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Kirchengericht: | Kirchliches Verfassungs- und Verwaltungsgericht der EKHN |
Entscheidungsform: | Urteil (rechtskräftig) |
Datum: | 30.04.1999 |
Aktenzeichen: | KVVG II 1/99 |
Rechtsgrundlage: | Art. 33 GG; Art. 48 KO; §§ 5,29,30,32,35a,39,42,48,49,50 PfG; §§ 2,6,18,20,36,38 KVVG; § 26 VwVfG; § 154 VwGO |
Vorinstanzen: | |
Schlagworte: | Amtsermittlungspflicht, Ermessen - pflichtgemäßes, Fürsorgepflicht, Gedeihliche Amtsführung, Ruhestand, Ungedeihlichkeit, Versetzung, Wartestand |
Leitsatz:
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Für das Verfahren werden Gebühren und Auslagen nicht erhobenen. Die außergerichtlichen Kosten hat der Kläger zu tragen.
#Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen seine Versetzung in den Ruhestand.
Der 1953 geborene Kläger ist ledig und hat eine 12 Jahre alte unterhaltsberechtigte Tochter.
Der Kläger war seit 1987 Inhaber der Pfarrstelle der A-Gemeinde in A-Stadt. Mit Beschluss der Kirchenleitung vom 28.08.1995 wurde er mit Wirkung vom 01.09.1995 in den Wartestand versetzt, da eine gedeihliche Amtsführung nicht mehr zu erwarten sei. Der Kirchenvorstand habe aus nachvollziehbaren und einsichtigen Gründen das für ein gedeihliches Wirken erforderliche Vertrauens- und Gemeinschaftsverhältnis nicht mehr für gegeben erachtet. Eine gedeihliche Amtsführung sei unter Berücksichtigung der in der Vergangenheit aufgetretenen Schwierigkeiten auch bei einer anderweitigen Verwendung nicht zu erwarten. Mit Urteil vom 01.12.1995 bestätigte das Kirchliche Verfassungs- und Verwaltungsgericht die Entscheidung der Kirchenleitung und wies die hiergegen gerichtete Klage ab (– II 19/95 –, Amtl. Sammlg. Nr. 106). Über die gegen die Wartestandsversetzung und die Entscheidung des Gerichts anhängig gemachten verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist ausweislich der Akten noch nicht entschieden.
Am 18.04.1996 fand ein Gespräch zwischen dem Kläger und Vertretern der Beklagten statt, in dem der Kläger ausweislich des Gesprächsvermerks in dem Schreiben der Beklagten vom 06.05.1996 darauf hingewiesen wurde, dass er sich gemäß § 42 Abs. 1 PfG nur mit Zustimmung der Kirchenverwaltung um eine Pfarrstelle bewerben dürfe. Bewerbungen des Klägers könnten aber wegen der vom Gericht bestätigten Prognose, eine gedeihliche Amtsführung sei auch bei einer anderweitigen Verwendung nicht zu erwarten, nicht genehmigt werden. Der Kläger müsse deshalb damit rechnen, dass er nach Ablauf von zwei Jahren seit dem Beginn des Wartestandes gemäß § 51 Abs. 2 PfG in den Ruhestand versetzt werde.
Der Kläger bewarb sich aus dem Wartestand auf verschiedene Pfarrstellen. Soweit hierüber entschieden wurde, wurden die Bewerbungen von der Beklagten nicht zugelassen.
In ihrer Sitzung am 24.11.1998 beschloss die Kirchenleitung, den Kläger gemäß §§ 51 Abs. 2, 52 Abs. 2 PfG mit Wirkung vom 01.04.1999 in den Ruhestand zu versetzen, nachdem sich seine Wiederanstellung auch nach Ablauf von zwei Jahren nach seiner Versetzung in den Wartestand als nicht durchführbar erwiesen habe. Mit Bescheid vom 17.12.1998 teilte die Kirchenverwaltung dies dem Kläger mit. Der Bescheid und die Ruhestandsurkunde wurden dem Kläger am 22.12.1998 zugestellt.
Am 22.01.1999 hat der Kläger Klage gegen die Ruhestandsversetzung erhoben.
