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Vereinbarung über die Erteilung des evangelischen Religionsunterrichts an Volksschulen durch Geistliche und Katecheten und über seine Vergütung

(ABl. 1964 S. 110)

Das Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch das Ministerium für Unterricht und Kultus in Mainz
einerseits sowie
die Vereinigte Protestantisch-Evangelisch-Christliche Kirche der Pfalz (Pfälzische Landeskirche), vertreten durch ihren Landeskirchenrat,
die Evangelische Kirche im Rheinland, vertreten durch ihre Kirchenleitung, und
die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau, vertreten durch ihre Kirchenleitung,
andererseits
treffen gemäß § 70 des Landesgesetzes über die Volksschule (Volksschulgesetz) vom 4. Februar 1955 (GVBI. S. 1) in der Fassung des Landesgesetzes zur Änderung des Volksschulgesetzes vom 1. Juli 1964 (GVBI. S. 111) folgende
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Vereinbarung

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Abschnitt I.
Staatlicher Unterrichtsauftrag

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a) Geistliche

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§ 1

( 1 ) Den Pfarrern, Pfarrverwaltern und Hilfsgeistlichen ist aufgrund ihres kirchlichen Amtes der staatliche Unterrichtsauftrag, planmäßigen Religionsunterricht in allen Klassen der Volksschulen zu geben, durch Artikel 20 Abs. 3 des Vertrages des Landes Rheinland-Pfalz mit den Evangelischen Landeskirchen in Rheinland-Pfalz vom 31. März 1962 (GVBI. S. 173)1# allgemein erteilt. Hierdurch wird ein Dienstverhältnis mit dem Lande Rheinland-Pfalz nicht begründet.
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§ 2

( 1 ) Die Übernahme und die Beendigung des Religionsunterrichts an einer bestimmten Volksschule hat die Kirchengemeinde oder das Pfarramt dem Schulamt rechtzeitig schriftlich anzuzeigen. Dabei sind die Schulen zu benennen, an denen der Geistliche den Religionsunterricht aufnimmt oder beendet; zugleich ist der Termin der Übernahme oder Beendigung anzugeben.
( 2 ) Die Kirchen werden dafür Sorge tragen, dass die Geistlichen den übernommenen Religionsunterricht ordnungsgemäß wahrnehmen.
( 3 ) Wenn ein Geistlicher zeitweise an der Erteilung des Religionsunterrichts verhindert ist, wird die Schulleitung für Vertretung sorgen. Dabei ist nach Möglichkeit für die Durchführung des ordnungsgemäßen Religionsunterrichts zu sorgen.
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§ 3

( 1 ) Der Unterrichtsauftrag erlischt mit der Beendigung des kirchlichen Amtes.
( 2 ) Im Benehmen mit der zuständigen kirchlichen Oberbehörde kann der staatliche Unterrichtsauftrag im Einzelfall von dem Ministerium für Unterricht und Kultus entzogen werden.
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b) Katecheten

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§ 4

Wenn die Erteilung des planmäßigen Religionsunterrichts an der Volksschule durch Lehrer oder Geistliche nicht sichergestellt ist (§ 70 Abs. 4 VSchG), teilen die Schulleiter dies dem Schulamt mit. Das Schulamt benachrichtigt die zuständige kirchliche Behörde über den Bedarf an Katecheten zur Erteilung des Religionsunterrichts. Auch die zuständige Kirchenbehörde wird dem Schulamt mitteilen, wenn nach ihrer Feststellung im Einzelfall der Einsatz eines Katecheten notwendig ist.
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§ 5

Voraussetzung für die Erteilung des Religionsunterrichts ist
  1. der staatliche Unterrichtsauftrag,
  2. die kirchliche Bevollmächtigung (vocatio) und
  3. das Einvernehmen zwischen der oberen Schulaufsichtsbehörde und der zuständigen kirchlichen Behörde über die Verwendung im Einzelfall.
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§ 6

Der staatliche Unterrichtsauftrag wird erteilt, wenn eine hinreichende fachliche und pädagogische Eignung und Ausbildung der Katecheten nach Maßgabe der folgenden Vorschriften nachgewiesen ist; hierdurch wird ein Dienstverhältnis mit dem Lande Rheinland-Pfalz nicht begründet. Hinsichtlich der Kenntnisse im Fach Religion sind die gleichen Anforderungen zu stellen wie bei der Ersten Lehrerprüfung.
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§ 7

( 1 ) Die Ausbildung der Katecheten ist Aufgabe der Kirche. Sie wird zur Ausbildung von Katecheten nur Bewerber zulassen, die nach ihrem Charakter und Bildungsstand für die Verwendung im Religionsunterricht geeignet erscheinen.
( 2 ) In den von der Kirche für die Ausbildung der Katecheten anerkannten Katechetischen Seminaren oder entsprechenden Einrichtungen ist eine theoretische und praktische Ausbildungszeit von 2½ Jahren vorgesehen, an die sich eine Fortbildungszeit anschließt.
( 3 ) Während der Ausbildung ist den Katecheten Gelegenheit zum Hospitieren und zu Lehrversuchen in Volksschulen zu geben. Die Durchführung ist mit dem zuständigen Schulamt zu vereinbaren.
( 4 ) Über die bestandene Prüfung am Schluss der Ausbildungszeit wird von der Ausbildungsstätte ein Zeugnis ausgestellt, das vom Land Rheinland-Pfalz als Voraussetzung für die Erteilung eines Unterrichtsauftrages anerkannt wird.
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§ 8

Das Ministerium für Unterricht und Kultus kann durch einen Vertreter die im Bereich der vertragsschließenden Kirchen gelegenen Ausbildungsstätten besuchen lassen, um Einsicht in den Lehrbetrieb zu nehmen.
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§ 9

( 1 ) Nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung wird dem Katecheten auf Antrag der zuständigen kirchlichen Behörde von der zuständigen oberen Schulaufsichtsbehörde der staatliche Unterrichtsauftrag erteilt.
( 2 ) Dem Antrag sind beizufügen:
  1. Lebenslauf mit Bildungsgang,
  2. Zeugnisse über die bestandenen Prüfungen,
  3. eine Bescheinigung über die Erteilung der kirchlichen Bevollmächtigung (vocatio).
( 3 ) In Ausnahmefällen kann die obere Schulaufsichtsbehörde auf Antrag der zuständigen kirchlichen Oberbehörde den staatlichen Unterrichtsauftrag für evangelische Religion auch dann erteilen, wenn ein anderer gleichwertiger Bildungsgang vorliegt.
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§ 10

Auf das Erlöschen und die Entziehung des staatlichen Unterrichtsauftrages für Katecheten findet § 3 dieser Vereinbarung entsprechende Anwendung.
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§ 11

Dem Katecheten wird der staatliche Unterrichtsauftrag durch eine besondere Urkunde erteilt.
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Abschnitt II.
Vergütung

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§ 12

( 1 ) Der von Geistlichen an ihrem dienstlichen Wohnort erteilte Religionsunterricht bleibt bis zu 4 Wochenstunden unvergütet.
( 2 ) Für den übrigen von Geistlichen und für den von Katecheten nebenamtlich oder nebenberuflich erteilten Religionsunterricht wird den oberen Kirchenbehörden eine Vergütung in einer Pauschalsumme nach Maßgabe des § 13 gewährt.
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§ 13

( 1 ) Die Bezirksregierungen schließen für ihren Geschäftsbereich mit den oberen Kirchenbehörden jeweils für die Dauer der folgenden zwei Kalenderjahre schriftliche Vereinbarungen über die Höhe der Pauschalsumme (§ 12 Abs. 2) ab. Mit dieser Pauschalsumme sind alle finanziellen Ansprüche der Kirchen einschl. etwaiger Fahrkosten, Tagegelder u.ä. abgegolten, die sich aus der Erteilung von nebenamtlichem oder nebenberuflichem Religionsunterricht an Volksschulen ergeben. Um den Kirchen die Berechnung der gesetzlichen Abzüge zu ermöglichen, ist die Pauschalsumme aufzugliedern
  1. in Vergütungen für unterrichtliche Tätigkeit,
  2. in Reisekosten, Fahrkostenersatz, Kilometergeldentschädigung usw.
( 2 ) Wird die Vereinbarung nicht spätestens 3 Monate vor Ablauf der Frist des Absatzes 1 widerrufen, verlängert sich die Vereinbarung um das folgende Kalenderjahr.
( 3 ) Berechnungsgrundlage für die Ermittlung der Höhe der Pauschalsumme sind der voraussichtliche Bedarf an Unterrichtsstunden und der Vergütungssatz für eine Jahreswochenstunde; der Vergütungssatz stimmt mit dem Vergütungssatz überein, der für die Erteilung des nebenamtlichen und nebenberuflichen Unterrichts an den Schulen in Rheinland-Pfalz festgesetzt wird. Berechnungsgrundlagen für die Kilometergeldentschädigung bei Benutzung des eigenen Kraftfahrzeugs sind 0,05 DM je Kilometer bei Geistlichen und 0,08 DM je Kilometer bei Katecheten.
( 4 ) Die Bruttovergütung wird viertel- oder halbjährlich an die von der betreffenden Kirche benannte Kasse gezahlt.
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Abschnitt III.
Allgemeine Vorschriften

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§ 14

( 1 ) Geistliche und Katecheten haben im Rahmen ihres Unterrichtsauftrages als Religionslehrer im Lehrkörper der Volksschule die gleiche Stellung wie die hauptamtlichen oder nebenamtlichen Volksschullehrer. Sie sind verpflichtet, die für staatliche Volksschullehrer geltenden Vorschriften der Volksschulordnung, der Hilfsschulordnung, der Konferenzordnung und der Schulleiterdienstanweisung zu beachten.
( 2 ) Bei Geistlichen ist auf ihren Seelsorgedienst und auf ihre Stellung als Geistliche Rücksicht zu nehmen. Die stundenplanmäßige Festlegung des Religionsunterrichts hat im Benehmen mit ihnen zu erfolgen.
( 3 ) Geistliche und Katecheten sind zur Teilnahme an allen Lehrerkonferenzen berechtigt. Sie sind zur Teilnahme verpflichtet, wenn es sich um Fragen der religiösen Unterweisung und Erziehung handelt. Die Vorschriften der Ordnung für die Lehrerkonferenz an Volksschulen finden Anwendung.
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§ 15

( 1 ) Geistliche und Katecheten müssen gemäß § 47 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten bei Menschen (Bundesseuchengesetz) vom 18. Januar 1961 (BGBl. I S. 1012) vor Aufnahme ihrer Unterrichtstätigkeit und jährlich einmal der zuständigen staatlichen Behörde durch Vorlage eines Zeugnisses des Gesundheitsamtes nachweisen, dass bei ihnen eine ansteckungsfähige Tuberkulose der Atmungsorgane nicht vorliegt. Das Zeugnis muss sich auf eine Röntgenaufnahme der Atmungsorgane stützen. Die Termine der von dem Gesundheitsamt durchzuführenden Wiederholungsuntersuchungen müssen dem Geistlichen und Katecheten vom Schulleiter mitgeteilt werden; diese Untersuchungen sind kostenlos. Bei Wiederholungsuntersuchungen kann der Nachweis auch durch das Zeugnis eines sonstigen Arztes geführt werden.
( 2 ) Für Lehrer und Katecheten an Ausbildungsstätten, die eine Schule zum Hospitieren oder zu Lehrversuchen besuchen, gilt Absatz 1 entsprechend.
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§ 16

( 1 ) Diese Vereinbarung tritt am 1. Januar 1964 in Kraft.
( 2 ) Die Vereinbarung behält ihre Gültigkeit für die auf das Inkrafttreten folgenden 2 Kalenderjahre. Sie verlängert sich jeweils um das folgende Kalenderjahr, sofern nicht bis zum 30. September des laufenden Kalenderjahres eine Kündigung von einer Kirchenbehörde, die diese Vereinbarung abgeschlossen hat, oder vom Ministerium für Unterricht und Kultus schriftlich ausgesprochen wird.
( 3 ) Entgegenstehende Vereinbarungen treten mit dem gleichen Zeitpunkt außer Kraft.

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1 ↑ Nr. 991.
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2 ↑ Nr. 991.