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Kirchengericht:Kirchliches Verfassungs- und Verwaltungsgericht der EKHN
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:02.02.1990
Aktenzeichen:KVVG I 3/89
Rechtsgrundlage:Art. 6 KO; § 35 PfG
Vorinstanzen:
Schlagworte:, Aufschiebende Wirkung, Aussetzung der sofortigen Vollziehung, Ungedeihlichkeit, Versetzung, Wartestand
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Leitsatz:

Tenor:

Der Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung des Beschlusses der Kirchenleitung vom 14.11.1989 wird abgewiesen.
Für das Verfahren werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben.
Die außergerichtlichen Kosten trägt die Antragstellerin.
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Gründe I:

I.
Die Antragstellerin ist seit Dezember 1980 Inhaberin einer Pfarrstelle in A. Die Kirchenleitung hat gegen sie durch Beschluss vom 18.4.1989 das Versetzungsverfahren nach § 35 a Abs. 1 c) Pfarrergesetz eingeleitet, weil wegen dauernder Spannungen mit dem Kirchenvorstand eine gedeihliche Amtsführung nicht mehr zu erwarten sei. Darüber hinaus hat die Kirchenleitung am 14.11.1989 beschlossen, die Antragstellerin mit Wirkung vom 1.12.1989 in den Wartestand zu versetzen.
Sie hat dazu ausgeführt, dass die Gründe, die dem Verbleiben der Antragstellerin in A. entgegenständen, eine gedeihliche Wirksamkeit auch in einem anderen pfarramtlichen Dienst zunächst nicht erwarten ließen.
Die Kirchenleitung hat die sofortige Vollziehung der Versetzung in den Wartestand angeordnet, weil ein weiterer Dienst für die Dauer eines kirchengerichtlichen Verfahrens zu erneuten Auseinandersetzungen um die Person der Antragstellerin führen und die Arbeitsfähigkeit des Kirchenvorstandes, der eine Zusammenarbeit mit der Antragstellerin ablehne, ernsthaft gefährden würde.
Die Antragstellerin hat gegen den Beschluss der Kirchenleitung vom 14.11.1989 fristgerecht Anfechtungsklage erhoben und gleichzeitig sinngemäß beantragt,
die sofortige Vollziehung des Beschlusses vom 14.11.1989 auszusetzen und die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage wiederherzustellen.
Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Versetzung in den Wartestand sei mit pauschalen und nicht bewiesenen Vorwürfen begründet, die sie, die Antragstellerin in der vorausgegangenen Anhörung entkräftet habe. Auch bei der Behauptung einer Vielzahl von angeblichen Verfehlungen müsse jeder einzelne Vorwurf überprüft werden.
Hieran fehle es, so dass ein derart gravierender Eingriff wie die Versetzung in den Wartestand nicht gerechtfertigt sei.
Die Kirchenleitung/Kirchenverwaltung ist dem Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung entgegengetreten. Sie macht geltend, dass sich die Spannungen in der Gemeinde noch verschärft haben und weist dabei auf den im Dezember 1989 zu Ausgabe gekommenen Gemeindebrief mit einer Stellungnahme des Kirchenvorstandes und den als Antwort der Antragstellerin geschriebenen “Offenen Brief“ an den Kirchenvorstand hin.
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Gründe II:

II.
Der Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung konnte keinen Erfolg haben. Der Beschluss der Kirchenleitung vom 14.11.1989, die Antragstellerin in den Wartestand zu versetzen, ist – beurteilt nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand – keineswegs offensichtlich rechtswidrig. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung wurde auch, wie es erforderlich ist, hinreichend begründet.
Wenn ein angefochtener Verwaltungsakt nicht offensichtlich rechtswidrig ist, eine weitere Klärung erforderlich erscheint und der Ausgang des gerichtlichen Verfahrens noch nicht mit großer Wahrscheinlichkeit vorauszusehen ist, muss die Frage des Sofortvollzugs auf Grund einer Interessenabwägung beantwortet werden. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Interessen der Antragstellerin, ihren Dienst zunächst fortzuführen, gegen die kirchlichen Interessen und insbesondere gegen die Interessen des Kirchenvorstandes und der Kirchengemeinde abzuwägen sind.
Bei dieser Abwägung räumt das Gericht den Interessen des Kirchenvorstandes, der nach Art.6 Abs. 1 der Kirchenordnung die Gemeinde leitet und für das gesamte Gemeindeleben verantwortlich ist, den Vorrang ein. Es ist unbestritten, dass die Antragstellerin seit Beginn ihrer Tätigkeit in der Gemeinde mit dem Kirchenvorstand in seiner verschiedenen Personenzusammensetzung Schwierigkeiten hatte und es wiederholt zu schwerwiegenden Meinungsverschiedenheiten kam.
Dieses Spannungsverhältnis hat sich nunmehr zu einem Grad gesteigert, in dem der Frieden in der Kirchengemeinde gefährdet ist. Wenn die Antragstellerin in der derzeitigen Situation ihren Dienst in der Gemeinde wiederaufnehmen könnte, würde dies nach der Überzeugung des Kirchengerichts zu einer weiteren Eskalation der Auseinandersetzungen führen, die dem Gemeindewohl abträglich wäre. Die Antragstellerin muss daher, auch wenn sie auf ihr zugeneigte und für sie eintretende Gemeindemitglieder hinweisen kann, ihre eigenen Interessen an der Fortführung ihres Dienstes und Ausübung ihres Amtes im gegenwärtigen Verfahrensstadium zurückstellen.
Das Kirchengericht hielt es somit in Abwägung der beiderseitigen Interessen für geboten, die sofortige Vollziehung der Versetzung in den Wartestand zu bestätigen.