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Kirchengericht: | Kirchliches Verfassungs- und Verwaltungsgericht der EKHN |
Entscheidungsform: | Urteil (rechtskräftig) |
Datum: | 17.09.2021 |
Aktenzeichen: | KVVG II 5/18 |
Rechtsgrundlage: | § 19 Abs. 4 RVVO; § 22 VVZG.EKD |
Vorinstanzen: | |
Schlagworte: | Ergebniskontrolle, Kontrolldichte, Verbandsrecht, VerwaltungskostenumlageErgebniskontrolle, Kontrolldichte, Verbandsrecht, Verwaltungskostenumlage |
Leitsatz:
- Die Geltendmachung der Verwaltungskostenumlage nach § 19 Abs. 4 Satz 1 Regionalverwaltungsverordnung erfolgt durch Verwaltungsakt.
- Die gerichtliche Überprüfung des Festsetzungsbescheids ist grundsätzlich auf eine sog. Ergebniskontrolle zu beschränken.
Tenor:
- Die Klage wird abgewiesen.
- Für das Verfahren werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten trägt die Klägerin.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten der Klägerin gegenüber festgesetzten Verwaltungskostenumlage für das Jahr 2016.
Der Evangelische Regionalverwaltungsverband C ist einer von drei Verwaltungsverbänden der Beklagten, die Verwaltungsaufgaben u. a. von Kirchengemeinden und Einrichtungen der Diakonie für diese wahrnehmen und hierfür Kosten von diesen erheben. Für die Klägerin ist der Evangelische Regionalverwaltungsverband C in diesem Sinne seit einigen Jahren tätig.
Mit Schreiben vom 29. Oktober 2015 nebst Berechnungsbogen gab dieser Regionalverwaltungsverband der Klägerin die von ihr zu leistende Verwaltungskostenumlage für das Jahr 2016 in Höhe von 16.619,49 € bekannt. Das Schreiben nebst Berechnung wurde als Anlage einer E-Mail vom 29. Oktober 2015 an die Klägerin übersandt. Insgesamt zahlte die Klägerin hierauf ratenweise einen Teilbetrag i. H. v. 10.668,98 €. Der Regionalverwaltungsverband erinnerte mit Schreiben vom 11. August 2016 und vom 1. September 2016 an die Zahlung des fehlenden Betrages in Höhe von 5.950,53 €.
Mit Schreiben vom 22. Februar 2017 forderte der Regionalverwaltungsverband die Klägerin unter nochmaliger Erläuterung der Berechnungsgrundlagen auf, den fehlenden Betrag nachzuzahlen. Das Schreiben war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen, wonach binnen zweier Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung des Verbandsvorstandes Einspruch bei der Kirchenleitung erhoben werden kann.
Mit Schreiben vom 8. März 2017 erhob die Klägerin Einspruch, den sie mit Schreiben vom 30. Juni 2017 begründete.
Mit Bescheid vom 13. September 2018 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Regionalverwaltung nach § 19 Abs. 4 der Regionalverwaltungsverordnung berechtigt und verpflichtet sei, ihre Leistungen der Klägerin in Rechnung zu stellen. Die Verwaltungskostenumlage sei – dies im Einzelnen darlegend – von dieser auf der Grundlage der zutreffend festgelegten Budgetwerte korrekt berechnet worden.
Mit ihrer Klage vom 18. Oktober 2018 verfolgt die Klägerin ihr Ziel weiter, indem sie sich gegen die Höhe der festgesetzten Verwaltungskostenumlage insgesamt, insbesondere gegen die der Umlage zugrunde liegenden, von der Beklagten festgelegten Budgetwerte wendet. Die Leistung einer Teilzahlung solle den Anspruch der Regionalverwaltung auf Geltendmachung einer Budgetzuweisung für die von ihr erbrachten Pflichtleistungen gem. §§ 18, 19 RVVO nur dem Grunde, nicht der Höhe nach unstreitig stellen. Die Klägerin ist der Meinung, der Zahlungsaufforderungsbescheid vom 22. Februar 2017 sowie die Beschwerdeentscheidung vom 13. September 2018 seien rechtswidrig, da sie ermessensfehlerhaft zustande gekommen seien und gegen §§ 18, 19 und 22 RVVO verstießen. So sei sowohl der Umfang der von der Kirchenleitung erstellten Prognose über die Leistungsmengen der Klägerin für das Jahr 2016 ermessensfehlerhaft als auch die festgelegten Budgetwerte der unterschiedlichen Pflichtleistungen falsch.
