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Arbeitsrechtsregelung
zur Sicherung der Zukunft von Einrichtungen
der Diakonie in Hessen und Nassau1#

Vom 18. Juli 2019

(ABl. EKHN 2019 S. 259), zuletzt geändert am 16. September 2024 (ABl. EKHN 2024 Ausgabe 10)

Die Arbeitsrechtliche Kommission der Diakonie Hessen hat die folgende arbeitsrechtliche Regelung beschlossen:
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§ 1
Geltungsbereich

Diese Arbeitsrechtsregelung gilt im Geltungsbereich der Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonie in Hessen und Nassau (AVR.HN)2#.
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§ 2
Regelungszweck

( 1 ) Diese Arbeitsrechtsregelung dient der Abwendung betriebsbedingter Kündigungen infolge einer wirtschaftlichen Notlage oder vorübergehender Liquiditätsengpässe.
( 2 ) Eine wirtschaftliche Notlage ist anzunehmen, wenn die Einrichtung nicht oder in naher Zukunft nicht in der Lage ist, aus den laufend erwirtschafteten Mitteln die laufenden Verpflichtungen einschließlich des Schuldendienstes zu erfüllen und ein Wirtschaftsprüfer oder ein diakonisches bzw. kirchliches Rechnungsprüfungsamt in einem Testat diese feststellt.
( 3 ) Einrichtungen im Sinne dieser Arbeitsrechtsregelung sind die durch Leitung und Organisation selbständigen Betriebe eines Rechtsträgers. Als Einrichtung gelten auch Einrichtungsteile. Einrichtungsteil ist die kleinste organisatorische Einheit einer Einrichtung, für die eine vollständige, in sich abgeschlossene Buchhaltung abgebildet wird und für die eine Gewinn- und Verlustrechnung erstellt wird (wirtschaftlich selbständig arbeitender Teil einer Einrichtung). Nicht ausreichend ist die Zuordnung einer organisatorischen Einheit der Einrichtung als Kostenstelle im Rahmen der Kostenstellenrechnung.
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§ 3
Vorübergehende Liquiditätsengpässe

( 1 ) Zur Überwindung von vorübergehenden Liquiditätsengpässen können befristete Stundungen der monatlichen Grundvergütung oder der Sonderzahlung (§ 37 AVR.HN) vorgenommen werden.
( 2 ) Ein vorübergehender Liquiditätsengpass ist anzunehmen, wenn die liquiden Mittel nicht ausreichen, um den kurzfristigen Verbindlichkeiten nachzukommen (Zahlungsstockung).
( 3 ) Stellt der Arbeitgeber fest, dass ein vorübergehender Liquiditätsengpass besteht, kann er die Stundung beantragen
  1. von bis zu vier Prozent der monatlichen Grundvergütung für maximal zwölf Monate;
  2. der Sonderzahlung gem. § 37 Abs. 1 S. 1 AVR.HN, fällig gem. § 37 Absatz 6 AVR.HN im November des Jahres, für maximal sechs Monate, d.h. längstens bis Mai des Folgejahres.
Der Liquiditätsengpass ist durch geeignete Unterlagen, bevorzugt ein entsprechendes Testat eines Wirtschaftsprüfers oder eines diakonischen bzw. kirchlichen Rechnungsprüfungsamtes nachzuweisen
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§ 4
Vorübergehende Absenkung der Personalkosten

