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Kirchengericht:Kirchliches Verfassungs- und Verwaltungsgericht der EKHN
Entscheidungsform:Urteil (rechtskräftig)
Datum:26.04.1996
Aktenzeichen:KVVG II 23/95
Rechtsgrundlage:§§ 30,38a,39,42 PfG; § 4 PfAG; §§ 3,6,36,38 KVVG; § 155 VwGO
Vorinstanzen:
Schlagworte:Ermessen - pflichtgemäßes, Gedeihliche Amtsführung, Ungedeihlichkeit, Versetzung, Wartestand
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Leitsatz:

Tenor:

1. Der mit Bescheid der Kirchenverwaltung vom 12.10.1995 der Klägerin mitgeteilte Beschluss der Kirchenleitung vom 10.10.1995 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer neu zu bescheiden. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Für das Verfahren werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben.
Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu ¼, die Beklagte zu ¾.
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Tatbestand:

Die am 6. September 1950 geborene Klägerin wurde am 01.05.1982 zur Pfarrerin der EKHN auf Lebenszeit ernannt. Sie behielt den ihr am 01.09.1981 erteilten Dienstauftrag zur Verwaltung der Pfarrstelle II der A-Gemeinde in C-Stadt, Dekanat A. Ab 01.05.1983 wurde sie dem Dekan des Dekanats A. zu Vertretungsdiensten beigegeben, ab 01.06.1983 mit der Verwaltung der Pfarrvikarstelle der B-Gemeinde D-Stadt., Dekanat B. beauftragt. Dieser Dienstauftrag endete am 31.01.1986. Mit Wirkung zum 16.03.1986 wurde der Klägerin sodann die Verwaltung der Pfarrstelle II der C-Gemeinde E-Stadt, Dekanat C. übertragen, dieser Auftrag wurde zunächst bis zum 15.03.1990, sodann bis zum 15.03.1991 verlängert. Einer weiteren Verlängerung des Verwaltungsauftrags stimmt der Kirchenvorstand mit Beschluss vom 31.10.1990 nicht zu, da auch in Zukunft keine gedeihliche Amtsführung zu erwarten sei.
Zum 16.03.1991 wurde die Klägerin mit Bezügen vom Dienst freigestellt. Durch Beschluss der Kirchenleitung vom 04.06.1991 wurde die Klägerin zum 01.07.1991 unter Bezugnahme auf §§ 38a, 39 Pfarrergesetz in der Fassung vom 01.11.1976 in den Wartestand versetzt. Gleichzeitig erhielt die Klägerin ab 01.07.1991 einen Dienstleistungsauftrag für die Altenseelsorge in fünf Altersheimen des Dekanats D. Sie wurde insoweit dem Dekan des Dekanats D. beigegeben. Mit Schreiben vom 04.05.1992 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass sie bis auf weiteres nicht mit der Altenseelsorge im Haus A., F-Stadt, beauftragt sei, im übrigen der Dienstauftrag zur Altenseelsorge jedoch bestehen bleibe. Dieser wurde durch Beschluss der Kirchenleitung vom 01.03.1994 bis zum 31.12.1994 einschließlich verlängert. Am 24.11.1994 stellte das Leitende Geistliche Amt fest, dass eine weitere Beschäftigung im Bereich der Sonderseelsorge nicht möglich erscheine. In ihrer Sitzung am 13.12.1994 stellte die Kirchenleitung fest, dass der Dienstauftrag zur Altenheimseelsorge in G-Stadt und F-Stadt mit Ablauf des 31.12.1994 ende und an eine Verlängerung dieses Auftrags oder eine geänderte Auftragserteilung nicht gedacht werde.
Diesen Bescheid hat das Kirchliche Verfassungs- und Verwaltungsgericht der EKHN durch Urteil vom 30.05.1995 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, das Begehren der Klägerin auf Verlängerung ihres Dienstauftrages neu zu bescheiden. Das Kirchliche Verfassungs- und Verwaltungsgericht hat die weitergehende Klage, den Dienstauftrag über den 31.12.1994 hinaus bis zum 31.12.1995 zu verlängern, abgewiesen. Auf den Hilfsantrag, die Beklagte anzuweisen, der Klägerin eine dem Grad ihrer Behinderung gerecht werdende Planstelle als Pfarrerin zuzuweisen, ist das Gericht nicht eingegangen, da der Hauptantrag im wesentlichen Erfolg hatte.
