.
#
Kirchengericht: | Kirchliches Verfassungs- und Verwaltungsgericht der EKHN |
Entscheidungsform: | Beschluss (rechtskräftig) |
Datum: | 09.05.2003 |
Aktenzeichen: | KVVG II 1/03 |
Rechtsgrundlage: | §§ 32,44 KGO; §§ 3,6,20,36,38 KVVG; §§ 80,154 VwGO |
Vorinstanzen: | |
Schlagworte: | Antragsbefugnis, Aussetzung der sofortigen Vollziehung, Kirchenvorstandsbeschluss, Sofortige Vollziehung |
Leitsatz:
Tenor:
Der Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung des Beschlusses des Kirchenvorstandes der Evangelischen Kirchengemeinde A. vom 16.12.2002 (Verkauf des Gemeindehauses) wird zurückgewiesen.
Gebühren und Auslagen werden nicht erhoben. Die Antragsteller haben ihre außergerichtlichen Kosten zu tragen.
#Gründe I:
I.
Die Antragsteller sind Mitglieder der Evangelischen Kirchengemeinde A. Die Antragsteller zu 4 und 5 gehören dem amtierenden Kirchenvorstand an. Alle Antragsteller sind in den neuen Kirchenvorstand gewählt worden, dessen Amtszeit am 01.09.2003 beginnt (§ 32 KGO).
Am 16.12.2002 fasste der amtierende Kirchenvorstand in Fortführung schon länger geführter Beratungen und auf den Gebäudebestand der Gemeinde sich beziehender Vorentscheidungen den Beschluss, das im Eigentum der Gemeinde stehende Gemeindehaus zu verkaufen. Gegen diesen Beschluss haben die Antragsteller am 30.12.2002 Einspruch nach § 44 Abs. 1 KGO eingelegt, den der Dekanatssynodalvorstand unter dem 21.01.2003 als unzulässig zurückgewiesen hat, weil die Einspruchsführer nicht betroffen im Sinne von § 44 KGO seien. Gegen diese Entscheidung haben die Antragsteller Beschwerde an die Kirchenleitung am 05.02.2003 eingelegt, welche die Beschwerde am 11.03.2003 zurückgewiesen hat (Schreiben mit offensichtlich falschem Datum vom 13.08.2002). Dagegen haben die Antragsteller Anfechtungsklage erhoben und deren spätere Begründung angekündigt.
Zusammen mit dem die Beschwerde zurückweisenden Beschluss hat die Kirchenleitung die sofortige Vollziehung angeordnet, weil die Beschwerde offensichtlich unzulässig sei.
Dazu haben die Antragsteller mit Schriftsatz an das Gericht vom 14.04.2003 beantragt,
die mit Beschluss der Kirchenleitung vom 11.03.2003 angeordnete sofortige Vollziehung des Beschlusses des Kirchenvorstandes der Evangelischen Kirchengemeinde A. vom 16.12.2002 (Verkauf des Gemeindehauses) auszusetzen.
Sie tragen dazu vor, die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei nicht nur zu unbestimmt, es bestehe auch keine sachliche Notwendigkeit dafür. Die von den Antragstellern erhobene Beschwerde sei nicht offensichtlich unzulässig. Im Gegensatz zu den Verfahren II 3 und 4/02, in denen das Gericht die Klagen von Gemeindegliedern sowie die Klage eines Kirchenvorstandsmitgliedes gegen die eingangs erwähnten vorbereitenden Beschlüsse mangels rechtlicher Betroffenheit der Kläger als unzulässig abgewiesen habe, gehe es hier um eine Entscheidung des Kirchenvorstandes, die eine konkrete Vermögensverfügung zum Gegenstand habe, durch welche die Antragsteller unmittelbar rechtlich betroffen werden.
Außerdem seien nicht nur die 5 Antragsteller in den neuen Kirchenvorstand gewählt worden sondern 7 weitere Gegner des Umbauprogramms, so dass der gewählte Kirchenvorstand in Zukunft nur noch aus Gegnern des Umbauprogramms bestehen werde.