( 1 ) Ist eine wirtschaftliche Notlage festgestellt worden, kann der Arbeitgeber für die in der Einrichtung beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Leitungen (aufgrund Dienstvertrag tätigen Organmitglieder) bei der Arbeitsrechtlichen Kommission beantragen, dass die Bruttobezüge für bis zu 24 Monate und maximal 15 Prozent abgesenkt werden.
( 2 ) Mögliche Maßnahmen zur vorübergehenden Absenkung der Personalkosten sind:
  1. die Absenkung oder der Wegfall der Sonderzahlung (§ 37 AVR.HN3#),
  2. die Absenkung der wöchentlichen Arbeitszeit um bis zu zwei Stunden unter Kürzung des Entgelts,
  3. die Reduzierung der Beiträge bzw. der Umlagen zur jeweiligen Zusatzversorgungskasse nach Maßgabe der Satzung,
  4. die Kürzung sonstiger einmaliger oder laufender Entgeltbestandteile,
  5. die vorübergehende Erhöhung der Arbeitszeit um bis zu zwei Stunden ohne Entgeltausgleich.
( 3 ) Der Arbeitgeber hat vor Antragstellung zu prüfen, ob es andere Möglichkeiten zur Überwindung der wirtschaftlichen Notlage gibt. Etwaige Beanstandungen oder Empfehlungen der Diakonie Hessen sind zu berücksichtigen.
( 4 ) Für die Dauer der Absenkung der Personalkosten sind betriebsbedingte Kündigungen grundsätzlich ausgeschlossen. Soweit die Beendigung von Arbeitsverhältnissen zur erforderlichen Umstrukturierung der Einrichtung unvermeidlich ist, ist im Antrag festzulegen, welche Arbeitsverhältnisse betroffen sein werden. Die laufenden Bezüge der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind von der Absenkung ausgenommen. Die Sicherungsordnung ist anzuwenden.
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§ 5
Einbeziehung der Mitarbeitervertretung

( 1 ) Ein Antrag gemäß § 4 Absatz 1 ist nur zulässig, wenn der Arbeitgeber die Mitarbeitervertretung zuvor umfassend über die wirtschaftliche Situation der Einrichtung und die geplanten Maßnahmen zur Abwendung der wirtschaftlichen Notlage informiert hat.
( 2 ) Wenn in der Einrichtung keine Mitarbeitervertretung besteht, sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rahmen einer Mitarbeiterversammlung gemäß Absatz 1 zu informieren. Der Arbeitgeber soll hierbei anbieten, dass sich ein vorübergehender Ausschuss aus der Mitte der Beschäftigten bilden kann, der Einblick in die entsprechenden Unterlagen nehmen soll. Nach Einblick und Klärung von Fragen ist dessen Aufgabe beendet. Für die Mitglieder des Ausschusses nach Satz 2 gilt die Verschwiegenheitspflicht des § 22 MVG-EKD entsprechend.
( 3 ) Der Mitarbeitervertretung ist schriftlich vorzulegen:
  1. die testierte Bilanz mit Gewinn und Verlustrechnung des abgeschlossenen Wirtschaftsjahres, bei nicht zur Bilanzierung verpflichtete Einrichtungen entsprechend aussagefähige Unterlagen;
  2. der Wirtschaftsplan und die Ist-Zahlen des laufenden Jahres;
  3. eine Darstellung der Ursachen, die zu der wirtschaftlich schwierigen Situation der Einrichtung geführt haben, dabei insbesondere die Erläuterung der Entstehungsgeschichte aus den Bilanzen der letzten drei Jahre;
  4. die Planung der weiteren organisatorischen und finanziellen Maßnahmen, die angewandt werden, um die Einrichtung dauerhaft aus der wirtschaftlich schwierigen Situation herauszuführen (Entwurf des Sanierungskonzeptes);
  5. die Darlegung, dass die Anwendung dieser Arbeitsrechtsregelung geeignet ist, die wirtschaftlich schwierige Situation zu überwinden;
  6. die Stellungnahme des Wirtschaftsprüfers oder des diakonischen bzw. kirchlichen Rechnungsprüfungsamtes, die die vom Arbeitgeber zu den Nummern 1 bis 5 vorgelegten Informationen auf ihre Richtigkeit hin überprüft und die Eignung der nach den Nummern 1 bis 5 geplanten Maßnahmen zur Abwendung der wirtschaftlich schwierigen Situation bewertet.
( 4 ) Die Mitarbeitervertretung hat das Recht, sachkundige Dritte im erforderlichen Umfang hinzuzuziehen, die die vorgelegten Unterlagen erläutern und die Mitarbeitervertretung beraten sollen. Der Arbeitgeber trägt die notwendigen Kosten. Als angemessen wird ein Beratungsumfang bei Einrichtungen mit bis zu 150 Vollzeitstellen (VB-Wert) von in der Regel acht Stunden, bei Einrichtungen mit mehr als 150 Vollzeitstellen (VB-Wert) von 16 Stunden angesehen.
( 5 ) Der Arbeitgeber hat die Übergabe der Unterlagen zu dokumentieren, und die Mitarbeitervertretung den Empfang der Unterlagen zu bestätigen. Sollte die Mitarbeitervertretung die Unterschrift verweigern, hat sie den Grund der Weigerung schriftlich mitzuteilen. Es gelten hierbei die Regelungen zur Mitberatung aus dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Diakonie Hessen entsprechend. Das Protokoll ist dem Antrag an die Arbeitsrechtliche Kommission beizufügen.
( 6 ) Die Dienststellenleitung soll die Wünsche der Mitarbeitervertretung über die Umsetzungsmaßnahmen prüfen und möglichst berücksichtigen.
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§ 6
Mindestinhalt des Antrags

