.
Kirchengericht:Kirchliches Verfassungs- und Verwaltungsgericht der EKHN
Entscheidungsform:Urteil (rechtskräftig)
Datum:12.07.1996
Aktenzeichen:KVVG II 5/96
Rechtsgrundlage:§§ 35a,36c,38,39 PfG; § 15 PfStG; §§ 18,36,38 KVVG; § 154 VwGO
Vorinstanzen:
Schlagworte:, Ermessen - pflichtgemäßes, Fürsorgepflicht, Gedeihliche Amtsführung, Ungedeihlichkeit, Versetzung, Wartestand
#

Leitsatz:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Für das Verfahren werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten hat der Kläger zu tragen.
#

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Aufhebung seiner Versetzung in den Wartestand.
Der 1945 geborene Kläger wurde 1982 zum Pfarrvikar und 1985 zum Pfarrer der EKHN auf Lebenszeit ernannt. Nach seiner Verwendung in B-Stadt wurde er am 16.08.1988 zum Inhaber der Pfarrstelle der A-Kirchengemeinde A-Stadt ernannt und wurde dort auch Vorsitzender des Kirchenvorstandes.
Mit Schreiben vom 16.03.1995 teilte die Kirchenverwaltung dem Kläger mit, dass die Kirchenleitung am 14.03.1995 beschlossen habe, ein Versetzungsverfahren gem. § 35a Abs. 1 b PfG einzuleiten.
Mit Beschluss vom 13.06.1995 stellte die Kirchenleitung fest, dass eine Versetzung des Klägers notwendig sei. Er wurde aufgefordert, sich innerhalb einer Frist von sechs Wochen um eine andere Pfarrstelle zu bewerben oder innerhalb dieser Frist einen anderen von der Kirchenleitung erteilten Dienstauftrag zu übernehmen. Diesen Beschluss teilte die Kirchenverwaltung dem Kläger durch Bescheid vom 19.06.1995 mit.
Mit Beschluss vom 10.10.1995 versetzte die Kirchenleitung den Kläger mit Wirkung vom 01.11.1995 in den Wartestand und ordnete die sofortige Vollziehung an. Zur Begründung führte die Kirchenverwaltung in ihrem Bescheid vom 11.10.1995 an, dass der Kläger trotz einer Bewerbung auf die Pfarrstelle I der B-Kirchengemeinde C-Stadt nicht gewählt worden sei. Innerhalb der Frist von drei Monaten seit der Aufforderung nach § 38 Abs. 1 PfG sei daher eine anderweitige Verwendung des Klägers nicht zustande gekommen. Zwingende Folge sei die Versetzung des Klägers in den Wartestand gem. § 39 Abs.1 Nr. 3 PfG.
Die Klage des Klägers gegen den Beschluss der Kirchenleitung vom 13.06.1995, dass seine Versetzung notwendig sei, wurde durch Urteil der Kammer vom 03.11.1995 abgewiesen (Az.: II 16/1995).
Auf die Klage des Klägers gegen seine Versetzung in den Wartestand gemäß Beschluss der Kirchenleitung vom 10.10.1995 hob das Gericht den angefochtenen Beschluss mit Urteil vom 05.01.1996 auf, da die Bewerbungsfrist zum Zeitpunkt der Wartestandsversetzung noch nicht abgelaufen gewesen sei und es die Beklagte an der notwendigen Unterstützung des Klägers bei seiner Bewerbung habe fehlen lassen. (Az.: II 22/1995).
Durch Beschluss der Kirchenleitung vom 30.04.1996 wurde der Kläger mit Wirkung vom 01.06.1996 erneut in den Wartestand versetzt. Nach der Mitteilung dieses Beschlusses durch Schreiben der Kirchenverwaltung vom 03.05.1996 an den Bevollmächtigten des Klägers ist diese Versetzung in den Wartestand zum einen auf § 39 Abs. 1 Nr. 2 PfG gestützt, weil eine gedeihliche Amtsführung des Klägers auch bei einer anderweitigen Verwendung nicht zu erwarten sei.