Mit Bescheid vom 12.10.1995 teilte die Kirchenverwaltung der Klägerin den Beschluss der Kirchenleitung vom 10.10.1995 mit, wonach die Erteilung eines neuen Dienstauftrags für die Klägerin abgelehnt wurde. In der Begründung führte die Kirchenverwaltung aus, eine Verlängerung des bis zum 31.12.1994 befristeten Dienstauftrags sei aus zeitlichen Gründen nicht mehr möglich, so dass die Kirchenleitung nur über die erneute Erteilung eines Dienstauftrages habe befinden können. Es stehe im Ermessen der Kirchenleitung, ob sie gemäß § 42 Abs. 2 Pfarrergesetz während eines Wartestandes einen Dienstauftrag erteile. Die Kirchenleitung habe sich mit Beschluss vom 28.02.1995 im Rahmen der Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung dafür ausgesprochen, dass Pfarrerinnen und Pfarrer im Wartestand in den Ruhestand zu versetzen seien, wenn zwei Jahre nach Beginn des Wartestandes nicht eine Wiederverwendung im Pfarrdienst möglich sei.
Im Sinne dieses Grundsatzbeschlusses könne eine Erteilung von zusätzlich besoldeten Dienstaufträgen während eines Wartestandes nur noch in Ausnahmefällen in Betracht kommen, wenn dafür dringende dienstliche Gründe vorlägen und eine endgültige Wiederverwendung im Pfarrdienst möglich erscheine. Solche dringenden dienstlichen Gründe für die Erteilung eines neuen Dienstauftrages an die Klägerin lägen nicht vor. Es sei auch im Hinblick auf die gesundheitliche Behinderung der Klägerin und die ungünstige Personal- und Stellenlage im Bereich des Pfarrdienstes nicht zu erwarten, dass die Klägerin nach Ablauf von zwei Jahren wieder im Pfarrdienst verwendet werden könne.
Mit der gegen diesen Beschluss erhobenen Klage, die am 06.11.1995 bei dem Kirchlichen Verfassungs- und Verwaltungsgericht eingegangen ist, wendet sich die Klägerin gegen den Bescheid. Sie ist der Meinung, es sei trotz ihrer schwerwiegenden Behinderung möglich, ihr einen ihren Fähigkeiten und ihrer Situation entsprechenden Dienstleistungsauftrag zu erteilen oder ihr eine entsprechende Pfarrstelle zuzuweisen. Schwerwiegende Verfehlungen seien der Klägerin nicht vorzuwerfen, sie könne aufgrund der verordneten Schmerzmittel psychisch und physisch in extremen Stresssituationen nicht in der Lage gewesen sein, in adäquater Weise zu reagieren. Es erscheine sachgerecht, wenn die Beklagte der Klägerin die Bewerbung um eine ihren Fähigkeiten gerecht werdende Pfarrstelle gestatte und ihr ggf. für die Zwischenzeit bis zum möglichen Dienstantritt in der Pfarrstelle den über den 31.12.1994 nicht verlängerten Dienstauftrag erstrecke. Schließlich sei die Entscheidung der Kirchenverwaltung vom 12.10.1995 ohne Einschaltung des zuständigen Behindertenobmanns und des Pfarrerausschusses getroffen worden, obwohl die Klägerin in dem Vorverfahren die Einschaltung sowohl des Behindertenobmanns als auch des Pfarrerausschusses verlangt habe.
Die Klägerin beantragt,
den Beschluss der Kirchenleitung vom 10.10.1995, mitgeteilt durch Bescheid der Kirchenverwaltung vom 12.10.1995, aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin einen neuen Dienstauftrag zu erteilen. Den zunächst gestellten Antrag, die Beklagte anzuweisen, der Bewerbung der Klägerin um eine freie Pfarrstelle zuzustimmen, erhält die Klägerin nicht mehr aufrecht, ebenso wenig den Hilfsantrag auf Verlängerung des letzten Dienstauftrages.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie macht geltend, die angefochtene Entscheidung habe nicht der Mitwirkung des Pfarrerausschusses nach § 4 Abs. 1 Pfarrerausschussgesetz bedurft. Die Klägerin habe lediglich nach Abs. 2 eine Stellungnahme des Pfarrerausschusses beantragen können. Dies sei offensichtlich nicht geschehen. Für den Bereich des Pfarrdienstes bestehe auch keine Schwerbehindertenvertretung, so dass auch insoweit keine Mitwirkung versäumt worden sei.