Die Kirchenverwaltung hat für die Antragsgegnerin die Zurückweisung des Antrages beantragt und sich dazu auf die Gründe für das Urteil der Kammer in den Verfahren II 3 und 4/02 berufen. Die Antragsteller hätten keine subjektive Rechtsposition, welche durch den angefochtenen Kirchenvorstandsbeschluss berührt werde.
#Gründe II:
II.
Die Kammer hat den Antrag dahin ausgelegt, dass begehrt wird, die sofortige Vollziehung des angefochtenen Kirchenvorstandsbeschlusses nach § 20 Abs. 2 Satz 1 KVVG auszusetzen.
Der Antrag war zurückzuweisen, weil den Antragstellern für die erhobene Klage, wie die Kammer im Verfahren II 3 und 4/02 entschieden hat, die Klagebefugnis fehlt. Unter diesen Umständen kann dahingestellt bleiben, ob auch der Antrag nach § 20 II 1 KVVG unzulässig ist. Er ist in jedem Fall unbegründet, weil die erhobene Klage ihrerseits offensichtlich mangels Zulässigkeit keine Aussicht auf Erfolg hat.
Das Gericht entscheidet über Anträge nach § 20 II 1 KVVG in Anwendung von § 38 KVVG und § 80 Abs. 5 VwGO wie die staatliche Verwaltungsgerichtsbarkeit nach den von dieser entwickelten Grundsätzen. Das heißt, die aufschiebende Wirkung wird wiederhergestellt, soweit der angefochtene Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig ist, und der angefochtene Verwaltungsakt bleibt sofort vollziehbar, wenn die Anfechtung offensichtlich aussichtslos ist. Nur wenn weder das eine (Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig) noch das andere (Klage offensichtlich aussichtslos) vorliegt, kommt das Gericht zu einer Abwägung der Klageaussichten und zu einer Ermessensentscheidung auch unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit. Voraussetzung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist aber nicht das Vorliegen eines dazu zwingenden sachlichen Grundes. Ob die Anordnung der sofortigen Vollziehung im vorliegenden Fall zweckmäßig war, wird man sicher im Nachhinein nach dem Ausgang der Kirchenvorstandswahlen in der Kirchengemeinde A. bezweifeln dürfen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung von Einspruch, Beschwerde und Anfechtungsklage ist dem Gericht gleichwohl verwehrt, weil die Anfechtung des Kirchenvorstandsbeschlusses vom 16.12.2002 offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat.
Das Gericht verweist hierzu auf die Gründe seiner Entscheidung in den Verfahren II 3 und 4/02 vom 08.11.2002, soweit die dortige Klage als statthaft bezeichnet werden konnte.
Die rechtlichen Gegebenheiten sind hier zumindest ähnlich. Nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer (vgl. Urteil vom 26.05.2000 in II 1/00) zu § 6 KVVG sind Einzelpersonen in den Fällen des § 3 KVVG antragsberechtigt und parteifähig und damit klagebefugt nur dann, wenn sie durch eine beanstandete Maßnahme in einem rechtlich geschützten Interesse berührt sind. Daran fehlt es. Auch soweit der angefochtene Beschluss nun konkret den Verkauf des Gemeindehauses festlegt und offenbar nur noch den Kaufvertragspartner und die Kaufvertragskonditionen offen lässt, wird dadurch nicht in eine subjektive Rechtsstellung der Antragsteller eingegriffen. Darum ist die Möglichkeit einer Rechtsverletzung der Kläger durch den angefochtenen Beschluss ausgeschlossen. Es sind keine Rechtsnormen ersichtlich, die den Klägern für ihr Begehren subjektive Rechte einräumen.
An diesen rechtlichen Gegebenheiten ändert sich auch nichts durch eine Wahl aller Antragsteller in den zukünftigen Kirchenvorstand und die durchaus vorhersehbaren Schwierigkeiten für eine zukünftige gedeihliche Amtsführung des neuen Kirchenvorstandes mit der „Hypothek“ des ungeliebten Verkaufsbeschlusses. Schon weil auch das einzelne Mitglied des aktuellen Kirchenvorstandes in seinen jeweils eigenen rechtlich geschützten Interessen nicht berührt ist, ist das für ein Mitglied oder auch die Mitglieder des zukünftigen Kirchenvorstandes keineswegs anders.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 36 Satz 1 KVVG mit § 38 KVVG und § 154 VwGO.