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Arbeitsrechtsregelung zur mobilen Arbeit

Vom 31. März 2021

(ABl. 2021 S. 176)

Die Arbeitsrechtliche Kommission der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau hat die folgende arbeitsrechtliche Regelung beschlossen:
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Präambel

Mit dieser Arbeitsrechtsregelung bietet die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau Mitarbeitenden unter den nachfolgenden Voraussetzungen an, in mobiler Arbeit tätig zu sein, um die Arbeitsorganisation im kirchlichen Dienst weiter zu flexibilisieren. Dabei werden unter anderem die nachstehenden Ziele verfolgt:
  1. eine effizientere und flexiblere Nutzung der Arbeitszeit sowie der Büroräume,
  2. eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie,
  3. eine höhere Motivation und Arbeitszufriedenheit,
  4. der Umweltschutz,
  5. die Gesundheitsfürsorge.
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§ 1
Geltungsbereich

( 1 ) Die nachstehenden Regelungen finden Anwendung auf alle Mitarbeitenden, deren Arbeitsverhältnisse der Regelungskompetenz der Arbeitsrechtlichen Kommission der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau unterliegen.
( 2 ) Die Regelungen finden keine Anwendung auf Mitarbeitende in der Ausbildung und auf Praktikantinnen und Praktikanten.
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§ 2
Begriffsbestimmung, Regelungsvorrang

( 1 ) Eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter arbeitet mobil, wenn sie oder er,
  1. von einem Ort oder von Orten ihrer oder seiner Wahl oder
  2. von einem mit dem Arbeitgeber vereinbarten Ort oder von mit dem Arbeitgeber vereinbarten Orten außerhalb der Dienststätte
die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit erbringt.
( 2 ) Mobile Arbeitszeit ist die außerhalb des Dienstorts geleistete Arbeitszeit zur Erfüllung der arbeitsvertraglichen Tätigkeit. Mobiles Arbeiten ist ganztägig oder tage-/stundenweise (alternierend) möglich.
( 3 ) Tele-Heimarbeit ist im Gegensatz dazu die an einem festen stationären Arbeitsplatz im häuslichen Bereich der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters als Bildschirmarbeit (§ 3 Absatz 7 ArbStättV1#) erbrachte Tätigkeit. Die Arbeitsrechtsregelung zur Einrichtung eines Tele-Heimarbeitsplatzes vom 21. März 20182# bleibt von der hier gesetzten Regelung unberührt bzw. besteht neben dieser fort. Ein Regelungsvorrang ist nicht gegeben.
( 4 ) Auf Rufbereitschafts- und Bereitschaftsdienste finden die nachstehenden Regelungen keine Anwendung.
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§ 3
Voraussetzungen

( 1 ) Die Gewährung von mobiler Arbeit basiert auf dem Grundsatz der beiderseitigen Freiwilligkeit. Ein Rechtsanspruch auf die Gewährung von mobiler Arbeit besteht nicht.
( 2 ) Für die mobile Arbeit kommen Tätigkeiten in Betracht, die ohne eine wesentliche Beeinträchtigung des Dienstablaufs an einem von der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter gewählten Ort außerhalb der Dienststelle, erledigt werden können.
( 3 ) Eine Teilnahme an mobiler Arbeit setzt die persönliche Eignung der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters voraus. Grundlage hierfür ist die Fähigkeit zum eigenverantwortlichen und selbstbestimmten Arbeiten, sowohl in fachlicher als auch zeitlicher Hinsicht.
( 4 ) Die Teilnahme an mobiler Arbeit erfolgt auf der Grundlage eines genehmigten schriftlichen oder textlichen Antrags der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters. Dieser ist zu begründen. Soweit der Antrag abgelehnt wird, ist die Entscheidung schriftlich oder textlich zu begründen.
( 5 ) Die Einführung von mobiler Arbeit ist der Mitarbeitervertretung anzuzeigen.
( 6 ) Die Ausgestaltung mobiler Arbeit kann durch Dienstvereinbarung geregelt werden.
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§ 4
Arbeitsverhältnis und Benachteiligungsverbot

