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Geltungszeitraum von: 02.10.2013

Geltungszeitraum bis: 31.12.2020

Verwaltungsverordnung zum Kinderschutz
und zur Einholung von Führungszeugnissen
in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau
(Kinderschutzverordnung – KSchutzVO)

Vom 25. Juni 2013

(ABl. 2013 S. 350)

Die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau hat aufgrund von Artikel 47 Absatz 1 Nummer 20 der Kirchenordnung folgende Verwaltungsverordnung beschlossen:
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§ 1
Grundsatz

( 1 ) Kirchliche Träger haben sicherzustellen, dass unter ihrer Verantwortung keine Person, die wegen einer in § 72a SGB VIII1# (persönliche Eignung von Beschäftigten in der Jugendhilfe) bezeichneten Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung rechtskräftig verurteilt worden ist, Kinder und Jugendliche beaufsichtigt, betreut, erzieht oder ausbildet, oder einen vergleichbaren Kontakt hat.
( 2 ) Nach § 30a Bundeszentralregistergesetz (BZRG)2# kann von Mitarbeitenden und Ehrenamtlichen, die in der Kinder- und Jugendarbeit oder anderen kinder- und jugendnahen Bereichen tätig sind, vor Aufnahme der Tätigkeit und in regelmäßigen Abständen die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses verlangt werden.
( 3 ) Eine Tätigkeit in der Kinder- und Jugendarbeit umfasst die unmittelbare Beaufsichtigung, Betreuung, Erziehung oder Ausbildung Minderjähriger (§ 30a Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b BZRG). Tätigkeiten im kinder- und jugendnahen Bereich (§ 30a Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe c BZRG) sind dadurch gekennzeichnet, dass Personen aufgrund ihrer Tätigkeit regelmäßig mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt kommen und dabei auch selbstständig außerhalb einer ständigen Anleitung und Aufsicht arbeiten (siehe Anlage 1). Erfasst sind über die Kinder- und Jugendhilfe hinaus alle Bereiche, in denen Kinder und Jugendliche im kirchlichen Raum erreicht werden.
( 4 ) In den Dekanaten sind Präventions- und Schutzkonzepte, die einen Kriseninterventionsplan beinhalten, zu erstellen. Sie sollen die Bereiche der Kinder- und Jugendhilfe, der Kindertagesstätten, des Konfirmandenunterrichts, der Kinderkirchenmusikalischen- und Kindergottesdienstarbeit und die selbstorganisierte Kinder- und Jugendarbeit umfassen.
( 5 ) Vereinbarungen gemäß § 72a Absatz 4 SGB VIII3# bedürfen der Genehmigung durch die Gesamtkirche (siehe Muster in der Anlage 2).
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§ 2
Mitarbeitende

( 1 ) Voraussetzung für die Begründung eines Anstellungsverhältnisses in der Kinder- und Jugendarbeit ist die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses nach § 30a BZRG. Die Begründung eines Anstellungsverhältnisses im kinder- und jugendnahen Bereich setzt in der Regel die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses nach § 30a BZRG voraus. Dies gilt sowohl für die privatrechtliche wie für die öffentlichrechtliche Beschäftigung. Die Kosten des erweiterten Führungszeugnisses trägt die Bewerberin bzw. der Bewerber.
( 2 ) Im bestehenden Beschäftigungsverhältnis kann der Anstellungsträger von Mitarbeitenden in der Kinder- und Jugendarbeit und im kinder- und jugendnahen Bereich ein erweitertes Führungszeugnis nach § 30a BZRG verlangen, insbesondere wenn dieses bei Anstellung noch nicht vorzulegen war. Die Kosten des erweiterten Führungszeugnisses sind durch den Anstellungsträger zu erstatten.
( 3 ) Das erweiterte Führungszeugnis nach § 30a BZRG darf keine Eintragung wegen einer Straftat i. S. v. § 72a Absatz 1 SGB VIII4# (Straftaten, die das Kindeswohl gefährden oder sich gegen die sexuelle Selbstbestimmung richten) enthalten. Eine einschlägige Eintragung steht einer Tätigkeit in der Kinder- und Jugendarbeit und im kinder- und jugendnahen Bereich entgegen. Das erweiterte Führungszeugnis ist zur Personalakte zu nehmen.
( 4 ) Die vorstehenden Absätze gelten entsprechend für die Beschäftigung im Rahmen eines gesetzlichen Freiwilligendienstes (z. B. Freiwilliges Soziales Jahr/Bundesfreiwilligendienst) oder einer Arbeitsgelegenheit nach dem SGB II („Ein-Euro-Job“), eines Ausbildungs- oder Praktikantenverhältnisses. Die Kosten des erweiterten Führungszeugnisses sind stets durch den Anstellungsträger zu erstatten.
( 5 ) Alle Mitarbeitenden in der Kinder- und Jugendarbeit und im kinder- und jugendnahen Bereich sind in geeigneter Form auf ihre Verantwortung für die Wahrung des Kindeswohls hinzuweisen. Dazu soll der kirchliche Träger den Nachweis einer Schulung, die der Vermeidung von Kindeswohlgefährdungen dient, und die Abgabe einer schriftlichen Erklärung (Selbstverpflichtung) verlangen.
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§ 3
Pfarrerinnen und Pfarrer

