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Kirchengericht: | Kirchliches Verfassungs- und Verwaltungsgericht der EKHN |
Entscheidungsform: | Urteil (rechtskräftig) |
Datum: | 16.06.2023 |
Aktenzeichen: | KVVG II 10/19 |
Rechtsgrundlage: | § 17 PfDGAG; §§ 47, 79, 80 PfDG.EKD; §§ 1, 2 MediationsG; §§ 3, 36, 38 KVVG |
Vorinstanzen: | |
Schlagworte: | Konfliktbereinigungsversuch, Mediation(sverfahren), Versetzung, geregeltes Mediationsverfahren, nachhaltige Störung |
Leitsatz:
- Der Versetzung wegen nachhaltiger Störung in der Wahrnehmung des Dienstes muss ein geregeltes Mediationsverfahren vorausgegangen sein.
- Dazu genügt nicht ein Konfliktbereinigungsversuch, der allenfalls einzelne Elemente einer Mediation aufgreift.
- Den Beteiligten des Mediationsverfahrens muss die rechtliche Tragweite und der Zusammenhang, in dem die Mediation steht, vor Beginn klar vor Augen geführt werden.
Tenor:
- Der Versetzungsbescheid vom 18.06.2019 wird aufgehoben.
- Für das Verfahren werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten trägt die Beklagte.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen seine Versetzung aus dem Gemeindepfarrdienst zu einem allgemein kirchlichen Vertretungsauftrag in der Propstei A unter Beigabe zum Propst.
Der Kläger ist seit 01.06.1997 Pfarrer auf Lebenszeit im Dienst der EKHN und wurde zunächst als Gemeindepfarrer in D-Stadt, Dekanat A eingesetzt. Zum 01.07.2012 wechselte er zur Kirchengemeinde E-Stadt (Dekanat B) und wurde Inhaber der dortigen Gemeindepfarrstelle.
Spätestens im Juli 2015 wurden unterschiedliche Auffassungen zu bestimmten gemeindlichen Aufgabenstellungen zwischen dem Kläger als Pfarrer und dem Kirchenvorstand der Gemeinde E-Stadt sichtbar. Es gab Auseinandersetzungen jedenfalls mit einzelnen Mitgliedern des Kirchenvorstandes, weshalb der Kläger sich an den Dekan und den Propst wandte, mit der Bitte um ein Gespräch über die Arbeit in der Gemeinde. Anlässlich einer Klausurtagung des Kirchenvorstandes im Januar 2016 über die Gestaltung der Arbeit mit den Konfirmanden vertieften sich die unterschiedlichen Auffassungen, über die auf Anhieb keine Einigkeit zu erzielen war. Am 5. März 2016, als der Kläger sich in Urlaub befand, organisierte der Kirchenvorstand eine Schneideaktion im Garten des Pfarrhauses, die der Pfarrer nach seiner Rückkehr als extremen Eingriff in seine Privatsphäre wertete und die den Konflikt mit dem Kirchenvorstand beflügelte. Weiteren Dissens gab es über die Art und Weise von Veröffentlichungen im Gemeindebrief sowie über die einzuhaltenden Parameter für eine gelungene Zusammenarbeit zwischen Kirchenvorstand und Pfarrer. Dabei spielte auch die Gestaltung von Beerdigungen oder Taufgesprächen eine Rolle, da der Kirchenvorstand davon gehört hatte, dass der Pfarrer im Rahmen von Taufgesprächen auch über die Gefahren von Mobilfunk, Elektrosmog oder andere Strahlenbelastungen sowie die Frage der Kinderimpfung referiere, was der Kirchenvorstand für unpassend hielt. Diese unterschiedlichen Auffassungen zur Gestaltung von Pfarrgesprächen wurden unter anderem in KV-Sitzungen vom 12.07.2016, 09.08.2016, 06.09.2016 und vom 13.10.2016 thematisiert, wobei der Kläger die Taufgespräche als rein pastorale Angelegenheit einstufte, die nicht der Beurteilung des Kirchenvorstands unterliegen.
Im Oktober 2016 trat die damalige stellvertretende Vorsitzende des Kirchenvorstandes zurück, und der gesamte Kirchenvorstand hielt ein Treffen mit dem Dekan zur Klärung der weiteren Zusammenarbeit für notwendig.
Auch der Kläger seinerseits wünschte sich eine Klärung des Verhältnisses zum Kirchenvorstand und wandte sich deshalb im Einverständnis mit dem Dekan an das IPOS, mit der Bitte um eine Konfliktmoderation. Aus seiner Sicht gab es zu diesem Zeitpunkt fortgesetztes und systematisches Mobbing gegen seine Person, das er in einer persönlichen Dokumentation niederlegte und später durch nachfolgende Ereignisse fortschrieb.
Am 22.11.2016 kam es im Rahmen einer Kirchenvorstandssitzung zu einer ersten Aussprache unter Beteiligung des Konfliktberaters und Mediators D sowie unter Mitwirkung des Dekans und eines Mitglieds des Pfarrerausschusses aus der Propstei A. Aus der Sicht der Beklagten begann mit dieser Sitzung das Mediationsverfahren im Vorfeld einer eventuellen Versetzung, während der Kläger davon ausgeht, dass diese Sitzungen schlicht der Konfliktmoderation gedient habe und allenfalls untechnisch dafür der Begriff Mediation benutzt worden sei.
Weitere Sitzungen mit D, Dekan E und Herrn Pfarrer F vom Pfarrerausschuss fanden innerhalb von Kirchenvorstandssitzungen am 06.12.2016, 17.01.2017, 06.03.2017 und 04.07.2017 statt. Diese Sitzungen werden jeweils in den Protokollen der an diesen Tagen angesetzten Kirchenvorstandssitzungen erwähnt (s. Übersicht über die KV-Protokolle Blatt 913 GA), ohne dass zu diesen Mediationsgesprächen gesonderte Protokolle gefertigt worden wären. Für die weitere Beschreibung dieser Gespräche wird auf die Darstellungen des involvierten Mediators und Konfliktberaters D in dessen Aussage in der mündlichen Verhandlung vom 16.06.2023 (Blatt 1271-1279 GA) sowie die jeweiligen Darstellungen der Parteien Bezug genommen.