Zum anderen sei die Versetzung in den Wartestand auch nach § 39 Abs. 1 Nr. 3 PfG geboten, weil eine andere Verwendung des Klägers nicht zustande gekommen sei. Die Begründung dazu geht zugunsten des Klägers davon aus, dass die 3-Monatsfrist zur Bewerbung um eine neue Pfarrstelle erst am 03.11.1995 begonnen und dass der Kläger damit bis zur Zustellung des jetzt angefochtenen Bescheides (am 07.05.1996) sechs Monate Zeit gehabt habe, sich zu bewerben. Dies sei genügend Zeit, nämlich das Doppelte der gesetzlichen 3-Monatsfrist, um sich auf andere Stellen zu bewerben und auf einen Ortswechsel einzustellen, auch ohne eine aktive Unterstützung durch die Kirchenleitung. Er habe sich in dieser Zeit auch mehrfach um andere Stellen beworben – allerdings ohne Erfolg. Eine aktive Unterstützung seitens der Kirchenleitung sei im übrigen nicht gut vorstellbar. Vielmehr müsse der zuständige Propst bei Erörterung über die Eignung eines Bewerbers immer auch auf Bedenken hinweisen, die sich etwa aus Anlass eines Versetzungsverfahrens ergeben hätten. Andernfalls sei mit Vorwürfen der beteiligten Kirchenvorstände zu rechnen, wie es sie in vergleichbaren Fällen schon gegeben habe.
Gegen den Beschluss vom 30.04.1996 – mitgeteilt durch am 07.05.1996 zugestellten Bescheid vom 03.05.1996 - hat der Kläger Klage erhoben, die am 03.06.1996 bei Gericht eingegangen ist. Er trägt vor, dass die Beklagte sich für eine Versetzung in den Wartestand nicht auf § 39 Abs. 1 Nr. 2 PfG berufen könne, weil sie selbst den Kläger aufgefordert habe, sich um eine andere Pfarrstelle zu bewerben. Sie habe damit grundsätzlich dargelegt, dass eine anderweitige Verwendung des Klägers zu erwarten sei.
Außerdem könne sie sich auf all jene Gründe nicht mehr berufen, die sie bereits in dem durch Urteil abgeschlossenen Versetzungsverfahren vorgetragen habe. Insoweit seien diese Gründe “verbraucht“. Diese Gründe lägen auch teilweise schon mehrere Jahre zurück und führten andererseits nicht zu dem Schluss, dass auch eine Verwendung an einer anderen Pfarrstelle nicht in Betracht komme. Die Beklagte selbst habe anerkannt, dass die erhobenen Beanstandungen einer Versetzung des Klägers an eine andere Pfarrstelle nicht entgegenstünden. Berücksichtige man die jetzt im Bescheid angeführten Gründe, so müsse die Beklagte sich fragen lassen, warum sie überhaupt dem Kläger die Möglichkeit des § 38 PfG eingeräumt habe.
Auch die Voraussetzungen nach § 39 Abs. 1 Nr. 3 PfG lägen nicht vor. Denn der Kläger habe es nicht abgelehnt, der an ihn gerichteten Aufforderung auf Bewerbung um eine andere Pfarrstelle nachzukommen. Allenfalls komme die zweite Alternative dieser Vorschrift in Betracht. Insoweit sei zu erwägen, ob die Beklagte nicht erneut das Verfahren nach § 38 PfG hätte betreiben müssen. Sie sei aber in jedem Fall gehalten gewesen, den Kläger im Rahmen seiner Bewerbungen um eine neue Pfarrstelle zu unterstützen. Das sei bei vier von ihm im einzelnen angeführten Fällen nicht der Fall gewesen. Im Falle der Bewerbung um die Pfarrstelle der Kirchengemeinde C. habe die Beklagte seine erfolgreiche Bewerbung geradezu verhindert. Die Beklagte treffe eine gesteigerte Fürsorgepflicht bei der Bearbeitung von Bewerbungen des Klägers. Insoweit verweist der Kläger auch auf seine familiäre Situation mit einer nicht berufstätigen Ehefrau und sieben in seinem Haushalt lebenden unterhaltsberechtigten Kindern.