Die Entscheidung der Kirchenleitung beruhe nicht auf sachfremden Erwägungen und halte sich im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens, das ihr bei der Erteilung eines Dienstauftrags nach § 42 Abs. 2 Pfarrergesetz eingeräumt sei. Das Gericht habe bereits in dem Urteil vom 30.05.1995 festgestellt, dass die Klägerin im Rahmen des § 42 Abs. 2 Pfarrergesetz keinen Rechtsanspruch auf einen neuen Dienstauftrag habe, sondern lediglich auf Offenlegung der Gründe, die zur Ablehnung des Dienstauftrags geführt hätten. Sie könne deshalb auch nicht mit ihrem Hilfsantrag die Verlängerung des letzten Dienstauftrags verlangen. Ebenso wenig habe die Klägerin einen Anspruch auf Zustimmung zu einer Pfarrstellenbewerbung, da auch diese im Ermessen der Kirchenverwaltung stehe. Nach dem gegenwärtigen Stand der Haushaltsplanung für 1997 seien in den nächsten Jahren Kirchensteuerausfälle von ca. 60 Mio. DM zu erwarten, so dass die Haushaltsanmeldungen für 1997 8 v. H. unter dem Soll von 1995 liegen sollten. Dies gelte vor allem für die Personalkosten des Pfarrdienstes. Es sei ein Abbau der Pfarrstellen um ca. 120 Stellen mit einer Einsparung von ca. 11 Mio. DM erforderlich. Außerdem sei nach dem Entwurf eines Kirchengesetzes zur Änderung des Erprobungsgesetzes zur Einsparung von Personalkosten vorgesehen, dass die Übernahme von Vikarinnen und Vikaren in den Pfarrdienst ab 01.01.1998 auf 2/3 der Bewerbungen beschränkt werde. Unter diesen Umständen sei es grundsätzlich nicht mehr möglich, während eines Wartestandes Dienstaufträge mit vollen Bezügen zu Lasten der Personalkosten für Neueinstellungen zu erteilen. Dringende dienstliche Gründe für die Erteilung eines Dienstauftrags an die Klägerin seien nicht gegeben. Es sei auch im Hinblick auf die gesundheitliche Behinderung der Klägerin nicht zu erwarten, dass sie nach Ablauf von zwei Jahren wieder im Pfarrdienst verwendet werden könne.
Auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Parteien und die eingereichten Unterlagen sowie auf die beigezogenen Akten des Verfahrens II 2/1995 und die Personalakten der Klägerin wird Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:

Die fristgerecht eingelegte Klage ist gemäß §§ 30 Pfarrergesetz, 3 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2, 6 Nr. 3 KVVG zulässig. Die Ablehnung der Erteilung eines neuen Dienstauftrags durch den Beschluss der Kirchenleitung vom 10.10.1995 berührt die Rechte der Klägerin als Pfarrerin im Wartestand und kann gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 KVVG angefochten werden. Die angefochtene Entscheidung hat auch das geltende Recht nicht richtig angewendet und Grenzen des pflichtgemäßen Ermessens überschritten. Die Ablehnung der Erteilung eines neuen Dienstauftrags wird nämlich im wesentlichen darauf gestützt, dass Pfarrern im Wartestand nur noch in Ausnahmefällen ein zusätzlich besoldeter Dienstauftrag erteilt werde, wenn dafür dringende dienstliche Gründe gegeben seien und eine endgültige Wiederverwendung im Pfarrdienst möglich erscheine. Solche dringenden dienstlichen Gründe lägen nicht vor. Es sei auch im Hinblick auf die gesundheitliche Behinderung der Klägerin und die ungünstige Personal- und Stellenlage im Bereich des Pfarrdienstes nicht zu erwarten, dass die Klägerin nach Ablauf von zwei Jahren wieder im Pfarrdienst verwendet werden könne.