( 1 ) Vor der Aufnahme in die Ausbildung für den pfarramtlichen Dienst (praktischer Vorbereitungsdienst) und vor der Berufung in das Pfarrdienstverhältnis auf Probe ist stets ein erweitertes Führungszeugnis nach § 30a BZRG vorzulegen. Die Kosten des erweiterten Führungszeugnisses trägt die Bewerberin bzw. der Bewerber. § 2 gilt entsprechend.
( 2 ) Pfarrpersonen in der Kinder- und Jugendarbeit und im kinder- und jugendnahen Bereich sind in geeigneter Form auf ihre Verantwortung für die Wahrung des Kindeswohls hinzuweisen. Dazu soll der kirchliche Träger den Nachweis einer Schulung, die der Vermeidung von Kindeswohlgefährdungen dient, und die Abgabe einer schriftlichen Erklärung (Selbstverpflichtung) verlangen.
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§ 4
Ehrenamtliche

( 1 ) Ehrenamtliche und Nebenamtliche i. S. des § 72a SGB VIII5# in der Kinder- und Jugendarbeit und im kinder- und jugendnahen Bereich sind in geeigneter Form auf ihre Verantwortung für die Wahrung des Kindeswohls hinzuweisen. Dazu soll der kirchliche Träger den Nachweis einer Schulung, die der Vermeidung von Kindeswohlgefährdungen dient (z. B. Juleica), und die Abgabe einer schriftlichen Erklärung (Selbstverpflichtung) verlangen. Darüber hinaus kann die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses nach § 30a BZRG verlangt werden, wenn Art, Intensität und Dauer des Kontaktes (siehe Anlage 1) dies nahelegen. Die Kosten des erweiterten Führungszeugnisses sind durch den kirchlichen Träger zu erstatten.
( 2 ) Das erweiterte Führungszeugnis nach § 30a BZRG darf keine Eintragung wegen einer Straftat i. S. v. § 72a Absatz 1 SGB VIII6# (Straftaten, die das Kindeswohl gefährden oder sich gegen die sexuelle Selbstbestimmung richten), enthalten. Eine einschlägige Eintragung steht einer Tätigkeit in der Kinder- und Jugendarbeit und im kinder- und jugendnahen Bereich entgegen. Das Führungszeugnis ist nach Einsichtnahme durch den kirchlichen Träger zu vernichten oder der vorlagepflichtigen Person zurückzugeben; Kopien dürfen nicht angefertigt werden. Die Vorlage des erweiterten Führungszeugnisses und die Feststellung nach Satz 1 sind aktenkundig zu machen.
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§ 5
Bescheinigung und Kosten

Die Aufforderung zur Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses nach den §§ 2 bis 4 ist der bzw. nebenamtlich dem Mitarbeitenden oder der Bewerberin bzw. dem Bewerber und der bzw. dem ehrenamtlich Tätigen schriftlich zu bescheinigen. Dabei ist zu bestätigen, dass die Voraussetzungen zur Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses nach § 30a BZRG vorliegen. Soweit keine andere Regelung getroffen ist oder die Gebührenbefreiung nach § 12 JVKostO nicht greift, trägt der Träger der kirchlichen Kinder- und Jugendarbeit die Kosten des erweiterten Führungszeugnis.
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§ 6
Aufbewahrung und Datenschutz