Zur Frage der Fürsorgepflicht nimmt der Kläger im übrigen auf das Urteil des angerufenen Gerichts vom 05.01.1996 Bezug. Zu seinen Stellenbewerbungen trägt er weiterhin vor, dass er sich am 28.05.1996 um die damals zum zweiten Male ausgeschriebene Pfarrstelle I der D-Gemeinde in D-Stadt beworben habe. In einem Telefongespräch mit dem “Zweitvorsitzenden der Gemeinde“ sei ihm bestätigt worden, dass er der einzige Bewerber sei. Der Kirchenvorstand habe aber noch keinen Beschluss gefasst. Wegen Änderungen im Pfarrstellengesetz werde geprüft, ob eine dritte Ausschreibung möglich sei. Zu einem Vorstellungsgespräch sei es nicht gekommen. Er sei einziger Bewerber geblieben. Bei einer Kirchenvorstandssitzung, bei der es auch um die Bewerbung des Klägers gegangen sei, sei Propst C. anwesend gewesen.
Der Kläger beantragt,
den mit Bescheid der Kirchenverwaltung vom 03.05.1996 mitgeteilten Beschluss der Kirchenleitung vom 30.04.1996 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, die Wartestandsversetzung sei auch gem. § 39 Abs. 1 Nr. 2 PfG zulässig, obwohl der Kläger zunächst mit Beschluss vom 13.06.1995 aufgefordert worden sei, sich um eine andere Pfarrstelle zu bewerben. Schon aus der Vorlage vom 06.06.1995 für die Sitzung der Kirchenleitung am 13.06.1995 ergebe sich, dass die Kirchenleitung auch damals schon hätte beschließen können, den Kläger nach dieser Alternative in den Wartestand zu versetzen, weil nach dem Ergebnis des Verfahrens eine gedeihliche Führung seines Amtes auch bei einer anderweitigen Verwendung nicht zu erwarten gewesen sei. Sie habe jedoch aus Gründen der Zweckmäßigkeit einen Beschluss nach § 38 Abs. 1 PfG vorgezogen, weil der Kläger wiederholt und eindeutig erklärt habe, er wolle in der Gemeinde bleiben, und weil sie deshalb nicht damit gerechnet habe, dass er einer Aufforderung zur Bewerbung um andere Stellen nachkommen werde.
In diesem Fall wäre eine Wartestandsversetzung nach § 39 Abs. 1 Nr. 3 (1. Alternative) PfG auch ohne eine negative Prognose zur Amtsführung bei einer anderweitigen Verwendung möglich gewesen. Im übrigen sei auch nicht ernsthaft mit einem Stellenwechsel des Klägers zu rechnen gewesen, dessen Bewerbungschancen durch den schweren und durch die Presse öffentlich bekannt gewordenen Gemeindekonflikt erheblich gemindert seien.
Die Prognose, dass eine gedeihliche Amtsführung auch bei einer anderweitigen Verwendung nicht zu erwarten sei, könne auch auf die Gründe gestützt werden, die im Versetzungsverfahren dargelegt worden seien. Die Gründe seien von der Kammer im Verfahren über die Notwendigkeit der Versetzung anerkannt worden und darum dann auch maßgebend für die Einschätzung, dass eine gedeihliche Amtsführung auch bei einer sonstigen Verwendung nicht zu erwarten sei. Für die Prognose komme es nur darauf an, dass die Gründe, die zu den Spannungen geführt hätten, den Schluss rechtfertigten, dass ähnliche Probleme auch bei einer anderweitigen Verwendung zu befürchten seien. Die Beklagte verweist insoweit auf ein Urteil der Kammer vom 01.12.1995 (Az.: II 19/1995). Das Urteil des Gerichts in der Sache des Klägers II 16/1995 stelle fest, dass der Kläger Schwierigkeiten habe, Seelsorge und private finanzielle Interessen zu trennen, dass bei ihm Verwaltungsdefizite bestünden und Mängel bei der kollegialen Zusammenarbeit und bei der Möglichkeit, sein Verhalten selbstkritisch zu reflektieren. Damit seien weitere Probleme in der Zukunft zu erwarten.