In den Antrag an die Arbeitsrechtliche Kommission sind aufzunehmen:
  1. das Testat des Wirtschaftsprüfers oder des diakonischen bzw. kirchlichen Rechnungsprüfungsamtes über die wirtschaftliche Nachhaltigkeit,
  2. die Gründe, die die vorübergehende Absenkung der Personalkosten notwendig machen,
  3. Auslastungsstatistiken (sofern vorhanden),
  4. die Angabe, welche Arbeitsverhältnisse vom Kündigungsschutz gemäß § 4 Absatz 4 ausgenommen sind,
  5. die Angabe, welche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus sozialen Gründen ganz oder teilweise von der vorübergehenden Absenkung ausgenommen werden,
  6. die Benennung der geplanten Maßnahmen zur vorübergehenden Absenkung der Personalkosten,
  7. die Aufstellung des Arbeitgebers, welche Unterlagen der Mitarbeitervertretung übergeben wurden,
  8. die Laufzeit der Maßnahme,
  9. die Bestätigung der Mitarbeitervertretung, dass sie die Unterlagen gemäß § 5 Absatz 3 erhalten hat und dass sie ihre Rechte nach § 5 Absatz 4 wahrnehmen konnte; alternativ das Protokoll gemäß § 5 Absatz 5.
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§ 7
Entscheidung über den Antrag

( 1 ) Die Arbeitsrechtliche Kommission entscheidet über den Antrag..
( 2 ) Die Arbeitsrechtliche Kommission kann von dem Arbeitgeber alle erforderlichen Informationen verlangen. Sie kann die Mitarbeitervertretung und die Einrichtungsleitung anhören.
( 3 ) Die Arbeitsrechtliche Kommission kann den Antrag, insbesondere die Ausführungen des Wirtschaftsprüfers oder des diakonischen bzw. kirchlichen Rechnungsprüfungsamtes, durch sachkundige Dritte überprüfen lassen. Inhalt der Überprüfung kann auch die Wirksamkeit der geplanten Maßnahmen und die Erreichung des Ziels der Überwindung der Notlage sein. Das Gebot der Wirtschaftlichkeit ist zu beachten. Über das Ergebnis der Überprüfung ist ein Protokoll anzufertigen. Dieses kann dem Arbeitgeber und der Mitarbeitervertretung zugestellt werden. Sofern bereits eine Beratung der Mitarbeitervertretung im Rahmen von § 5 Absatz 4 erfolgt ist, soll die Arbeitsrechtliche Kommission auf diese Ergebnisse zurückgreifen. Die Arbeitsrechtliche Kommission soll für die Antragsprüfung einen vorbereitenden Ausschuss einsetzen.
( 4 ) Die Arbeitsrechtliche Kommission erteilt die Zustimmung durch Beschluss, wenn die Voraussetzungen dieser Regelung eingehalten sind.
( 5 ) Die Maßnahmen dürfen vorläufig vollzogen werden ab dem Monat, in dem der Antrag auf Absenkung der Personalkosten mit allen Mindestinhalten bei der Geschäftsstelle der Arbeitsrechtlichen Kommission eingegangen ist. Die Maßnahmen sind innerhalb eines Monats rückgängig zu machen, wenn bzw. soweit die Arbeitsrechtliche Kommission dem Antrag nicht zustimmt.
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§ 8
Konzept zur Überwindung der wirtschaftlichen Notlage

