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Kirchengericht: | Kirchliches Verfassungs- und Verwaltungsgericht der EKHN |
Entscheidungsform: | Urteil (rechtskräftig) |
Datum: | 06.07.1990 |
Aktenzeichen: | KVVG II 2/90 |
Rechtsgrundlage: | § 62 PfG; § 9 VorbG; §§ 3,18,38 KVVG; §§ 43,57,173 VwGO; §§ 222,264 ZPO |
Vorinstanzen: | |
Schlagworte: | , Anfechtungsklage, Entlassung aus dem Dienst, Feststellungsklage, Fristbestimmung, Gottesdienstlicher Akt, Grundsatz der Subsidiarität, Ordination, Subsidiarität |
Leitsatz:
1. Der Übergang von der Anfechtungsklage zur allgemeinen Feststellungsklage stellt keine Klageänderung dar.
2. Die Feststellung, dass die mit der Ordination erworbenen Rechte infolge Entlassung aus dem Dienstverhältnis nicht erloschen sind, betrifft das Bestehen eines kirchlichen Rechtsverhältnisses und kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein.
3. Der Grundsatz der Subsidiarität steht einer derartigen Feststellungsklage dann nicht entgegen, wenn die Behauptung des Klägers dahin geht, die fraglichen Rechte gerade ohne Rücksicht auf eine mit der Verpflichtungsklage zu verfolgende kirchenbehördliche Entscheidung zu besitzen.
4. Für den Verlust der mit der Ordination erworbenen Rechte ist gemäß § 62 Abs.1 lit a) PfG neben der Beendigung des Dienstverhältnisses Voraussetzung, dass der Pfarrer oder Pfarrvikar eine nichtkirchliche Tätigkeit übernimmt. Die Nichtausübung einer Tätigkeit steht dem nicht gleich.
Tenor:
Es wird festgestellt, dass mit der von der Beklagten am 6. Juni 1989 beschlossenen Entlassung der Klägerin aus dem Dienstverhältnis als Pfarrvikarin ihre mit der Ordination erworbenen Rechte nicht erloschen sind.
Für das Verfahren werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben.
Die außergerichtlichen Kosten trägt die Beklagte.
#Tatbestand:
Die Klägerin begehrt, ihr die mit der Ordination erworbenen Rechte zu belassen. Die Klägerin war mit Beschluss der Kirchenleitung vom 6. Juni 1989 mit Wirkung zum 1. Oktober 1989 aus dem Dienst der Beklagten entlassen worden. Ihre hiergegen gerichtete Klage hat das Kirchliche Verfassungs- und Verwaltungsgericht mit Urteil vom 26. Januar 1990 abgewiesen (II 5/89).
In dem Bescheid der Kirchenverwaltung vom 13. Juni 1989, mit dem der Klägerin der Entlassungsbeschluss der Kirchenleitung mitgeteilt worden war, findet sich der Hinweis, dass mit dem Ende Ihres Dienstverhältnisses auch die mit der Ordination erworbenen Rechte erlöschen. Mit Schreiben vom 6. Juli 1989, bei der Beklagten eingegangen am 10. Juli 1989, beantragte die Klägerin, ihr die mit Ihrer Ordination erworbenen Rechte zu belassen.
Auf Ihrer Sitzung am 6. Februar 1990 beschloss die Kirchenleitung, den Antrag der Klägerin abzulehnen. Der Beschluss wurde der Klägerin mit Bescheid vom 22. Februar 1990 mitgeteilt. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Belassung der Ordinationsrechte komme grundsätzlich dann nicht in Betracht, wenn die Entlassung aus dem Dienstverhältnis - wie im Fall der Klägerin wegen mangelnder Eignung für den Pfarrdienst gemäß § 61 Abs. 2 b PfG ausgesprochen worden sei. Die Belassung der Ordinationsrechte würde der Feststellung widersprechen, dass die erforderliche Eignung für den Pfarrdienst nicht gegeben sei.
Gegen den ihr am 24.02.1990 zugestellten Bescheid hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 23.03.1990, der am 26.03.1990 - einem Montag - bei dem Kirchlichen Verfassungs- und Verwaltungsgericht eingegangen ist, Klage erhoben.