Er ist der Auffassung, die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 Satz 1 PfG für eine Ruhestandsversetzung lägen nicht vor. Die Beklagte habe nicht versucht, innerhalb von zwei Jahren nach der Versetzung in den Wartestand seine Wiederanstellung herbeizuführen. Sie habe nicht aufgezeigt, dass eine Wiederanstellung nicht durchführbar sei, sondern durch die Mitteilung vom 06.05.1996 eine Prüfung dieser Frage gerade verhindert. Aus der Einleitung des Ungedeihlichkeitsverfahrens könne nicht auf seine Ungeeignetheit geschlossen werden. Insoweit komme es auf die objektive Tatsache, nicht auf Wertungen von Kirchenvorständen oder Kirchenleitungen an.
Der Kläger behauptet, sein Gesundheitszustand habe sich seit dem Auszug aus der Dienstwohnung und nach intensiver medizinischer Behandlung wesentlich gebessert. Seine Leistungsfähigkeit sei wieder hergestellt. Ausfallzeiten erheblichen Umfangs, die zu entsprechenden Konflikten mit Kirchenvorständen führen könnten, seien künftig nicht zu erwarten. Eine darauf bezogene Ermessensausübung der Beklagten sei indes nicht erfolgt. Auch habe er die Zeit des Wartestandes in erheblichem Maße zu – auch persönlichkeitsbildender – Weiterbildung genutzt.
Der Kläger vertritt die Auffassung, bei § 51 Abs. 2 PfG handele es sich um eine Ermessensentscheidung. Verzichte die Beklagte – wie hier – auf die Ausübung des ihr jedenfalls von § 42 Abs. 1 Satz 1 PfG eingeräumten Ermessens hinsichtlich der Zulassung von Bewerbungen, sei der Tatbestand des § 51 Abs. 2 PfG nicht erfüllt.
Der Kläger ist weiter der Auffassung, der Pfarrerausschuss hätte bei der Entscheidung gemäß § 50 Abs. 1 PfG beteiligt werden müssen. Seine Einwendungen gegen die Ruhestandsversetzung ergäben sich aus seinen Bewerbungen. Diese verliehen seiner Auffassung Ausdruck, dass seine Wiederanstellung erfolgversprechend wäre.
Schließlich vertritt der Kläger die Meinung, die Beklagte habe das Recht zu seiner Ruhestandsversetzung verwirkt, da sie nach Ablauf der Zwei-Jahres-Frist weitere 15 Monate habe verstreichen lassen.
Hinsichtlich seines Hilfsantrags ist der Kläger der Meinung, das gewährte Ruhegehalt stelle keine angemessene Alimentation dar. Die dem zugrundeliegende versorgungsrechtliche Regelung sei mit Art. 33 Abs. 5 GG und § 29 Abs. 2 Satz 1 PfG nicht vereinbar. Der Ruhegehaltssatz betrage nach der Auskunft der Beklagten lediglich 54%. Von den Ruhegehaltsbezügen in Höhe von rund 3.000,-- DM blieben ihm nach Abzug von 400,-- DM für Kranken- und Pflegeversicherung, 600,-- DM Unterhalt sowie 1.500 DM für Miete, Heizung und Nebenkosten gerade noch 500,-- DM zum Leben. Der kirchliche Rechtsweg sei auch insoweit eröffnet, da den staatlichen Verwaltungsgerichten eine Überprüfung der kirchenrechtlichen Normsetzung verwehrt sei.
Der Kläger beantragt,
den mit Bescheid der Kirchenverwaltung vom 17.12.1998 mitgeteilten Beschluss der Kirchenleitung vom 24.11.1998 über die Versetzung des Klägers in den Ruhestand aufzuheben,
hilfsweise
die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger Ruhestandsbezüge mindestens in Höhe der bisherigen Wartestandsbezüge zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, § 51 Abs. 2 Satz 1 PfG sei nicht verletzt. Vielmehr belege das gesamte Verhalten des Klägers seit dem 01.12.1995, dass die in seiner Person liegenden Gründe, die einer weiteren Verwendung als Pfarrer entgegenstünden, nach wie vor vorhanden seien. Was den Gesundheitszustand des Klägers betreffe, so beweise seine Argumentation lediglich, dass sich an seiner Einstellung gegenüber seinen Pflichten als Pfarrer nichts geändert habe. Er habe seine selbst verschuldete Erkrankung vorsätzlich perpetuiert und instrumentalisiert, indem er durch häufige Krankmeldungen die Wahrnehmung wichtiger Termine vereitelt habe.