Die ermittelten (prognostizierten) Leistungsmengen seien nicht auf der Grundlage der Leistungsmengen des Jahres 2014 ermittelt worden. Die Kirchenleitung habe vielmehr offenkundig falsche Leistungsmengen zum Nachteil der Klägerin zugrunde gelegt. Bei der Ermittlung der Leistungsmengen seien sowohl sämtliche von der Beklagten verursachten Fehlbuchungen vorausgegangener Haushaltsjahre als auch die letztendlich korrigierten Buchungen erfasst worden. Lediglich die Stornobuchungen als dritter Buchungsvorgang seien unberücksichtigt geblieben. Die Menge der Fehlbuchungen entziehe sich der Kenntnis der Klägerin, und deren Verursachung liege allein im Verantwortungsbereich der Beklagten. Die Festlegung der Budgetwerte sei ermessensfehlerhaft und verstoße gegen § 19 Abs. 2 RVVO, da die Regionalverwaltung seit Inkrafttreten des § 14b RVVO im Jahr 2012 bis mindestens Ende 2015 keine Kosten- und Leistungsrechnung durchgeführt habe.
Die Kirchenleitung habe die für das Jahr 2016 festgesetzten Budgetwerte weder als Ergebnis einer Auswertung der Kosten- und Leistungsrechnungen aller Regionalverwaltungen der EKHN noch der drei zuständigen Regionalverwaltungen als Bearbeitungszentren für die drei Betreuungsregionen der Diakoniestationen in der EKHN ermittelt. Die Budgetwerte 2016 seien wie die Werte der Jahre 2014 und 2015 nicht aus einer Kosten- und Leistungsrechnung, sondern lediglich aus einer prozentualen Veränderung der Beträge vorangegangener Haushaltsjahre ermittelt worden. Für die Festlegung der Budgetwerte seien erst ab 2015 lediglich die Leistungsmengen aktualisiert worden. Die Budgetwerte für 2016 seien vor Abschluss des Haushaltsjahres 2015 festgelegt worden.
Die Klägerin ist weiter der Meinung, bei der Erstellung der Budgetwerte seien Gebäudeunterhaltungskosten eingeflossen, für die gem. § 18 Abs. 2 RVVO über die Bedarfszuweisung Mittel an die Regionalverwaltung geflossen seien, weshalb es zu einer nach § 18 Abs. 3 RVVO unzulässigen Doppelberücksichtigung gekommen sei.
Die Klägerin beantragt:
Der Zahlungsaufforderungsbescheid des Evangelischen Regionalverwaltungsverbandes C vom 22. Februar 2017 gegen die Klägerin in der Gestalt der Beschwerdeentscheidung der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau vom 13. September 2018 wird aufgehoben.
