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Geltungszeitraum von: 01.01.2013

Geltungszeitraum bis: 31.12.2015

Kirchengesetz betreffend die Vorbildung
und Anstellungsfähigkeit der Pfarrerinnen und Pfarrer
in der EKHN (Vorbildungsgesetz – VorbG)

Vom 23. November 20121#

(ABl. 2013 S. 30, 32)

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I. Einleitende Bestimmungen

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§ 1

( 1 ) Anstellungsfähigkeit ist die Fähigkeit, unter Berufung in ein Pfarrdienstverhältnis auf Lebenszeit eine Stelle insbesondere in einer Kirchengemeinde übertragen zu bekommen.
( 2 ) Die Zuerkennung der Anstellungsfähigkeit begründet keinen Anspruch auf Berufung in ein Pfarrdienstverhältnis.
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§ 2

( 1 ) Die Befähigung zum Pfarrdienst wird durch Ablegung von zwei theologischen Prüfungen nachgewiesen.
( 2 ) Die Prüfungsordnungen2# werden durch Ausführungsbestimmungen zu diesem Kirchengesetz von der Kirchenleitung in Fühlung mit dem Prüfungsamt erlassen.
( 3 ) Zur Abhaltung der Prüfungen wird ein Prüfungsamt gebildet. Diesem gehören an:
  1. die Kirchenpräsidentin als Vorsitzende oder der Kirchenpräsident als Vorsitzender und ihre Stellvertreterin oder ihr Stellvertreter oder seine Stellvertreterin oder sein Stellvertreter,
  2. die zuständige Referatsleiterin oder der zuständige Referatsleiter der Kirchenverwaltung,
  3. eine ausreichende Anzahl von Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern, die für ihre Person von der Kirchenleitung berufen werden; davon müssen mindestens fünf Universitätsprofessorinnen oder Universitätsprofessoren sein, die den Disziplinen entsprechend ausgewählt sind,
  4. die Professorinnen und Professoren des Theologischen Seminars,
  5. die Pröpstinnen und Pröpste,
  6. Schulamtsdirektorinnen und Schulamtsdirektoren im Kirchendienst und Studienleiterinnen oder Studienleiter des Seminars für Seelsorge, die jeweils von der Kirchenleitung berufen werden,
  7. eine ausreichende Zahl von Pfarrerinnen und Pfarrern, die von der Kirchenleitung berufen werden,
  8. die Leiterin oder der Leiter der Kirchenverwaltung, sofern sie Kirchenjuristin oder er Kirchenjurist ist, und weitere Kirchenjuristinnen und Kirchenjuristen, die von der Kirchenleitung berufen werden.
Aus dem Prüfungsamt werden jeweils die Kommissionen für die Erste und Zweite Theologische Prüfung durch die Kirchenleitung gebildet. Bei der Ersten Theologischen Prüfung müssen mindestens die Hälfte der Prüfenden Universitätsprofessorinnen oder Universitätsprofessoren sein. Den Vorsitz bei den Prüfungen führt die Kirchenpräsidentin oder der Kirchenpräsident.
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II. Wissenschaftliche Vorbildung

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§ 3

( 1 ) Der Ersten Theologischen Prüfung muss ein ordnungsgemäßes Studium der evangelischen Theologie von in der Regel zehn Semestern vorausgehen. Dazu treten bis zu zwei Semester für das Erlernen der für das Theologiestudium notwendigen alten Sprachen Griechisch, Hebräisch und Latein.
( 2 ) Mindestens vier sprachfreie Semester sind an theologischen Fakultäten deutscher Universitäten zu erbringen. Die Studierenden sollen die Ausbildungsstätte möglichst einmal wechseln. Das Studium an deutschsprachigen Universitäten des Auslandes (Basel, Bern, Wien und Zürich) wird wie ein Studium an deutschen Universitäten gerechnet. Die Kirchenleitung kann Studiensemester an nicht deutschsprachigen theologischen Fakultäten anerkennen; dabei sind die Sprachkenntnisse des Studierenden und das Studiensystem der jeweiligen theologischen Fakultät zu berücksichtigen.
( 3 ) Über die in Absatz 2 genannten Pflichtsemester hinaus können weitere Semester an einer von der EKD anerkannten Kirchlichen Hochschule studiert werden.
( 4 ) Zur Ersten Theologischen Prüfung können im allgemeinen nur Studierende zugelassen werden, die in der Liste der Theologiestudentinnen und Theologiestudenten der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau geführt werden. Das Nähere regelt die von der Kirchenleitung zu erlassende Studentenordnung3#.
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§ 4

( 1 ) Die Meldung zur Ersten Theologischen Prüfung ergeht an die Kirchenverwaltung.
( 2 ) Über die Zulassung zur Prüfung entscheidet die Kirchenverwaltung.
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§ 5

( 1 ) In der Ersten Theologischen Prüfung soll die oder der Studierende den Nachweis erbringen, dass sie oder er in ihrem oder seinem Studium die für den Pfarrdienst erforderlichen wissenschaftlichen Kenntnisse und Fähigkeiten erworben hat und in der Lage ist, die Aufgaben, die im Dienst der Kirche auf sie oder ihn zukommen, zu erfassen und zu durchdenken.
( 2 ) Hat die Kandidatin oder der Kandidat bestanden, so entscheidet die Kirchenleitung darüber, ob sie oder er in die Liste der Pfarramtskandidatinnen und Pfarramtskandidaten eingetragen wird. Diese Eintragung ist die Voraussetzung für die Zulassung der Kandidatin oder des Kandidaten zur weiteren praktischen Vorbildung. Es besteht kein Rechtsanspruch auf die Eintragung. Eine Kandidatin oder ein Kandidat, die oder der das 39. Lebensjahr vollendet hat, wird nicht mehr in die Liste der Pfarramtskandidatinnen und Pfarramtskandidaten eingetragen. Die Kirchenleitung kann in begründeten Fällen Ausnahmen zulassen.
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§ 5a

( 1 ) Die Erste Theologische Prüfung kann auf Antrag bei der Kirchenleitung durch die Absolvierung des berufsbegleitenden Masterstudiengangs Evangelische Theologie an einer dafür von der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau anerkannten Theologischen Fakultät ersetzt werden.
( 2 ) Hat die Kandidatin oder der Kandidat den berufsbegleitenden Masterstudiengang erfolgreich absolviert, so entscheidet die Kirchenleitung darüber, ob sie oder er in die Liste der Pfarramtskandidatinnen und Pfarramtskandidaten eingetragen wird. Diese Eintragung ist die Voraussetzung für die Zulassung der Kandidatin oder des Kandidaten zur weiteren praktischen Vorbildung. Es besteht kein Rechtsanspruch auf die Eintragung. Eine Kandidatin oder ein Kandidat, die oder der das 39. Lebensjahr vollendet hat, wird nicht mehr in die Liste der Pfarramtskandidatinnen und Pfarramtskandidaten eingetragen. Die Kirchenleitung kann in begründeten Fällen Ausnahmen zulassen.
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III. Praktische Vorbildung

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§ 6

( 1 ) Die Aufnahme der Pfarramtskandidatinnen und Pfarramtskandidaten in den praktischen Vorbereitungsdienst erfolgt im Rahmen der von der Kirchenleitung festgesetzten Zahl der Ausbildungsplätze. Sie setzt die erfolgreiche Teilnahme an einer Potentialanalyse und das Erste Theologische Examen voraus. Wenn nicht alle Ausbildungsplätze mit Theologiestudierenden besetzt werden können, ist es möglich, Absolvierende des berufsbegleitenden Masterstudiengangs gemäß § 5a, die an einer Potentialanalyse erfolgreich teilgenommen haben, in den praktischen Vorbereitungsdienst zu übernehmen.
( 2 ) Die an der zweiten Ausbildungsphase interessierten Theologiestudierenden oder Studierende des berufsbegleitenden Masterstudiengangs gemäß § 5a bewerben sich bei der Kirchenverwaltung für die Potentialanalyse.
( 3 ) Im Rahmen der Potentialanalyse wird die persönliche Eignung der Kandidatinnen und Kandidaten nach den folgenden Kriterien festgestellt und bewertet:
  1. Fähigkeit zur verantwortlichen Leitungstätigkeit,
  2. Teamfähigkeit,
  3. Fähigkeit zur glaubwürdigen Vertretung des eigenen Zeugnisses des christlichen Glaubens,
  4. Sprach-, Argumentations- und Dialogfähigkeit,
  5. Belastbarkeit und Konfliktfähigkeit,
  6. Fähigkeit zur Reflexion der eigenen Person.
( 4 ) Die Kandidatinnen und Kandidaten erhalten nach Abschluss der Potentialanalyse eine detaillierte Rückmeldung zu ihren Stärken und Schwächen sowie Empfehlungen für ihren weiteren Entwicklungs- und Ausbildungsprozess. Zu Beginn des praktischen Vorbereitungsdienstes händigen die Kandidatinnen und Kandidaten dieses Gutachten der Lehrpfarrerin oder dem Lehrpfarrer und dem Theologischen Seminar aus.
( 5 ) Begründet die Potentialanalyse, dass die Kandidatin oder der Kandidat für den Pfarrdienst zum Zeitpunkt der Entscheidung ungeeignet erscheint, wird sie oder er nicht zum Vikariat zugelassen. Die Wiederholung der Potentialanalyse ist einmal möglich.
( 6 ) Näheres zum Verfahren der Potentialanalyse regelt die Kirchenleitung durch Rechtsverordnung4#, die der Zustimmung des Kirchensynodalvorstandes bedarf.
( 7 ) Die praktische Vorbildung erfolgt unter der Leitung eines Theologischen Seminars.
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§ 7

Kandidatinnen und Kandidaten, die die Erste Theologische Prüfung vor einer anderen deutschen Prüfungsbehörde abgelegt haben, können in besonders begründeten Fällen in die praktische Vorbereitung aufgenommen werden.
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§ 8

( 1 ) Die Zeit der praktischen Vorbereitung soll einschließlich der Zweiten Theologischen Prüfung und des Praktikums nach der Zweiten Prüfung mindestens zwei Jahre dauern.
( 2 ) Die Meldung zur Zweiten Theologischen Prüfung darf nicht später als vier Jahre nach Abschluss der Ersten Prüfung oder der Absolvierung des berufsbegleitenden Masterstudiengangs gemäß § 5a erfolgen.
( 3 ) Über die Zulassung zur Zweiten Theologischen Prüfung entscheidet die Kirchenleitung.
( 4 ) Die Kirchenleitung kann die Fristen nach Absatz 1 und 2 in besonders begründeten Fällen verkürzen bzw. verlängern.
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§ 9

( 1 ) In der Zweiten Theologischen Prüfung soll die Kandidatin oder der Kandidat den Nachweis erbringen, dass sie oder er die für den Pfarrdienst erforderlichen praktisch-theologischen Kenntnisse und Fähigkeiten erworben hat.
( 2 ) Ist innerhalb von fünf Jahren seit der Zweiten Theologischen Prüfung kein Dienstverhältnis als Pfarrerin oder Pfarrer begründet worden, so kann die Kirchenleitung das Fortbestehen der Anstellungsfähigkeit von einem Kolloquium abhängig machen, durch das die weitere Eignung für den pfarramtlichen Dienst festgestellt wird.
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§ 10

Pfarramtskandidatinnen oder Pfarramtskandidaten, die ihre praktische Vorbereitung in einer anderen evangelischen Kirche erhalten haben, können von der Kirchenleitung zur Zweiten Theologischen Prüfung zugelassen werden.
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§ 11

unbesetzt
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§ 12

Die Aufsicht über die Kandidatinnen und Kandidaten erfolgt nach einer von der Kirchenleitung zu erlassenden Kandidatenordnung, der die Pfarramtskandidatinnen und Pfarramtskandidaten bis zu ihrer Ordination unterstehen.
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IV. Anstellungsfähigkeit in besonderen Fällen

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§ 13

Einer Pfarrerin oder einem Pfarrer im Auslandsdienst, die oder der nicht die Anstellungsfähigkeit bereits nach § 16 Absatz 1 PfDG.EKD5# besitzt, kann die Anstellungsfähigkeit zuerkannt werden, wenn sie oder er
  1. in einer von der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau anerkannten Ausbildungsstätte eine abgeschlossene Ausbildung für den Pfarrdienst im Ausland erhalten hat,
  2. zu dem Dienst im Ausland entweder von der Evangelischen Kirche in Deutschland oder einer ihrer Gliedkirchen ausgesandt worden ist,
  3. eine zweite theologische Prüfung abgelegt hat,
  4. die vorgeschriebene Zeit im Auslandsdienst tätig gewesen ist.
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§ 14

Einer ordinierten Missionarin oder einem ordinierten Missionar, die oder der nicht die Anstellungsfähigkeit bereits nach § 16 Absatz 1 PfDG.EKD6# besitzt, kann die Anstellungsfähigkeit zuerkannt werden, wenn sie oder er
  1. in einer von der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau anerkannten Ausbildungsstätte eine abgeschlossene Ausbildung für den Missionsdienst erhalten hat,
  2. eine zweite theologische Prüfung abgelegt hat,
  3. die vorgeschriebene Zeit im Missionsdienst tätig gewesen ist.
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§ 15

Einer Pfarrerin oder einem Pfarrer im kirchlichen Hilfsdienst kann im besonderen Falle die Anstellungsfähigkeit zuerkannt werden. Voraussetzungen sind ferner, dass sie oder er
  1. ein der zweiten theologischen Prüfung entsprechendes Examen abgelegt hat,
  2. mindestens sieben Jahre im kirchlichen Hilfsdienst tätig gewesen ist.

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1 ↑ Dieses Kirchengesetz der EKHN ist am 1. Januar 2013 in Kraft getreten.
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2 ↑ Nr. 467 und 468.
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3 ↑ Nr. 440.
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4 ↑ Nr. 469.
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5 ↑ Nr. 408.
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6 ↑ Nr. 408.