Die genannten Gründe tragen die Entscheidung nicht. Soweit die gesundheitliche Behinderung der Klägerin angesprochen ist, ist diese nicht hinreichend aufgeklärt und durch ärztliche Gutachten belegt. Die von der Klägerin vorgelegte fachärztliche Bescheinigung vom 25.04.1996 geht vielmehr davon aus, dass die Klägerin trotz ihres Leidens (Morbus Bechterew) in absehbarer Zeit ihren Beruf weiter ausüben kann. Auf die gesundheitliche Beeinträchtigung der Klägerin kann die ablehnende Entscheidung ohne weitere gutachtliche Stellungnahme daher nicht gestützt werden. Es kann offen bleiben, wie weit die Beklagte gehalten ist, dem Gesichtspunkt der Schwerbehinderung auch bei der Besetzung einer Stelle durch die Klägerin Rechnung zu tragen.
Soweit der Bescheid darauf gestützt ist, dass die ungünstige Personal- und Stellenlage im Bereich des Pfarrdienstes einer Wiederverwendung der Klägerin als einer Pfarrerin im Wartestand entgegen steht, fehlt es an einer konkreten Darlegung der Stellenlage. Immerhin besteht im Bereich der Beklagten kein Einstellungsstop, in gewissem Umfang werden frei werdende Stellen wieder besetzt. Die Beklagte kann daher Pfarrer im Wartestand nicht generell darauf verweisen, dass sie wegen der schwierigen Stellensituation überhaupt nicht mehr beschäftigt werden können. Wenn auch während des Wartestands der Pfarrer im Rahmen des § 42 Abs. 2 Pfarrergesetz keinen Rechtsanspruch auf die Erteilung eines neuen Dienstauftrags hat, schließt dies nicht aus, dass in jedem Einzelfall geprüft werden muss, ob ein konkreter Dienstauftrag für den Pfarrer im Wartestand in Betracht kommt oder nicht. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Wartestand, wie hier, einvernehmlich begründet worden ist oder nach § 39 Abs. 1 Nr. 3 Pfarrergesetz eingetreten ist, weil eine anderweitige Verwendung innerhalb von drei Monaten seit der Aufforderung der Bewerbung um eine andere Pfarrstelle nicht zustande gekommen ist. Die Versetzung in den Wartestand ist nämlich auch dann möglich, wenn die Gründe einer nicht gedeihlichen Amtsführung nicht in der Person des Pfarrers liegen. Eine generelle Anweisung, Pfarrern im Wartestand keine neuen Dienstaufträge außer in extremen Ausnahmefällen zu erteilen, verstößt gegen die Fürsorge- und Beistandspflicht und ist auch im Hinblick auf den Stand der Haushaltsplanung für 1997 und den vorgesehenen Abbau von Pfarrstellen rechtsfehlerhaft. Jedenfalls dann, wenn eine anderweitige Verwendung des Pfarrers im Wartestand nicht aus den Gründen des § 39 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Pfarrergesetz ausgeschlossen ist, kann die Beklagte sich nicht darauf berufen, es sei grundsätzlich nicht mehr möglich, während eines Wartestandes Dienstaufträge mit vollen Bezügen zu Lasten der Personalkosten für Neueinstellungen zu erteilen. Insoweit ist auch darauf hinzuweisen, dass die Wiederverwendung von Pfarrern im Wartestand nur wenige Fälle betrifft (zur Zeit vier bis fünf streitige).
Einer Mitwirkung des Pfarrerausschusses bei der Entscheidung der Beklagten bedurfte es dagegen nicht. Die Klägerin hätte lediglich eine Stellungnahme des Pfarrerausschusses nach § 4 Abs. 2 Pfarrerausschussgesetz beantragen können. Da es für den Bereich des Pfarrdienstes keine Schwerbehindertenvertretung gibt, war eine solche auch nicht zu beteiligen. Dem Gesichtspunkt der Schwerbehinderung der Klägerin kann auch auf andere Weise Rechnung getragen werden.
Soweit die Klägerin begehrt, die Beklagte zur Erteilung eines neuen Dienstauftrags zu verpflichten, war ihre Klage abzuweisen. Die Kammer hat bereits in dem Verfahren II 2/1995 ausgeführt, dass die Klägerin im Rahmen des § 42 Abs. 2 Pfarrergesetz keinen Rechtsanspruch auf Erteilung eines neuen Dienstauftrags hat, sondern lediglich einen Rechtsanspruch auf Bescheidung und Darlegung der Gründe, weswegen ihr ein konkreter Dienstauftrag nicht erteilt worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 38 KVVG in Verbindung mit § 155 Abs. 1 VWGO.
Für das Verfahren werden Gebühren und Auslagen gemäß § 36 Satz 1 KVVG nicht erhoben.