Außerdem fand während des Mediationszyklus am 01.03.2017 ein Gespräch zwischen dem Kläger und dem Dekan gemeinsam mit D in dessen Wohnung statt, an dem Mitglieder des Kirchenvorstands nicht beteiligt waren.
In der Sitzung des Kirchenvorstands vom 04.07.2017 war nach Einschätzung des Konfliktberaters und Mediators eine so weit gehende Einigung über den weiteren Umgang miteinander erzielt, dass das Ergebnis von ihm in einer Übersicht (siehe u. a. Blatt 1187 GA) festgehalten wurde. Eine Evaluation wurde für den 31.01.2018 vereinbart.
Aus Sicht des Klägers hatte das durchgeführte Verfahren den Kern des Konfliktes, nämlich das fortwährende Mobbing gegen ihn, verfehlt, was der Kläger sowohl gegenüber dem Mediator als auch gegenüber dem Kirchenvorstand und dem Propst ausdrücklich erklärte. Am 04.09.2017 kam es daher zu einem Gespräch zwischen dem Kläger, dem Propst, dem Dekan und Pfarrer F über die weitere Arbeitsweise in der Gemeinde. Bei einer Kirchenvorstandssitzung am 23.10.2017 äußerte der Kläger sehr deutlich seine Unzufriedenheit mit der seines Erachtens fehlerhaften Mediation und brachte zum Ausdruck, dass aus seiner Sicht lediglich ein Beziehungskonflikt mit zwei Kirchenvorstandsmitgliedern bestehe, den er gerne in einem Sechs-Augen-Gespräch lösen wolle. Diese Äußerung führte zum Abbruch der Kirchenvorstandssitzung und einem ergebnislosen Gespräch in der Kirchenverwaltung am 23.11.2017.
Bei der gemeinsamen Evaluation mit dem Mediator D am 31.01.2018 wurde festgestellt, dass die Mediation nicht zum Erfolg geführt hatte.
Am 28.02.2018 fand ein Gespräch zwischen drei Kirchenvorstandsmitgliedern, dem Dekan und dem Propst statt, bei dem die KV-Mitglieder zum Ausdruck brachten, dass für sie eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger nicht mehr vorstellbar sei. Am 31.08.2018 wurde diese „Zerrüttung“ von sechs KV-Mitgliedern bestätigt dahingehend, dass die Kommunikation zwischen Pfarrer und Kirchenvorstand erheblich gestört sei.
Gleichzeitig bemühte sich der Kläger im August 2018, eine Gemeindeversammlung wegen der Zukunft der Pfarrstelle in E-Stadt zu initiieren. Eine Unterschriftenliste mit 180 befürwortenden Unterschriften kam zustande; gleichwohl wies der Dekan den Pfarrer an, auf die Gemeindeversammlung zu verzichten, weil Personalangelegenheiten nicht zu deren Gegenstand gemacht werden dürften. Auch der Kirchenvorstand lehnte es ab, zu diesem Thema eine Gemeindeversammlung durchzuführen.
Ebenfalls im Jahr 2018 bewarb der Kläger sich auf andere Pfarrstellen, insbesondre auf die Gemeindepfarrstelle in F-Stadt. Kurz bevor der Wechsel dorthin rechtssicher vereinbart werden konnte, nahm er – nach einem Dissens über das Antrittsdatum – seine Bewerbung allerdings wieder zurück.
Am 20.09.2018 teilte die Kirchenverwaltung dem Kläger mit, dass offizielle Erhebungen zu seiner eventuellen Zwangsversetzung beginnen sollen.
Am 21.10.2018 stellte der Kläger beim KVVG einen Eilantrag (II 6/18) mit dem Ziel, den Beginn dieser Erhebungen zu verhindern.
Im Rahmen dieses Eilantrages berief der Kläger sich unter anderem darauf, dass das nach § 17 PfDGAG notwendige Mediationsverfahren noch nicht durchgeführt worden sei und deshalb die Erhebungen nicht stattfinden dürften. Dies werde bekräftigt durch ein Telefonat, das er mit dem IPOS am 19.11.2018 geführt habe und in dem ihm bestätigt worden sei, dass es einen Unterschied gebe zwischen Konfliktaufträgen und Mediationen vor Wartestandsversetzungen.
Während des laufenden Eilverfahrens legten alle bisherigen Mitglieder des Kirchenvorstandes der Gemeinde E-Stadt ihr Amt nieder. In diesem Zusammenhang beschwerte der Kläger sich über einen „Vernichtungsfeldzug“ gegen ihn auch seitens des Dekanatssynodalvorstands, der den Kirchenvorstand neu bestimmen müsse. Die Kirchenverwaltung, die zunächst zugesagt hatte, eine gerichtliche Entscheidung über den Eilantrag vor Beginn der Erhebungen abzuwarten, teilte ihrerseits mit, dass sie nunmehr mit den Erhebungen beginnen werde, da kein Kirchenvorstand mehr vorhanden sei. Daraufhin erweiterte der Kläger seinen Eilantrag dahingehend, der Kirchenverwaltung generell die Erhebungen zu untersagen. Außerdem beantragte er, den mit Beginn der Erhebungen entzogenen Dienst in der Gemeinde E-Stadt fortzuführen und die Übertragung von Dekanatsaufgaben im Dekanat A rückgängig zu machen (Az II 2/19).