Die Beklagte beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beklagte habe für die Festlegung der Verwaltungskostenumlage 2016 keine Leistungsmengenprognose zugrunde gelegt, wie von klägerischer Seite vermutet, sondern die Leistungsmengen aus dem Jahr 2014. Stornorechnungen seien nicht enthalten, da es sich um automatisierte Buchungen handele. Soweit es sich bei „Stornobuchungen“ um Fehlbuchungen handele, seien diese enthalten. Dies sei sachgerecht und technisch zwingend. Sachgerecht deshalb, weil Umbuchungen nicht allein in der Verantwortung der Regionalverwaltung lägen, sondern auch auf fehlerhaften oder unvollständigen Informationen durch die Diakoniestationen beruhen könnten. Technisch seien solche Buchungsvorgänge aufgrund fehlender technischer Selektionsmerkmale nicht auswertbar. Rechnerisch seien solche Selektionen nicht geeignet, das Ergebnis der Verwaltungsumlage wesentlich zu beeinflussen, da die Reduzierung der Leistungszahlen zu einer Erhöhung des Budgetwertes führen würde und so das Ergebnis der Verwaltungsumlage, die das Produkt aus Leistungszahl und Budgetwert sei, gleich bliebe. Kosten- und Leistungsrechnungen seien auch in den Jahren 2012 bis 2015 durchgeführt worden. Ebenso seien die Budgetwerte für das Jahr 2016 Ergebnis einer Auswertung der Kosten- und Leistungsrechnung. Sowohl die Ermittlung der Verwaltungsumlage 2015 als auch 2016 seien nach dem beschriebenen Verfahren erfolgt. Mit Abschluss des Jahres 2013 habe eine erste vollständige Kostenbasis für die neuen drei Bearbeitungszentren für die Berechnung der Verwaltungskostenumlage 2015 zur Verfügung gestanden. Damit seien sowohl die tatsächlichen Leistungsmengen als auch die aktualisierten Budgetwerte ermittelt worden. Eine Doppelfinanzierung im Rahmen der Kostenfinanzierung der Gebäudeunterhaltung finde nicht statt, da die aus der Erledigung der Pflichtaufgaben entstandenen Einnahmen gem. § 19 Abs. 4 Satz 4 RVVO von der Budgetzuweisung in Abzug gebracht würden.
#Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Zahlungsaufforderungsbescheid des Regionalverwaltungsverbands C (nachfolgend: Regionalverwaltungsverband) vom 22. Februar 2017 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Dieser Bescheid erging in gesetzlicher Form und lässt auch keine sonstigen Rechtsfehler erkennen. Dabei war die Prüfung der angefochtenen Festsetzung der Verwaltungskostenumlage durch die Kammer grundsätzlich auf eine sog. Ergebniskontrolle zu beschränken. Das bedeutet, dass nicht jeder einzelne zur konkreten Festsetzung führende Kostenparameter – für sich genommen – zu untersuchen war, sondern lediglich das Festsetzungsverfahren insgesamt und die schließlich gegenüber der Klägerin bestimmte Umlagehöhe.
Rechtsgrundlage für den von der Kammer als Verwaltungsakt (§ 22 des Verwaltungsverfahrens- und -zustellungsgesetzes der EKD) angesehenen streitgegenständlichen Bescheid ist § 19 Abs. 4 Satz 1 der Regionalverwaltungsverordnung (RVVO). Hiernach werden die von den Regionalverwaltungsverbänden für Dritte erbrachten Leistungen diesen, den „Abnehmern“, in Rechnung gestellt.
Dem angefochtenen Bescheid ist zu entnehmen, wie der Regionalverwaltungsverband die zu leistende Umlage berechnet hat und wie er zu den geforderten Beträgen gekommen ist. Es wird insbesondere offengelegt, dass die Erhöhung der Verwaltungskostenumlage im Vergleich zum Vorjahr auf größere in Anspruch genommene Leistungsmengen und auf höhere Budgetwerte aufgrund kostensteigender Faktoren in den Regionalverwaltungen zurückzuführen ist. Ermessensfehl- oder Nichtgebrauch ist nicht ersichtlich.
Das Gericht nimmt zur weiteren Begründung Bezug auf die Gründe der Einspruchsentscheidung der Beklagten (§ 117 Abs. 5 VwGO i. V. m. § 38 KVVG) mit folgender Ergänzung: Die Beklagte ist nach § 19 Abs. 2 RVVO dazu berufen, für die Budgetzuweisung die Budgetwerte der einzelnen Leistungen nach Auswertung der Kosten- und Leistungsrechnungen aller Regionalverwaltungen festzulegen. Das Ergebnis dieser Auswertungen und Berechnungen wurde der Klägerin und den übrigen Teilnehmern an der Verwaltungskostenumlage bereits im Vorfeld ausführlich erläutert, nicht zuletzt auch durch die E-Mail vom 29. Oktober 2015 (auf deren Charakter als Verwaltungsakt es insofern nicht streitentscheidend ankommt), sowie anlässlich verschiedener nachfolgender Veranstaltungen.