Die Beklagte ist weiter der Auffassung, die Ruhestandsversetzung des Klägers sei gemäß § 51 Abs. 2 PfG zwingend vorgeschrieben. Einer Anhörung des Pfarrerausschusses habe es nicht bedurft. Zudem seien von dem Kläger auf die Ankündigung vom 06.05.1996 hin Einwendungen nicht erhoben worden, so dass eine Anhörung des Pfarrerausschusses ohnehin nicht geboten gewesen sei.
Für die Entscheidung über den Hilfsantrag fehle es gemäß § 5 Nr. 2 KVVG an der Zuständigkeit des Kirchengerichts.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Akten der Verfahren II 11/95, II 12/95, II 18/95, II 19/95, II 2/96 und II 3/96, II 2/99 und II 3/99 sowie der vorgelegten Personalakten des Klägers (7 Bände und 1 Band Stellenbewerbungen) Bezug genommen.
#Entscheidungsgründe:
Das im Hauptantrag als Anfechtungsklage zulässige Klagebegehren ist nicht begründet. Der dem Kläger mit Bescheid der Kirchenverwaltung vom 17.12.1998 mitgeteilte Beschluss der Kirchenleitung vom 24.11.1998 über seine Versetzung in den Ruhestand ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat den Kläger zu recht gemäß § 51 Abs. 2 Satz 1 PfG in den Ruhestand versetzt. Die Entscheidung ist sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht rechtsfehlerfrei ergangen. Die Beklagte hat weder das geltende Kirchenrecht unzutreffend angewandt noch die Grenzen ihres pflichtgemäßen Ermessens nicht eingehalten noch ist sie von irrigen tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen (§ 18 Abs. 1 KVVG).
Die Ruhestandsversetzung genügt den formellen Erfordernissen des kirchlichen Rechts. Dem Kläger ist vor Erlass in noch ausreichendem Umfang rechtliches Gehör gewährt worden. Eine Anhörung durch die Kirchenleitung selbst war nicht geboten. § 51 PfG enthält eine § 48 Satz 1 PfG entsprechende Anhörungsverpflichtung nicht. Gleichwohl verlangt das Gebot des geschwisterlichen Umgangs miteinander (vgl. KVVG, Urteil vom 12.05.1989 – II 1/89 –, Amtl. Sammlg. Nr. 67 – Verlängerung Probezeit –; Beschluss vom 25.11.1982 – I 4/82 –, Amtl. Sammlg. Nr. 43 Dekanwahl ) auch für die Ruhestandsversetzung nach § 51 PfG eine vorherige Anhörung des Betroffenen. Dieser Verpflichtung ist die Beklagte mit dem Schreiben vom 06.05.1996 nachgekommen. Das Schreiben ist zwar schon nach etwa 2/3 des zweijährigen Wartestandes ergangen. Zu diesem Zeitpunkt war das Ende der Frist, innerhalb derer sich die Undurchführbarkeit der Wiederanstellung erweisen soll, noch nicht in Sicht. Damit konnte grundsätzlich auch der Zweck der Anhörung im Verfahren nach § 51 Abs. 2 Satz 1 PfG noch nicht erfüllt werden. Dies setzt nämlich eine entsprechende Überzeugungsbildung über die Undurchführbarkeit der Wiederanstellung auf Seiten der Beklagten voraus, für die in § 51 Abs. 2 Satz 1 PfG grundsätzlich ein Zeitraum von zwei Jahren vorgesehen ist.