Mit Beschluss vom 15.02.2019 lehnte das KVVG den ursprünglichen Eilantrag (II 6/18) als unzulässig ab, weil im Vorfeld der Erhebungen kein Rechtsschutzbedürfnis für gerichtlichen Eilrechtsschutz bestehe. Das Gericht wies dabei auch darauf hin, dass aus seiner Sicht die nach dem Ausführungsgesetz zum Pfarrdienstgesetz notwendige Mediation im Vorfeld der Erhebungen stattgefunden habe. Das nach der Antragserweiterung abgetrennte Eilverfahren II 1/19 zur Untersagung der Erhebungen wurde ebenfalls ablehnend beschieden. Im weiteren Rechtsstreit II 2/19 erklärten die Beteiligten später die Hauptsache übereinstimmend für erledigt.
Im Rahmen ihrer Erhebungen hörte die Beklagte den Dekan, den Propst, den ehemaligen Kirchenvorstand von E-Stadt und den Pfarrerausschuss zu der geplanten Versetzung des Klägers an, jeweils im April 2019. Der Kläger seinerseits machte durch umfassenden Mailverkehr seinen Standpunkt deutlich und warf den ehemaligen Kirchenvorstandsmitgliedern und der Kirchenverwaltung Rechtsmissbrauch vor.
Am 18.06.2019 beschloss die Kirchenleitung die Versetzung des Klägers mit sofortiger Wirkung unter Verlust der bisherigen Stelle, beauftragte ihn, einen allgemein kirchlichen Auftrag zur Vertretung in der Propstei A wahrzunehmen und gab ihn hierzu dem Propst bei. Diese Entscheidung wurde dem Kläger mit Versetzungsbescheid der Kirchenverwaltung vom 18.06.2019 mitgeteilt.
Zur Begründung ist ausgeführt, dass der Versetzung die notwendigen Erhebungen vorausgegangen seien. Dabei sei geprüft worden, ob es begründete tatsächliche Anhaltspunkte dafür gebe, dass eine nachhaltige Störung in der Wahrnehmung des Dienstes des Pfarrers vorliege. Aufgrund der Darstellung der Konfliktsituation von Propst G unter dem 28.08.2018, von Dekan E unter dem 05.03.2018 sowie der Anhörungen des Kirchenvorstands vom 28.02.2018 und 31.08.2018 sei festgestellt worden, dass begründete tatsächliche Anhaltspunkte für eine derartige nachhaltige Störung vorhanden seien. Des Weiteren sei geprüft worden, ob ein geregeltes Mediationsverfahren gemäß § 17 PfDGAG durchgeführt worden sei. Dieses Verfahren habe vom 22.11.2016 bis 30.01.2018 stattgefunden, was auch das angerufene Kirchengericht gemäß seinem Beschluss vom 15.02.2019 festgestellt habe. Es habe ein Konflikt zwischen dem Pfarrer und dem Kirchenvorstand bestanden, und der Pfarrer, der Kirchenvorstand, der zuständige Dekan und die Vertrauensperson des Pfarrers, Pfarrer F vom Pfarrerausschuss, hätten gemeinsam zur Befriedung des Konflikts die Mediation vereinbart. Die Mediation sei am 04.07.2017 zunächst mit dem Konsens beendet worden, eine Arbeitsebene gefunden zu haben, was in der Mediationsvereinbarung vom 04.07.2017 gemeinsam festgehalten worden sei. Unter anderem sei vereinbart worden, respektvoll und wertschätzend miteinander umzugehen, Kompetenzen anzuerkennen, Entscheidungen zu akzeptieren und zeitnah umzusetzen, konstruktiv mit Kritik umzugehen und sowie frei seine Meinung äußern zu können. Ein Kontrolltermin (Follow Up) sei vereinbart worden.
Der Pfarrer habe sich jedoch nicht an diese Vereinbarung gehalten, sondern die Mediation Ende Juli 2017 einseitig für gescheitert erklärt. Dahingehend habe er sich in seiner Mail vom 31.07.2017 an den Propst geäußert, weil es keine Konfliktklärung gegeben habe. Dies sei nicht erwünscht gewesen, und der Mediationsprozess sei immer wieder torpediert worden. Als „Hauptmobberin“ habe der Pfarrer in dieser Mail ein bereits zurückgetretenes Kirchenvorstandsmitglied bezeichnet, und in einer weiteren Mail vom 29.08.2017 habe er erklärt, dass der Konflikt nur noch mit zwei anderen KV-Mitgliedern bestehe. Gleichzeitig habe er sich über intensives Mobbing und häufige Grenzüberschreitungen ihm gegenüber beschwert. Seine Sichtweise, dass der Grundkonflikt nur mit zwei KV-Mitgliedern bestehe und im Übrigen das Mediationsverfahren an der Mobbingsituation ihm gegenüber vorbei gegangen sei, habe der Pfarrer auch in der Kirchenvorstandssitzung vom 23.10.2017 offenbart. Dies habe zum Sitzungsabbruch geführt, und weder in einem Gespräch mit Dekan und Propst am 04.09.2017 noch in einem weiteren Gespräch am 23.11.2017 unter Beteiligung von Kirchenjuristinnen und dem Rechtsvertreter des Pfarrers habe sich eine einvernehmliche Lösung finden lassen. Der Mediator habe daraufhin bei der Evaluation am 31.01.2018 das Scheitern der Mediation festgestellt, so dass ein geregeltes, anlassbezogenes Mediationsverfahren zwischen dem Pfarrer und dem Kirchenvorstand durchgeführt worden sei und nicht zu einer Lösung des Konflikts geführt habe.