( 1 ) Der Arbeitgeber soll ein Konzept zur Überwindung der wirtschaftlichen Notlage erstellen. Dieses soll vom Wirtschaftsprüfer oder vom diakonischen bzw. kirchlichen Rechnungsprüfungsamt unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit geprüft werden. Das Konzept und das Prüfungsergebnis werden der Arbeitsrechtlichen Kommission und der Mitarbeitervertretung vorgelegt.
( 2 ) Die Überprüfung der Umsetzung des Konzeptes erfolgt durch einen gemeinsamen Ausschuss zwischen Mitarbeitervertretung und Einrichtungsleitung, in dem laufend die Umsetzung des Konzeptes zur Überwindung der wirtschaftlichen Notlage beraten wird. Der Ausschuss hat während der Laufzeit zu prüfen, ob die Senkung der Personalkosten in der vereinbarten Höhe notwendig ist.
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§ 9
Überprüfung der Maßnahmen

( 1 ) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, vor Ablauf der Hälfte der Laufzeit die Maßnahmen und das Fortbestehen der Notlage zu überprüfen. Das Ergebnis der Überprüfung ist der Arbeitsrechtlichen Kommission und der Mitarbeitervertretung zur Kenntnis zu geben.
( 2 ) Falls die Mitarbeitervertretung es für erforderlich hält, kann sie sich in entsprechender Anwendung von § 5 Absatz 4 im Hinblick auf die vorgelegten Unterlagen fachkundig beraten lassen.
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§ 10
Beendigung der Maßnahmen

( 1 ) Die Arbeitsrechtliche Kommission kann die vorübergehende Absenkung der Personalkosten jederzeit für die Zukunft aufheben, wenn der Arbeitgeber dies beantragt.
( 2 ) Die Arbeitsrechtliche Kommission kann die vorübergehende Absenkung der Personalkosten darüber hinaus jederzeit für die Zukunft aus einem wichtigen Grund aufheben. Ein wichtiger Grund ist insbesondere gegeben, wenn
  1. eine wirtschaftliche Notlage gemäß § 2 nicht mehr besteht,
  2. der Arbeitgeber gegen das Kündigungsverbot gemäß § 4 Absatz 4 verstößt oder
  3. ein Betriebsübergang gemäß § 613a BGB oder § 324 UmwG stattfindet.
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§ 11
Verlängerung der Maßnahmen

Ein erneuter Antrag ist zulässig. Es können maximal drei Anträge, mit einer Gesamtlaufzeit von sechs Jahren gestellt werden. Nach dieser Gesamtlaufzeit tritt eine Sperrfrist von zwei Jahren in Kraft, in der ein erneuter Antrag nicht zulässig ist.
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§ 12
Außerkrafttreten

Diese Arbeitsrechtsregelung tritt am 31. August 2025 außer Kraft. Sie gilt für genehmigte Maßnahmen für die Dauer der Laufzeit fort.

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1 ↑ Diese Arbeitsrechtsregelung ist mit Wirkung vom 1. April 2019 in Kraft getreten.
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2 ↑ DH 2.2.1
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3 ↑ Nr. DH 2.2.1.