Sie ist der Auffassung, sie sei für den Dienst als Pfarrerin geeignet. Die bisherige Erörterung von zwei Teilaspekten aus Ihrem persönlichen Bereich reiche zur Beurteilung nicht aus; eine Erhellung des Sachverhalts könne nur durch umfangreiche Zeugeneinvernahme erfolgen. Sie sei auf vielen Gebieten der Gemeindearbeit nachweislich erfolgreich tätig gewesen. Der Entzug der Ordinationsrechte erweise sich vor diesem Hintergrund als seltsam. Sie könne nicht nachvollziehen, dass jeder Lektor und Prädikant weitergehende Befugnisse haben solle als eine anstellungsfähige Theologin, wenn es nach dem Beschluss der Kirchenleitung gehe.
Sie habe keine nichtkirchliche Tätigkeit übernommen. Sie stehe im Gegenteil für den kirchlichen Dienst zur Verfügung. Es gebe im übrigen auch Theologen im nichtkirchlichen Bereich, denen die Ordinationsrechte nicht entzogen worden seien.
Ihre Entlassung sei unverhältnismäßig, die Aberkennung der Rechte aus der Ordination unnötig. Selbst bei der disziplinarischen Entfernung aus dem Dienst könnten die Rechte aus der Ordination belassen werden.
Die Klägerin, die zunächst die Aufhebung des Beschlusses der Beklagten vom 6. Februar 1990 begehrt hat, beantragt nunmehr,
festzustellen, dass mit der von der Beklagten am 6. Juni 1989 beschlossenen Entlassung der Klägerin aus dem Dienstverhältnis als Pfarrvikarin ihre mit der Ordination erworbenen Rechte nicht erloschen sind,
hilfsweise,
den Beschluss der Beklagten vom 6. Februar 1990 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin, ihr die mit der Ordination erworbenen Rechte zu belassen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Klage sei nicht begründet.
Die in § 62 Abs. 1 PfG näher bezeichneten Ordinationsrechte erlöschten kraft Gesetzes, d.h. ohne besondere Entscheidung der Kirchenleitung, wenn das Dienstverhältnis des Pfarrers oder Pfarrvikars ende und er eine nicht- kirchliche Tätigkeit übernehme. Der Fall, dass der Betroffene nach dem Ausscheiden aus dem Dienst keine Tätigkeit übernehme, sei nicht ausdrücklich geregelt. Eine Auslegung der Vorschrift, die über Ihren Wortlaut hinaus ihren Zweck und das Ordinationsverständnis berücksichtige, führe jedoch zu dem Ergebnis, dass die Ordinationsrechte auch in diesem Fall erlöschen, falls sie nicht ausdrücklich belassen werden. Die Ordination sei grundsätzlich an einen konkreten Auftrag zur öffentlichen Wortverkündung und Sakramentsverwaltung gebunden. Die Rechtswirkungen der Ordination endeten deshalb nach dem insoweit übereinstimmenden Recht aller Gliedkirchen der EKD zugleich mit dem kirchlichen Dienstverhältnis, es sei denn, dass der Ordinierte einen vergleichbaren kirchlichen Dienst übernehme. Auch § 62 Abs. 1 Iit. a) PfG beruhe auf diesem Grundsatz. Die Vorschrift nenne als Voraussetzung des Erlöschens neben der Beendigung des Dienstverhältnisses nur die Übernahme einer nichtkirchlichen Tätigkeit und gehe damit von dem typischen Fall aus, dass der Betroffene nach dem Ausscheiden aus dem Dienst wieder eine neue Erwerbstätigkeit ausübe. Dadurch werde aber ein Verlust der Ordinationsrechte nicht ausgeschlossen, wenn der Betroffene überhaupt keine Tätigkeit übernehme. Auch in diesem Fall sei der Grundsatz maßgebend, dass nur die Übernahme einer kirchlichen Tätigkeit das Erlöschen der Ordinationsrechte ausschließen könne. Dieser Grundsatz gebiete eine entsprechende Anwendung von § 62 Abs. 1 Iit. a) PfG in den Fällen, in denen der Betroffene nach dem Ausscheiden aus dem kirchlichen Dienst keine andere Tätigkeit übernehme.