Der Ton des Pfarrers sei auch immer martialischer geworden, sodass sich bei den Erhebungen herauskristallisiert habe, dass die Erfüllung der dienstlichen und gemeindlichen Aufgaben durch den Pfarrer nicht mehr gewährleistet sei. Alle acht ehrenamtlichen KV-Mitglieder hätten erklärt, dass das Vertrauensverhältnis zum Pfarrer unwiderruflich zerstört sei und seien im Januar 2019 von ihren Ämtern zurückgetreten. Die befürchtete Spaltung der Gemeinde sei ebenfalls eingetreten gewesen, wie einem Zeitungsartikel, den Unterschriften zur Einforderung einer unzulässigen Gemeindeversammlung, zwei Briefen des Bläserkreises und einer Solidaritätsbekundung gegenüber dem DSV A mit der Verunglimpfung der bisherigen ehrenamtlichen KV-Mitglieder zu entnehmen gewesen sei. Es müsse festgestellt werden, dass der Pfarrer zwischenzeitlich jedes Maß verloren zu haben scheine, da er auch weitere Drohungen in E-Mails an den Dekan ausgesprochen und angekündigt habe, um seine Pfarrstelle zu kämpfen. Aufgrund des Schreibens des Pfarrers an die Mitglieder des DSV des ehemaligen Dekanats B und des neuen Dekanats C vom 28.01.2019 sei außerdem zu befürchten gewesen, dass die Störungen über die Gemeinde hinaus weitere Ausmaße annehmen würden. Denn hierin habe der Pfarrer den Mitgliedern der Dekanatssynodalvorstände „Geschichtsklitterung und Betrug“ vorgeworfen. Er habe davon gesprochen, dass die Öffentlichkeit instrumentalisiert werde und gegen ihn ein „Vernichtungsfeldzug“ geführt werde. Obwohl die Kirchenleitung durch verschiedene Vertreter seit Jahren darum bemüht gewesen sei, den Konflikt in E-Stadt zu deeskalieren bzw. in geordnete Bahnen zu lenken, habe letztlich keine einvernehmliche Lösung gefunden werden können. Vielmehr hätten die Erhebungen gezeigt, dass die Erfüllung der dienstlichen und gemeindlichen Aufgaben durch den Pfarrer in E-Stadt nicht mehr gewährleistet sei, sodass gemäß § 79 Abs. 2 PfDG.EKD ein besonderes kirchliches Interesse an der Versetzung des Pfarrers bestehe, weil eine nachhaltige Störung in der Wahrnehmung des Dienstes vorliege. Die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zum Vertretungsorgan sei nachhaltig und eine Befriedung der Kirchengemeinde nur durch eine Versetzung des Pfarrers zu erwarten.
Am 18.07.2019 hat der Kläger gegen diesen Versetzungsbescheid durch seinen damaligen Bevollmächtigen Klage erhoben.
In der ausführlichen Klagebegründung vom 21.02.2020 stellt der Kläger dar, weshalb nach seiner Einschätzung kein geregeltes Mediationsverfahren stattgefunden habe, sondern nur eine Konfliktberatung. Auch der Rücktritt des Kirchenvorstandes sei forciert worden, um eine einfachere Versetzungsentscheidung zu ermöglichen. In einer ergänzenden Klagebegründung vom 23.02.2020 schildert der Kläger außerdem detailliert seine persönliche Sicht der damaligen Geschehnisse und der jeweiligen Verantwortlichkeiten. Seiner Stellungnahme hat er zahlreiche Unterlagen beigefügt (vgl. Blatt 99 bis 232 Gerichtsakte), auf die Bezug genommen wird.
Nach weiterem Mandatswechsel meldete sich unter dem 02.06.2020 eine neue Bevollmächtigte für den Kläger, die die Unvollständigkeit der von der Beklagtenseite vorgelegten Unterlagen rügte und auf diverse Mängel in der Verfahrensführung hinwies, die aus Sicht des Klägers aufgetreten seien. Außerdem wurde ein weiteres Anlagenkonvolut des Klägers mit Schriftsatz vom 15.10.2020 eingereicht (Blatt 345 bis Blatt 534 GA).
Es folgten vergebliche Terminsabsprachen für verschiedene Verhandlungstermine im Jahr 2021. Der letzte dieser Termine scheiterte daran, dass die Ehefrau des Klägers unerwartet verstarb und der Kläger deshalb ausweislich vorgelegter ärztlicher Atteste für mehrere Monate verhandlungsunfähig war.
Ein erster Verhandlungstermin hat schließlich am 25.03.2022 stattgefunden, bei dem die Beteiligten zunächst die Eckpunkte einer eventuellen einvernehmlichen Lösung des Rechtsstreites verabredet haben. Zu dieser Vereinbarung kam es jedoch nicht, sondern der Kläger hat einen neuen Bevollmächtigten beauftragt, der wiederum zahlreiche Unterlagen mit der Sichtweise des Klägers eingereicht hat und formelle Mängel des Versetzungsverfahrens rügt.
Der Kläger beantragt,
den Versetzungsbescheid vom 18.06.2019 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung zunächst auf die Darstellung in dem angefochtenen Versetzungsbescheid nebst der vorgelegten Anlagen.
Außerdem betont sie nochmals, dass das notwendige geregelte Mediationsverfahren im Vorfeld der Erhebungen stattgefunden habe. Auch der Kläger selbst sei davon zunächst ausgegangen und habe von einer „Mediation“ gesprochen. Erst später habe er die Begrifflichkeit gewechselt und sich darauf berufen, dass es lediglich eine Konfliktmoderation gewesen sie. Im Übrigen liege die nachhaltige Störung des Dienstes zweifelsohne vor, denn sogar der Kläger selbst spreche von einem zerstörten Vertrauensverhältnis zum bisherigen Kirchenvorstand.
Soweit der Kläger sonstige Mängel in der Verfahrensführung oder die Unvollständigkeit der Akten rüge, gingen seine Vorhaltungen ins Leere. Mit der Erhebungsakte, der Personalakte, der Bewerbungsakte und den Anlagen zum Kirchenleitungsbeschluss seien alle bei der Beklagten vorhandenen Unterlagen im Zusammenhang mit den Erhebungen und der Versetzungsentscheidung vorgelegt worden.