Das erweiterte Führungszeugnis ist im Fall der §§ 2 und 3 fünf Jahre aufzubewahren. Ist erneut ein Führungszeugnis vorzulegen, ersetzt dieses das vorherige. Das Führungszeugnis bzw. die nach § 72a Absatz 5 SGB VIII7# erhobenen Daten sind vor dem Zugriff Dritter zu schützen und nach den Vorgaben des § 72a SGB VIII8# zu löschen.
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§ 7
Inkrafttreten

Diese Verwaltungsvorschrift tritt am Tag nach der Verkündung im Amtsblatt in Kraft.
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Anlage 1

Gefährdungspotenzial nach Art, Intensität und Dauer
niedrig
hoch
Art
Kein Missbrauch eines besonderen Vertrauensverhältnisses möglich
Missbrauch eines besonderen Vertrauensverhältnisses möglich
Kein Hierarchie-/Machtverhältnis
Bestehen eines Hierarchie-/Machtverhältnisses
Keine Altersdifferenz
Signifikante Altersdifferenz
Merkmal der Kinder/Jugendlichen, zu denen Kontakt besteht: höheres Alter, keine Behinderung, kein besonderes Abhängigkeitsverhältnis
Merkmal der Kinder/Jugendlichen, zu denen Kontakt besteht: junges Alter, Behinderung, besonderes Abhängigkeitsverhältnis
Intensität
Tätigkeit wird gemeinsam mit anderen wahrgenommen
Tätigkeit wird allein wahrgenommen
Sozial offener Kontext hinsichtlich
  • Räumlichkeit oder
  • Struktureller Zusammensetzung/
    Stabilität der Gruppe
Sozial geschlossener Kontext hinsichtlich
  • Räumlichkeit oder
  • Struktureller Zusammensetzung/
    Stabilität der Gruppe
Tätigkeit mit Gruppen
Tätigkeit mit einzelnem Kind oder Jugendlichen
Geringer Grad an Intimität/kein Wirken in Privatsphäre des Kindes/Jugendlichen
(z. B. Körperkontakt)
Hoher Grad an Intimität/Wirken in Privatsphäre des Kindes/Jugendlichen
(z. B. Körperkontakt)
Dauer
Einmalig/punktuell/gelegentlich
Von gewisser Dauer/Regelmäßigkeit/umfassende Zeitspanne
Regelmäßige wechselnde Kinder/Jugendliche
Dieselben Kinder/Jugendlichen für gewisse Dauer
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Anlage 2

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Vereinbarung zur Umsetzung der
§§ 8a Absatz 2 KJHG/SGB VIII – Schutzauftrag der Kinder- und Jugendhilfe –
und
72a KJHG/SGB VIII – Persönliche Eignung –

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1. Vereinbarungspartner

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Zwischen der Stadt/dem Landkreis
...................................................................................................................... (Jugendamt)
(im folgenden „Jugendamt“)
...................................................................................................................... (freier Träger)
(im folgenden „Träger“)
wird folgende Vereinbarung geschlossen zur Umsetzung
 des § 8a Absatz 2 KJHG (SGB VIII)
 des § 72a KJHG (SGB VIII)
(Zutreffendes ankreuzen)
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2. Geltungsbereich

Die Vereinbarung umfasst
 folgende Einrichtung(en) und Dienste des Trägers:
.........................................................................................................................................
.........................................................................................................................................
...................................................................................................... (ggf. Beiblatt benutzen)
 alle Tätigkeitsbereiches des Trägers.
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3. Zusammenarbeit bei Hinweisen auf Kindeswohlgefährdung

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3.1. Kindeswohlgefährdung

Jugendamt und Träger verpflichten sich, bei gewichtigen Anhaltspunkten für die Gefährdung eines vom Anbieter betreuten Kindes oder Jugendlichen zusammen zu arbeiten, um diese abzuwenden.
Eine „Kindeswohlgefährdung“, ist die erhebliche Gefährdung körperlicher, seelischer oder geistiger Entwicklung eines Kindes oder Jugendlichen durch missbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, Vernachlässigung, unverschuldetes Versagen der Eltern oder Verhalten eines Dritten im Sinne körperlicher oder seelischer Misshandlung bzw. sexuellen Missbrauch.
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3.2. Abschätzung des Gefährdungsrisikos