Einer derartigen Auslegung stehe der Eingriffscharakter der Vorschrift nicht entgegen. Die mit der Ordination erworbenen Rechte seien keine subjektiven öffentlichen Rechte im Sinne des Verwaltungsrechts. Sie beruhten nicht auf einem begünstigenden Verwaltungsakt, sondern auf dem gottesdienstlichen Akt der Ordination. Die mit der Ordination erworbenen Rechte dienten lediglich der Erfüllung des verpflichtenden Verkündigungsauftrags der Kirche und begründeten keine schutzwürdige Berechtigung im persönlichen Interesse des Ordinierten. Im übrigen werde die Eingriffswirkung dadurch wesentlich gemildert, dass die Rechte nur erlöschen würden, wenn sie nicht gemäß § 62 Abs. 2 PfG auf Antrag unter dem Vorbehalt des Widerrufs belassen würden.
Bei der Entscheidung, ob die Ordinationsrechte abweichend von der gesetzlichen Regelfolge des Erlöschens belassen werden können, seien Kirchenleitung und Leitendes Geistlichen Amts stets davon ausgegangen, dass der Verlust den Regelfall darstelle und deshalb nur bei Vorliegen besonderer Umstände nicht eintreten solle. Dabei seien stets die Gründe für die Beendigung des Dienstverhältnisses und die Persönlichkeit des Ordinierten gewürdigt worden.
Während die Beklagte mit Schriftsatz vom 18. April 1990 vorgetragen hatte, die mangelnde Eignung für den Pfarrdienst schließe ihrer Natur nach die Belassung der Ordinationsrechte für die Zelt nach dem Ende des Dienstverhältnisses aus, hat sie mit Schriftsatz vom 4. Juni 1990 auf Anfrage des Gerichts mitgeteilt, dass in einem Fall einem wegen nicht hinreichender Eignung entlassenen Pfarrvikar die Rechte aus der Ordination belassen worden seien, um ihm die Möglichkeit zu geben, seine Ehefrau, die Gemeindepfarrerin im Dienst der Beklagten gewesen sei, zu vertreten. Demgegenüber seien aber im Fall der Klägerin keinerlei besondere Gründe für eine Belassung der Ordinationsrechte abweichend von der gesetzlichen Regelfolge des Erlöschens ersichtlich. Im Gegensatz zu dem erwähnten Fall ergäben sich nämlich die Gründe für die Entlassung der Klägerin zu einem wesentlichen Teil aus Ihrem persönlichen Verhalten. Die Beklagte verweist insoweit auf die Feststellungen des Gerichts in dem erwähnten Urteil vom 26. Januar 1990.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Akten des Verfahrens II 5/89 sowie Band II der Personalakten der Klägerin Bezug genommen.
#Entscheidungsgründe:
Die Feststellungsklage ist zulässig und begründet.
Der nunmehr gestellte Feststellungsantrag bedeutet keine Änderung der ursprünglich erhobenen Klage. Dabei kann dahin stehen, inwieweit das konkrete Rechtsschutzbegehren der Klägerin bereits dem in der Klageschrift gestellten Antrag zu entnehmen war. Nach §§ 38 KVVG, 173 VwGO, 264 Nr. 2 ZPO ist es nämlich nicht als eine Änderung der Klage anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrunds der Klageantrag in der Hauptsache erweitert oder beschränkt wird. Hierunter fällt auch der Übergang von der Anfechtungsklage zur allgemeinen Feststellungsklage (vgl. für das staatliche Prozessrecht Kopp, VwGO, 8. Aufl. 1989, § 91 RdNr. 9).
Die von der Klägerin begehrte Feststellung, dass durch ihre Entlassung aus dem Dienstverhältnis als Pfarrvikarin ihre mit der Ordination erworbenen Rechte nicht erloschen sind, betrifft das Bestehen eines kirchlichen Rechtsverhältnisses und kann deshalb Gegenstand einer Feststellungsklage nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 KVVG sein. Als Rechtsverhältnis im Sinne dieser Vorschrift kommt nicht nur das Bestehen eines besonderen Pflichtverhältnisses wie z. B. das des Pfarrvikars in Betracht; feststellungsfähig sind vielmehr - ebenso wie im staatlichen Beamtenrecht (vgl. dazu Redecker/von Oertzen, VwGO, 9. Aufl. 1988, § 43 RdNr. 5) - auch einzelne selbständige Rechte. Hierzu zählen für den Pfarrer oder Pfarrvikar die in § 62 Abs. 1 PfG aufgeführten mit der Ordination erworbenen Rechte.