Weitere inhaltliche Stellungnahmen seien zudem auch deshalb schwierig, weil der Kläger jeweils ungeordnete Anlagenkonvolute einreiche, aus denen sich die einzelnen rechtlichen, von ihm konkret gerügten Punkte nicht entnehmen ließen. Es sei jedoch weder Aufgabe der Beklagten noch des Gerichts, aus diesem überaus umfangreichen wirren Vortrag das herauszusuchen, was möglicherweise relevant sein könnte.
Soweit der Kläger mittlerweile eine Stellungnahme des Köln-Bonner Instituts für Konfliktlösungen vorgelegt habe zu der Frage, ob in der Zeit zwischen dem 22.11.2016 und dem 04.07.2017 ein geregeltes Mediationsverfahren stattgefunden habe, könne dem Inhalt dieser Stellungnahme nicht gefolgt werden. Es handele sich um eine rein private Meinung der dortigen Gutachter. Schließich könne auch aus der mittlerweile geltenden neuen Fassung des § 17 PfDGAG, wonach das Mediationsverfahren durch die Kirchenverwaltung eingeleitet werde, nichts für den Standpunkt des Klägers hergeleitet werden. Denn aus dieser erst jetzt geltenden gesetzlichen Fassung könnten keine Rückschlüsse auf die Vorgaben zum Zeitpunkt der Erhebungen im Verfahren des Klägers gezogen werden. Die der Kirchenleitung oder der Kirchenverwaltung zugeschriebene Mitschuld am Tod der Ehefrau werde im Übrigen sehr deutlich zurückgewiesen.
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 16.06.2023 den seinerzeit tätigen Konfliktberater und Mediator D zu dessen Auftrag und der Gestaltung des damaligen Verfahrens als Zeugen vernommen. Für das Ergebnis dieser Zeugenvernehmung wird auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 16.06.2023 Bezug genommen.
Ebenso wird Bezug genommen auf die kompletten Gerichtsakten des anhängigen Rechtsstreites (6 Bände) sowie die beigezogenen Verfahrensakten der abgeschlossenen gerichtlichen Verfahren II 6/18, II 1/19 und II 2/19, des mittlerweile zum Ruhen gebrachten Verfahrens II 4/22 und die in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich aufgezählten beigezogenen Behördenakten der Beklagten
#Entscheidungsgründe:
Die erhobene Klage ist als Anfechtungsklage nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 KVVG zulässig und begründet.
Die angefochtene Versetzungsentscheidung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§§ 38 KVVG, 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die formellen Voraussetzungen nach § 17 PfDGAG (in der zum Zeitpunkt der Erhebungen geltenden Fassung) in Ausfüllung des § 80 Abs. 2 PfDG.EKD für eine Versetzung wegen nachhaltiger Störung in der Wahrnehmung des Dienstes sind nicht erfüllt. Es fehlt an der Durchführung eines geregelten Mediationsverfahrens i.S.v. § 17 S. 2 PfDAG.
Zwar kann ein Pfarrer nach §§ 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5, 80 Abs. 1 PfDG.EKD aus besonderem kirchlichen Interesse auch ohne seine Zustimmung wegen nachhaltiger Störung in der Wahrnehmung des Dienstes versetzt werden. Die Gründe für die nachhaltige Störung müssen auch nicht zwingend im Verhalten oder in der Person des Pfarrers begründet sein. Zur Feststellung der Voraussetzungen für eine derartige Versetzung werden nach § 80 Abs. 2 PfDG.EKD die erforderlichen Erhebungen durchgeführt. Nach dem Ausführungsgesetz der EKHN zum PfDG.EKD (§ 17 PfDG-AG) werden die erforderlichen Erhebungen durch die Kirchenverwaltung durchgeführt und können gemäß Satz 2 bei einem Gemeindepfarrer nur durchgeführt werden, wenn mit dem Pfarrer und dem Kirchenvorstand ein geregeltes Mediationsverfahren durchgeführt worden ist. An einem derartigen geregelten Mediationsverfahren fehlt es vor der Versetzung des Klägers, sodass sich die Versetzungsentscheidung als rechtswidrig erweist.
Der Kirchenvorstand, der Kläger und weitere Beteiligte haben im Vorfeld der Erhebungen zwischen dem 22.11.2016 und dem 04.07.2017 zwar in einem angeleiteten Verfahren versucht, den aufgetretenen Konflikt zu bereinigen. Nach Überzeugung der Kammer handelt es sich bei dem seinerzeit durchgeführten Verfahren jedoch nicht um eine geregelte Mediation im Sinne des § 17 PfDGAG.
Zutreffenderweise ist bei der Auslegung dessen, was ein geregeltes Mediationsverfahren im Sinne der genannten Vorschriften ist, zunächst auf das staatliche Mediationsgesetz zurückzugreifen, da im kirchlichen Bereich die Mediation nicht eigenständig definiert ist und es sich ohnehin verbieten würde, den Begriff der Mediation je nach Anwendungsbereich unterschiedlich auszulegen.
Eine Mediation ist demnach gemäß § 1 Abs. 1 MediationsG ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem Parteien mit Hilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben.