Vorliegend ist dieser Umstand jedoch ausnahmsweise unschädlich. Die Beklagte hatte nämlich auf Grund der im Wartestandsverfahren zu Tage getretenen Umstände die Überzeugung gewonnen, dass die Wiederanstellung des Klägers sich auf jeden Fall als undurchführbar erweisen werde, da sein weiterer Einsatz in einem Pfarramt nicht verantwortet werden könne. Diese Überzeugung dem Kläger frühzeitig mitzuteilen, ist nicht zu beanstanden. Hierdurch wird seine Rechtsposition nämlich nicht geschwächt, sondern gestärkt. Er kann auf der einen Seite sich frühzeitig um eine Verwendung außerhalb des kirchlichen Bereichs bemühen. Er kann auf der anderen Seite seiner abweichenden Auffassung in einem frühen Stadium des Verfahrens Gehör verschaffen. Im Hinblick auf das Schreiben vom 06.05.1996, in dem ausdrücklich auf die Zwei-Jahres-Frist des § 51 Abs. 2 PfG hingewiesen war, war für den Kläger auch deutlich, bis zu welchem Zeitpunkt etwaige Einwendungen hätten vorgebracht werden müssen.
Eine Anhörung des Pfarrerausschusses war entgegen der Auffassung des Klägers nicht erforderlich. Eine Anhörung des Pfarrerausschusses ist in § 51 PfG nicht vorgesehen. Die Regelung in § 50 Abs. 1 Satz 2 PfG ist bei der Ruhestandsversetzung nach § 51 PfG nicht anwendbar. Wie sich aus dem Zusammenhang der Bestimmung mit den §§ 48, 49 PfG ( „etwaige Einwendungen“ bzw. „Einwendungen“) ergibt, gilt sie nur für die Ruhestandsversetzung nach § 47 PfG. Aus § 4 Abs. 1 lit. b PfAG, wonach der Pfarrerausschuss nur bei einer Versetzung in den Ruhestand nach § 50 Abs. 1 PfG mitwirkt, ergibt sich nichts anderes. Da eine planwidrige Regelungslücke nicht erkennbar ist, besteht für eine entsprechende Anwendung von § 50 Abs. 1 Satz 2 PfG kein Anlass. Der kirchliche Gesetzgeber hat die Anhörung deshalb nicht vorgesehen, weil die Entscheidung zum einen zwingend ist und zum anderen der Pfarrerausschuss bei der vorhergehenden Wartestandsversetzung zu hören ist (KVVG, Urteil vom 22.11.1960 – II 2/58 –, Amtl. Sammlg. Nr. 9 – Versetzung in den Ruhestand –).
Die Entscheidung über die Ruhestandsversetzung des Klägers ist schließlich auch noch ausreichend begründet. Wie das Gericht in seinem Urteil vom 12.05.1989 (– II 1/89 –, Amtl. Sammlg. Nr. 67 – Verlängerung Probezeit –) ausgeführt hat, stellt die Pflicht zur Begründung einer Verwaltungsentscheidung ein wesentliches Erfordernis eines jeden rechtsstaatlichen, mithin auch des kirchlichen Verwaltungsverfahrens dar. Die Begründung muss erkennen lassen, von welchen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen die Behörde bei ihrer Entscheidung ausgegangen ist. Sie darf sich dabei nicht in formelhaften, allgemeinen Darlegungen erschöpfen, sondern muss die für die konkrete Entscheidung maßgeblichen Gründe nennen. Dem wird der Bescheid vom 17.12.1998 durch die Inbezugnahme des Schreibens vom 06.05.1996 gerade noch gerecht. Insbesondere war aus ihm für den Kläger erkennbar, dass die Beklagte davon ausgeht, dass sich an den Gründen für die negative Prognose seitdem nichts geändert hat.
Die Entscheidung über die Ruhestandsversetzung des Klägers ist auch in materiell Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Beklagte ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Ruhestandsversetzung nach § 51 Abs. 2 Satz 1 PfG gegeben sind. Nach dieser Bestimmung wird ein Pfarrer, der sich nach § 39 PfG im Wartestand befindet, in den Ruhestand versetzt, wenn sich seine Wiederanstellung bis zum Ablauf von zwei Jahren nach der Versetzung in den Wartestand als nicht durchführbar erwiesen hat.
Bei dieser Bestimmung handelt es sich entgegen der von dem Kläger vertretenen Rechtsauffassung um eine strikte Norm, d.h. die Ruhestandsversetzung ist zwingend auszusprechen, wenn ihre gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind („wird in den Ruhestand versetzt“). Ein Ermessen ist der Beklagten insoweit nicht eröffnet (KVVG, Urteil vom 22.11.1960 – II 2/58 –, Amtl. Sammlg. Nr. 9 – Versetzung in den Ruhestand –).