Die Zustimmung der Kirchenleitung zur Bewerbung auf die Pfarrstelle C. sei dem Kläger mit Rücksicht auf die besonderen Verhältnisse und Anforderungen dieser Gemeinde versagt worden. Es sei auch nicht ersichtlich, dass gerade diese Bewerbung Aussicht auf Erfolg gehabt hätte.
Beim Vorstellungsgespräch mit dem Kirchenvorstand in E-Stadt habe der Propst den Kläger aufgefordert, seine Sicht des Konflikts in der A-Kirchengemeinde A-Stadt vorzutragen. Der Kläger habe sich aber zurückgehalten und es dem Propst überlassen, sich dazu zu äußern. Dieser habe mitgeteilt, dass durch Urteil vom 03.11.1995 die Notwendigkeit der Versetzung des Klägers bestätigt worden sei. Im übrigen sei die Behauptung nicht näher begründet und dargetan, dass die Gemeinde in E-Stadt und die E-Gemeinde in F-Stadt sich durch Entgegenwirken seitens der Beklagten veranlasst gesehen hätten, den Kläger nicht in engere Auswahl zu ziehen. Der Kirchenvorstand der D-Gemeinde in D-Stadt habe die Bewerbung des Klägers einstimmig abgelehnt. Eine dritte Ausschreibung sei nicht zulässig. Der Kläger verkenne, dass seine Chancen als Bewerber durch die gerichtlich bestätigte Feststellung, dass seine Versetzung aus der bisherigen Pfarrstelle notwendig sei, erheblich gemindert seien, weil die Kirchenvorstände im Rahmen der Erörterung von Bewerbungen nach § 15 PfarrstellenG über diese – für ihn ungünstige – Tatsache wahrheitsgemäß informiert werden müssten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Akten der Verfahren II 5/1995, II 8/1995, II 9/1995, II 10/1995, II 16/1995, II 21/ 1995 und II 22/1995 des Klägers gegen die Kirchenleitung sowie der vorgelegten Personalakten des Klägers.
#

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Anfechtungsklage des Klägers ist nicht begründet. Der dem Kläger mit Bescheid der Kirchenverwaltung vom 03.05.1996 mitgeteilte Beschluss der Kirchenverwaltung vom 30.04.1996 über seine Versetzung in den Wartestand ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Die Beklagte hat den Kläger zu Recht gemäß § 39 Abs. 1 PfG in den Wartestand versetzt. Ihre Entscheidung ist sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht rechtsfehlerfrei ergangen. Die Beklagte hat das geltende Kirchenrecht zutreffend angewandt. Die Grenzen ihres pflichtgemäßen Ermessens sind eingehalten. Die Entscheidung geht nicht von irrigen tatsächlichen Voraussetzungen aus (§ 18 Abs. 1 KVVG).
Die Beklagte hat das Versetzungsverfahren ordnungsgemäß eingeleitet und durchgeführt.
Es kann dahinstehen, ob die Entscheidung der Beklagten, den Kläger in den Wartestand zu versetzen, auch aus § 39 Abs. 1 Nr. 3 PfG begründet war, weil eine anderweitige Verwendung des Klägers bis zum Ende des Monats April 1996 nicht zustande gekommen war. Immerhin hatte der Kläger, da die an ihn gerichtete Aufforderung vom 19.06.1995 nach Auffassung des Gerichts nicht vor dem 03.11.1995 rechtlich wirksam wurde, fast volle sechs Monate Zeit für eine erfolgreiche Bewerbung auf eine andere Stelle – mithin doppelt soviel, wie ihm das Gesetz zubilligt.
Die angefochtene Entscheidung ist jedenfalls gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 2 PfG begründet. Nach dieser Vorschrift versetzt die Kirchenleitung einen Pfarrer in den Wartestand, wenn aus Gründen des § 35a Abs. 1 lit. b PfG eine gedeihliche Führung des Amtes durch ihn auch bei einer anderweitigen Verwendung nicht zu erwarten ist. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung liegen hier vor. Durch Urteil des Gerichts vom 03.11.1995 in der Sache II 16/1995 ist festgestellt, dass das Versetzungsverfahren hinsichtlich des Klägers ergeben hat, dass eine gedeihliche Führung seines Amtes als Inhaber der Pfarrstelle der A-Kirchengemeinde A-Stadt nicht mehr zu erwarten war. Die jetzt zu entscheidende Frage, ob auch die Versetzung des Klägers in den Wartestand gerechtfertigt ist, setzt zusätzlich voraus, dass die Gründe für die Ungedeihlichkeit der Führung seines Amtes in der A-Kirchengemeinde auch die gedeihliche Führung eines Amtes bei einer anderweitigen Verwendung des Klägers nicht erwarten lassen.