Der genaue Ablauf eines Mediationsverfahrens, also dessen Struktur, ist im Mediationsgesetz nicht geregelt, ist jedoch gemäß den Vorgaben der Mediationsausbildung von allgemein gültigen Grundsätzen geprägt (s. insoweit insbesondere Ziffer I.2. der Anlage zur Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungs-VO vom 21.08.2016, BGBl. S. 1994: „Ablauf und Rahmenbedingungen der Mediation), die sich im Wesentlichen wie folgt darstellen:
Mediation ist ein freiwilliger und vertraulicher Prozess, bei dem der Mediator eine allparteiliche und neutrale Rolle einnimmt. Er hat zunächst mit den Beteiligten den Auftrag zu klären, das heißt, das Verfahren der Mediation zu erläutern, Motivation und Indikation der Beteiligten zu besprechen, Grundregeln aufzustellen und eventuell eine schriftliche Arbeitsvereinbarung abzuschließen. Als nächster Schritt sind die Themen zu sammeln, die Bereiche der Übereinstimmung und des Dissenses herauszuarbeiten und die Reihenfolge für die Bearbeitung der Themen zu bestimmen. In der eigentlichen Konfliktbearbeitung sind sodann alle Informationen zu erheben und mit Verständnis für unterschiedliche Sichtweisen die zentralen persönlichen Anliegen und Interessen der jeweiligen Beteiligten zu formulieren. Danach werden im Rahmen der Problemlösung Optionen von den Beteiligten entwickelt und bewertet sowie ausgewählt, welche Lösungen in Betracht kommen. In einer Gesamtschau sind dann die für die Problembereiche ausgewählten Lösungen zusammenzuführen und – soweit erreicht – eine Ergebnisvereinbarung aufzusetzen.
Voraussetzung für eine selbstbestimmte Verfahrensteilnahme und Entscheidungsfindung der Parteien ist immer deren ausreichende Informiertheit bezüglich des Wesens der Mediation und aller wesentlichen inhaltlichen Aspekte der Einigung (Gläßer in Klowait/Gläßer, Mediationsgesetz, Handkommentar, 1. Aufl. 2014, § 2 Rn. 10). Ersteres ist notwendig, um überhaupt eine fundierte Entscheidung für oder gegen die Teilnahme an einem Mediationsverfahren treffen zu können und um im laufenden Verfahren die Interventionsvorschläge bzw. -ansätze des Mediators einschätzen zu können. Die Informiertheit über die sachlich-faktischen Grundlagen und Regelungsinhalte einer etwaigen Vereinbarung ist notwendige Basis einer eigenverantwortlichen Einigung (Gläßer, ebda). Dazu gehört nach Auffassung der Kammer auch, dass den Beteiligten einer Mediation, die Voraussetzung für erforderliche Erhebungen im Zusammenhang mit einer Versetzung ist, die rechtliche Tragweite und der Zusammenhang, in dem die Mediation in rechtlicher Hinsicht steht, vor Beginn klar vor Augen geführt wird. Nur unter dieser Voraussetzung kann ein am Prozess Beteiligter eine alle relevanten Gesichtspunkte berücksichtigende Entscheidung für oder gegen seine Teilnahme treffen.
Misst man an diesen Vorgaben das Konfliktbereinigungsverfahren, das zwischen dem Kläger und dem Kirchenvorstand unter Beteiligung weiterer Personen stattgefunden hat, so fehlen hier wesentliche Elemente eines Mediationsverfahrens; erst recht eines „geregelten“ Mediationsverfahren, wie es das Ausführungsgesetz zum Pfarrerdienstgesetz vorschreibt.
Die Zweifel beginnen bereits mit der Art und Weise, wie es zu der Beteiligung von D an dem Konfliktbereinigungsverfahren gekommen ist, was mit Blick auf § 2 Abs. 1 MediationsG rechtliche Relevanz hat, denn danach wählen die Parteien den Mediator aus.
So hat D in der mündlichen Verhandlung vom 16.06.2023 selbst erklärt, er habe sich diesen Konflikt in seiner Rolle als mit dem IPOS und der ZKBS (Zentralen Konfliktberatungsstelle) zusammenarbeitender Konfliktmoderator aus dem Aufgabenpool eigenständig herausgesucht. Es war also mitnichten so, dass der Kläger und der Kirchenvorstand sich auf D als Mediator und das Verfahren der Mediation geeinigt hätten, bevor es zur ersten Sitzung gekommen ist. Vielmehr hat D den Konflikt als Bearbeiter aus einem Pool ausgewählt und ist erst danach mit den Beteiligten in Kontakt getreten. Die Art und Weise, wie D von dem Konflikt erfahren hat, spricht also dafür, dass die Angaben des Klägers zutreffen, er habe sich wegen einer Konfliktberatung an das IPOS gewandt und in diesem Zusammenhang sei es zur Beauftragung von D gekommen.
Weiter spricht für diese Betrachtungsweise auch der Umstand, dass in einer Zusammenfassung der Ereignisse von einem Mitglied des damaligen Kirchenvorstands in der Behördenakte (Blatt 371b) die erste Sitzung als „KV-Sitzung vom 22.11.2016 unter Leitung von Dekan E und mit Begleitung von Pfarrer F vom Pfarrerausschuss“ beschrieben wird und dass der Dekan um einen Mediator für die Sitzung gebeten habe. Aus Sicht des die Umstände beschreibenden Kirchenvorstandsmitglieds ging es also um eine KV-Sitzung mit dem Thema „Aussprache und Zukunftsfähigkeit“, bei der der Dekan die Leitungsfunktion übernommen hat. Selbst wenn ein Mediator hinzugebeten wurde und das betreffende KV-Mitglied deshalb vermerkt „Beginn der Mediation“, kann mit der prägenden Rolle des Dekans kein allparteiliches, eigenverantwortliches und geregeltes Mediationsverfahren gestartet worden sein, da der Dekan in die Hierarchie der Kirchenverwaltung eingebunden, Dienstvorgesetzter des Pfarrers und nicht Beteiligter des zu bearbeitenden Konfliktes ist.
Gerade aufgrund der Teilnahme des Dekans, die hier sogar als Sitzungsleitung beschrieben wird, bestehen zudem erhebliche Zweifel an der Freiwilligkeit des gewählten Verfahrens, die für eine Mediation ebenfalls unumgänglich ist. Denn eine ernsthafte Option, sich dem vom Dekan und D vorgeschlagenen Verfahren in irgendeiner Weise zu entziehen, hätte für die Teilnehmer der Sitzung aufgrund der hierarchischen Strukturierung letztlich wohl kaum bestanden.