Die mit der Ordination erworbenen Rechte beruhen zwar - wie die Beklagte vorträgt - nicht auf einem begünstigenden Verwaltungsakt, sondern auf dem gottesdienstlichen Akt der Ordination. Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, bei den mit der Ordination erworbenen Rechten handele es sich nicht um subjektive Berechtigungen des Pfarrvikars oder Pfarrers. Die Ordination ist nämlich nicht nur dem geistlich-theologischen Bereich der Kirche zuzuordnen, sie hat vielmehr auch rechtlichen Charakter. Das Kirchenrecht nimmt nämlich den Begriff der Ordination auf, regelt Ihre Voraussetzungen, ihren Vollzug und Ihre Rechtswirkungen (vgl. Maurer, ZevKR 32 (1987), 571, 574 ff.). Dies wird besonders deutlich an Abschnitt X des Pfarrergesetzes, in dessen Bestimmungen die durch die Ordination verliehene Ermächtigung ausdrücklich als Rechte qualifiziert werden und zugleich bestimmt wird, unter welchen Voraussetzungen diese erlöschen, belassen, aufgegeben, zum Ruhen gebracht oder erneut übertragen werden können.
Die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen für das Feststellungsbegehren der Klägerin sind gegeben. Da die Klägerin der Auffassung ist, durch Ihre Entlassung aus dem Dienstverhältnis als Pfarrvikarin seien ihre mit der Ordination erworbenen Rechte nicht erloschen, und die Beklagte dies bestreitet, hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der alsbaldigen Feststellung des Rechtsverhältnisses. Sie liefe andernfalls Gefahr, sich durch unberechtigte Ausübung dieser Rechte disziplinarischen Sanktionen auszusetzen (zur kirchenrechtlichen Einbindung der nicht im Pfarrdienst stehenden Ordinierten vgl. Maurer, ZevKR 32 (1987), 571, 576 Fußn. 10).
Auch der Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage (§§ 38 KVVG, 43 Abs. 2 VwGO) steht vorliegend dem Rechtsschutzbegehren der Klägerin nicht entgegen. Die Feststellungsklage ist danach nämlich nur dann ausgeschlossen, wenn durch Gestaltungs- oder Leistungsklage Rechtsschutz in zumindest gleichem Umfang und mit gleicher Effektivität wie durch eine Feststellungsklage erreicht werden kann. Dies wäre hier aber nicht der Fall, da die Klägerin behauptet, die mit der Ordination erworbenen Rechte gerade ohne Rücksicht auf eine mit einer Verpflichtungsklage zu verfolgende kirchenbehördliche Entscheidung zu besitzen (vgl. zu entsprechenden Gestaltungen im staatlichen Verfahrensrecht Kopp, VwGO, 8. Aufl. 1989 § 43 RdNr. 29).
Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht schließlich nicht der Umstand entgegen, dass sie erst am 26. März 1990 bei dem Kirchlichen Verfassungs- und Verwaltungsgericht eingegangen ist. Auch wenn man die Fristbestimmung des § 18 Abs. 3 KVVG entsprechend ihrem Wortlaut (und abweichend von den Regelungen der Verwaltungsgerichtsordnung) auf die Feststellungsklage anwendet, ist diese rechtzeitig erhoben. Die gemäß § 18 Abs. 3 Satz 2 KVVG mit der Zustellung der dem Verfahren zugrunde liegenden Entscheidung der Kirchenleitung am 24. Februar 1990 in Gang gesetzte Monatsfrist endete, da der 24. März 1990 ein Samstag war, erst am 26. März 1990 (§§ 38 KVVG, 57 Abs. 2 VwGO, 222 Abs. 2 ZPO), dem Tag der Klageerhebung.
Die sonach zulässige Klage ist auch begründet. Mit der von der Beklagten am 6. Juni 1989 beschlossenen Entlassung der Klägerin aus dem Dienstverhältnis als Pfarrvikarin sind ihre mit der Ordination erworbenen Rechte nicht erloschen.