Der Träger wird bei Anhaltspunkten auf eine Kindeswohlgefährdung dafür Sorge tragen, dass das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrere Fachkräfte in anonymisierter oder pseudonymisierter Form abgeschätzt dokumentiert wird. Außerdem sollen die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche in die Gefährdungseinschätzung einbezogen werden, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.
Hierzu benennt das Jugendamt folgende besonders geeignete Fachkraft als Ansprechpartner(in) für den Träger:
..............................................................................................................................................
..................................................................................... (Name, Kontaktdaten, Vertretung)
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3.3. Weitere Mitwirkung

Der Träger wird im Rahmen der Beratungsergebnisse weiterhin:
  • das Kind oder den Jugendlichen „schützen“ indem eine Distanz zur Gefährdung geschaffen wird
  • Sachverhaltsklärungen begleiten und unterstützen.
  • die Betroffenen soweit sinnvoll und möglich zu beraten um die Gefährdung abzuwenden.
  • die Personendaten der Betroffenen auch ohne deren Einverständnis aufdecken, wenn dies zur Abwendung der Gefährdung erforderlich ist.
Eine ggf. erforderlich Information des Familiengerichtes liegt in der Verantwortung des Jugendamtes.
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3.4. Dokumentation

Der Träger dokumentiert in nachvollziehbarer Form die Gefährdungshinweise und seine diesbezüglichen Tätigkeiten.
Das Jugendamt dokumentiert alle gemeinsamen Tätigkeiten und Beratungsergebnisse.
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4. Persönliche Eignung von Fachkräften

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4.1. Überprüfung der persönlichen Eignung

Der Träger stellt durch die Einholung von Führungszeugnisse sicher, dass er keine gem. der in § 72a KJHG-SGB VIII in Bezug genommenen Vorschriften des StGB einschlägig vorbestraften Personen als Angestellte beschäftigt, die direkten Umgang mit Kindern und Jugendlichen haben bzw. die mit der Wahrnehmung der Aufgaben in der Kinder- und Jugendhilfe betraut sind/ in Berührung kommen.
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4.2. Neueinstellungen

Bei Neueinstellungen wird ein entsprechendes Führungszeugnis vor Beschäftigungsaufnahme eingeholt.
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4.3. Turnusmäßige Überprüfung

Danach erfolgt die Vorlage entsprechender Führungszeugnisse alle fünf Jahre.
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4.4. Kosten

Die entstehenden Kosten und Aufwendungen erstattet das Jugendamt.
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5. Gültigkeit

Die Vereinbarung ist unbefristet gültig. Sie ist beiderseits jederzeit widerrufbar.
Ort, Datum: ......................................
...........................................................
(Jugendamt)
..........................................................
(Träger)

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1 ↑ Nr. 259.
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2 ↑ § 30a BZRG
Antrag auf ein erweitertes Führungszeugnis
(1) Einer Person wird auf Antrag ein erweitertes Führungszeugnis erteilt,
  1. wenn die Erteilung in gesetzlichen Bestimmungen unter Bezugnahme auf diese Vorschrift vorgesehen ist oder
  2. wenn dieses Führungszeugnis benötigt wird für
    1. die Prüfung der persönlichen Eignung nach § 72a des Achten Buches Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe –,
    2. eine sonstige berufliche oder ehrenamtliche Beaufsichtigung, Betreuung, Erziehung oder Ausbildung Minderjähriger oder
    3. eine Tätigkeit, die in einer Buchstabe b vergleichbaren Weise geeignet ist, Kontakt zu Minderjährigen aufzunehmen.
(2) Wer einen Antrag auf Erteilung eines erweiterten Führungszeugnisses stellt, hat eine schriftliche Aufforderung vorzulegen, in der die Person, die das erweiterte Führungszeugnis vom Antragsteller verlangt, bestätigt, dass die Voraussetzungen nach Absatz 1 vorliegen. Im Übrigen gilt § 30 entsprechend.
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3 ↑ Nr. 259.
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4 ↑ Nr. 259.
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5 ↑ Nr. 259.
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6 ↑ Nr. 259.
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7 ↑ Nr. 259.
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8 ↑ Nr. 259.