Gegen einen als geregelte Mediation anzusehenden Konfliktbereinigungsversuch spricht auch der Umstand, dass der Kläger es war, der das Verfahren initiiert und sich um Hilfestellung in dem Konflikt mit dem Kirchenvorstand bemüht hat. Zu diesem Zeitpunkt ist es überhaupt nicht darum gegangen, Erhebungen im Vorfeld einer eventuellen Versetzungsentscheidung abzuwenden, denn eine solche Versetzung stand im November 2016 noch nicht zur Debatte. Vielmehr hatte der Kläger in dem Gefühl, dass eine ungute Konfliktlage mit dem Kirchenvorstand besteht, um Hilfe von außen gebeten, und diese sollte zunächst in Form einer Konfliktmoderation zur Verfügung gestellt werden, wie sie D über die ZKBS auch als zu bearbeitender Auftrag übernommen hat.
Soweit D geschildert hat, er habe im Rahmen des Kennenlernens der Situation dann seinerseits eine Mediation für die beste Lösung gehalten, diese den Beteiligten vorgestellt und mit ihrer Zustimmung ein Mediationsverfahren durchgeführt, entkräftet dies die aufgetretenen Zweifel nicht. Denn damit lässt sich weder erklären, welche Rolle der Dekan oder Pfarrer F vom Pfarrerausschuss in dem Mediationsverfahren spielen sollten, noch, weshalb diese schon bei der ersten Sitzung, in der ja erst über die Modalitäten eines eventuellen Mediationsverfahrens zu sprechen war, von Anfang an dabei sein durften. Lege artis wäre es an dieser Stelle gewesen, nur mit dem Kirchenvorstand und dem Kläger über ein durchzuführendes Mediationsverfahren zu sprechen und dann gegebenenfalls ihre Wünsche nach Beteiligung Dritter einzuholen sowie sich darüber abzustimmen, inwieweit diesen entsprochen werden kann (vgl. § 2 Abs. 4 MediationsG). Der von D ins Feld gefühlte Grundsatz der „Waffengleichheit“ mag zwar ein Kriterium sein, dass im Rahmen eines Mediationsverfahrens berücksichtigt werden kann. Dass jedoch gerade die Teilnahme des Dekans auf Seiten des Klägers zu mehr Waffengleichheit führen soll, erscheint aufgrund der hierarchischen Einbindung höchst zweifelhaft. Hier ist zumindest nicht dargelegt worden, dass diese Frage so mit den Beteiligten ausdrücklich geklärt worden ist.
Ein weiterer Mangel des durchgeführten Verfahrens liegt in der fehlenden Transparenz, die jeweils für die Beteiligten vorhanden sein muss. Selbst wenn es wirklich während der ersten Sitzung einen von D angestoßenen Wechsel von einer als Konfliktmoderation begonnenen Veranstaltung hin zu einer Mediation gegeben hat, so ist jedenfalls für die Beteiligten nicht hinreichend erkennbar geworden ist, dass sie nunmehr eine völlig andere Form der Konfliktlösungsstrategie mit besonderen rechtlichen Konsequenzen wählen. Wie schon oben ausgeführt, ist wesentliche Voraussetzung für eine selbstbestimmte Verfahrensteilnahme und Entscheidungsfindung der Parteien immer deren ausreichende Informiertheit bezüglich des Wesens der Mediation und aller wesentlichen inhaltlichen Aspekte der Einigung (Gläßer in Klowait/Gläßer, Mediationsgesetz, Handkommentar, 1. Aufl. 2014, § 2 Rn. 10). Zumindest bei einer derartig gravierenden rechtlichen Konsequenz wie der Ermöglichung von Erhebungen vor einer eventuellen Versetzung gegen den Willen eines Pfarrers wäre es also geboten, bei der Aufklärung über einen Wechsel des Verfahrens auch auf diese dann denkbaren rechtlichen Konsequenzen hinzuweisen. Ob diese Konsequenzen D seiner Zeit selbst überhaupt bewusst waren, ist nicht klar geworden. Jedenfalls haben weder er noch beispielsweise der Dekan, der über die rechtlichen Rahmenbedingungen einer Änderung hin zu einem Mediationsverfahren möglicherweise die besseren Kenntnisse besessen hat, den Beteiligten diese Folgen nachvollziehbar dargelegt. Damit ist einem weiteren Grundsatz eines geregelten Mediationsverfahrens nicht Rechnung getragen worden.
Im Übrigen gebietet es auch die Fürsorgepflicht der Beklagten als Dienstherrin (vgl. §§ 47 Abs. 1 PfDG.EKD, 3 Abs. 2 PfDGAG), den Pfarrer nicht ohne konkreten Hinweis auf die möglichen Rechtsfolgen an einem Mediationsverfahren zu beteiligen, das als formelle Voraussetzung für Erhebungen im Vorfeld einer Zwangsversetzung dienen kann.
Aus dem Umstand, dass der Mediator sich weder um den Inhalt der Protokolle der Mediationssitzungen noch um eine ordnungsgemäße Arbeitsvereinbarung zu Beginn gekümmert hat, ergibt sich für das Gericht ebenfalls, dass kein geregeltes Mediationsverfahren stattgefunden hat. Die Mediationssitzungen sind jeweils nur innerhalb der Protokolle über die Kirchenvorstandssitzungen kurz erwähnt worden (s. Protokollübersicht Bl. 913 GA). Eine Mediation als vertrauliches Verfahren kann jedoch nicht als Teil einer Kirchenvorstandssitzung behandelt werden, sondern es muss sich für die Teilnehmer erkennbar um eine besondere Veranstaltung mit besonderen Regeln handeln, die nicht einfach in das Protokoll der Kirchenvorstandssitzung aufgenommen werden darf. Dass dies gleichwohl so geschehen ist, macht für das Gericht deutlich, dass den Beteiligten auch an dieser Stelle nicht hinreichend bewusst war, in welch besonderem Mediationsumfeld sie sich seinerzeit befanden. Gleichzeitig ist durch die Niederlegung im Protokoll der Kirchenvorstandssitzung auch der Grundsatz der Vertraulichkeit nicht hinreichend eingehalten. Denn außerhalb der Mediationsteilnehmer ist grundsätzlich niemand berechtigt, von dem Umstand, dass und wie ein Mediationsverfahren geführt wird, überhaupt Kenntnis zu nehmen.
Ebenfalls unter dem Gesichtspunkt der Vertraulichkeit erscheint zudem die Teilnahme des Dekans und des Pfarrerausschussmitglieds an der Mediation fragwürdig. Gemäß § 2 Abs. 4 MediationsG dürfen Dritte nur mit Zustimmung aller Parteien in die Mediation einbezogen werden, und dass diese Zustimmung in hinreichendem Umfang vorgelegen hat, ließ sich den Ausführungen von D in der mündlichen Verhandlung gerade nicht entnehmen. Vielmehr hat er dazu ausgesagt, der Dekan sei schlicht schon da gewesen, was impliziert, dass dessen Teilnahme nicht Ausfluss einer dahingehenden Absprache zwischen den Beteiligten der Mediation gewesen ist, sondern dass er qua Amtes schlicht einbezogen wurde.
Ein weiterer kritischer Gesichtspunkt, der gegen das Vorliegen einer geregelten Mediation spricht, ist das Gespräch zwischen Pfarrer, Dekan, Pfarrerausschussmitglied und Mediator in der Wohnung des Mediators am 01.03.2017. Hier ist weder so recht erkennbar, welchem Zweck dieses Gespräch überhaupt dienen sollte, noch, weshalb es ohne Beteiligung des Kirchenvorstands, aber gleichwohl als Teil der vermeintlichen Mediation, durchgeführt worden ist und warum dies ausgerechnet in der Wohnung des Mediators geschehen ist. Zwar sind Einzelgespräche innerhalb eines Mediationssettings nicht ausgeschlossen, doch müsste für alle Mediationsbeteiligten hinreichend erkennbar sein, weshalb und zu welchem Gesichtspunkt sie geführt werden, und dies bleibt hier völlig unklar. Der Kläger hat hierzu noch erklärt, er habe bei diesem Gespräch seine Dokumentation des Mobbings übergeben, ohne dass der Mediator darauf später jedoch eingegangen wäre. Um die Aufarbeitung speziell der Themen, die den Kläger interessiert haben, kann es also nicht gegangen sein. Ohnehin würde dies die Frage aufwerfen, ob die wechselseitig als bedeutsam angesehenen Themen überhaupt ausreichend abgestimmt worden sind.
Schließlich zeigt auch die Ergebnissicherung, die als „Mediationsvereinbarung“ vom 04.07.2017 in den Akten vorhanden ist (u. a. Blatt 1184 GA), dass es in der (vermeintlichen) Mediation nur um allgemeine Verhaltensweisen der Konfliktbeteiligten, aber nicht um das mediationstypische Herausarbeiten und Bearbeiten der Wurzeln des Konflikts gegangen ist. Denn wenn dort solche Dinge verabredet worden sind wie „Alle haben Freude an den Sitzungen“ oder „Alle anerkennen die Kompetenzen des anderen“, so sind dies keine konkreten Handlungsmodalitäten, mit denen das weitere Miteinander gestaltet werden kann, sondern abstrakte Zielsetzungen. Darauf kann man sich zwar leicht einigen, es fehlen aber die Strategien und die konkreten Schritte zur Umsetzung. Als Ergebnis eines Mediationsverfahrens wäre eine solche Lösung untauglich.
Insofern kommt die Kammer in Abweichung von der in dem Eilbeschluss vom 15.02.2019 vertretenen Auffassung vorliegend zu dem Ergebnis, dass das zwischen dem Kläger und dem Kirchenvorstand durchgeführte Verfahren kein geregeltes Mediationsverfahren war, sondern ein Konglomerat verschiedener Streitschlichtungstechniken, bei denen für die Beteiligten im Ergebnis nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennbar war, dass es ein ─ einer eventuellen Versetzungsentscheidung vorgeschaltetes ─ Mediationsverfahren sein sollte. Die ordnungsgemäße Durchführung der Mediation sowie die Erkenntnis, welchem Zweck das Verfahren (auch) dient, hält die Kammer jedoch für unabdingbar, damit es sich um ein geregeltes Mediationsverfahren im Sinne von § 17 PfDGAG handelt.
Dabei fühlt die Kammer sich durchaus bestätigt durch die heutige Fassung von § 17 PfDGAG, die ausdrücklich verlangt, dass das Mediationsverfahren von der Kirchenverwaltung eingeleitet wird und die das Ziel (Lösung des Konflikts zur Abwendung von Erhebungen) festschreibt. Zwar galt diese Fassung von § 17 PfDGAG zum Zeitpunkt der damaligen Erhebungen und der Versetzung des Klägers noch nicht. Es spricht jedoch alles dafür, dass die gesetzgeberische Intention dieselbe war und jetzt lediglich eine sprachliche Klarstellung erfolgt ist. Hätten diese Vorgaben so ausdrücklich schon damals bestanden, wären die aufgetretenen Mängel im Falle des Klägers möglicherweise vermieden worden.
Mangels ordnungsgemäßem Mediationsverfahren war somit die Einleitung der Erhebungen unzulässig und deshalb rechtswidrig. Diese Rechtswidrigkeit schlägt auf die später getroffene Versetzungsentscheidung durch, sodass der Versetzungsbescheid vom 18.06.2019 aufzuheben ist.
Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte als Unterlegene zu tragen (§ 38 KVVG, § 154 Abs. 1 VwGO). Gebühren und Auslagen werden gemäß § 36 KVVG nicht erhoben.