Nach § 19 Abs. 3 RVVO werden die Leistungsmengen, die der Budgetzuweisung an die einzelne Regionalverwaltung zugrunde liegen, von der Kirchenleitung als Planwerte festgelegt und diese durch Fortschreibung der Vorjahreswerte auf das Budgetjahr ermittelt. Diesen Anforderungen ist die Beklagte gerecht geworden. Sie hat bei ihren Berechnungen nicht, wie von klägerischer Seite vermutet, eine Leistungsmengenprognose zugrunde gelegt, sondern die tatsächlichen Leistungsmengen des Jahres 2014.
Auch die klägerischen Ausführungen, Kosten- und Leistungsrechnungen seien in den Jahren 2012 bis 2015 nicht durchgeführt worden, wurden zur Überzeugung des Gerichtes durch die Beklagte hinlänglich widerlegt. Mit Abschluss des Jahres 2013 stand erstmals eine Kostenbasis für die drei neuen Bearbeitungszentren zur Berechnung der Verwaltungskostenumlage zur Verfügung, die für die Berechnung zu Grunde gelegt wurde. Damit wurden die tatsächlichen Leistungsmengen und die Budgetwerte ermittelt.
Soweit die Klägerin behauptet, es habe einen nicht nachvollziehbaren Kostensprung in Höhe von 36 % gegeben, und aus der Kosten- und Leistungsrechnung müsse sich eine Kostenüberdeckung ergeben, bleibt ihr Vortrag ohne Substanz. Die Beklagte hat in für das Gericht nachvollziehbarer Weise ausgeführt, dass Kostensteigerungen auf Leistungsmengenveränderungen und auf allgemeine Vergütungssteigerungen zurückzuführen waren.
Soweit die Klägerin weiter vorträgt, bei der Erstellung der Budgetwerte seien entgegen § 18 Abs. 2 RVVO Gebäudeunterhaltungskosten eingeflossen, weshalb es zu einer nach § 18 Abs. 3 RVVO unzulässigen Doppelberücksichtigung gekommen sei, so wurde dies von der Beklagtenseite überzeugend widerlegt. Eine Doppelfinanzierung findet gerade nicht statt; die durch die Erledigung der Pflichtaufgaben entstandenen Einnahmen werden zu Recht nach § 19 Abs. 4 Satz 4 RVVO bei der Ermittlung der Budgetzuweisung verrechnet.
Schließlich wurde aus dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Balkendiagramm hinreichend deutlich, dass die aufgewendeten Kosten der Abrechnungszentren im Zusammenhang mit den für die Diakoniestationen erbrachten Leistungen stehen und sich hier sogar eine Kostenunterdeckung ergibt. Der von der Klägerin wiederholt behauptete Kostenüberschuss erschließt sich dem Gericht insofern gerade nicht; diese Behauptung wird dadurch widerlegt.
Soweit die Klägerin in diesem Verfahren die Rechtmäßigkeit der angeforderten Verwaltungskostenumlage insgesamt bestreitet und damit auch die hierauf bisher geleisteten Zahlungen nachträglich streitig stellen will, vermag sie unabhängig von den bisherigen Ausführungen auch deswegen nicht durchzudringen, weil diese gezahlten Beträge nie Gegenstand eines Rechtsbehelfsverfahrens waren. Insoweit ist die Kostenumlage bestandskräftig geworden. In diesem Zusammenhang beantwortet die Klägerin weder die Frage, warum in der Vergangenheit die Verwaltungskostenumlage, immerhin in ähnlicher Höhe, unbeanstandet gezahlt wurde, noch macht sie überzeugende Ausführungen etwa dazu, dass der Regionalverwaltungsverband im streitgegenständlichen Jahr keine oder gegenüber den Vorjahren geringere Leistungen zugunsten der Klägerin erbracht habe, die zu einer Kürzung oder gar Streichung der auf sie bezogenen Umlage berechtigen würden. Es fehlt ebenfalls an Ausführungen dazu, warum sich aus den bekannten Kosten- und Leistungsrechnungen eine geringere Umlage ergeben sollte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 38 KVVG in Verbindung mit § 155 Absatz 1 VWGO. Für das Verfahren werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben (§ 36 Satz 1 KVVG).