( 1 ) Das bestehende Arbeitsverhältnis bleibt durch die Gewährung mobiler Arbeit unberührt. Gesetzliche Bestimmungen (ArbZG, etc.) und dienstliche Regelungen, Vereinbarungen und Anweisungen (KDO3#, Dienstvereinbarungen, etc.) gelten unverändert bzw. sinngemäß fort.
( 2 ) Wegen des mobilen Arbeitens dürfen den Mitarbeitenden keine beruflichen Nachteile entstehen.
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§ 5
Begründung mobiler Arbeit

( 1 ) Die Erfüllung der vertraglich geschuldeten Arbeit durch mobiles Arbeiten ist schriftlich zu vereinbaren. Die Vereinbarung muss enthalten:
  1. Dauer der mobilen Arbeit, auch wenn diese unbefristet vereinbart ist,
  2. zeitlicher Umfang der mobilen Arbeit und deren konkrete Umsetzung/Verteilung,
  3. Arbeitszeiterfassung,
  4. Zeiten der Erreichbarkeit, sowohl der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters als auch der oder dem Vorgesetzten.
( 2 ) Wird der Antrag auf mobile Arbeit abgelehnt bzw. kommt eine Vereinbarung nach Absatz 1 nicht zustande, ist die Mitarbeitervertretung zu beteiligen.
( 3 ) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass den Mitarbeitenden bestehende Regelungen zur mobilen Arbeit bekannt gemacht werden. Er soll in der schriftlichen Vereinbarung auf die maßgeblichen gesetzlichen und tariflichen Regelungen sowie ggf. auf eine bestehende Dienstvereinbarung hinweisen.
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§ 6
Beendigung mobiler Arbeit

( 1 ) Mobile Arbeit endet zum vereinbarten Zeitpunkt oder mit der Beendigung des zugrundeliegenden Arbeitsverhältnisses.
( 2 ) Der Arbeitgeber sowie die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter können das mobile Arbeiten ohne Angabe von Gründen mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende beenden. Darüber hinaus kann mobile Arbeit beidseitig bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ohne Einhaltung einer Frist beendet werden.
( 3 ) Die Übertragung neuer oder erweiterter Arbeitstätigkeiten an die Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter macht durch den Arbeitgeber eine erneute Prüfung der unter § 3 genannten Voraussetzungen für eine Fortsetzung der mobilen Arbeit erforderlich. Bis zum Abschluss der Prüfung soll die mobile Arbeit fortgesetzt werden soweit keine dringenden betrieblichen Interessen dem entgegenstehen.
( 4 ) Vor der arbeitgeberseitigen Beendigung der mobilen Arbeit ist die Mitarbeitervertretung zu beteiligen.
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§ 7
Arbeitszeit

( 1 ) Die tägliche mobile Arbeitszeit bestimmt sich nach der täglichen dienstörtlichen Arbeitszeit und dem individuellen Beschäftigungsumfang.
( 2 ) Auf Verlangen der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters sind flexible Arbeitszeiten zu gewähren, sofern keine zwingenden dienstlichen Gründe dem entgegenstehen. § 33 Absatz 5 KDO4# findet Anwendung.
( 3 ) Während der Arbeitszeit haben mobil arbeitende Mitarbeitende dafür Sorge zu tragen, für den Arbeitgeber erreichbar zu sein. Bei flexiblen Arbeitszeiten sind Erreichbarkeitszeiträume zu vereinbaren. Außerhalb der vorgenannten Zeiträume besteht keine Verpflichtung der Mitarbeitenden, erreichbar zu sein.
( 4 ) Fahrten zwischen betrieblicher Arbeitsstätte und der mobilen Arbeitsstätte stellen keine Arbeitszeit dar. Dienstfahrten und Dienstreisen sind davon ausgenommen.
( 5 ) Die tägliche mobile Arbeitszeit darf bei flexibler Arbeitszeit zehn Stunden nicht überschreiten. § 3 ArbZG ist zu beachten. Die Ruhepausen und Ruhezeiten gemäß §§ 4 und 5 ArbZG sind einzuhalten.
( 6 ) Der Arbeitgeber hat für Mitarbeitende, auf die das Arbeitszeitgesetz Anwendung findet und die regelmäßig mobil arbeiten, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der Mitarbeitenden am Tag der Arbeitsleistung aufzuzeichnen. Die Aufzeichnung kann durch die Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter erfolgen. Eine Abweichung von der geltenden Regelung zur Zeiterfassung ergibt sich durch das mobile Arbeiten nicht. Der Arbeitgeber bleibt für die ordnungsgemäße Aufzeichnung verantwortlich.
( 7 ) Der Arbeitgeber hat die Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter auf Verlangen über die aufgezeichnete Arbeitszeit zu informieren und auf Verlangen der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter eine Kopie der Arbeitszeitnachweise auszuhändigen.
( 8 ) Im Falle technischer Störungen am mobilen Arbeitsort (Strom-, Internetausfall), auf welche die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter keinen Einfluss hat, trägt der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls. Das Risiko ist beschränkt auf die Dauer der Störung, maximal jedoch auf deren Anfall in der dienstlichen Arbeitszeit. Die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter hat den Arbeitgeber über das Vorliegen einer Störung umgehend in Kenntnis zu setzen.
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§ 8
Arbeitsmittel