Die Einräumung eines Ermessens folgt auch nicht aus dem Umstand, dass sich der Pfarrer im Wartestand nur mit Zustimmung der Kirchenverwaltung um eine Pfarrstelle bewerben kann und diese Zustimmung womöglich im Ermessen des Dienstherrn steht. Auch wenn damit in tatsächlicher Hinsicht ein Zusammenhang zwischen den Regelungen besteht, indem nämlich die Entscheidung gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 PfG letztlich mit darüber bestimmen kann, ob die Voraussetzungen für die Ruhestandsversetzung nach § 51 Abs. 2 Satz 1 PfG vorliegen, so besteht dieser Zusammenhang zum einen nur in tatsächlicher Hinsicht. Zum anderen erstreckt er sich nicht auf die Rechtsfolgenseite des § 51 Abs. 2 Satz 1 PfG, sondern bleibt auf dessen tatsächliche Voraussetzungen beschränkt.
Durch die Überschreitung der Zwei-Jahres-Frist des § 51 Abs. 2 PfG hat die Beklagte trotz des zwingenden Charakters der Regelung ihr Recht, den Kläger in den Ruhestand zu versetzen, entgegen dessen Auffassung nicht verwirkt. Es fehlt angesichts des Schreibens vom 06.05.1996 und den nicht zugelassenen Bewerbungen des Klägers an jedem Anhaltspunkt dafür, dass die Beklagte bei dem Kläger den Eindruck erweckt haben könnte, sie werde von ihrer Befugnis, ihn in den Ruhestand zu versetzen, keinen Gebrauch mehr machen (vgl. dazu Kopp, VwVfG, 6. Auflage 1996, § 53 RdNr. 31 f.)
Die Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Wiederanstellung des Klägers als undurchführbar erwiesen hat.
Bei diesem Tatbestandsmerkmal handelt es sich nach Auffassung der Kammer um einen voll überprüfbaren Rechtsbegriff. Ein Beurteilungsspielraum ist der Beklagten insoweit nicht eröffnet. Das Tatbestandsmerkmal des „Erweisens“ setzt – anders als der Kläger meint – nicht generell voraus, dass eine Wiederanstellung in jedem Fall durch die Beklagte versucht worden sein muss, indem sie Bewerbungen des Pfarrers zugelassen oder gar unterstützt hätte, etwa durch Erteilung von Dienstaufträgen oder durch Hinweise auf Bewerbungsmöglichkeiten und Hilfestellung im Bewerbungsverfahren. Allerdings wird dies der Regelfall sein. Denn auch wenn die Versetzung in den Wartestand – wie hier – deshalb erfolgt ist, weil eine gedeihliche Führung des Amtes auch bei einer anderweitigen Verwendung nicht zu erwarten ist (§ 39 Abs. 1 Nr. 2 PfG), stellt die generelle und dauerhafte Ungedeihlichkeitsprognose den Ausnahmefall dar. Die Beklagte wird im Regelfall in Wahrnehmung ihrer Fürsorgepflicht gegenüber dem Pfarrer (§ 29 Abs. 1 PfG) auf der einen und in Sorge für die ausreichende geistliche Versorgung der Gemeinden und für die rechte Ausrichtung des kirchlichen Dienstes im öffentlichen Leben (Art. 48 Abs. 2 lit. a KO) auf der anderen Seite alles ihr Zumutbare daransetzen müssen, eine Wiederanstellung in einem Arbeitsumfeld zu ermöglichen, in dem die reelle Chance eines für alle Seiten befriedigenden, mithin gedeihlichen Wirkens besteht. Allein hieran haben sich die Entscheidungen im Ruhestandsverfahren und seinem Vorfeld auszurichten. Die Ruhestandsversetzung von Wartestandspfarrern darf nicht dazu genutzt werden, sonstigen personalpolitischen Zielsetzungen zum Durchbruch zu verhelfen.
Ausgehend hiervon kann die Undurchführbarkeit der Wiederanstellung nur dann unmittelbar und allein aus den Gründen der Wartestandsversetzung hergeleitet werden, wenn sich die Feststellungen aus dem Wartestandsverfahren auf jegliche Verwendung, also insbesondere nicht nur auf eine Verwendung im Gemeindepfarramt beziehen, und wenn insoweit gegenüber den die Annahme aus dem Wartestandsverfahren rechtfertigenden Umständen während der Wartestandszeit keine Veränderungen zugunsten des betroffenen Pfarrers eingetreten sind.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.