Die Annahme der Beklagten, dass dies so ist, ist nicht rechtswidrig. Zu Unrecht nimmt der Kläger an, dass die Gründe, die zur Feststellung der Notwendigkeit seiner Versetzung geführt haben, zur Begründung seiner Versetzung in den Wartestand nicht mehr angeführt werden könnten, weil sie “verbraucht“ seien. Das Gegenteil ist richtig. § 39 Abs. 1 Nr. 2 verweist auf die in § 35a Abs. 1 lit. b genannten Gründe für eine ungedeihliche Amtsführung. Es kommt darauf an, ob gerade die in einem Verfahren nach § 36c PfG festgestellten Gründe den Schluss rechtfertigen, dass auch bei einer anderweitigen Verwendung des Pfarrers seine gedeihliche Amtsführung nicht zu erwarten ist. Dabei bleibt letztlich ohne Gewicht, dass die Beklagte durch die an den Kläger gerichtete Aufforderung vom 14.06.1995, sich um eine andere Stelle zu bewerben, zunächst den Eindruck erweckt haben mag, dass sie die Voraussetzungen für eine Versetzung des Klägers in den Wartestand nicht für gegeben erachtete. Selbst wenn das so gewesen ist, was die Beklagte unter Hinweis auf die Vorlage vom 06.06.1995 für die Sitzung der Kirchenleitung vom 13.06.1995 zurückweist, könnte es darauf nicht ankommen, wenn die Beklagte zu einem späteren Zeitpunkt insbesondere zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung – eine andere Auffassung mit negativer Prognose für den Kläger gewonnen hat. Auch dann ist nämlich der Kläger durch die nach seiner Meinung im Widerspruch zur angefochtenen Entscheidung stehende Aufforderung vom 14.06.1995 nicht beschwert.
Die zumindest seit Oktober 1995 von der Beklagten zum Ausdruck gebrachte Auffassung, dass eine gedeihliche Amtsführung des Klägers auch bei einer anderweitigen Verwendung nicht zu erwarten ist, ist nicht zu beanstanden. Es kann dabei auch weiterhin unentschieden bleiben, ob hinsichtlich dieser in die Zukunft gerichteten Prognose ebenso wie bei der Überprüfung der Gründe für die Feststellung der ungedeihlichen Amtsführung des innegehabten Amts eine volle Überprüfung durch das Gericht stattfindet, oder ob der Beklagten insoweit ein Beurteilungsspielraum zusteht (vgl. KVVG, Urteil vom 09.08.1991 II 13/1990, = amtliche Sammlung Nr. 83), weil sich die angefochtene Entscheidung der Beklagten auch bei einer umfassenden Kontrolle als rechtmäßig erweist.
Nach der Rechtssprechung der Kammer ist für die Zukunftsprognose maßgebend, dass die Gesamtheit der Gründe, die zur Ungedeihlichkeit im innegehaltenen Amt geführt haben, auch den Schluss rechtfertigt, solche oder ähnliche Probleme würden auch bei einer anderweitigen Verwendung auftreten (KVVG, ebenda). Dies ist hier der Fall.