( 1 ) Der Arbeitgeber stellt die für das mobile Arbeiten erforderlichen Arbeitsmittel (mobile Endgeräte und bei Bedarf externe Datenspeicher) sowie die Informations- und Kommunikationstechnik (insbesondere Software) zur Verfügung.
( 2 ) Die Wartung der zur mobilen Arbeit zur Verfügung gestellten Technik obliegt dem Arbeitgeber.
( 3 ) Die technischen Arbeitsmittel dürfen ausschließlich dienstlich genutzt werden. Die Nutzung privater technischer Arbeitsmittel (z. B. Router, Bildschirm, Drucker) für das mobile Arbeiten ist gestattet, soweit die Daten- und Informationssicherheit sowie der Datenschutz hierdurch nicht beeinträchtigt werden.
( 4 ) Die Mitarbeitenden haben die zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel sorgfältig zu behandeln. Das Abhandenkommen oder die Beschädigung von dienstlichen Arbeitsmitteln sind dem Arbeitgeber unverzüglich anzuzeigen. § 12 KDO5# findet Anwendung.
( 5 ) Mit Beendigung der mobilen Arbeit sind die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel für die mobile Arbeit von der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter an diesen zurückzugeben.
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§ 9
Datenschutz und Informationssicherheit

( 1 ) Das mobile Arbeiten erfordert in besonderem Maße, Dienst- und Geschäftsgeheimnisse vor unbefugten Dritten zu schützen. Die für die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau geltenden Datenschutz- und Datensicherheitsbestimmungen, dienstlichen Vereinbarungen, Arbeitsanweisungen sowie die gesetzlichen Bestimmungen finden auf das mobile Arbeiten uneingeschränkt Anwendung. Daten und Informationen sind so zu sichern, dass Unberechtigte keinen Zugriff auf diese erhalten.
( 2 ) Der Arbeitgeber hat die Mitarbeitenden ausdrücklich auf diese Anforderungen hinzuweisen und bei Bedarf über die dienstlichen Regelungen zu informieren.
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§ 10
Kosten

Mitarbeitende haben für Aufwendungen, die ihnen mittelbar oder unmittelbar durch die Teilnahme an mobiler Arbeit entstehen, keinen Anspruch auf Erstattung von Kosten bzw. Mehraufwendungen. Hiervon ausgenommen sind Aufwendungen für Verbrauchsmaterial (Papier, Toner) und Portokosten, soweit diese nicht vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden.
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§ 11
Unfallversicherung

( 1 ) Der Unfallversicherungsschutz bestimmt sich nach den jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen.
( 2 ) Die Feststellung, ob im Einzelfall die Voraussetzungen für einen Arbeits- oder Wegeunfall vorliegen, obliegt der zuständigen Berufsgenossenschaft bzw. dem zuständigen Unfallversicherungsträger.
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§ 12
Übergangsbestimmungen

Im Anwendungsbereich dieser Regelung bereits bestehende Dienst- und Individualvereinbarungen zur mobilen Arbeit gelten mit der Maßgabe fort, dass Bestimmungen, welche dieser Regelung entgegenstehen, durch diese ersetzt werden.
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§ 13
Überprüfung nach einem Jahr

Die Arbeitsrechtsregelung wird hinsichtlich der Anwendung (z.B. Kosten und Praktikabilität) im Jahr 2022 einer Überprüfung unterzogen und ggf. angepasst.

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1 ↑ Nr. 549.
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2 ↑ Nr. 533.
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3 ↑ Nr. 520.
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4 ↑ Nr. 520.
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5 ↑ Nr. 520.