Die Beklagte hat für die Ungedeihlichkeitsprognose darauf abgestellt, dass es seit Beginn des Dienstes 1984 in der A-Gemeinde in D-Stadt immer wieder zu Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Kirchenvorstand gekommen sei, und dies im einzelnen ausgeführt. Bezeichnend für die Amtsführung des Klägers seien sein Unvermögen zur angemessenen Wahrnehmung der Realität und der eigenen Defizite, zur Zusammenarbeit, zur Auseinandersetzung mit Konflikten und zur zeitlichen und inhaltlichen Arbeitsplanung sowie seine auffallend geringe Belastbarkeit. Es sei nicht zu erwarten, dass sich diese persönlichkeitsbedingten schwerwiegenden Mängel der Amtsführung auf Dauer beheben ließen. Eine Verwendung in einem anderen Dienst als Pfarrer sei unter diesen Umständen nicht mehr zu verantworten. Das Gericht hat in seinem Urteil vom 01.12.1995 diese zukunftsgerichteten Feststellungen der Beklagten nicht beanstandet, da die Probleme maßgeblich durch die Person des Klägers geprägt seien und deshalb auch bei einer anderweitigen Verwendung wieder zu gewärtigen seien. Im Hinblick auf die Art der von der Beklagten monierten Defizite in der Amtsführung betraf diese Feststellung eine jegliche Verwendung des Klägers, nicht lediglich eine Verwendung in einem Gemeindepfarramt mit ihren besonderen Anforderungen.
Nach der Natur dieser Defizite und der Prognose der Beklagten war mit einer Behebung dieser Mängel nicht zu rechnen. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung der Kirchenleitung über die Ruhestandsversetzung waren auch keine Tatsachen gegeben, die ein Abrücken von der ursprünglichen Einschätzung geboten hätten.
Da derartige Umstände ausschließlich aus der Sphäre des Klägers herrühren könnten, wäre es seine Sache gewesen, die Beklagte hierauf vor der Entscheidung über die Ruhestandsversetzung ausdrücklich hinzuweisen, um dieser erforderlichenfalls die Möglichkeit zu eröffnen, im Wege der ihr obliegenden Amtsermittlung den Sachverhalt einer näheren Aufklärung zuzuführen. Die Amtsermittlungspflicht besteht nämlich nur in den Grenzen des Parteivorbringens (vgl. für das staatliche Verfahrensrecht, Kopp, VwVfG, 6. Auflage 1996, § 26 RdNr. 43). An derartigem Vorbringen fehlte es hier. Obwohl dem Kläger auf Grund des Schreibens vom 06.05.1996 bewusst gewesen sein musste, dass er zum Jahresende 1997 in den Ruhestand versetzt werden würde, hat er weder zu diesem noch zu einem späteren Zeitpunkt vor der Ruhestandsversetzung eine Veränderung der Umstände geltend gemacht. Allein die Tatsache, dass der Kläger keine Krankschreibungen mehr eingereicht hat und sich auf verschiedene Pfarrstellen beworben hat, reicht hierfür nicht aus. Die Beklagte durfte deshalb bei ihrer Entscheidung davon ausgehen, dass eine Veränderung nicht eingetreten sei.
Auch unter Berücksichtigung der nunmehr von dem Kläger angeführten Umstände und eingereichten Unterlagen ergibt sich kein anderes Bild.
Soweit sich der Kläger jetzt auf eine Stabilisierung seines Gesundheitszustandes beruft, kann offen bleiben, ob dies dauerhaft der Fall ist oder lediglich Folge der Entbindung von den Amtspflichten infolge der Wartestandsversetzung. Der Kläger ist nämlich nicht deshalb in den Wartestand versetzt worden, weil er wegen seines Gesundheitszustandes in der Führung seines Amtes erheblich behindert gewesen wäre (vgl. §§ 35a Abs. 1 lit. a, 39 Abs. 1 Nr. 1 PfG). Vielmehr hat der Gesundheitszustand des Klägers nur insoweit Eingang in die Wartestandsentscheidung gefunden, als „ferner eine auffallend geringe Belastbarkeit“ des Klägers, „die u.a. in ungewöhnlich langen und häufigen Fehlzeiten zum Ausdruck kommt“, als bezeichnend für die Amtsführung des Klägers angeführt wurde. Der Gesundheitszustand des Klägers war weder unmittelbar Gegenstand der Wartestandsentscheidung noch war er der entscheidende und maßgebliche Grund hierfür, wie sich aus den angeführten Formulierungen ergibt.