Dabei können die lange zurückliegenden kleineren Unzuträglichkeiten in B-Stadt unberücksichtigt bleiben. Dagegen sind die zahlreichen Beanstandungen und Spannungen seit dem Beginn des Dienstes des Klägers in der A-Kirchengemeinde insgesamt durchaus geeignet anzunehmen, dass es zu ähnlichen Problemen auch bei einer anderweitigen Verwendung des Klägers kommen wird. Der Kläger hat nicht nur bei Auftrag und Durchführung verschiedener Baumaßnahmen am Pfarrhaus den Kirchenvorstand übergangen. Er hat dem Kirchenvorstand auch die Beanstandungen des Rechnungsprüfungsamtes zur auffallenden Höhe seiner Telefonkosten zunächst nicht mitgeteilt und die dann getroffene Vereinbarung über die Erstattung privater Telefonkosten nicht eingehalten. Er hat die ihm gebotene Unterstützung des Kirchenvorstandes bei der Erledigung dienstlicher Angelegenheiten nicht genutzt, sondern musste zur Erledigung ständig angemahnt werden.
Seine Zusammenarbeit mit dem ihm zugewiesenen Pfarrvikar und anderen Kräften in der Gemeinde war mangelhaft und durch gravierende Ungeschicklichkeiten gekennzeichnet, die schließlich darin gipfelten, dass vier Mitarbeiterinnen des damaligen Kindergottesdienstteams ihre Mitarbeit in der Gemeinde wegen kränkender Äußerungen des Klägers einstellten. Der Kläger hat durch die Annahme eines größeren Darlehensbetrages im Zusammenhang mit einer seelsorgerlichen Begleitung Schwierigkeiten offenbart, seine Tätigkeit als Seelsorger von seinem privaten finanziellen Interesse zu trennen. Der Kläger hat schließlich in den Auseinandersetzungen um seine Person und um die Spannungen im Gemeindeleben deutlich werden lassen, dass er nicht imstande war, seine persönlichen Interessen zurückzustellen, bestehende Spannungen auszugleichen und den Kirchenvorstand vor böswilligen Angriffen in Schutz zu nehmen.
Es hat sich insbesondere gezeigt, dass der Kläger nicht in der Lage ist, sein Verhalten selbstkritisch zu reflektieren, und dass er damit weitere Probleme haben wird. Dies gilt auch für die festgestellten Verwaltungsdefizite, die er zwar einräumt, aber nicht abgestellt hat, und für die Fragen einer kollegialen Zusammenarbeit mit Mitarbeitern und dem Kirchenvorstand. Auch insoweit vermag der Kläger nicht, seinen eigenen Anteil an den Konflikten zutreffend einzuschätzen und sich selbstkritisch damit auseinanderzusetzen. Dieser Mangel zur realitätsgerechten Wahrnehmung und zur Einsicht in eigenes Fehlverhalten erhöhen das Konfliktrisiko, das sich bei keiner dienstlichen Verwendung als Pfarrer ausschließen lässt.
Zwar trifft es zu, dass einzelne der dem Kläger angelasteten Fälle schon längere Zeit zurückliegen. Aus den Akten ergibt sich jedoch, dass die Probleme auch in der letzten Zeit in steigender Zahl aufgetreten sind, obwohl dem Kläger seitens des Kirchenvorstandes und seitens des Dekanatssynodalvorstandes zahlreiche Hilfen angeboten worden waren. Auch wenn dem Kläger zuzugestehen ist, dass die Verantwortung für die Spannungen nicht ihm allein zugewiesen werden können, so steht doch aufgrund des Inhalts der Personalakten, der im Ungedeihlichkeitsverfahren abgegebenen Stellungnahmen und eingeholten Äußerungen sowie auch aufgrund des Eindrucks in den mündlichen Verhandlungen vor der Kammer zu ihrer Überzeugung fest, dass die Probleme maßgeblich durch die Person des Klägers geprägt sind und deshalb auch bei einer anderweitigen Verwendung zu erwarten sein würden. Ergänzend verweist die Kammer auf ihre beiden Urteile vom 03.11.1995 in den Sachen II 10 und 16/1995. Bei allem menschlichen Verständnis für den Kläger und seine sicher schwierige – allerdings weitgehend von ihm selbst zu vertretende – Situation, die die Kammer nicht verkennt, konnte die Klage deshalb keinen Erfolg haben.
Für das Verfahren werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben (§ 36 Satz 1 KVVG).
Als unterliegender Teil hat der Kläger die außergerichtlichen Kosten zu tragen (§§ 38 KVVG, 154 Abs. 1 VWGO).