Gemäß § 62 Abs. 1 Iit. a) PfG ist hierfür neben der Beendigung des Dienstverhältnisses Voraussetzung, dass der Pfarrvikar eine nichtkirchliche Tätigkeit übernimmt. Nach den von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung wiederholten Angaben, an deren Richtigkeit zu zweifeln die Kammer keinen Anlass hat, übt sie zur Zeit keine Tätigkeit aus. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Bestimmung fehlt es damit an einer Voraussetzung für das Erlöschen der mit der Ordination erworbenen Rechte.
Die Kammer ist im Hinblick auf die klare sprachliche Fassung und den systematischen Aufbau der Bestimmung der Auffassung, dass diese weder einer Auslegung noch einer Analogie in dem von der Beklagten vorgetragenen Sinne zugänglich ist. Dabei zieht das Gericht die Überlegung der Beklagten, die Ordination sei grundsätzlich an einen konkreten Auftrag zur öffentlichen Wortverkündung und Sakramentsverwaltung gebunden, keineswegs in Zweifel. Dieser Gedanke hat aber in der gegenwärtigen Fassung des § 62 Abs. 1 Iit. a) PfG nicht in dem von der Beklagten behaupteten Sinne Ausdruck gefunden. Zwar kann nur ein Ordinierter in das Pfarrdienstverhältnis berufen werden (vgl. § 9 Abs. 2 VorbG). Auch können die Rechte aus der Ordination erst wahrgenommen werden, wenn sie durch einen konkreten Amts- oder Dienstauftrag aktualisiert werden (Maurer, ZevKR 32 (1987), 572, 576). Doch ist das Bestehen eines derartigen konkreten Amts- oder Dienstauftrags nur der Regelfall, nicht aber notwendige Voraussetzung für das Innehaben der Rechte aus der Ordination.
Dies wird besonders deutlich bei einem Vergleich zwischen § 62 Abs. 1 Iit. a) PfG und Iit. b) der Bestimmung. Während im letztgenannten Fall bereits das Ausscheiden aus dem Dienst zum Verlust der mit der Ordination erworbenen Rechte führt, ist dies bei der sonstigen Beendigung des Dienstverhältnisses gerade nicht der Fall. Hier ist vielmehr weitere Voraussetzung, dass der Pfarrer oder Pfarrvikar eine nichtkirchliche Tätigkeit übernimmt.
Die Kammer vermag der Vorschrift keine Anhaltspunkte dahingehend zu entnehmen, dass es nicht auf die Übernahme einer nichtkirchlichen Tätigkeit, sondern vielmehr auf die Nichtübernahme einer kirchlichen Tätigkeit ankommen solle. Auch die Beklagte selbst geht hiervon letztlich nicht aus, sondern fordert weiter, dass der Ordinierte eine dem Pfarrdienst vergleichbare kirchliche Tätigkeit übernimmt, andernfalls die mit der Ordination erworbenen Rechte erlöschen.
Da der kirchliche Gesetzgeber die unterschiedlichen Möglichkeiten der Beendigung des Dienstverhältnisses als Pfarrer oder Pfarrvikar bei Verabschiedung des Pfarrergesetzes gesehen und den Verlust der mit der Ordination erworbenen Rechte an unterschiedliche tatbestandliche Voraussetzungen geknüpft hat, ist es der Kammer mangels anderweitiger Gesichtspunkte verwehrt, diese gesetzgeberische Entscheidung im Wege der Auslegung oder analogen Anwendung der Bestimmung zu korrigieren.
Die Kammer weist zur Klarstellung darauf hin, dass durch diese Feststellung weder ihre frühere Entscheidung über die Entlassung der Klägerin modifiziert noch die Klägerin aus dem Anwendungsbereich des § 62 Abs. 1 Iit. a) PfG ausgenommen wird. Sollte die Klägerin in Zukunft eine nichtkirchliche Tätigkeit übernehmen, würden damit ihre mit der Ordination erworbenen Rechte erlöschen mit der Folge, dass die Beklagte danach auf einen entsprechenden Antrag der Klägerin erneut darüber zu befinden hätte, ob dieser die Rechte unter dem Vorbehalt des Widerrufs belassen werden können.
Da die Klage nach alledem bereits im Hauptantrag Erfolg hat, kommt es auf den Hilfsantrag nicht mehr an.
Für das Verfahren werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben (§ 36 Satz 1 KVVG). Als unterliegender Teil hat die Beklagte die außergerichtlichen Kosten zu tragen (§§ 38 KVVG, 154 Abs.1 VwGO).