Auch die von dem Kläger absolvierten Weiterbildungsmaßnahmen führen zu keiner anderen Beurteilung. Es ist nicht erkennbar, inwiefern das von dem Kläger offenbar absolvierte Aufbaustudium der Gerontologie, das Seminar über industrielle Beziehungen oder das zweieinhalbtägige Seminar über Organisationsentwicklung Veränderungen im Hinblick auf die in Rede stehenden Problemfelder bei der Amtsführung bewirkt haben könnten, zumal die Veranstaltungen teilweise erst nach der Entscheidung der Kirchenleitung stattgefunden haben. Dies gilt auch für den 300 Unterrichtsstunden umfassenden Ausbildungskurs zur Theorie und Praxis der Systemischen (Familien-)Therapie und Beratung, da der Kurs ausweislich der Bescheinigung vom 20.03.1999 in erster Linie einen Ausbildungszweck und den Erwerb einer beruflichen Qualifikation verfolgte und nicht der Behebung der in Rede stehenden Defizite diente. Über die 150 Stunden Selbsterfahrung wird Näheres weder in der Bescheinigung mitgeteilt noch von dem Kläger vorgetragen.
Die Ruhestandsversetzung ist auch im übrigen nicht zu beanstanden. Der Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung ist zutreffend nach § 52 Abs. 2 Satz 1 PfG bestimmt. Danach beginnt der Ruhestand mit dem Ende des dritten Monats nach Ablauf desjenigen Monats, in dem dem Pfarrer die Versetzung in den Ruhestand mitgeteilt wird. Der Bescheid wurde dem Kläger am 22.12.1998 zugestellt. Der Beginn des Ruhestandes ist auf den 01.04.1999 festgesetzt.
Auch der Hilfsantrag bleibt ohne Erfolg. Insoweit fehlt es an der Entscheidungszuständigkeit des Kirchlichen Verfassungs- und Verwaltungsgerichts. Für die Anfechtung von Entscheidungen in vermögensrechtlichen Angelegenheiten der Pfarrer, insbesondere auf dem Gebiet des kirchlichen Versorgungsrechts, ist nämlich nicht der Rechtsweg zum kirchlichen, sondern zu den staatlichen Gerichten eröffnet (§ 5 Nr. 2 PfG). Der Zulässigkeit eines Verpflichtungsbegehrens wegen höherer Besoldung steht im übrigen – wie auch im staatlichen Prozessrecht – entgegen, dass es an der nicht nachholbaren Klagevoraussetzung eines vorherigen Antrags auf höhere Versorgung an die Kirchenbehörde fehlt (vgl. dazu Schnellenbach, ZBR 1992, 257, 266 ff. m.w.N.). Es liegt noch nicht einmal ein Bescheid über die Festsetzung der Versorgungsbezüge vor, da dem Kläger im Hinblick auf die aufschiebende Wirkung seiner Klage (§ 20 Abs. 1 Satz 1 KVVG) weiterhin die Wartestandsbezüge gewährt worden sind.
Soweit es dem Kläger um eine Überprüfung der Vorschriften des kirchlichen Versorgungsrechts im Wege der Normenkontrolle gehen sollte, ist hierfür zwar der kirchliche Rechtsweg gegeben (vgl. § 2 Nr. 1 KVVG), doch fehlt es dem Kläger insoweit an der erforderlichen Antragsbefugnis (§ 6 Nr. 1 KVVG). Für eine inzidente Normenkontrolle ist kein Raum, da die Versorgungsfestsetzung noch nicht erfolgt und schon deshalb nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist.
Für das Verfahren werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben (§ 36 Satz 1 KVVG). Als unterliegender Teil hat der Kläger die außergerichtlichen Kosten zu tragen (§§ 38 KVVG, 154 Abs. 1 VwGO).