Vorinstanzen:
Schlagworte:Anfechtungsklage, Aufschiebende Wirkung, Aussetzung der sofortigen Vollziehung, Beurlaubung, Pfarrstellenbesetzung
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Leitsatz:

Tenor:

Es wird festgestellt, dass die Anfechtungsklage des Antragstellers gegen den Bescheid der Kirchenleitung vom 25. April 1986 Az. 2001 (../..) aufschiebende Wirkung hat.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Die außergerichtlichen Kosten hat die Antragsgegnerin zu tragen.
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Gründe I:

I.
Der Antragsteller ist Inhaber der Pfarrstelle II der C........-Gemeinde in A. Zwischen ihm und der Mehrheit des Kirchenvorstandes dieser Gemeinde sowie dem Pfarrer, der die Pfarrstelle I verwaltet, bestehen seit einiger Zeit Spannungen, die u.a. Gegenstand verschiedener bei diesem Gericht anhängiger kirchengerichtlicher Verfahren sind, bei denen der Antragsteller sich gegen die Besetzung der Pfarrstelle I durch den gegenwärtigen Verwalter dieser Stelle wendet. In einem weiteren Verfahren vor dem erkennenden Gericht hatte der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel begehrt, dem Kirchenvorstand der C......-Gemeinde aufzugeben, bis zum 31.Mai 1986 keinen Beschluss zur Zusammenarbeit Pfarramt II (Süd)-Kirchenvorstand im Zusammenhang mit einer möglichen Versetzung des Pfarrers zu fassen.
Mit Beschluss vom 14. April 1986- II 6/86 - hat die Erkennende Kammer den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Nunmehr hat der Kirchenvorstand der C..........-Gemeinde in seiner Sitzung am 15. April 1986 beschlossen, bei der Kirchenverwaltung zu beantragen, den Antragsteller zu versetzen.
Gegen diesen Beschluss vom 15.04.1986 hat der Antragsteller Einspruch eingelegt, über den der Dekanatssynodalverband - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden hat.
Mit Bescheid vom 25. April 1986 hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller mitgeteilt, dass sie ihn gemäß § 32 Abs. 2 PfG mit sofortiger Wirkung vom Dienst beurlaube. Auf den weiteren Inhalt des Bescheids wird Bezug genommen.
Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 30.04.1986 - bei Gericht eingegangen am 02. Mai 1986 - Klage erhoben. Er begehrt gleichzeitig die Feststellung, dass diese Klage aufschiebende Wirkung habe und hilfsweise die Aussetzung der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheids.
Zur Begründung führt der Antragsteller aus, die auf § 32 Abs. 2 PfG gestützte vorläufige Beurlaubung sei rechtswidrig: Sie erfolge im Hinblick auf § 37 PfG. Eine Maßnahme nach § 37 könne jedoch erst nach Anhörung des Pfarrers erfolgen. Er - der Antragsteller - sei bisher aber nicht angehört worden. Der angefochtene Bescheid lasse nicht erkennen, ob ein Sofortvollzug angeordnet sei. Es bedürfe daher eines klarstellenden gerichtlichen Beschlusses, ob die erhobene Klage aufschiebende Wirkung habe. Nach einer über Herrn K. von der C.........-Gemeinde mit Herrn Pfarrer B. getroffenen Verabredung werde er am 11. und 18. Mai 1986 den Gottesdienst halten.
Der Antragsteller beantragt,
festzustellen, dass die vorliegende Klage aufschiebende Wirkung hat,
hilfsweise,
die sofortige Vollziehung des Bescheids der Antragsgegnerin vom 25.04.1986 auszusetzen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
Antrag und Hilfsantrag zurückzuweisen.
Sie hält beide Anträge für unzulässig. Das erkennende Gericht habe in seinem Beschluss vom 07.02.1986 nämlich ausgeführt, dass einer offensichtlich unzulässigen Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung zukomme. Die hier erhobene Klage sei aber offensichtlich unzulässig, weil der Antragsteller von den vorgesehenen Rechtsbehelfen noch nicht erfolglos Gebrauch gemacht habe (§ 18 Abs. 2 KVVG). Wegen der Begründung dieser Auffassung wird auf den Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 09.05.1986 Bezug genommen. Für den Hilfsantrag fehle dem Antragsteller das Rechtsschutzinteresse, da die sofortige Vollziehung nicht angeordnet worden sei.
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Gründe II:

II.
1) Der Feststellungsantrag, über den nach § 20 Abs. 3 KVVG wegen Eilbedürftigkeit der Vorsitzende allein entscheiden konnte, ist zulässig. Bereits im Beschluss vom 07.Februar 1986 - II 2/86 -, hat das Erkennende Gericht ausgeführt, dass die Feststellung, eine Klage habe aufschiebende Wirkung, dann getroffen werden kann, wenn die aufschiebende Wirkung streitig ist. Wie der Parteivortrag zeigt, ist die aufschiebende Wirkung der vom Antragsteller erhobenen Klage streitig.
Der Antragsteller hat auch ein berechtigtes Interesse an der alsbaldigen Feststellung. Von ihr hängt es nämlich ab, ob er seine Amtshandlungen - so auch Predigten - weiterhin vornehmen kann. Bliebe die Frage der aufschiebenden Wirkung der Klage offen und würde der Antragsteller seinen Pfarrdienst versehen, müsste er gewärtigen, dass ihm unter Umständen wegen Verstoßes gegen die angefochtene Verfügung der Vorwurfs von Dienstpflichtverletzungen gemacht würde. Dies wiederum könnte unter Umständen dienstrechtliche bzw. disziplinarrechtliche Schritte zur Folge haben.
2) Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Der angefochtene Bescheid beinhaltet einen Verwaltungsakt i.S. des § 3 Abs. 2 KVVG. Seine sofortige Vollziehung wurde nicht angeordnet, wie die Antragsgegner in selbst einräumt. Dann aber hat nach § 20 Abs. 1 Satz 1 KVVG die Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Zwar weist die Antragsgegnerin zutreffend darauf hin, dass nach dem Beschluss des Erkennenden Gerichts vom 07.02.1986 – II 2/86 - dies nicht für offensichtlich unzulässige Anfechtungsklagen gilt. Die vom Antragsteller erhobene Anfechtungsklage ist aber nicht offensichtlich unzulässig. Zumindest kann im Rahmen dieses Eilverfahrens nicht zum Nachteil des Antragstellers argumentiert werden, er hätte vor Klageerhebung erst erfolglos die vorgesehenen Rechtsbehelfsverfahren durchführen müssen. Der Hinweis der Antragsgegnerin auf § 1 Abs. 1 und 5 KVG i.V.m. Abschnitt I Nr. 1 der Befugnisregelung der Kirchenverwaltung ist jedenfalls im vorliegenden Eilverfahren nicht überzeugend. Wenn nämlich die Entscheidung nach § 32 Abs. 2 PfG - wie die Antragsgegnerin ausführt - der Kirchenverwaltung obliegt, dann hatte dem Antragsteller diese Entscheidung auch von der Kirchenverwaltung mitgeteilt werden müssen. Tatsächlich aber ist die mit der Klage angefochtene Verfügung unter dem Briefkopf der Kirchenleitung ergangen. Dem Antragsteller können nicht so eingehende Kenntnisse des Kirchenverwaltungsrechts unterstellt werden, dass er hierin eine Entscheidung der Kirchenverwaltung mit der Folge erkennen konnte, dass nach § 1 Abs. 5 KVG die Beschwerde an die Kirchenleitung gegeben sei. Vielmehr bezieht sich der Antragsteller aus seiner Sicht zu Recht auf § 30 PfG, wonach gegen Entscheidungen der Kirchenleitung die Entscheidung des Kirchlichen Verfassungs- und Verwaltungsgerichts beantragt werden kann. Die Antragsgegnerin hat durch den angefochtenen Bescheid also den Anschein gesetzt, dass es sich auch wirklich um eine Entscheidung der Kirchenleitung handelt. Sie kann den Antragsteller daher nicht auf Rechtsbehelfe verweisen, die gegen Entscheidungen der Kirchenverwaltung gegeben sind.
Nach alledem erscheint die Klage jedenfalls nicht offensichtlich unzulässig, so dass sie aufschiebende Wirkung hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 36, § 38 KVVG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO.