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Kirchengericht: | Kirchliches Verfassungs- und Verwaltungsgericht der EKHN |
Entscheidungsform: | Urteil (rechtskräftig) |
Datum: | 02.08.1991 |
Aktenzeichen: | KVVG II 2/91 |
Rechtsgrundlage: | §§ 1,2,11,12,13 KandO; §§ 3,6,18 KVVG |
Vorinstanzen: | |
Schlagworte: | , Anforderungen, Ausbildungsfähigkeit, Kandidatenliste, Pfarramtskandidaten, Seelsorgeausbildung, Theologische Ausbildung, Theologisches Seminar, Verfahrens- und Formfehler, Vorbereitungsdienst |
Leitsatz:
Tenor:
Der Beschluss der Kirchenleitung vom 5. März 1991 wird aufgehoben.
Für das Verfahren werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben.
Die außergerichtlichen Kosten trägt die Beklagte.
#Tatbestand:
Die Klägerin bestand am 7.6.1989 die erste theologische Prüfung. Ihre wissenschaftliche Hausarbeit mit dem Thema “Der Arierparagraph in der Kirche. Systematische Analyse der vorgetragenen Argumente“ wurde mit gut bewertet, die Klausurarbeiten einmal mit gut (neues Testament), zweimal mit befriedigend (altes Testament sowie Kirchen- und Theologiegeschichte) und einmal mit ungenügend (systematische Theologie: Dogmatik). Die Noten der mündlichen Prüfung lagen fünfmal bei sehr gut, einmal bei gut und einmal bei ausreichend.
Mit Schreiben vom 10.1.1990 teilte die Kirchenverwaltung der EKHN der Klägerin mit, dass sie zum 29.1.1990 in den praktischen Vorbereitungsdienst eingewiesen werde und dass dieser am 30.11.1991 ende.
Die Klägerin trat ihre Ausbildung am 29.1.1990 mit einem Einführungskurs im theologischen Seminar C. an. Lehrpfarrer wurde Pfarrer C., Evangelische .......-Gemeinde Ost A. Dieser bat am 5.6.1990 darum, ihn von dem Ausbildungsverhältnis zu entbinden.
Die Klägerin wechselte daraufhin Praktikumsort und Lehrpfarrer und setzte ihr Gemeindepraktikum als Vikarin in C. fort. Lehrpfarrerin wurde nunmehr Pfarrerin D. Daneben gehörte die Klägerin weiterhin dem Kurs F1/90 des Theologischen Seminars C. an.
Mit Schreiben vom 13.11.1990 teilte dieses der Beklagten mit, dass es nicht zu verantworten sei, die Klägerin in den Bereichen Seelsorge und Religionspädagogik weiterhin eigenständig tätig sein zu lassen. Gottesdienste solle die Klägerin nur nach vorheriger intensiver Beratung durch ihre Lehrpfarrerin halten. Da die Klägerin in zwei Fachbereichen gescheitert und eine Veränderung nicht erkennbar sei, frage sich, ob es überhaupt sinnvoll sei, dass sie unter den genannten Bedingungen ihre Ausbildung fortsetze. Nach einem Erfahrungsaustausch der Ausbilder und Ausbilderinnen der Klägerin am 12.12.1990 wurde die Empfehlung ausgesprochen, das Ausbildungsverhältnis mit der Klägerin zu beenden, da es ihr während der Zeit des praktischen Vorbereitungsdienstes nicht gelungen sei, ihre Eignung zur Ausübung einer pfarramtlichen Tätigkeit erkennbar zu erweisen. Die Empfehlung wurde der Klägerin noch am gleichen Tage mitgeteilt und mit Schreiben der Beklagten vom 17.12.1990 wie folgt bestätigt:
“Mit sofortiger Wirkung werden Sie von der weiteren Teilnahme an der Ausbildung der Pfarramtskandidaten in der EKHN entbunden. Sie werden aufgefordert, die Wohnung am bisherigen Vikariatsort umgehend zu räumen. Diese Entscheidung steht im Zusammenhang mit der Absicht, Sie zum nächstmöglichen Zeitpunkt aus dem praktischen Vorbereitungsdienst der EKHN zu entlassen.
Bis dahin wird der Unterhaltszuschuss weiter gewährt. Es ist beabsichtigt, die Beendigung Ihres Ausbildungsverhältnisses nach § 12 der Kandidatenordnung herbeizuführen. Wegen der dort vorgesehenen Anhörung erhalten Sie später genauere Nachricht.“
Die Gründe für die Absicht, das Ausbildungsverhältnis zu beenden, wurden in einem weiteren Schreiben der Beklagten vom 14.1.1991 dahingehend präzisiert, dass die Klägerin erhebliche Schwierigkeiten habe, Vorgänge realistisch einzuschätzen und sich mit ihren Gesprächspartnern auf vergleichbare Einschätzungen zu verständigen, dass sie zur Umdeutung von Wahrnehmungen und Aussagen neige, eine völlig abweichende Wahrnehmung der Realität habe und sich selbst und ihre Gesprächspartner durch hartnäckige Fehldeutungen von bestimmten Situationen gefährde. Sie suche von sich aus keinen erkennbaren Kontakt und keine Verständigung mit ihrem Gegenüber, sei in Lerngruppen nicht integriert, behindere die Lernprozesse anderer Auszubildender und lasse keine Lernfortschritte erkennen. Die Seelsorgeausbildung am Theologischen Seminar C. habe Anfang November 1990 abgebrochen werden müssen, weil sie die Mitteilungen der Gesprächspartner bei Patientengesprächen nicht sachgemäß habe wahrnehmen können.
Die Klägerin wurde am 23.1.1991 im Beistand ihrer Prozessbevollmächtigten angehört. Auch die danach eingeholten Stellungnahmen der früheren Lehrpfarrerin D. vom 8.2.1991, Professor E. vom 21.2.1991 und der gewählten Vertreter des Kandidatenkurses des Theologischen Seminars C. vom 24.2.1991 wurden der Klägerin ebenfalls zugänglich gemacht.
Nachdem die Kirchenleitung am 5. März 1991 beschlossen hatte, die Klägerin gemäß § 12 Abs. 1 Kandidatenordnung zum Ablauf des 30. April 1991 aus der Liste der Pfarramtskandidaten zu streichen und sie bis zu diesem Zeitpunkt weiterhin vom Vorbereitungsdienst freizustellen, teilte dies die Beklagte der Klägerin mit einem am 9.3.1991 zugestellten Bescheid vom 6.3.1991 mit. In diesem Bescheid wies die Beklagte nochmals darauf hin, dass die Klägerin nach dem bisherigen Verlauf ihrer Ausbildung nicht in der Lage sei, deren Anforderungen zu genügen. Der erste Lehrpfarrer, Pfarrer C., habe im Juni 1990 festgestellt, die Klägerin sei nach seinem Gesamteindruck so mit sich, ihrer Vergangenheit und ihren Problemen beschäftigt, dass sie sich schwer damit tun würde, den Beruf der Pfarrerin in zufriedenstellender Weise auszuüben. Die Seelsorgeausbildung am Theologischen Seminar C. habe Anfang November 1990 abgebrochen werden müssen, weil die Klägerin Mitteilungen von Patienten bei Gesprächen nicht sachgemäß habe wahrnehmen können und sich damit als ungeeignet für die Teilnahme an der Seelsorgeausbildung erwiesen habe.
Der Praktikumsmentor am Kreiskrankenhaus C., Pfarrer F., habe sich unter dem Eindruck dieser und anderer Erfahrungen genötigt gesehen, der Klägerin eine weitere Tätigkeit in seinem Seelsorgebereich zu untersagen. Professor G. sei in einer Stellungnahme zu diesem Vorgang zu dem Ergebnis gekommen, es sei trotz vielfacher und unterschiedlicher Versuche im Laufe der bisherigen Seelsorgeausbildung nicht möglich gewesen, einen gemeinsamen Bezugs- und Bedeutungsrahmen herzustellen.
Das Theologische Seminar habe am 12.11.1990 in einer Teamsitzung einstimmig festgestellt, dass eine weitere selbständige Tätigkeit in den Bereichen Seelsorge und Religionspädagogik nicht zu verantworten sei. Die Stellungnahme der späteren Lehrpfarrerin C., des Theologischen Seminars, des Regionalmentors Pfarrer H. und des Studienleiters I. bestätigten, dass schwerwiegende Defizite die Ausbildungsfähigkeit der Klägerin und ihre Eignung für einen Dienst als Pfarrerin ausschlössen. Pfarrerin D. komme in ihrer Beurteilung vom 3.2.1991 zu dem Ergebnis, dass die Klägerin die Realität außerhalb ihrer eigenen Person sehr eingeschränkt oder völlig anders wahrnehme als die meisten anderen Menschen.
Wegen der Art der Wahrnehmung sei fast jede Kommunikation zum Scheitern verurteilt. Es erscheine ihr daher unmöglich, die Klägerin zur Pfarrerin auszubilden. Nach Auffassung von Professor E. ließen Mängel im Bereich der Kommunikation und des Dialogs nicht erwarten, dass die Klägerin Predigten halten könne, die ihren Hörern gerecht würden. Professor J. benenne als durchgängig zu beobachtendes Phänomen die offensichtliche Unfähigkeit der Klägerin, auf andere Menschen sachgemäß und zutreffend einzugehen und deren Äußerungen zu hören.
Hierin sei auch ihre Lernunfähigkeit in der unterrichtlichen Tätigkeit begründet. Die Kirchenleitung habe auch geprüft, ob anstelle einer Beendigung des Vorbereitungsdienstes eine Verlängerung der Ausbildung nach § 11 Kandidatenordnung in Betracht komme. Sie sei aber bei Würdigung des bisherigen Ausbildungsverlaufs und der Erfahrungen mit dem Lehrpfarrerwechsel zu der Auffassung gelangt, dass auch bei einer Verlängerung der Ausbildung keine Lernfortschritte zu erwarten seien. Da die Klägerin die notwendigen Ausbildungsvoraussetzungen nicht erfülle, könne sie auch nicht zur zweiten theologischen Prüfung zugelassen werden.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 9.4.1991 Klage mit dem Antrag erhoben, den Beschluss der Beklagten vom 5.3.1991 aufzuheben und festzustellen, dass das Ausbildungsverhältnis durch den Beschluss nicht beendet worden sei. Die Klägerin hat die Klage am 21.5.1991 begründet. Sie rügt eine rechtsfehlerhafte Auslegung der §§ 12 Abs. 1 und 1 Abs. 2 Satz 1 der Kandidatenordnung und – hilfsweise – Verfahrensfehler.
Die Klägerin ist der Auffassung, sie könne nicht gemäß § 12 Abs. 1 der Kandidatenordnung aus der Liste der Pfarramtskandidaten gestrichen werden, da sie nicht unter den in § 1 Abs. 2 Satz 1 der Kandidatenordnung genannten Mängeln leide, d.h. geistig gesund sei und auch nicht an schwerwiegenden Gebrechen leide, die eine pfarramtliche Tätigkeit wesentlich hinderten.
§ 1 Abs. 2 der Kandidatenordnung enthalte auch keine weitere, ungenannte Voraussetzung (Erreichen des Ausbildungsziels). § 12 Abs. 1 der Kandidatenordnung zähle die Gründe zur Streichung aus der Kandidatenliste abschließend auf, nämlich beharrliche Verstöße gegen die Kandidatenordnung sowie gesundheitliche Störungen im Sinne des § 1 Abs. 2. Es bestehe insoweit keine Regelungslücke, die ausgefüllt werden müsse.
Im übrigen genüge die von der Beklagten durchgeführte Beweiserhebung einerseits nicht den an ein rechtsstaatliches Verfahren zu stellenden Anforderungen, zum anderen sei der Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt worden. Grundlage der Entscheidung könnten nur Tatsachen sein, die in einem objektiven, vom Ergebnis her nach beiden Richtungen offenen Beweiserhebungsverfahren ermittelt worden seien. Dies sei jedoch nicht geschehen, da das Ergebnis der Anhörung einzelner Ausbilder der Klägerin bereits außerhalb des dafür vorgesehenen Verfahrens gefunden worden sei, der Sachverhalt sei nicht hinreichend aufgeklärt, Widersprüche seien nicht aufgezeigt worden.
Der Klägerin sei in dem bisherigen Verfahren auch kein hinreichendes rechtliches Gehör gewährt worden. Die in dem Bescheid der Beklagten vom 6.3.1991 zitierten schriftlichen Stellungnahmen der Ausbilder und Ausbilderinnen hätten im Anhörungstermin vom 23.1.1991 nicht vollzählig vorgelegen, so dass die Anhörung kein Schlussgehör dargestellt habe.
Eine nochmalige, zumindest ergänzende Anhörung zu den nachträglich eingegangenen Stellungnahmen habe die Beklagte abgelehnt.
Schließlich macht die Klägerin höchst hilfsweise geltend, die gewählte Maßnahme sei unverhältnismäßig, es seien mildere Mittel vorhanden, die im Rahmen der bisherigen Ausbildung aufgetretenen Probleme zu beseitigen oder abzuschwächen. So könne nach § 2 Abs. 3 Satz 1 der Kandidatenordnung der Ablauf der Ausbildung im Einzelfall verändert werde. Es sei zu prüfen gewesen, ob und gegebenenfalls welche gezielten Förderungsmaßnahmen infrage kämen.
Die Klägerin beantragt,
den Beschluss der Beklagten vom 5.3.1991, mitgeteilt durch Bescheid der Beklagten vom 6.3.1991, aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, § 12 Abs. 1 der Kandidatenordnung sei in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Satz 1 dahin auszulegen, dass außer den genannten Aufnahmevoraussetzungen als Grundvoraussetzung einer sinnvollen Ausbildung hinzutrete, dass der Kandidat den Anforderungen der Ausbildung genügen müsse. Diese Auslegung berücksichtige über den bloßen Wortlaut hinaus den sachlichen Zusammenhang der Sätze 1 und 2 sowie Sinn und Zweck der Ausbildung, die dem Erwerb und der Vertiefung der für den Pfarrdienst erforderlichen praktisch theologischen Kenntnisse und Fähigkeiten diene.
Die Kandidatenordnung regele nicht nur die Anforderungen an die Ausbildung, sondern im engen Zusammenhang damit auch Anforderungen an den Kandidaten, der seine Ausbildung aktiv mitgestalten solle.
Das Verfahren sei auch ordnungsgemäß durchführt worden. Der Kirchenleitung habe insoweit ein gerichtlich nicht überprüfbarer Beurteilungsspielraum zugestanden. Die für die Beurteilung maßgebenden Kriterien ergäben sich aus den Anforderungen der Ausbildung.
Dabei seien die Einzelbeurteilungen der Ausbilder nur beschränkt nachprüfbare Wertungen. Da sich die Klägerin nicht zu den Tatsachenschilderungen schriftlich geäußert habe, habe kein Anlass für eine nähere Aufklärung einzelner tatsächlicher Vorgänge bestanden.
Der Klägerin sei auch hinreichend rechtliches Gehör gewährt worden, da sie am 23. 1. 1991 in Anwesenheit ihrer Anwältin von den drei zuständigen Vertretern der Kirchenverwaltung zu der beabsichtigten Beendigung des Ausbildungsverhältnisses gehört worden sei. Die Übereinstimmend negative Beurteilung durch die Ausbilder sei länger erörtert worden. Sie habe sich auch dazu noch schriftlich äußern können.
Der Klägerin seien auf ihre Bitte alle eingeholten Stellungnahmen übersandt worden. Auch das Gebot der Verhältnismäßigkeit sei beachtet worden, denn die Frage der Verlängerung der Ausbildung sei geprüft worden.
Die Klägerin ist in der mündlichen Verhandlung persönlich gehört worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der vorgelegten Personalakten Bezug genommen.
#Entscheidungsgründe:
Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 3 Abs. 1, 1 KVVG in Verbindung mit § 12 Abs. 2 Satz 1 der Kandidatenordnung vom 24.6.1974 zulässig. Sie richtet sich gegen einen kirchlichen Verwaltungsakt, der die Klägerin in ihren rechtlichen Interessen berührt (§ 6 Nr. 3 KVVG). Die Klage ist rechtzeitig innerhalb eines Monats nach Zustellung des Verwaltungsakts erhoben worden (§ 18 Abs. 3 Satz 1 KVVG).
Die in erster Linie auf eine unrichtige Anwendung des geltenden Rechts ( § 18 Abs. 1 Nr. 1 KVVG) gestützte Klage hat in der Sache Erfolg. Die Streichung der Klägerin aus der Kandidatenliste ist ohne genügende Rechtsgrundlage erfolgt, so dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war. Es ist bereits zweifelhaft, ob § 12 Abs. 1 der Kandidatenordnung, der eine derartige Streichung eines Pfarramtskandidaten durch Beschluss der Kirchenleitung zulässt, wenn er beharrlich gegen die Kandidatenordnung verstößt oder wenn die Voraussetzungen für die Aufnahme in die Liste der Pfarramtskandidaten nach § 1 Abs. 2 nicht mehr gegeben ist, eine genügende gesetzliche Ermächtigung hat. Diese Zweifel bestehen vor allem, wenn man die Vorschrift so weit auslegt, wie die Beklagte dies tut.
§ 12 des Kirchengesetzes betreffend die Vorbildung und Anstellungsfähigkeit der Pfarrer in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau in der Fassung vom 7.12.1967 sieht insoweit nämlich nur vor, dass die Aufsicht über die Kandidaten nach einer von der Kirchenleitung zu erlassenden Kandidatenordnung erfolgt. Über die Beendigung des Ausbildungsverhältnisses enthält § 12 des Kirchengesetzes vom 7.12.1967 dagegen keine Bestimmungen und verweist insoweit auch nicht auf die Kandidatenordnung.
Die Streichung aus der Kandidatenliste als schwerwiegender Eingriff in die Rechte des Betroffenen bedarf jedoch einer klaren und eindeutigen Rechtsgrundlage.
Letztlich kann die Frage des Umfangs der gesetzlichen Ermächtigung des § 12 des Kirchengesetzes vom 7.12.1967 jedoch offen bleiben, da auch die Kandidatenordnung die Beendigung des Ausbildungsverhältnisses bei Nichterreichung des Ausbildungsziels nicht vorsieht. Allein das wird jedoch der Klägerin zur Last gelegt.
§ 12 der Kandidatenordnung zählt die Möglichkeiten für die Streichung aus der Kandidatenliste abschließend auf und sieht eine solche neben einem beharrlichen Verstoß gegen die Ordnung nur vor, wenn die Voraussetzungen für die Aufnahme in die Liste der Pfarramtskandidaten nach § 1 Abs. 2 nicht mehr gegeben sind.
Nach § 1 Abs. 2 kann in die Liste der Pfarramtskandidaten nur aufgenommen werden, wer geistig gesund und frei von solchen Gebrechen ist, die ihn an der Ausübung einer pfarramtlichen Tätigkeit wesentlich hindern. Der Umstand, dass das Ausbildungsziel nicht erreicht wird und ein Kandidat nicht in der Lage ist, den Anforderungen der Ausbildung und damit dem künftigen Beruf eines Pfarrers zu genügen, ist in § 1 Abs. 2 S. 1 der Kandidatenordnung gerade nicht erwähnt.
Soweit sich die Beklagte darauf beruft, dass nach § 1 Abs. 2 S. 2 der Kandidatenordnung in besonderen Fällen ein Kandidat, der die Voraussetzung des Satz 1 nicht erfüllt, dennoch in den praktischen Vorbereitungsdienst aufgenommen werden kann, wenn er den Anforderungen der Ausbildung genügt und die zweite theologische Prüfung zu einer anderen Berufsausbildung benötigt, kann daraus ein weiteres Kriterium des Erreichens des Ausbildungsziels gerade nicht hergeleitet werden.
Diese Prognose, dass ein Kandidat den Anforderungen der Ausbildung zu genügen habe, ist vielmehr nur für die Ausnahmefälle zu treffen, in denen Kandidaten in den Vorbereitungsdienst aufgenommen werden können, obwohl sie nicht geistig gesund und frei von Gebrechen sind, die sie an der Ausübung einer pfarramtlichen Tätigkeit wesentlich hindern.
Im übrigen neigt die Kammer zu der Auffassung, dass unter den “Anforderungen der Ausbildung“ in § 1 Abs. 2 S. 2 der Kandidatenordnung nur solche gesundheitlicher Art zu verstehen sind. Die Vorschrift ermöglicht es hiernach Personen, die nicht geistig gesund und nicht frei von solchen Gebrechen sind, die sie an der Ausübung einer pfarramtlichen Tätigkeit wesentlich hindern, dennoch in die Liste der Pfarramtskandidaten aufgenommen zu werden, wenn ihr Gesundheitszustand es wenigstens erlaubt, den Vorbereitungsdienst zu absolvieren und sie die Zweite Theologische Prüfung zu einer anderen Berufsausbildung benötigen.
Dass Zweifel an der Erreichung des Ausbildungsziels nicht zu einer Beendigung des Ausbildungsverhältnisses führen, ergibt sich auch aus § 13 der Kandidatenordnung. Diese Bestimmung sieht vor, dass ein Pfarramtskandidat, dessen praktisch theologische Kenntnisse und Fähigkeiten oder dessen dienstliches oder persönliches Verhalten nicht erwarten lassen, dass er den Dienst eines Pfarrers in einer zufriedenstellenden Weise ausüben kann, rechtzeitig von der Kirchenleitung darauf hinzuweisen ist, dass er nach Abschluss des praktischen Vorbereitungsdienstes voraussichtlich nicht in den Pfarrdienst übernommen werden kann. Eine negative Prognose steht dem Abschluss des praktischen Vorbereitungsdienstes danach nicht entgegen.
Sie kann auch hier, selbst wenn die in dem Bescheid der Beklagten vom 6.3.1991 genannten Tatsachen hinreichend ermittelt sind und den Anforderungen an das rechtliche Gehör Genüge getan ist, nicht zu einer Streichung der Klägerin aus der Kandidatenliste führen. Der angefochtene Bescheid war danach aufzuheben, ohne dass den weiteren Verfahrens- und Aufklärungsrügen der Klägerin nachzugehen war. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 36, 33 KVVG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VWGO.